You meet the nicest people on a Honda. Erinnern Sie sich noch an den legendären Werbespruch des japanischen Herstellers aus den 1960er-Jahren? Eigentlich konzipiert für die niedliche Super Cub, aber im Grunde genommen könnte man ihn immer noch für die mächtige Honda Fireblade verwenden. Denn Hondas Superbike ist trotz brachialer Eckdaten (z. B. 178 PS oder 199 Kilo) alles andere als ein Gefährt, das man mit Urschrei, Goldkettchen und Pornobrille verknüpft.
Da nimmt sich auch die derzeit aktuellste, sprich siebte Generation der Honda Fireblade – Modellcode SC59 – nicht aus. Selbst mit wilder Repsol-Kriegsbemalung in Anlehnung an die MotoGP-Werksflotte wirkt die 1000er wie ein feiner Nadelstreifenzwirn für distinguierte Gentleman-Racer. Wer in den Sattel der ab 2008 erhältlichen SC59 steigt, spürt auf Anhieb die Fireblade-DNA. Wenngleich die Konstrukteure die Neue nun aber im Vergleich zu den Vorgängerinnen SC 50 (ab 2002) und SC57 (ab 2004) schärfer für die gebückte Fraktion abgestimmt haben.
Würzige Portion Alltagstauglichkeit mit dabei
Bislang war das Sportprogramm von Honda bekannt dafür (was von Eignerseite aus auch entsprechend geschätzt wurde), dass es nicht radikal auf kompromisslose Zeitenfeilerei ausgelegt war, sondern auch immer eine würzige Portion Alltagstauglichkeit im Gepäck hatte. Rundkurs ja, aber eine Honda Fireblade sollte auch mit aufgeschnallter Rolle fit fürs Fast-forward-Weekend sein. Bei den ersten 59ern war zunächst (leider) etwas mehr Leidensfähigkeit angesagt. Besser – sprich komfortabler – wurde es erst mit der Modellpflege 2014.
Im Konkurrenzumfeld hat die Honda Fireblade spätestens mit Erscheinen der leistungsstarken und top ausgestatteten BMW S 1000 RR einen schweren Stand. Aber trotz PS-Defizit und (noch immer) fehlender Traktionskontrolle punktet sie auch heute noch durch leckere Technik-Gimmicks wie ihren einmaligen E-Lenkungsdämpfer und das feinst regelnde „Brake-by-wire“-Verbund-ABS. Besonders nice ist nun auch der Preis. Weiteres Purzeln ist zum Herbst hin nicht ausgeschlossen. Und wann treffen wir Sie auf dieser Honda?
Marktsituation

Immer wieder erschreckend, wie günstig die technisch delikaten Hightech-Granaten nach bereits wenigen Jahren gehandelt werden. Euro 4 wird die Preise noch weiter drücken.
5590 EUR
Beispiel: EZ 03/2008, 40.900 km, 1. Hand, inkl. Werkstattcheck, ein Jahr Garantie
Das Händlerangebot aus Hamburg kann sich sehen lassen. Erstausgabe der Honda Fireblade Typ SC59 in elegantem Weiß zum Discounttarif.
ab 6000 Euro
Beispielanzeige: 32.564 km, EZ 01/2009, HU neu, scheckheftgepflegt und unfallfrei, diverse Extras (Hinterradkotflügel, Rizoma-Kennzeichenhalter und -Blinker, Sturzpads, Ganganzeige), 6590 Euro (Händlerangebot aus Ba-Wü)
Niedriges Preisniveau. Der erste Jahrgang der Honda Fireblade Typ SC59 kratzt gerade an der 6000er-Marke. Interessenten müssen dafür zum Teil hohe Laufleistungen (30.000 und mehr) oder kleine Macken (z. B. durch Umfaller) in Kauf nehmen. ABS-Versionen tauchen erst sehr vereinzelt auf.
ab 7500 Euro
Beispielanzeige: 10.025 km, EZ 07/2009, Tricolor, HU neu, scheckheftgepflegt, 1. Hand, ABS, Alarmanlage, Sturzpads, Heckumbau, Kellermann-Blinker, Reifen neuwertig, Zentralständer, VB 7750 Euro (Privatangebot aus Brandenburg)
Mittleres Preisniveau. Das Gros der Angebote. Heißt für Interessenten – reichlich Auswahl und reichlich Gesprächsbedarf, z. B. für harte Preisverhandlungen. Hier sollte jeder seine Wunsch-Blade finden (z. B. im Repsol-Design und/oder mit ABS sowie einer Laufleistung unter 20.000 km).
ab 9500 Euro
Beispielanzeige: 3500 km, EZ 04/2015, Tricolor, HU neu, 1. Hand, scheckheftgepflegt, ABS, 9900 Euro (Händlerangebot aus Ba-Wü)
Hohes Preisniveau. Schnäppchenjäger aufgepasst! Hier werden in den kommenden Wochen die Preise noch einmal kräftig purzeln. Vor allem, wenn Honda-Händler ihre Euro 3-Flotte abverkaufen (müssen). Schon jetzt gibt es nahezu ladenneue Honda Fireblades, kaum eingefahren und mit Garantie 35 Prozent unter Liste!
Modellpflege
2008: Der Typ SC59 löst als komplett überarbeitetes Modell den Vorgänger SC57 (2004– 2007) ab. Motorleistung wächst von 172 auf 178 PS, Leergewicht sinkt von 208 auf 199 kg. Farben/Preise: Rot, Schwarz, Weiß 13.760 Euro; Tricolor 13.850 Euro. In D verkauft: 1607 Stück.
2009: Optional mit Verbund-ABS (Aufpreis 1000 Euro) erhältlich, Leergewicht steigt damit auf 209 kg. Farben/Preise: Blau, Schwarz 13.990 Euro; Tricolor 13.090 Euro; Repsol 14.490 Euro. In D verkauft: 1535 Stück.
2010: Heck modifiziert, Klarglas-Rücklicht, Auspuff mit Alublende; Kennzeichenhalter demontierbar; Kurbelwelle und Lima-Rotor optimiert. Farben/Preise: Weiß/Schwarz, Silber/Orange 14.990 Euro; HRC-Tricolor 15.190 Euro. In D verkauft: 834 Stück.
2011: Technisch unverändert. Farben/Preise: Schwarz, Silber/Orange 14.990 Euro; Tricolor 15.190 Euro; Repsol 15.490 Euro. In D verkauft: 812 Stück.
2012: Größere Modellpflege: Verkleidung und Frontscheinwerfer neu, Big-Piston-Upside- down-Gabel, neues Showa-Federbein, neues Cockpit, neu abgestimmtes ABS nun Serienausstattung. Gewicht steigt auf 212 kg. Farben/Preise: Rot, Schwarz, Tricolor 14.990 Euro. In D verkauft: 453 Stück.
2013: Technisch unverändert. Farben/Preise: Schwarz, HRC-Tricolor 15.090 Euro; Repsol 15.390 Euro. In D verkauft: 325 Stück.
2014: Motor überarbeitet, Leistung nun 181 PS, leichtere Honda Fireblade SP (210 kg) als Einsitzer mit Öhlins-Fahrwerk und Brembo-Bremsen. Farben/Preise [SP]: Schwarz, HRC-Tricolor 15.190 [18.290] Euro. In D verkauft: 384 Stück.
2015: Technisch unverändert. Farben/Preise [SP]: HRC-Tricolor 15.190 [18.290] Euro; Repsol 15.490 [18.590] Euro. In D verkauft: 342 Stück.
Interview mit dem Fireblade-Experten Rainer Friedmann

Rainer Friedmann (42). Der Administrator (Nickname „Kraftrad“) der über 25.000 Mitglieder starken Community www.fireblade-forum.de zu den Stärken und Schwächen der Honda Fireblade des Typs SC59.
MOTORRAD: Rainer, wie lautet das beste Argument, sich genau jetzt für eine Secondhand-Fireblade vom Typ SC59 zu entscheiden?
Rainer Friedmann: Für relativ wenig Geld bekommt man einen Top-Supersportler, mit dem man richtig viel Spaß hat, der optisch noch immer ein Hingucker ist und der einem sehr lange die Treue hält.
MOTORRAD: Und was spricht dann gegen den Kauf?
Rainer Friedmann: Man wird am Stammtisch den Kürzeren ziehen, da es auf dem Papier bessere Renngeräte gibt.
MOTORRAD: Was schätzen die Mitglieder im Fireblade-Forum bei der SC59 besonders hoch?
Rainer Friedmann: Das zeitlos schöne Design, die hervorragende Verarbeitung und Qualität sowie das spielerische Handling und die Agilität.
MOTORRAD: Worauf sollten Gebrauchtinteressenten bei der Besichtigung achten?
Rainer Friedmann: Es geht los mit der Sichtkontrolle der Kühlerrippen, denn die leiden hin und wieder durch Steinschläge. Probleme können durch nachträglich verbaute und schlecht eingestellte Schaltautomaten im Rennstreckenbetrieb auftreten – Gang eins bis drei mögen das unter Volllast nicht immer. Einige Blades verbrauchen mehr Öl als gewöhnlich, Indikator ist ein schwarz verfärbter Auspuff. Bei Kennzeichenhalterumbauten die Heckverkleidung an den hinteren Ecken checken, denn die reißen gerne beim verkanteten Einbau. Wie sehen ABS-Kabel und -Sensor am Vorderrad aus, die oft bei unsachgemäßem Reifenwechsel beschädigt werden? Grundsätzlich sollte nach ABS-Störungen gefragt werden: War die Batterie schon mal leer gezogen oder hat die Kontrollanzeige hin und wieder aufgeleuchtet? Das System verzeiht keine Nachlässigkeiten wie verschleppte Bremsflüssigkeitswechsel. Interessant ist auch, wann die Ventile eingestellt wurden oder der 24.000er- bzw. 48.000er-Service ansteht. Denn das sind besonders teure Kundendienste!
MOTORRAD: Dein persönlicher Tipp ist eine SC59...
Rainer Friedmann: ...bei der alle Kundendienste ordentlich getätigt und Verschleißteile getauscht wurden. So spielen Kilometer weniger eine Rolle. Persönlich würde ich zu einer Standard-Blade tendieren, die zwischen 12.000 und 17.000 km gelaufen ist und maximal 9000 Euro kostet. Nach Möglichkeit mit sportlichem Kennzeichenhalter, Akrapovic-Topf – ist legal und klingt am besten –, MRA- oder Honda-Racingscheibe, LSL-Brems- und Kupplungshebel, kurzer Karbon-Hinterradabdeckung sowie Soziusabdeckung.
Die Konkurrenz
BMW S 1000 RR (ab 2009) – Sie kam, sah und siegte. Das Superbike der Münchner war auf Anhieb die Macht im Revier. Top: Ausstattung und Leistung.
- Vierzylinder-Reihenmotor, 193 PS, Gewicht 208 kg, 0–100 km/h 3,1 sek, Vmax 299 km/h, Verbrauch 5,9 Liter, ab 7500 Euro
Kawasaki ZX-10R (ab 2007/2010) – Grüner Radikalvorschlag. Alltagstauglich waren Ninjas noch nie. Dafür schon immer leistungsstark. Ab 2010 mit 200 PS.
- Vierzylinder-Reihenmotor, 188 PS, Gewicht 210 kg, 0–100 km/h 3,2 sek, Vmax 298 km/h, Verbrauch 5,7 Liter, ab 6000 Euro
Suzuki GSX-R 1000 (ab 2009) – Die Zeiten, als der Gixxer das Paradepferd war (K5/K6), sind lange passé. Aber: unschlagbares Preis-/Leistungsverhältnis
- Vierzylinder-Reihenmotor, 185 PS, Gewicht 208 kg, 0–100 km/h 3,2 sek, Vmax 295 km/h, Verbrauch 5,1 Liter, ab 5000 Euro.
Yamaha YZF-R1 (ab 2008) – Hat in der Kombination Rennkompetenz plus Alltagstauglichkeit der Honda inzwischen den Platz streitig gemacht.
- Vierzylinder-Reihenmotor, 182 PS, Gewicht 214 kg, 0–100 km/h 3,2 sek, Vmax 285 km/h, Verbrauch 5,9 Liter, ab 5500 Euro