Yamaha YZF-R1 Fahrassistenzen und Fahrwerk

Assistenzsysteme und Fahrwerk der Yamaha YZF-R1 Die perfekte Abstimmung

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Für diesen Test verpasste uns der Renntrainings-Veranstalter die Startnummer 112. PS als Brandlöscher? Von wegen! Mit dem perfekten Setup von elektronischen Fahrassistenzen und Fahrwerk entflammen wir das wahre Feuer der Yamaha YZF-R1.

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Feuer macht den Unterschied. Mit der Fähigkeit, selbiges zu entzünden, setzte sich der Urmensch von der grunzenden und im ewigen Dunkel lebenden Primatenkonkurrenz ab. Derart erleuchtet, erfand der moderne Homo sapiens schließlich den Feuerstuhl und jüngst sogar elektronische Fahrassistenzen. Heiß! Doch Fortschritt birgt auch immer Herausforderungen, in diesem Fall die Abstimmung der zahlreichen Helferlein der Yamaha YZF-R1. Im zweiten Teil unserer neuen Serie nehmen wir uns daher die populäre Japanerin vor, klopfen sämtliche Einstellungen ihrer Elektronik ab und verraten das ideale Setup für Rennstrecke und Landstraße. Und weil es uns brennend interessiert, kümmern wir uns auch gleich noch ums Fahrwerk. Feuer frei!

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ABS

Vorsichtiges Japan. Anders als die europäische Superbike-Konkurrenz setzt Yamaha auf nur eine einzige Einstellung des Blockierschutzes. Dazu ist das System sehr defensiv ausgerichtet, lässt sich nicht deaktivieren und arbeitet mit vergleichsweise stumpfen Bremsbelägen. Das hat zwar den Vorteil einer äußerst geringen Überschlagsneigung. Auf ebener Strecke ist der Vorwärtssalto nahezu unmöglich, und selbst bergab lässt sich das System kaum überlisten. Andererseits verschenkt das ABS der Yamaha YZF-R1 im Extremfall wertvolle Meter. Warum? Weil es wegen der Hinterrad-Abhebeerkennung mitunter weit vor der Blockiergrenze regelt. Ein leicht steigendes Heck genügt, schon regelt das System und reduziert den Bremsdruck. Mit der serienmäßig sehr frontlastigen Ausrichtung kommt das bei entsprechend heftigem Ankern häufig vor, besonders auf der Rennstrecke. Besserung bringen ein paar Handgriffe am Federbein, wodurch das Heck länger am Boden bleibt und das ABS später eingreift. Welche Änderungen das sind, steht weiter unten im Fahrwerkskapitel.

Doch bleiben wir zunächst bei den Stoppern. Zwar besitzt die Yamaha YZF-R1 kein Kurven-ABS, dennoch gestattet sie kräftiges Bremsen in Schräglage. Die Teilintegralfunktion (das Bike bremst hinten automatisch mit, wenn der Pilot vorn verzögert) steuert die Bremskraft je nach Schräglage vorn und hinten unterschiedlich stark. Dadurch stellt sich das Bike bei der Initialbremsung leicht auf und gerät so aus der kritischen Zone. Erst dann steigert das System den Bremsdruck. Schreck- oder Anpassungsverzögerungen in Schräglage führen bei idealen Bedingungen – durchgewärmte und haftfreudige Reifen, trockene und saubere Strecke – also nicht zum Abflug. Erst ab Winkeln über zirka 45 Grad wird es kritisch, da die Reifen wegen der hohen Seitenkräfte nur noch geringe Umfangskräfte (Bremsen, Beschleunigen) übertragen können.

Ob große, geringe oder überhaupt keine Schräglage: Die zahmen Serienbremsbeläge beißen grundsätzlich sehr verhalten zu. Im Rahmen dieses Tests hatten wir die Gelegenheit, die Renn-Pads „Lucas SRQ“ (keine Straßenzulassung) von TRW auszuprobieren. Damit gehen die Stopper deutlich angriffslustiger zu Werke und benötigen weniger Handkraft – top! Auf bremsmordenden Strecken wie dem großen Kurs von Hockenheim überhitzt die Anlage jedoch gnadenlos. Obwohl wir den Hebel auf maximale Weite einstellten, ließ er sich am Ende eines schnellen Turns ohne Bremswirkung bis zum Anschlag ziehen. Saugefährlich! Wer Racing-Pads verwendet, sollte daher unbedingt auch dickere Bremsscheiben montieren, da sie die Hitze besser aufnehmen.

Traktionskontrolle (TCS)

Dieses Feature bietet neun Einstellungen. Sie sind wunderbar abgestuft, und das System regelt den Schlupf sehr feinfühlig. Oft bemerkt der Pilot die Eingriffe nur an der dezent flimmernden Kontrollleuchte links im Cockpit. Wir arbeiten uns bis auf Stufe drei vor. Sie erlaubt kräftiges Herauspowern aus den Ecken und fängt die Yamaha YZF-R1 bei zu viel Schlupf zuverlässig ein. Tipp: An die eigene Wohlfühlstufe herantasten und eine schärfere Position erst wählen, wenn die Elektronik zu stark reguliert. Obwohl uns die Wirkung der TCS voll überzeugt, weist sie dennoch eine Merkwürdigkeit auf. Denn trotz einer im Cockpit hinterlegten Off-Funktion lässt sich das System nicht deaktivieren.

Slidekontrolle (SCS)

Leichte Rätsel gibt auch die Slide-Control der Yamaha YZF-R1 auf. Theoretisch soll sie ein Übersteuern (ausbrechendes Heck) verhindern. Doch Eingriffe können wir auf keiner der drei Stufen feststellen. Keine oder zu geringe Driftwinkel? Gut möglich. Doch selbst erfahrene Racing-Teams aus der IDM mit ihren pfeilschnellen Piloten zucken mit den Schultern: „Beim Serienbike stellen wir die Slide-Control immer auf Position eins und konzentrieren uns nur auf die Traktionskontrolle.“ Diese Empfehlung übernehmen wir nur zu gern.

Wheelie-Control (LIF)

Die Wheelie-Control der Yamaha YZF-R1 ist eine fantastische Fahrhilfe! Vor allem auf der Renne, wenn es gilt, aus langsamen Ecken wie der Spitzkehre möglichst kräftig herauszupfeffern, hält die Wheelie-Control das Vorderrad auf jeder der drei Positionen zuverlässig in Bodennähe. Das ermöglicht maximalen Vortrieb. Besonders gut gefällt uns Stufe eins, da die Eingriffe hier sehr fein ausfallen. Einfach die Brause voll öffnen, die Elektronik regelt den Rest – spitzenmäßig!

Schaltautomat (QSS)

Große Unterschiede bestehen zwischen den beiden möglichen Positionen zwar nicht. Als verlässlicher erweist sich dennoch die Stufe zwei. Auf der ersten verweigerte unser Testbike ab und an das kupplungsfreie Hochschalten. Deaktivieren lässt sich der Quickshifter zwar auch, das ergibt aber wenig Sinn. Eine Blipperfunktion bietet das System leider nicht. Das gilt auch für 2017. Zwar wildert die Yamaha YZF-R1 dann schon das dritte Jahr im Supersport-Revier. Trotzdem sind die Japaner von sämtlichen Fahrassistenzen so überzeugt, dass sie keinen Anlass sehen, sie neu abzustimmen.

Gasannahme/Leistungsentfaltung (PWR)

Spätestens hier sollte Yamaha Hand anlegen. Denn die R1 springt auf den Stellungen eins und zwei ziemlich hart ans Gas. Mit dem Unterschied, dass sie das auf der zweiten Stufe etwas verzögert tut – keine besonders hilfreiche Lösung. Position drei arbeitet geschmeidiger, raubt der Yamaha YZF-R1 im Teillastbereich aber etwas Durchschlagskraft. Der Pilot nimmt das als reduzierte Spritzigkeit wahr. Stufe vier ist auch keine Option, da sie die Spitzenleistung kappt. Und nun? Unser Tipp ist die zwar abrupte, aber zumindest ehrliche und transparente Position eins.

Fahrwerk

Um die sehr frontlastige und damit Stoppie-anfällige Ausrichtung der Yamaha YZF-R1 etwas zu mildern, reduzieren wir die Federvorspannung am Monoshock. Dadurch lenkt die R1 zwar nicht mehr ganz so gierig ein, bleibt beim Anbremsen aber stabiler. Mit der Folge, dass das Heck statt heftig auszukeilen besser kontrollierbar slidet. Zudem regelt das ABS dank der gesteigerten Bodenhaftung nun deutlich später. Bei der Dämpfung bestehen zwischen Landstraße und Rennstrecke vor allem beim Federbein riesige Unterschiede. In öffentlichem Gefilde wirkt es über-, auf der Piste dagegen leicht unterdämpft. Die Gabel ist hier wie dort zwar auf der straffen Seite, spricht aber im Gegensatz zum Mono­shock sehr fein an. Sämtliche Einstellungen für Fahrwerk und Fahrassistenzen stehen im Kasten unten. Damit ist die Yamaha YZF-R1 für jede Situation bestens gerüstet. Feueralarm? Na klar!

Setup (trockene Bedingungen)

Rennstrecke Landstraße
Fahrassistenz
ABS nicht einstellbar nicht einstellbar
Traktionskontrolle (TCS) 3 6
Wheeliekontrolle (LIF) 1 3
Slidekontrolle (SCS) 1 1
Leistungsentfalt. (PWR) 1 1
Schaltautomat (QSS) 2 2
Fahrwerk*
Gabel
Zugstufe 15 K 15 K
Druckstufe kompl. geöffnet 23 K
stat. Negativfederweg 32 mm 32 mm
Federbein
Zugstufe 1 K 1 K
Druckstufe low kompl. geöffnet 1 K
Druckstufe high kompl. geöffnet 4,5 U
stat. Negativfederweg 16 mm 19 mm

*alle Dämpfungseinstellungen von komplett geschlossen gezählt; statischer negativer Federweg senkrecht stehend ohne Fahrer; U = Umdrehungen; K = Klicks

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