Triumph Speed Triple und Street Triple im Vergleich

Triumph Speed Triple 1200 RS und Street Triple RS
Groß/klein? Wuchtig/flink? Welche triumphiert?

Veröffentlicht am 09.08.2023

Die Triumph Speed Triple hat nicht nur viel Kraft, sie verlangt auch viel Kraft von denen, die sie fahren. Das beginnt bei der Betätigung der Kupplung und hört bei der präzisen, doch auf sehr kurzen Wegen etwas harten Schaltung noch nicht auf. Denn auch die Lenkarbeit verlangt deutlich mehr Kraft als auf der Triumph Street Triple . Trotz korrektem Reifenluftdruck und korrekt eingestelltem Negativfederweg will die Speedy mit stärkeren Impulsen in die Kurve genötigt und mit größerem Lenkeinschlag dort gehalten werden. Andersherum: Sie will sich aufrichten, und als Fahrer reagiert man darauf, indem man die Kurven langsamer anfährt und im Scheitel länger auf der Hinterradbremse bleibt, um sie möglichst früh wieder aufzurichten und die mächtige Beschleunigung zu nutzen. Auf der Street Triple fährt man eher ein zügiges Grundtempo, der Fahrstil wird automatisch flüssiger.

Wenige Zehntel Unterschied bei Beschleunigung und Durchzug

Was nicht heißt, dass der kleinere Dreizylinder ein schwächlicher Geselle wäre, beileibe nicht. Die Messwerte für Beschleunigung und Durchzug unterscheiden sich bis 140 km/h nur um wenige Zehntelsekunden zugunsten des 1160ers. Erstens zeichnet der 765er schön gleichmäßig ansteigende Kurven und gibt sich sehr temperamentvoll, zweitens ermöglicht seine höhere Spitzendrehzahl eine kürzere Gesamtübersetzung, und drittens fordert er für die so gewonnene Steigerung der Zugkraft in den einzelnen Gängen noch nicht einmal einen höheren Benzintribut. Für Landstraßenfahrten eindeutig die bessere Lösung.

Mehr noch, der kleinere Motor ist auch der kultiviertere, vor allem im unteren Drehzahlbereich, der doch eigentlich die Domäne des großvolumigen sein sollte. Dieser aber läuft bis jenseits der 3.000/min mit einer gewissen Grundrauigkeit, als ob er eine rollengelagerte Kurbelwelle hätte. In Kombination mit der längeren Gesamtübersetzung führt das zu der paradoxen Situation, dass man auf der Triumph Speed Triple in Tempo-30-Zonen lieber den ersten Gang nutzt, auf der Triumph Street Triple hingegen den zweiten oder gar dritten. Nicht, dass Tempo-30-Zonen ein wichtiges Kriterium für die Beurteilung von Motorrädern wären. Aber es gibt ja nicht wenige Kehren, vor denen man auf der Großen noch rasch in den Ersten herunterschaltet, während man auf der Kleinen entspannt den Zweiten eingelegt lässt. Und in der Gesamtbilanz einer Kurvenfahrt nichts verliert.

Fahrmodi und Elektronik an Speedy und Streety

Die unterschiedlichen Fahrmodi beider Triumphs setzen sich aus abgestuften Einstellungen von Motorleistung und Ansprechverhalten sowie Traktions- und Wheeliekontrolle zusammen. Diverse Konfigurationen des ABS mit oder ohne Hinterrad-ABS nicht zu vergessen. Zunächst zu den "engine maps": Die Triumph Speed Triple fährt sich im Alltagsbetrieb am besten mit der Einstellung "Road", und selbst dann ist das Ansprechverhalten des Motors bei Lastwechseln etwas härter als bei der Triumph Street Triple. Bei ihr erscheint der Motor-Modus "Road" geradezu ideal, selbst für sehr sportliches Landstraßenfahren: Die Reaktion des Motors auf veränderte Gasgriffstellungen erfolgt genau im optimalen Zeitpunkt zwischen zu rasch und zu stark verzögert, die Öffnungskurve der Drosselklappen scheint auf die Winkelsekunde genau das zu treffen, was man als Fahrer jetzt gerade haben möchte.

Was die Traktionskontrolle betrifft, so empfiehlt sich bei sportlicher Fahrweise sowohl für die Triumph Speed Triple als auch für die Triumph Street Triple die Einstellung "Sport". Vor allem bei der Streety reduziert die Elektronik in der "Road"-Einstellung über die Schräglage das Drehmoment relativ stark. Die Antiblockiersysteme beider Maschinen lassen bereits im "Road"-Modus sehr heftige Bremsmanöver und auch Stoppies zu. Und es ist nicht deutlich auszumachen, ob die Elektronik oder der Fahrer selbst den Bremsdruck so reduziert hat, dass das Hinterrad wieder Bodenkontakt bekam. Kurz: die Optionen "Track" oder "Off" sind nur für ausgesprochene Spezialisten zu empfehlen, die es beherrschen, über das Hinterrad oder über beide Räder in die Kurven zu rutschen. Und selbst wenn solche Piloten unter uns sein sollten, raten wir davon ab, dies im öffentlichen Straßenverkehr unter Beweis zu stellen.

Frei konfigurieren mit der jeweils besten Einstellung aus den Bereichen "Map", "ABS" und "TC" für "traction control" lassen sich bei der Speed Triple die übergeordneten Fahrmodi "Rider" und "Track", bei der Street Triple der Modus "Rider". Das klingt kompliziert, ist aber nach einigen Minuten Handbuchstudium zu verstehen. Dann muss man – hierin sind sich beide Triumphs einig – bei der Einstellarbeit im Menü nur noch etwas Geduld mit dem verzögerten Ansprechen der Elektronik auf die Tastenbefehle aufbringen. Das gilt übrigens auch für das langsame Hochfahren des Bordcomputers und die Verzögerung beim Betätigen des Startknopfes.

Speedy legt beim Fahrwerk noch eins drauf

Beide Motorräder sind mit hochwertigen Federelementen ausgestattet, wobei die hochpreisige Speed Triple mit der Öhlins-NIX-30-Gabel und dem TTX-30-Federbein naturgemäß gegenüber der kleineren und günstigeren Schwester noch einen drauflegt. Einen Teil dieses Papierform-Vorteils verspielt die Speedy jedoch durch eine überstraffe Abstimmung insbesondere der Gabel. Selbst wenn die Dämpfereinstellschrauben um mehr als zwei Drittel geöffnet sind, spricht sie nur zäh auf einzelne Stöße an, und wegen der straffen Zugstufe federt sie zwischen mehreren aufeinanderfolgenden Bodenwellen kaum mehr aus. Dabei läuft die Gabel mit geringer Reibung; es ist die Hydraulik, die die hohen Dämpferraten verursacht. Street Triple: Auch sie liegt eher auf der straffen Seite, bietet jedoch mehr Federungskomfort.

Unterschiede beim Bremsen?

Die Rennstrecke ist wohl das Geläuf, in dem das Potenzial der höherwertigen Bremszangen und der größeren Bremsscheiben der Speed Triple richtig zum Ausdruck kommt – auf der Landstraße bringen selbst forsch gefahrene Passabfahrten keine fühlbaren Unterschiede zutage. Wie bereits im Absatz über die Fahrhilfen erwähnt, lassen sich beide Triumphs zusammenstauchen, dass dem Fahrer kurzzeitig Hören und Sehen und dem Hinterrad bisweilen der Bodenkontakt abhandenkommt. Und das bei Bedarf oder Tester-Mutwillen auch mehrmals hintereinander.