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MZ 1000 SF - Der "Super Fighter".
Sie finden in dieser Gebrauchtberatung nämlich nur Poltergeister mit sinnbildlichen Ecken und Kanten, allerdings auch mit realen Macken - und diese häufig schon ab Werk. Noch dazu teilen die hier vorgestellten Maschinen und Hersteller ein trauriges Schicksal: Sie sind weg vom Fenster, tot, teilweise schon vergessen, als frische Ladenware jedenfalls nicht mehr erhältlich. Aber diese Maschinen spuken nicht nur in der Erinnerung weiter, sondern tummeln sich sehr lebenslustig auf dem Gebrauchtmarkt. Und emotional betrachtet sind einige Marken alles andere als tot: Moto Morini zum Beispiel soll mit neuem Investor und einem Online-Vertrieb wiederbelebt werden - ob diese Idee klug ist, wird sich zeigen. Aktuell finden Morini-Interessenten aber genügend einwandfreie Secondhand-Ware- zu spannenden Preisen, teils neuwertige Stücke. Ähnlich geht es Buell-Jüngern, für die auch nach dem Ausstieg von Harley-Davidson und dem dadurch bedingten Aus für die kultige Ami-Marke im Jahr 2009 eine großzügige Gebrauchtauswahl bereitsteht. Ob traditionsreiche Firmen wie Cagiva, MZ oder Laverda jemals wieder große Motorräder bauen werden? Reine Kaffeesatzleserei. Dass Voxan wieder aufersteht - wohl eher unwahrscheinlich.
Doch können Gebrauchtmaschinen ohne Werkssupport tatsächlich über-leben, etwa wenn sich die Ersatzteilversorgung mangels Nachschub und Ansprechpartnern zum Problem entwickelt? Haben normale Werkstätten überhaupt genügend Know-how und alle nötigen -Infos, Daten und Unterlagen, um ein Motorrad einer untergegangenen Marke warten und reparieren zu können? Wie groß ist das Risiko, beim Wiederverkauf auf seinem Exoten sitzen zu bleiben? Antworten auf diese Fragen finden Sie auf den folgenden Seiten, Testberichte unter www.motorradonline.de/downloads (oder Telefon 07 11/1 82-12 29), Gebrauchtangebote unter www.1000ps.de/gebrauchte-motorraeder.
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Außergewöhnliche Motorräder aus zweiter Hand
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Für Zweifler und Bedenkenträger heißt es aber: Finger weg! Wer großen Wert auf Zuverlässigkeit, ein gut strukturiertes Händlernetz und zuverlässige Ersatzteilversorgung legt, sollte den Griff zum Exoten tunlichst vermeiden. Für die hier vorgestellten Gebrauchten brauchen Sie Mut, der aber mit prallem Leben belohnt wird. Bei Markentreffen kennen sich die Besitzer meist persönlich und begrüßen sich per Handschlag und Umarmung. Außerdem leben Totgeglaubte länger - die technisch und äußerlich extravaganten Maschinen haben schließlich ein markantes Stück Motorradgeschichte geschrieben und besitzen das Potenzial zu exklusiven Liebhaberstücken mit gutem Werterhalt. Das könnte sogar Vernunftkäufern die Furcht nehmen.
Buell
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Das erste Buell-Modell, das auch in Deutschland Stückzahlen machte: die Neuner-Lightning.
Erik Buell, motorradbesessener Rennfahrer und ehemaliger Fahrwerksingenieur bei Harley-Davidson, gründete 1983 in den USA eine kleine Firma in East Troy/Wisconsin. Nach ersten Eigenbauversuchen mit Zweitaktmotoren gewann er Harley als Motorenzulieferer. Im Laufe der Jahre beteiligte sich die Kultmarke aus Milwaukee/Wisconsin zunehmend an der Buell Motorcycle Company, bis sie sich im Jahr 2003 die restlichen zwei Prozent des Firmenanteils von Erik Buell einverleibte - im Jahr zuvor wurde die XB-Reihe etabliert und über das Harley-Vertriebsnetz vergleichsweise erfolgreich vertrieben. Im Zuge der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise ließ der Mutterkonzern 2009 aber die Produktion einstellen und veräußerte die Fertigungsanlagen. Seither ruhen die Markenrechte bei Harley-Davidson.
XB9S
Sie sollte ein Fahrwerkswunder sein, doch eigensinnige technische Lösungen wie der extrem kurze Radstand (1320 Millimeter) oder der steile Lenkkopfwinkel (69 Grad) fordern dem Fahrer vor allem eines ab: viel Training. Denn die Fuhre stellt sich beim Bremsen in Schräglage gerne mal erschreckt auf, saubere Radien zu zeichnen, ist eher was für Fortgeschrittene. Der Motor? Klasse. Dreht gut, macht Spaß, ist zuverlässig. Was man von den Vorgängern der XB-Reihe (2002 bis 2009) - S1 und X1 (1996 bis 2001) - nicht gerade behaupten kann. Bei Buell hatte man wohl nicht damit gerechnet, dass deutsche Autobahnen ohne Tempolimit auch längere Fahrten mit Highspeed erlauben - Motorschäden können die Folge sein. Bei der 84 PS starken XB9 (Neupreis: 10500 Euro) wurde indes ein Lüfter verbaut. Seither sind thermische Motorprobleme nur noch Geschichte. Die äußerlich ähnliche XB12S Lightning (101 PS) ist zwar die populärste gebrauchte Buell, aber die Neuner ist vor allem für urbane Boulevard-Biker interessant - geringere Leistung, geringere Preise. Schwer angesagt als Secondhand-Ware ist das City-X-Modell. Bei regelmäßiger Profi-Wartung (einmal jährlich Inspektion, Kosten: 200 bis 300 Euro) sind bei den soliden XB9S übrigens technisch kaum böse Überraschungen zu erwarten. Die Ersatzteilversorgung läuft problemlos über Harley-Händler, und die Teilepreise sind moderat. Erstaunlich: Für den Antriebsriemen ist im Wartungsplan kein Wechselintervall vorgesehen. Werkstätten vertrauen darauf auch noch nach über 50000 Kilometern.
Daten (Modelljahr 2004)
Luftgekühlter Zweizylinder-Viertakt-45-Grad-V-Motor, 985 cm³, 62 kW (84 PS) bei 7400/min, 86 Nm bei 5600/min, Fünfganggetriebe, Brückenrahmen aus Aluminium, Gewicht vollgetankt 205 kg. Höchstgeschwindigkeit 211 km/h, Beschleunigung (0-100 km/h) 3,9 sek, Durchzug (60-100 km/h) 4,9 sek.
Marktsituation
Die XB9S verkauft sich über das Aussehen – und einen angemessenen Preis. Ab 3500 Euro finden sich zwar gebrauchte, doch für sauber gepflegte Exemplare mit dokumentiertem VertragswerkstattService sollte man eher 5500 Euro zurücklegen. Auch mit viel Zubehör: 7000 Euro sind Maximum.
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Buell XB12R Firebolt.
XB12R Firebolt: Die Zwölfer ist das stärkere und deshalb insgesamt beliebtere Modell. Gute Angebote der XB12 sind selten unter 6000 Euro zu bekommen.
1125 CR: Schon der Bestand des Renners mit 148-PS-Rotaxmotor ist exklusiv: -Weniger als 200 CR-Modelle wurden verkauft. Gebrauchtpreise: ab 5000 Euro.
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Buell X1 Lightning.
X1 Lightning: sportlich, wenngleich nicht vollgasfest, weit weg vom Einheitsbrei und ein sehr eigenwilliges Stück Maschinenbau - Angebote ab 3500 Euro.
Cagiva
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Feister Japan-V2 in italienischen Kleidern - passt!
CA für Castiglioni, GI für Giovanni und VA für die Stadt Varese. Die Gebrüder -Gianfranco und Claudio Castiglioni widmeten ihrem Vater diese 1978 in Nord-italien gegründete Motorradmarke. Cagiva-Maschinen, die aus dem ehemaligen Aermacchi-Werk rollten, erlangten Weltruhm - ob als GP-Renner, Dakar-Rallye-Maschinen mit Ducati-Motoren oder Avantgarde-Bikes. Die Raptor-Modelle (2000 bis 2005) gehören zur letzten Ära der Markengeschichte unter der Regie des rührigen Claudio Castiglioni. Der hatte schon Marken wie Husqvarna, Moto Morini oder MV Agusta übernommen, musste 2004 aber als Anteilseigner der MV-Gruppe seine Mehrheit aufgeben und verstarb 2011.
V-Raptor 1000
Die rigoros gezeichnete Designbombe V-Raptor (Neupreis: rund 10 000 Euro) mit wunderschönem Gitterrohrrahmen hat das Zeug zum zukünftigen Youngtimer mit stabilen Preisen. Aber auch die herkömmliche Raptor 1000 ohne die augenfällige Lenkerverkleidung wird wohl preislich nicht mehr fallen, wenn technischer und optischer Zustand in Ordnung sind. Der äußerst kräftige und robuste V-Twin stammt von der Suzuki TL 1000, die Cagiva ist so gesehen kein wirklich schräger Exot. Ersatzteile sind im Schadensfall also relativ einfach zu bekommen, Wartungsteile sowieso. Nur bei Sturzteilen wie Cockpitverkleidung oder Tank kann die Suche zum Sport ausarten (ehemalige Cagiva-Händler, E-Bay, Fan-Foren im Internet). Aber wer will mit diesem schönen Motorrad schon stürzen? Reicht ja manchmal, in der Garage nur davorzuknien.
Daten (Modelljahr 2000)
Wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-90-Grad-V-Motor, 996 cm³, 78 kW (106 PS) bei 8500/min, 90 Nm bei 7000/min, Sechsganggetriebe, Gitterrohrrahmen aus Stahl, Gewicht vollgetankt 212 kg. Höchstgeschwindigkeit 225 km/h, Beschleunigung (0-100 km/h) 3,5 sek, Durchzug (60-100 km/h) 4,0 sek.
Marktsituation
Kein Problem, eine Raptor für unter 3000 Euro zu erlegen. Doch dann muss man mit Laufleistungen deutlich über 40 000 Kilometern rechnen und wohl auch mit einigen optischen Punktabzügen. Gute Exemplare mit Scheckheft und weniger als 15 000 Kilometern sind selten und kosten gut 5000 Euro.
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Cagiva Raptor 650.
Raptor 650: solide Mittelklasse - auch für Einsteiger mit kleinem Geldbeutel ein guter (Blick-)Fang. Ab 2000 Euro
Moto Morini
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Die Corsaro ist die bei Weitem gefragteste 1200er-Morini aus zweiter Hand.
Die 1937 von Alfonso Morini in Bologna/Italien gegründete Traditionsmarke musste 1993 erstmals die Produktion einstellen und verschwand vom Markt. 2005 gelang der Neustart mit einem eigens konstruierten 1200er-Motor, der in allen Neo-Morinis (Corsaro, 9½, Scrambler und Gran Passo) zum Einsatz kam. 2010 dann Insolvenz. 2011 wurden Produktion, Inventar und Namensrechte von der italienischen Firma Eagle Bike ersteigert, seit Mitte 2012 soll mit dem neuen Modell Rebello (angeblich ausverkauft) wieder produziert werden. Via Online-Shop (www.motomorini motorcycles.eu) sollen neue Motorräder auch über deutsche Service-Händler ausgeliefert werden. Während der Recherchen gaben jedoch einige der gelisteten Händler an, nicht für alle Dienstleistungen der „neuen“ Moto Morini zur Verfügung zu stehen. Zukunftsskepsis? Für Gebrauchte bieten sie jedoch zu üblichen Werkstatttarifen Wartung und Reparatur an.
Corsaro 1200
Darüber zu reden oder zu schreiben reicht nicht aus, um den einzigartigen Charme des 1200er-V2-Hammers näherzubringen. Probefahrt dringend empfohlen, trotzdem an dieser Stelle: Der seinerzeit kurzhubigste Twin in dieser Größe (Bohrung 107 Millimeter, Hub nur 66 Millimeter) tritt aus dem Drehzahlkeller stramm an und marschiert dann vehement die Drehzahlleiter hoch. Das Fahrwerk ist für sportliche Ausritte auf der Landstraße gut gerüstet, die Bremsen ankern mit Vierkolben-Festsätteln von Brembo ohne Tadel. Die Corsaro (Neupreis: um 11000 Euro) ist also ein durchweg prima Motorrad, richtig was fürs Herz. Aber kann man als Gebrauchtinteressent auch wirklich guten Gewissens zuschlagen? Wenn die Maschine nachweislich von einem geschulten Händler gewartet wurde, kein Problem. Denn die Schwachstellen sind überschaubar und sollten sich möglichst schon bei vergangenen Inspektionen durch Umrüstungen erledigt haben. Das Cockpit ist defektanfällig, ein Tausch kostet rund 800 Euro. Luftdruck prüfen bei Modellen mit Speichenrädern (9½, Scrambler, Sport und Gran Passo), die zu Undichtigkeiten neigen! Insgesamt sollte man sich auf ein relativ hohes Preisniveau bei den Ersatzteilen einstellen.
Daten (Modelljahr 2005)
Wassergekühlter Zweizylinder-Viertaktmotor, 1187 cm³, 103 kW (140 PS) bei 8500/min, 123 Nm bei 6500/min, Sechsganggetriebe, Gitterrohrrahmen aus Stahl, Gewicht vollgetankt 220 kg. Höchstgeschwindigkeit 250 km/h, Beschleunigung (0-100 km/h) 3,4 sek, Durchzug (60-100 km/h) 4,9 sek.
Marktsituation
Viel gefahrene Maschinen (über 40 000 Kilometer) kann man Privatverkäufern unter Umständen schon um 4500 Euro herausleiern, die meisten guten (Händler-)Angebote bewegen sich bei Laufleistungen um 20 000 Kilometer aber um 6000 Euro. Die Modelle Gran Passo und 9½ sind im Vergleich günstiger.
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Moto Morini Gran Passo.
Gran Passo: Konkurrenz für BMW? Was die Vernunft angeht, wohl kaum, aber was den Fahrspaß betrifft, auf jeden Fall
MZ
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„SF“ steht für „Super Fighter“ - wohl noch lange nicht ausgeknockt.
Mit der Serienproduktion von Motorrädern begann man im sächsischen Zschopau bereits 1922. Aber erst 1952 entstand mit dem VEB Motorradwerk Zschopau die Marke MZ. 1990 wurde das Werk privatisiert, MZ ging ein Jahr darauf in Konkurs, stand aber 1992 als Motorrad- und Zweiradwerk GmbH (Markenname: MuZ) wieder auf den Beinen. 1996 erneuter Konkurs und Übernahme durch den malaysischen Konzern Hong Leon Industries. Nach der Jahrtausendwende Beginn der Produktion der neuen 1000er-Modellreihe. 2008 wurde das Werk nach hohen finanziellen Verlusten allerdings geschlossen, was in der Folge auch zum Ende der technisch wohl aufwendigsten MZ-Baureihe führte.
1000 SF
Große Stückzahlen hat die SF jedenfalls nicht gemacht. Obwohl der hoch attraktive Kampfpreis von unter 10000 Euro schon fast Mittelklassekunden ansprach. Die Maschine selbst spielt fahrdynamisch mit stabilem Fahrwerk und gut abgestimmtem Zwei-zylinder (113 PS) in der obersten Liga starker Streetfighter vorne mit. Aus zweiter Hand ist die SF immer noch eine gute Partie, weil der Motor extrem haltbar ist (Top-Ergebnis beim MOTORRAD-Dauertest, Heft 1/2006) und die Maschine generell als sehr schrauberfreundlich gilt. Typische Schwachstellen sind die Räder: Lagerspiel und gerissene Felgenschweißnähte sind Werkstattprofis bekannt, diese Probleme wurden in der Vergangenheit aber meist schon als Garantiefälle gelöst. Bei der Besichtigung trotzdem den Vorbesitzer fragen, ob der Reifenluftdruck immer gut hält. Manche SF-Treiber haben aber bereits Nachrüstradsätze montiert, damit ist das Thema erledigt. Außerdem nudelt die Scheinwerferpfanne auf Dauer aus, aber auch dieses Ärgernis lässt sich ohne teuren Kompletttausch beheben.
Daten (Modelljahr 2005)
Wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-Reihenmotor, 999 cm³, 83 kW (113 PS) bei 9000/min, 98 Nm bei 7000/min, Sechsganggetriebe, Brückenrahmen aus Stahl, Gewicht vollgetankt 224 kg. Höchstgeschwindigkeit 217 km/h, Beschleunigung (0-100 km/h) 3,6 sek, Durchzug (60-100 km/h) 4,4 sek.
Marktsituation
Die 1000er sind gefragte Modelle, vor allem seit sie weg sind vom Markt. Eine Zeit lang waren sehr ordentliche Maschinen mit maximal 20 000 Kilometern schon um 3500 Euro erhältlich, momentan kosten Maschinen in ähnlichem Zustand ab 5000 Euro, weil eine eingeschworene Gemeinschaft gezielt danach sucht.
1000 S: Die ersten Baujahre konnten mit widerspenstigem Drehzahlkeller Sporttouristen nur bedingt überzeugen.
Laverda
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750er-Viertakter mit einigen Macken, aber der berauschenden Handlichkeit eines 250er-GP-Zweitakters.
Laverda
Orange. Schon lange bevor KTM diese Markenfarbe zum Kult stilisierte, stand Orange für Laverda. Das 1949 in Breganze/Italien von Francesco Laverda gegründete Unternehmen, das vor allem in den 1970ern mit Dreizylinder-1000ern für Furore sorgte, ging allerdings bereits 1980 pleite. 1993 wagte der Unternehmer Francesco Tognon dann einen Neuaufschlag mit einem neuen Werk in Zanè in der Provinz Vicenza unter der Firmierung International Moto Laverda. Tognon musste jedoch im Jahr 2000 die geschäftliche Leitung und die Namensrechte der Marke an den Aprilia-Konzern abgeben. Die 750er-Modelle (1997 bis 2001) waren die letzten Serienmaschinen im Programm von Laverda.
750 Formula
Fernab jeder Perfektion errang die Formula Kultstatus. Fans sind offenbar leidensfähig - oder besonders zahlungskräftig. La bella Diva bedarf nämlich regelmäßiger Fürsorge und Aufmerksamkeit: Die Elektrik spinnt gerne mal, das Getriebe ist ein Kracher - leider nicht im übertragenen Sinn. Nicht gerade unwichtige Motorteile wie die Hubzapfen wurden teilweise in erschreckend liederlicher Qualität gefertigt, einige Anbauteile wirken extrem billig. Nun ja, dass Laverda Pleite ging, hatte schon seine Gründe. Aber das ist Schnee von gestern für die Wagemutigen, die sich auf die 750er als Gebrauchte einlassen. Der polierte Rahmen - ein Hingucker. Und wenn sie läuft, vermittelt sie ein außergewöhnliches Fahrerlebnis. Hevorragendes Handling, beste Stabilität, ein kerniger, einzigartiger Twin, der die 95 PS zwischen 3000 und 9000/min virtuos hoch- und runterorgelt. Mit relativ schmalem 160er-Hinterreifen filetiert die Laverda für ihren Piloten Kurven in jeden gewünschten Radius, faszinierend! Dieses Fahrgefühl zu konservieren, gilt als Denkmalschutz.
Daten (Modelljahr 2000)
Wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-Reihenmotor, 747 cm³, 70 kW (95 PS) bei 9000/min, 82 Nm bei 6500/min, Sechsganggetriebe, Brückenrahmen aus Aluminium, Gewicht vollgetankt 208 kg. Höchstgeschwindigkeit 225 km/h, Beschleunigung (0-100 km/h) 3,8 sek, Durchzug (60-100 km/h) 7,1 sek.
Marktsituation
Die Formula (Neupreis: ca. 10000 Euro) ist zum Sammlerstück avanciert und deshalb in gutem Originalzustand kaum unter 6000 Euro zu erwerben. Weniger kultig, dafür nach etwas Suchen schon um 3500 Euro zu finden, sind die übrigen 750er-Modelle (Sport und Strike) mit fast gleichem Motor.
Voxan
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Eine runde Sache? Die Café Racer -bekennt sich zumindest zu stringentem Design: verspielt, trotzdem zeitlos.
Mit großem Elan wollte Jacques Gardette im Jahr 1995 eine neue französische Motorradmarke etablieren. Die V2-Model-le aus Issoire in der Auvergne begeisterten ab Markteinführung 1999 nicht nur die Fachpresse durch Extravaganz, sondern verkauften sich auch. Doch das ambitionierte Projekt bekam schon 2001 einen großen Dämpfer: Insolvenz. Im Folgejahr kaufte der französische Unternehmer Didier Cazeaux die Marke Voxan und startete 2003 erneut die Produktion. Im September 2009 war das Unternehmen jedoch zum zweiten Mal insolvent, und ein Gericht setzte den endgültigen Schlusspunkt. In dem zehnjährigen Produk-tionszeitraum rollten immerhin fast 1900 Motorräder vom Band.
Nein, hier wird keine reine Retro-Nummer gefahren. Dazu sind die Voxan-Modelle zu eigenständig. Echte Café Racer und Scrambler wurden in den 1960ern und 1970ern geboren, Voxan besitzt keine solchen Ahnen wie etwa Moto Guzzi mit der Le Mans oder Ducati mit der 750 Sport, kann also auf keine technisch-verwandtschaftlichen Verbandelungen zurückgreifen. Dafür aber auf den werkseigenen, 98 PS starken V2 mit Wasserkühlung und unkonventionel-lem 72-Grad-Winkel sowie geregeltem Kat als Bekenntnis zu aktuellen Standards. Eine ungewöhnliche Maschine: Die mit der gegossenen Schwingenaufnahme verschraubten Rahmenoberzüge versperren nirgendwo den Blick auf die augenfälligen Zylinder. Die Brennräume liefern übrigens eine fulminante Leistungsentfaltung, das stabile Fahrwerk kann gut mithalten. So ein Motorrad macht einfach Spaß. Obwohl schon fast ein Exot unter Exoten, gilt die nicht gerade billige Voxan (Neupreis Café Racer um 13000 Euro, Scrambler um 12000 Euro) als zuverlässig und langlebig - einige Fans haben schon mehr als 80000 Kilometer ohne gravierende Probleme abgespult. Das ist respektabel, zumal insgesamt nur wenige Schwachstellen bekannt sind. Etwa der Steuerkettenspanner bis zum Baujahr 2003, erkennbar an der schwarzen Oberfläche. Spezialist Michael Stöcker von Sport Connection in Fürth (Telefon 06253/86489, www.sport-connection.de) hat ein Nachrüstsystem im Programm und weiß bei Problemfällen meist mit gutem Rat weiter.
Café Racer
Daten (Modelljahr 2006)
Wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-72-Grad-V-Motor, 996 cm³, 69,6 kW (95 PS) bei 8000/min, 95 Nm bei 6500/min, Sechsganggetriebe, Brückenrahmen aus Stahl, Gewicht vollgetankt 218 kg. Höchstgeschwindigkeit 230 km/h, Beschleunigung (0-100 km/h) 3,7 sek, Durchzug (60-100 km/h) 4,8 sek.
Marktsituation
An jeder Ecke darf man dieses nicht nur von frankophilen Bikern geschätzte Stück nicht erwarten, aber es finden sich Gebrauchte, selten mit mehr als 25 000 Kilometern, auf Internet-Marktplätzen. Die Voxan-Freunde bieten gelegentlich auch Maschinen an. Übliche Preise: um 5000 Euro.
Scrambler: Die Brücke zwischen Moderne und Klassik gelingt, der Spagat zwischen Asphalt und Schotter ebenfalls.