Triumph Speed Triple S gegen Suzuki GSX-S 1000 im Vergleichstest
Raufbolde

Inhalt von

Die Triumph Speed Triple S, der Kult-Roadster aus Great Britain, betritt die Showbühne und stößt auf japanische Gegenwehr in Gestalt der Suzuki GSX-S 1000. Lasst die Spiele beginnen!

Raufbolde
Foto: Rivas

In den Neunzigern lief viel Schrott im Fernsehen. Aber diese eine Zeichentrickserie war wirklich enorm cool! Es ging um eine Art Familienclan voller Raufbolde. Jeder von ihnen besaß ganz spezielle Fähigkeiten. Der eine Kerl hörte auf den Namen „Kamikaze“ und sein Lieblingsausspruch war: „Adrenalin – das beste Mittel gegen Langeweile!“ Dann folgten Explosionen und actiongeladene Stunts. Wenn dieser Held auftauchte, ging es rund. Wie die Faust aufs Auge hätte es gepasst, wenn der Typ hin und wieder mit einem kräftigen Bike zu seinen Abenteuern geeilt wäre. Vielleicht mit einer Triumph Speed Triple, dem Inbegriff einer starken Maschine, Sinnbild und Mutter aller Streetfighter.

Kompletten Artikel kaufen
Triumph Speed Triple S gegen Suzuki GSX-S 1000 im Vergleichstest
Raufbolde
Sie erhalten den kompletten Artikel (12 Seiten) als PDF
2,00 € | Jetzt kaufen

Was Kamikaze aus der Zeichentrickserie damals verpasst hat, gehört endlich nachgeholt. Um der Herkunft seines japanischen Namens Rechnung zu tragen, nehmen wir noch die Suzuki GSX-S 1000 mit auf die „Mission Adrenalin“. Welche Maschine passt dem Helden wohl besser? Die Suzuki liegt konzeptionell in der Nähe der Triumph Speed Triple S und gibt einen wunderbaren Raufbold ab. Auf in den Kampf gegen die Langeweile, würde Kamikaze jetzt wahrscheinlich sagen!

Alte Bergrennstrecke der ideale Ort für diesen Test

Am Testgelände angekommen, kann man schon das Benzinaroma in der Luft schmecken. Wir sind auf einer alten Bergrennstrecke. Die schwarzen Streifen auf dem Asphalt verraten es. Noch schnell Überzieh-Knieschleifer angelegt und die wilde Totenkopf-Lederjacke zurechtgerückt – ab geht’s! Die Triumph Speed Triple S gibt als das neuere Motorrad erst einmal die Pace vor. Flott bügelt sie die kurvige Strecke hinauf. Mit ihrem großvolumigen Dreizylinder zieht sie aus dem Drehzahlkeller nach den Kehren kräftig an und untermalt das Ganze mit heiserem Bellen aus den beiden Auspufftöpfen. Sie klingt kernig und doch fein, gebärdet sich aber vielleicht etwas leiser als das Vorgängermodell. Britische Zurückhaltung? Wohl eher Euro 4.

Die überarbeitete Triumph Speed Triple S, was in diesem Fall für Standardmodell steht, hat einen schmaleren Kühler bekommen und einen größeren Katalysator. Ihre hochgezogenen Endschalldämpfer wirken filigraner als zuvor, sollen sogar etwas leichter sein. Der in seiner Grundkonstruktion elf Jahre alte Motor erhielt umfangreiche Änderungen – insgesamt 104 Modifikationen. Neuer Zylinderkopf, Kolben, Kurbelwelle und Nockenwellen inklusive. Außerdem überarbeitete Brennräume, kompaktere Drosselklappenkörper, neue Einspritzdüsen und eine umgestaltete Airbox. Obendrein wurde ein E-Gas mit verschiedenen Fahrmodi und Traktionskontrolle eingebaut. Triumph gibt stabile 140 Pferde an, was einer Mehrleistung von fünf PS gegenüber dem Vorgängermodell entspräche. Der Prüfstandslauf fördert allerdings nicht mehr als 134 PS zutage, was realistisch erscheint. Brutale ­Power ist also nicht das Steckenpferd des alten Dreizylinders, selbst nach der Modernisierung nicht. Trotzdem bollert es sich mit dem Drehmoment des Big-Triples problemlos aus jeder Kurve auf dem Hinterrad heraus. Nach Langeweile sieht das nicht gerade aus!

Vierer gegen Drilling

Die Suzuki GSX-S 1000 läuft noch als Euro-3-Modell. Ihr Vierzylinder klingt aggressiver und lauter als der Triple der Triumph Speed Triple S, was gleichermaßen das Wesen der Suzuki widerspiegelt. Schnell und leicht dreht der Motor hoch, der Antrieb ist echt spritzig. Allerdings braucht der Reihenvierer Drehzahlen jenseits der 8000/min, um dem Triumph-Motor wirklich Paroli zu bieten. Oberhalb dieser Marke gibt der Motor aus der alten GSX-R 1000 K7 dann alles und marschiert zornig. Offiziell spricht Suzuki von 145 PS, unser Prüfstand findet gar 157 Pferdchen. Der Leistungsunterschied zur Speed Triple ist dort also gewaltig.

Folgerichtig müsste Kamikaze zur Suzuki GSX-S 1000 greifen. Aber noch ist nicht aller Tage Abend. Die Triumph Speed Triple S punktet im Fahrverhalten und kann weitere Akzente setzen. Stichwort Sitzposition. Das ergonomische Dreieck aus breiter Lenkstange, Sitzpolster und Anordnung der Fußrasten stimmt für den sportlich orientierten Fahrer haargenau. Man spürt das Vorderrad sehr deutlich und findet in der Kurve festen Seitenhalt am Tank. Die Schräglagenfreiheit passt, zumindest hier am Berg schleift nichts und es setzt nichts auf. Stundenlang könnte man so den Pass hoch und runter fräsen, die griffigen Pirellis beißen regelrecht in den Asphalt.

Arturo Rivas
Für diese Aufnahme wurde selbstverständlich kein Tablett aus einer Filiale eines bekannten Fastfood-Restaurants entwendet.

Zu den Stärken der Triumph Speed Triple S zählt ihre Ausgewogenheit. Die Maschine fährt zwar nicht so präzise wie ein Supersportler, und ein Wunder an Handlichkeit ist sie ebenfalls nicht. Aber wenn der Pilot nach erhöhter Adrenalinzufuhr lechzt und den Hahn spannt, macht die Triumph das anstandslos mit. Man muss sie weder in die Kurve zwingen noch stellt sie sich beim Bremsen auf und zuckt trotz des Nichtvorhandenseins eines Lenkungsdämpfers kaum einmal mit der breiten Segelstange.

Die Gasannahme fällt recht sanft aus, Lastwechselreaktionen halten sich in Grenzen. Für Triumph untypisch lässt sich das Getriebe weich, aber dennoch mit sauberer Rastung schalten. Die Gänge wechseln muss man aufgrund ihrer kurzen Abstufung oft. Im Zuge der Modellüberarbeitung bekam die Triumph Speed Triple S einen neuen Schaltmechanismus nebst Gangrädern und eine neue Anti-Hopping-Kupplung spendiert. Gut so. Das Hinterrad bleibt im Normalfall schön in der Spur – auf Mission Adrenalin wird aber gedriftet!

Suzuki GSX-S 1000 platziert ihren Piloten niedriger

Die Triumph Speed Triple S hätte die Bezeichnung Raufbold nicht verdient, würde die Suzuki nicht genau an dieser Stelle eingrätschen. Trotz des beherzten Einsatzes kann sie aber nicht verhindern, dass die Speedy mehr Lob einheimst. Man sitzt nicht sehr sportlich auf der Suzuki GSX-S 1000. Sie platziert ihren Piloten niedriger, und die Schräglagenfreiheit ist geringer als bei der Triumph. Aufgrund des hohen und etwas zu kurzen Lenkers bekommt man nicht viel Druck aufs Vorderrad, alles wirkt inaktiver. Beim Bremsen in der Kurve stemmt sich die Suzi übers Vorderrad dem Fahrer leicht entgegen. Sie benimmt sich insgesamt nicht so neutral wie die Speedy, liegt weniger satt und neigt zur Nervosität.

Die Reifen in Sonderspezifikation, hinten mit veraltetem 50er-Querschnitt, werden eine Rolle dabei spielen. Ihre Federelemente sprechen recht unsensibel an, wobei die Gabel noch in Ordnung geht. Über Schlechtwegstrecken hinweg kommt das Federbein unter Zug dagegen an sein Limit, gibt Schläge hart an den Hosenboden des Fahrers weiter. Das voll einstellbare Showa-Fahrwerk der Triumph Speed Triple S funktioniert als Kompromiss aus Sport und Komfort gut, dämpft viel mehr weg als die Stoßdämpfer der Suzuki GSX-S 1000. Bei der anstehenden Modellüberarbeitung sollte hier auf jeden Fall Hand angelegt werden. In diesem Gesamtkonzept wirkt der GSX-R-Motor für das Naked Bike fast zu stark, wenn die Potenz des Antriebs ausgeschöpft wird. Am Antrieb stört bisweilen noch die harte Gasannahme im unteren Drehzahlbereich, vor allem aus dem Schiebebetrieb.

ABS und Traktionskontrolle bei der Speedy abschaltbar

Eine Schwäche fällt auf der Bergrennstrecke bei beiden Raufern gleichermaßen auf. Wenn man mit der Vorderradbremse stark ankert, sollte man mit der hinteren lieber nicht mitbremsen. Es kann passieren, dass die ABS-Systeme die Situation dann nämlich falsch einschätzen und die Bremsen aufmachen. Bei der Triumph Speed Triple S sind das ABS sowie die neue Traktionskontrolle komplett abschaltbar, die Suzuki GSX-S 1000 erlaubt lediglich Letzteres.

Triumph offeriert ­vier verschiedene Elektronikprogramme (Rain/Road/Sport/Track), wählbar über einen Knopf am linken Lenkerende. In diesen Programmen sind die Einstellungen für ABS (Off/Road/Track), Traktionskontrolle (Off/Rain/Road/Track) und das Motormapping (Rain/Road/Sport) jeweils voreingestellt. Zusätzlich gibt es ein Programm „Rider“, bei dem sich alle Parameter frei miteinander kombinieren lassen. Der PS-Tipp fällt auf das Programm „Track“, das Wheelies und Drifts bei spät regelndem ABS zulässt. Achtung, Überschläge sind möglich! Die Traktionskontrolle der Triumph Speed Triple S bekommt man auf dieser Stufe auf öffentlicher Straße kaum zum Intervenieren. Im Sport- oder Road-Modus greift sie viel früher ein und gefällt mit feiner Regelgüte. Wheelies werden aber unterbunden. Die reine Funktion der Speedy-Elektronik ist gut durchdacht, sie arbeitet tadellos. Bis man die Einstellmöglichkeiten und deren Bedienung aber checkt, sind einem graue Haare gewachsen.

Dreistufige Traktionskontrolle bei der Suzuki

Bei der Suzuki GSX-S 1000 herrscht Simplizität. Es gibt eine dreistufige Traktionskontrolle. Stufe eins regelt sportlich (PS-Tipp!), zwei bietet ein schönes Sicherheits-Backup und drei nimmt beim Gasaufziehen sämtliche Leistung weg. Quasi ein Regen-Modus. Regelgüte des Systems? Fein. Wheelies? Nur bei deaktivierter TC möglich. Bedienung? Sehr einfach über einen Schalter am linken Lenkerende.

Für welche Maschine Kamikaze sich am Ende entscheidet, werden wir wohl niemals erfahren. Die Zeichentrickserie wurde ja schon vor Ewigkeiten eingestellt. Wir sind sowieso der Meinung „TV sucks“ und verbleiben mit dem Ratschlag „Ride your Big Bike!“

Technische Daten

Arturo Rivas
Der allseits beliebte Bikergruß gewinnt selbst unter Raufbolden an Akzeptanz.

Hier sehen Sie einen Auszug der technischen Daten. Wenn Sie die kompletten, von uns ermittelten Messwerte inklusive aller Verbrauchs-, Durchzugs- und Beschleunigungswerte möchten, können Sie den Artikel als PDF zum Download kaufen.

Test-Ergebnis

Arturo Rivas
Passt auf Anhieb. Im Sattel der Triumph erwartet den Piloten ein Top-Arbeitsplatz mit sauberem Knieschluss am auf 15,5 Liter geschrumpften Tank.

max. Punkte

Suzuki GSX-S 1000

Triumph Speed Triple S

Antrieb 100 73 80
Fahrwerk 100 71 81
Alltag und Fahrspaß 50 30 33
Gesamtsumme 250 174 194
Platzierung   2. 1.

Hier sehen Sie einen Auszug der MOTORRAD-Bewertung. Wenn Sie die komplette Bewertung, inklusive aller Kriterien möchten, können Sie den Artikel als PDF zum Download kaufen.

Fazit

Arturo Rivas
Kultroadster aus Great Britain: Triumph Speed Triple S.

1. Triumph Speed Triple S

Die Speedy steht nicht auf der eins, weil sie der üblere Raufbold wäre. Vielmehr holt sie den Sieg nach Punkten. Die Modellpflege zeichnet die Triumph Speed Triple S etwas schärfer, gibt ihr einen feineren Schliff. Als größte Tugend fällt ihre enorme Ausgewogenheit ins Gewicht, das Gesamtpaket überzeugt.

2. Suzuki GSX-S 1000

Bei Suzuki gibt es viel Power für relativ wenig Geld. Allerdings hätte es dieser Motor verdient, in einem insgesamt ausgefeilteren Konzept seinen Dienst zu verrichten. Die Suzuki GSX-S 1000 verliert beim Fahrverhalten und der eher mageren Ausstattung.

Die aktuelle Ausgabe
PS 10 / 2023

Erscheinungsdatum 13.09.2023