Die BMW S 1000 R ist ein beliebtes sportliches Naked Bike mit einem umfangreichen, aber noch nicht wirklich günstigen Gebrauchtangebot.
Die BMW S 1000 R ist ein beliebtes sportliches Naked Bike mit einem umfangreichen, aber noch nicht wirklich günstigen Gebrauchtangebot.
Der Hauptgrund, um als gereifter Racer der Vollverschalten untreu zu werden, lautete in der Vergangenheit meist „Rücken“. Doch der Umstieg auf eine Nackte – womöglich sogar auf eine nackte BMW – wurde oft und meist völlig zu Recht als Abstieg wahrgenommen. Schlimmer wäre nur noch der Wechsel zum Cruiser gewesen, für Sportfahrer die Zweirad gewordene Vorhölle und Vorstufe zum Großroller, dem bekanntlich vorletzten Fahrzeug, mit dem ein Mensch unterwegs sein kann. Danach kommt nur noch der große schwarze Kombi mit den Gardinen. Doch seit dem Frühjahr 2014 gibt es mit der BMW S 1000 R einen verdammt guten Grund, um auch ohne „Rücken“ auf eine potente Unverkleidete zu wechseln. Das Schwestermodell der über 4000 Euro teureren S 1000 RR wurde eben nicht nach dem Muster „Uralt-Motor im mit Billigst-Federelementen bestückten Einfachst-Rahmen“ gestrickt, und auch mit dem Runterreißen des Kunststoffleibchens und der Montage eines breiten Lenkers war es nicht getan. Motor, Fahrwerk und Bremsen entsprechen in ihrer Grundkonzeption zwar den Baugruppen der Doppel-R, aber Fahrwerksgeometrie und Motordetails der Einfach-R weichen doch spürbar ab. Statt verkleideter 193 PS werden nackte 161 PS aktiviert, was dem Ansprechverhalten mit der direkteren E-Gas-Funktion („Ride-by-Wire“) durchaus guttut. Als Ergebnis der Aktion „Drehmomentoptimierung“ (u. a. mit neuem Zylinderkopf) stemmt die R bis 10 000/min immer – richtig gelesen: immer! – mehr Newtonmeter auf die Kurbelwelle als ihre vermeintlich sportlichere Schwester. Und wozu führt das in Verbindung mit einer viel entspannteren Sitzposition? Richtig: zu einer zumindest im öffentlichen Straßenverkehr deutlich dynamischeren Gangart. Mit der wunderbar handlichen, top berechenbaren und nie zickig werdenden S 1000 R kommen auch Normalfahrer auf Anhieb klar. Und Ex-Racer fragen sich womöglich, warum sie nicht schon viel früher den Schritt zur Unverkleideten gewagt haben, denn lässiger als mit der S 1000 R lässt sich kaum flott Motorrad fahren. Und das auch ganz ohne „Rücken“.
Motor
Wassergekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, vier Ventile pro Zylinder, Nasssumpfschmierung, Einspritzung, geregelter Katalysator, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, O-Ring-Kette.
Bohrung x Hub
80,0 x 49,7 mm
Hubraum
999 cm³
Nennleistung
118 kW (161 PS) bei 11 000/min
Max. Drehmoment
112 Nm bei 9250/min
Fahrwerk
Brückenrahmen aus Aluminium, Upside-down-Gabel, voll einstellbar, Lenkungsdämpfer, Zweiarmschwinge aus Aluminium, Zentralfederbein mit Hebelsystem, verstellbare Federbasis und Zugstufendämpfung, Doppelscheibenbremse vorn, Scheibenbremse hinten, ABS.
Alu-Gussräder
3.50 x 17; 6.00 x 17
Reifen
120/70 ZR 17; 190/55 ZR 17
Maße + Gewichte
Radstand 1439 mm, Lenkkopfwinkel 65,4 Grad, Nachlauf 99 mm, Federweg vorn/hinten 120/120 mm, Sitzhöhe* 820 mm, Gewicht vollgetankt* 207 kg, Tankinhalt 17,5 Liter.
Messungen (MOTORRAD 6/2014)
Höchstgeschwindigkeit**
258 km/h
Beschleunigung
0–100 km/h3,3 sek
Durchzug
60–100 km/h2,8 sek
Verbrauch
5,6 l/100 km (Landstraße)
*MOTORRAD-Messungen; *Hertsellerangabe
Deutlich über 5000 seit 2014 allein in Deutschland verkaufte Neumaschinen sorgen mittlerweile für ein sehr gutes Gebrauchtangebot. Doch richtig günstig ist sie leider noch nicht.
Niedriges Preisniveau ab 10.000 EUR:
Ähnlich wie beim oben im Bild gezeigten Angebot macht auch hier die (relativ hohe) Kilometerleistung den Preis. Angebote unter zehn Mille sind aber die totale Ausnahme. Ab 11 000 Euro gibt’s eine gewisse Auswahl.
Mittleres Preisniveau ab 12.000 EUR:
Vierstellige Kilometerleistung, Komplettausstattung und sogar zusätzliche Extras sind in dieser Klasse eher die Regel als die Ausnahme. Große Auswahl, sehr oft auch von privat.
Hohes Preisniveau ab 14.000 EUR:
Traditionell tummeln sich in dieser Liga Vorführer und Tageszulassungen, aber auch der ein oder andere Extremumbau. Bei 17 Mille ist aber auch dafür die Schmerzgrenze erreicht.
Fritz Doser (47), Betriebsleiter bei G. Wilhelmsen Motorradtechnik in Oeversee, Schleswig-Holsteins größtem BMW- und KTM-Vertragshändler.
Die S 1000 R verführt zum Heizen. Gibt’s womöglich erhöhten Sturzteile-Verkauf?
Nein, überhaupt nicht. Zum einen sind ja ein paar Assistenzsysteme wie ABS und ASC an Bord, die schon etwas Risiko rausnehmen. Zum anderen ist die Kundschaft auch nicht mehr im besonders gefährdeten Alter.
Wie sieht er denn aus, der typische S 1000 R- Kunde?
Der hat früher mal eine Suzuki GSX-R 1100 gefahren, ist wie wir alle etwas älter geworden, möchte jetzt mal etwas Moderneres haben und nicht mehr ganz so sportlich sitzen. Und er hält – aus welchen Gründen auch immer – nichts vom Boxer. Altersmäßig ist er irgendwo in den 40ern.
Der Kunde steht im Laden und hat die Wahl zwischen Einfach- und Doppel-R. Wie wird die Kaufentscheidung getroffen?
Manchmal wie beim Sofakauf: draufsetzen und wohlfühlen. Der Ü-50-Jährige, der sich eingesteht, dass er doch nicht mehr so sportlich sitzen kann, kauft die R. Und derjenige, der immer noch mal Sonntagfrüh mit Tempo 300 über die Autobahn fahren will, kauft die RR. Und wäre mit der R wahrscheinlich besser bedient …
Gibt’s BMW-Käufer, die einfach nur das Basismodell ohne Extras bzw. Pakete kaufen?
Passiert bei uns einmal im Jahr. Ansonsten gibt’s das volle Programm, bei der S 1000 R also Sport- und Dynamik-Paket und Schaltassistent (der ja jetzt im Sport-Paket dabei ist). Diebstahlwarnanlage und Schmiederäder sind nicht so gefragt.
Was wird denn über das BMW-Sonderausstattungsprogramm hinaus noch gern genommen?
Sturzpads, Brems- und Kupplungshebel, Deckelchen hier, Blenden da – halt das Übliche an Leckerlis von Rizoma, LSL und Co.
Die S 1000 R ist eine wunderbare Fahrmaschine – wird sie in der Praxis denn auch überdurchschnittlich viel bewegt?
Eher nicht, das hält sich im Rahmen. So 4000 bis 5000 Kilometer pro Jahr sind normal. Es hängt viel von der jeweiligen Community ab. Wenn der Nachbar oder Kollege auch Motorrad fährt, steigt auch die eigene Kilometerleistung.
Sind S 1000 R-Kunden werkstatttreu?
Absolut, außer einem Ölwechsel kann man ja auch nicht mehr wirklich viel selbst machen. Ohne Auslesegerät geht da kaum etwas. Die am Markt vertretenen Gebrauchten sind also durchweg top gepflegt.
2013: Anfang November Vorstellung auf der Motorradmesse EICMA in Mailand.
2014: Markteinführung am 15. März für 12 800 Euro; Farben: Weiß, Rot, Dunkelblaumetallic; Verkäufe weltweit/Deutschland: 6370/1533.
2015: Neuer Preis: 13 100 Euro; Farben: Schwarzmetallic neu, Dunkelblaumetallic entfällt; Verkäufe weltweit/Deutschland: 6473/1739.
2016: Neuer Preis: 13 350 Euro (gültig ab August 2015 für das Modelljahr 2016); Modellpflege: genarbte statt lackierter Tankblende (nur bei der Farbe Weiß); Verkäufe weltweit/Deutschland: 5835/1439.
2017: Neuer Preis: 13 600 Euro (gültig ab Februar 2017); Farben: Rot/Schwarzmetallic, Grau und BMW-Motorsport-Design neu; Weiß, Rot und Schwarzmetallic entfallen; Modellpflege: Anpassung an die Euro 4-Norm, Leistungssteigerung auf 165 PS, Gewichtsreduktion um 2 kg, Zuladung um 2 kg erhöht, HP-Titan-Endschalldämpfer serienmäßig, schwingungsentkoppelter Lenker, neue Rahmenstruktur mit leichterem Hauptrahmenheck, besser ablesbare Instrumente mit Außentemperaturanzeige, reduzierter Verkleidungsumfang; diverse neue Sonderausstattungen ab Werk; Verkäufe weltweit/Deutschland: 2860/539 (Stand Ende April).
Tests in MOTORRAD
24/2013 (V), 26/2013 (FB), 6/2014 (TT), 7/2014 (VT), 9/2014 (VT), 11/2014 (VT), 15/2014 (VT), 17/2014 (VT), 13/2015 (VT), 14/2016 (VT)
V = Vorstellung, FB = Fahrbericht, TT = Top-Test, VT = Vergleichstest;
Artikel-Download unter www.motorradonline.de/ekiosk
Internet
Fansite: www.s1000r.de;
Gebrauchtangebote:
www.motorradonline.de/s1000r_kaufen
Literatur
BMW S 1000 RR/R/XR – fahren, pflegen, reparieren, von Thomas Jung, erschienen im Text & Technik Verlag im April 2016, 272 Seiten, ca. 900 Abbildungen, 34,90 Euro, ISBN 978-3932563386. Sehr ausführliches und üppig bebildertes Handbuch zu allen drei Modellen der S 1000-Reihe.
Ducati Monster 1200 S
Die Über-Monster überzeugt mit bärigem Druck, sensibler Federung und top Bremsen. Im Drehzahlkeller etwas ruppig.
Zweizylinder-V-Motor, 1198 cm³, 137 PS, 213 kg, 0–100 km/h in 3,2 sek, Vmax 255 km/h, Verbrauch 4,9 Liter, ab 9700 Euro
Honda CB 1000 R
Mit dem auf Durchzug getrimmten Motor der 2007er-Fireblade und mustergültiger Ergonomie ein gelungener Alleskönner.
Vierzylinder-Reihenmotor, 998 cm³, 125 PS, 220 kg, 0–100 km/h in 3,2 sek, Vmax 230 km/h, Verbrauch 5,4 Liter, ab 7800 Euro* (EZ 2014)
KTM 1290 Super Duke R
Sieht radikal aus, hat aber zivilisierte Umgangsformen: kommode Sitzposition, homogenes Fahrwerk, kultivierter Motor.
Zweizylinder-V-Motor, 1301 cm³, 173 PS, 213 kg, 0–100 km/h in 3,3 sek, Vmax 290 km/h, Verbrauch 6,0 Liter,
ab 10 900 Euro*
Triumph Speed Triple
Die Mutter aller Serien-Streetfighter ist
in Sachen Handling kein Überflieger, aber der Dreizylinder fasziniert immer noch.
Dreizylinder-Reihenmotor, 1050 cm³, 135 PS, 221 kg, 0–100 km/h in 3,2 sek, Vmax 248 km/h, Verbrauch 5,4 Liter, ab 8900 Euro* (EZ 2014)