Beim Duell zwischen Hornet und Bandit ist die Wahl der Waffen Formsache. Der Ausgang der Auseinandersetzung nicht, denn Suzuki hat die Keule poliert und Honda den Stachel gespitzt. Auf denn!
Beim Duell zwischen Hornet und Bandit ist die Wahl der Waffen Formsache. Der Ausgang der Auseinandersetzung nicht, denn Suzuki hat die Keule poliert und Honda den Stachel gespitzt. Auf denn!
Ein böser Blick, eine Bewegung aus dem Handgelenk, der Fehdehandschuh liegt. Satisfaktion! Es war klar, dass die Honda Genugtuung fordern würde. Bei dieser Vorgeschichte.
Denn die Rivalität schwelte schon lange. Genau genommen, seit die ersten Sonnenstrahlen den Zweiradfrühling des Jahres 1998 wärmten, die erfolgsverwöhnte Bandit ihre Anhängerschaft zum flotten Saisoneröffnungstänzchen bat und diese neue Hornet ihr den Rang ablaufen wollte. Diesen Angriff auf die Publikumsgunst parierte die Bandit nachhaltig. Bis heute. Weil die Neue trotz des ganzen Putzes recht unsicher wirkte. 16-Zoll-Vorderrad mit 130er Reifen, ein dicker 180er hinten, stumpfe Bremsen: Die Hornet torkelte ein wenig, statt sich geschmeidig durchs Kurventerrain zu bewegen.
Nun steht sie wieder da, wild entschlossen. Und anscheinend besser gerüstet. Immer noch mit keck erhobenem Schalldämpfer, immer noch mit dem gewaltigen 180er hinten. Jetzt aber trägt sie vorn einen 17-Zöller mit 120 Millimeter Breite, andere Bremsbeläge, die für mehr Biss sorgen sollen und stahlummantelte Bremsleitungen. Ob das reicht? Erste Zweifel kommen der Herausforderin, weil auch der Liebling der Massen die Winterpause nicht ungenutzt verstreichen ließ. Zwar unverkennbar die Alte, aber doch eine ganz andere Bandit. Neuer Rahmen, neuer Tank, neues Cockpit. Technisch tat sich ebenfalls einiges. Die Reifenbreite wuchs hinten von 150 auf 160 Millimeter, vorne auf einer nun 3,5 Zoll breiten Felge auf 120 Millimeter, aber im 60er-Querschnitt. Der Radstand wurde um drei Millimeter länger, dafür schrumpften Lenkkopfwinkel und Nachlauf. Außerdem trainierte die Bandit ihre Muskeln. Neue 32er-Keihin-Vergaser mit Drosselklappensensor sollen bei unvermittelten Attacken aus niedrigen Drehzahlen die nötige Dynamik bringen, eine straffere Gabel und ein jetzt in der Zugstufendämpfung einstellbares Federbein die Reserven beim Parieren straßenbaulicher Unbotmäßigkeiten erhöhen. Auf gehts, die ungeduldigen Piloten stehen bereit.
Und müssen etwas länger warten, da sich beide Akteure für die Warmlaufphase Zeit nehmen. Besonders die Bandit benötigt ein feinfühliges Händchen, um das Gemisch dem Betriebszustand anzupassen. Das sich die Hornet so lange zurückhält, ist in diesen Kreisen Ehrensache. So legen beide zeitgleich los, zu allem entschlossen. Denn bei aller Koketterie haben sie ihre Bestimmung nicht vergessen. Einfach nur Spaß machen, unverhüllte Aktion.
Kein Wunder, dass beide einen bewährten 600er-Reihenvierer als Antrieb verwenden. Deren Temperament aber ist so unterschiedlich wie ihr Stammbaum. Der Sportskamerad in der Hornet, der früher in der CBR 600 sprintete, legt blitzartig los. Dreht lebendig und lochfrei hoch und hat jenseits von 10000/min immer noch einen langen Atem. Kein Wunder, dass der Fahrer jede Nettikette vergisst und wie wild am Quirl dreht. Denn obwohl von den versprochenen 98 PS auf dem Prüfstand nur 92 übrigbleiben: Im Zusammenspiel mit dem Hornissengewicht von 197 Kilogramm vollgetankt geht die Honda wie gestochen. Null auf hundert km/h in 3,1 Sekunden, auf 180 vergehen nicht einmal deren elf. Touche, die Bandit ist getroffen. Deren prächtig feinverippter Motor ziert das Bike zwar wie ein Verdienstorden die Uniform, aber es verhält sich wie mit allen Auszeichnungen: Geehrt werden die Leistungen vergangener Tage. Obwohl der Vierzylinder guten Willen zeigt und statt der avisierten 78 PS satte 84 abliefert für die Werte der Honda reicht es der vollgetankt immerhin 225 Kilogramm schweren Suzuki nicht. 3,9 Sekunden auf 100 km/h, gar sechzehn auf 180 km/h. Für eine umgehende Attacke zu wenig.
Dass der Bandit-Pilot diesen kleine Fauxpas beinahe nebenbei registriert, liegt daran, dass sein Untersatz die segensreiche Tradition fortsetzt, gelassen auf seinen Reiter einzuwirken. Diese Eigenschaft wird in der jüngsten Ausgabe sogar weiter kultiviert. Die Suzuki passt wie ein Maßanzug, drückt nicht, kneift nicht, sitzt. Sehr komfortabel, mit angenehm gekröpften Lenkerenden und einem angemessenen Abstand zwischen Fußrasten und der überarbeiteten Sitzbank. Der Heißsporn Hornet fordert den Piloten mehr. Weiter über den zierlichen Tank gebeugt hockt er da, vorderradorientiert, die Beine stärker angewinkelt. Das animiert zu jenen sportlichen Großtaten an, zu denen der Untersatz selbst bereit erscheint.
Und tatsächlich ist, weil sie sich die höhnischen Kommentare nach ihrem ersten Auftritt zu Herzen genommen hat. Vorbei die Zeiten stumpfer Stopper. Die Doppelkolbensättel nehmen die 296-Millimeter-Scheiben so herrlich dosierbar zwischen die Beläge, dass es eine Freude ist. Das neu dimensionierte Vorderrad führt zielstrebig durchs Kurvengeschlängel, die Gabel federt und dämpft feinfühlig, ohne bei gröberen Unebenheiten die Contenance zu verlieren, und auch das direkt angelenkte Federbein zeigt sich, obwohl es auf eine einstellbare Druck- oder Zugstufendämpfung verzichtet, allen Anforderungen vollauf gewachsen. Dass sich die Gabel, wenn sie könnte, trotzdem ab und an irritiert zum Heck umschauen würde, hat einen anderen Grund. Dieser Protzer von Hinterreifen macht zwar im Stand auf unheimlich wichtig, sorgt forsch bewegt aber gelegentlich für Ungemach. Vor allem Bodenunebenheiten in Schräglage bringen ihn aus dem Takt und Unruhe in die Hinterhand, so dass der Lenker korrigierend eingreifen muss. Nicht leichter wird die Sache dadurch, dass der Motor zwar spontaner, aber auch härter anspricht als jener der Suzuki und der Antriebsstrang deutlich mehr Spiel hat. Duellantenschicksal? Nicht ganz. Die Hornet wird mit Michelins TX 15/25 ausgeliefert, aber auch mit Bridgestone BT 56. Also: Wenn schon unterschiedliche Wahl der Waffen, sollten wenigstens die Gummis übereinstimmen. Der Fairness halber. Und siehe da: So umgerüstet, gibt sich die Hornet deutlich neutraler, irritiert kaum noch mit ihrer nervösen Heckpartie, stellt sich weniger auf. Und kann so ihre Qualitäten erst richtig ausspielen
Trotz der so hinzugewonnenen Souveränität bleibt ein verwunderter Blick in den Rückspiegel nicht aus. Denn dort spielt die Bandit mit einer erfrischenden Mischung aus Routine und gezielter Weiterentwicklung auch richtig auf. Beispiel Gabel: sie ist nicht straff, aber straffer, bietet immer noch kein eindeutiges Feedback, geht aber auch nicht mehr bei jeder Kleinigkeit auf Block. Das ergibt zusammen mit dem neben der Federbasis jetzt auch in der Zugstufendämpfung vierfach verstellbaren Federbein eine Fahrwerksabstimmung der komfortablen und dennoch zielgenauen Art. Die wiederum harmoniert bestens mit der gelassenen Motorcharakteristik. Und obwohl sich der Bandit-Vierzylinder trotz deutlicher Vibrationen jenseits von 5000/min subjektiv in allen Drehzahlregionen deutlich sanfter anfühlt als das Honda-Aggregat und erst ab 7000/min zuzubeißen scheint, fällt es beim Landstraßentanz nicht schwer, der Hornet zu folgen. Die Erklärung liefert ein Blick auf die Leistungskurven und Durchzugswerte. Deutlich mehr hat die Hornet nur in jener Drehzahlregion zu bieten, die auf diesem Terrain ohnehin kaum genutzt wird, während der Suzuki-Vierzylinder zwischen 4000/min und 5500/min die Honda sogar knapp überflügelt. Und in engen Ecken Hand aufs Herz nutzen selbst Möchtegern-Biaggis diesen Bereich ausgiebig.
Genau wie die vordere Bremsanlage. Normalerweise. Auf der Bandit nicht so gerne. Zum einen, weil die Doppelkolbenzangen deutlich höhere Handkraft als bei der Hornet mit schlechterer Dosierbarkeit verbinden. Zum anderen, weil mit der breiteren Felge und der geänderten Reifendimension auch die Tendenz steigt, sich beim Bremsen in Schräglage aufzustellen. Eine Unart, welche die Honda mit 70er-Querschnitt kaum kennt.
Nicht nur deshalb siegt die Hornet knapp nach Punkten. Sie ist ein echter Spring-ins-Feld, agil, lebendig. Diese Eigenschaften verlangt sie auch vom Fahrer. Und genau da liegt der Unterschied. Die Suzuki ist mit der Modellpflege ebenso gewachsen, aber in eine andere Richtung. Sie ist souverän, gelassen, fordert weniger Einsatz. Und sie ist für Paare die bessere Wahl, weil die Sitzbank auch in der zweiten Reihe genug Platz einräumt, während die Hornet-Sitzbank ein wenig kurz ausfällt. Das aber passt strengenommen genau zu ihrem Charakter.
Sie liegt knapp vorn in diesem Duell, die Hornet. Sie ist stärker, agiler, noch handlicher. Aber eben auch ungestümer. Sie will bewusster gefahren werden. Wer dazu bereit ist, hat mit dem kleinen Heißsporn jede Menge Spaß. Weil sie an ihren Schwächen gearbeitet hat. Trotzdem bleibt Raum für Verbesserungen. Dieser dicke 180er ist genauso überflüssig wie das zu große Spiel im Antriebsstrang.
Knapp daneben ist überhaupt nicht vorbei. Denn auch wenn die Bandit hier geschlagen wird: Die Frischzellenkur hat ihr bis auf den breiteren Reifen vorne richtig gut getan. Unkompliziert, handlich, neutral gegen das ungestüme Wesen der Hornet setzt die Suzuki ihre Ausgeglichenheit. Fährt auch noch, wenn der Fahrer einmal nicht ganz bei der Sache ist. Schön, dass auch der Preis nach wie vor beinahe Nebensache ist.