Geld in Kunst zu investieren, kann lohnen. Sagen Kenner. Denn ein hübsches Gemälde oder ein in Stein gemeißeltes Kunstwerk erhalten ihren Wert, sofern sie auch noch den Geschmack der nächsten Generation(en) treffen. Mit klassisch nackten Maschinen verkünstelt man sich auf keinen Fall, denn diese Motorräder sind immer gefällig, finden auf Anhieb begeisterte Betrachter (und Zuhörer). Und anders als viele schöne Kunstwerke im Museum, lassen sich die hier vorgestellten Maschinen sogar sinnvoll im Alltag nutzen. Fahren, und sei es nur den Weg zur Arbeit, ist ein reproduzierbarer Genuss und deshalb jeden Cent wert. Dafür braucht man kein Kenner zu sein - Probefahrt genügt.
BMW R 100 R

Alle R 100 R, nicht nur das gezeigte Sondermodell Mystic, sind schon länger Kult. Die ansehnlichen Nackten gehören nämlich zu den letzten Vertretern der weißblauen Zweiventil-Zunft. Bis 1996 liefen insgesamt rund 20000 Stück von den sehr populären R 100-Roadster-Modellen vom Band. Der Bestseller gilt als zuverlässig, hat jedoch seine Macken. Das Getriebe etwa. Nicht nur konstruktions-bedingt laute Schaltgeräusche, sondern auch ein vergleichsweise früher Exitus sind bei der Fünfgang-Box keine Seltenheit. Und auch die Bremse muss kämpfen, wenn die für die große Tour schwer bepackte Fuhre aus voller Fahrt stoppen soll - verzogene Bremsscheiben sind nicht ungewöhnlich. Heizer sollten ebenfalls die Finger vom (ohnehin mit 60 PS nicht besonders starken) Boxer lassen, der auf dauerhaft hohe Drehzahlen mit ausgeschlagenen Ventilführungen und schnell verschleißenden Kolben (hoher Ölverbrauch) reagiert. Wer sich hingegen gerne der Kunst der Wartung eines Motorrads hingibt, ist gut aufgehoben. Selbst schon recht fortgeschrittene Arbeiten wie das Einstellen des Ventilspiels kann fast jeder Laie locker selbst erledigen. Der nette Zweiventil-Klassiker hat aber seinen Preis: Unter 3000 Euro (Neupreis 1996 umgerechnet zirka 8000 Euro) finden sich nur wenige Exemplare in akzeptablem Zustand.
Daten: (R 100 R, Baujahr 1994)
Luftgekühlter Zweizylinder-Viertakt-Boxermotor, 980 cm³, 44 kW (60 PS) bei 6500/min, 76 Nm bei 3750/min, Gewicht 228 kg, Tankinhalt/Reserve 24/4,7 Liter, Sitzhöhe 800 mm, Höchstgeschwindigkeit 181 km/h, Verbrauch 6,5 Liter (Landstraße)
Aufgefallen:
Plus
Motor zuverlässig und gutmütig, Wartungs- und Reparaturarbeiten auch für ungeübte Schrauber möglich, Kardan erleichtert Pflege, Wertstabilität sehr hoch.
Minus
Getriebe teilweise schon bei Laufleistungen unter 50000 Kilometern defekt, Einscheibenbremse vorn überfordert (zweite Scheibe ab 1994 serienmäßig), Kardan-Kreuzgelenk anfällig.
Honda Seven Fifty

Sie hat ihren Beliebtheitszenit schon vor Jahren überschritten und ist deshalb ein ganz besonders heißer Tipp für Schnäppchenjäger. Mitte der Neunziger, als nackte 750er schwer angesagt waren, ging die seit 1992 neu für umgerechnet nur 6500 Euro angebotene Honda noch zuhauf weg. Locker ausreichende 73 PS, ein auch im Soziusbetrieb ausreichend stabiles Fahrwerk und das schlichte Aussehen törnten massenhaft bodenständige Motorradfahrer an. Heute sind deshalb noch weit mehr als 15000 Seven Fiftys im Bestand, und die werden mit weniger als 50000 Kilometern auf der Uhr sowie in ordentlichem Zustand schon um 1500 Euro angeboten.
Um 3000 Euro finden sich leckere Tipptopp-Exemplare, vorwiegend von privat. Die Honda gilt gemeinhin als völlig stressfrei - fahren, regelmäßig putzen und pflegen, und gut ist. Die Ergonomie der schlanken Maschine passt sowohl für größere Menschen um 1,85 Meter, als auch für Fahrer mit kurzen Beinen, die beim Rangieren oder Ampelstopp nicht jedes Mal in Not geraten wollen, nur weil sie auf einem unbestritten sehr erwachsenen Motorrad sitzen. Reisen geht auch, Rasen weniger, damit ist die Gabel nämlich komplett überfordert. Macht aber nichts, denn das Metier des Honda-Evergreens ist beschwingtes Touring. Und das kann sie.
Daten: (Baujahr 2002)
Luftgekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, 747 cm³, 54 kW (73 PS) bei 8500/min, 62 Nm bei 7500/min, Gewicht 234 kg, Tankinhalt/Reserve 20/3 Liter, Sitzhöhe 780 mm, Höchstgeschwindigkeit 200 km/h, Verbrauch 5,8 Liter (Landstraße)
Aufgefallen:
Plus
Vierzylinder mit unkomplizierter Technik, Reisetauglichkeit hoch, Angebotslage auf Gebrauchtmarkt gut, Drosselvarianten 50 PS (versicherungsgünstig) und 27 PS (für Einsteiger).
Minus
Gabel viel zu weich abgestimmt, Schräglagenfreiheit vergleichsweise begrenzt, Bremsen zahn- und kraftlos, Verbrauch auf Autobahnetappen hoch.
Kawasaki Zephyr 750

Der Hit sind die Modelle ab 1996, die mit Drahtspeichenrädern und Zweifarblackierungen Nostalgiegefühle wecken, nicht nur bei eingefleischten Kawa-Fans. Feine Speichen sind nun mal schicker als klumpige, wenngleich funktionale Gussräder (welche stressfreier geputzt werden können). Die Siebeneinhalber, von 1991 bis 1999 im Programm, verkaufte sich seit der Umrüstung jedenfalls um ein Mehrfaches besser. Ist als Gebrauchte deutlich teurer, dafür aber auch wertstabil und lässt sich besser wieder verkaufen. Liebevoll gepflegte Exemplare mit weniger als 50000 Kilometern kosten ab 2500 Euro, während gebrauchte Zephyr 750 älterer Jahrgänge in ähnlich gutem Zustand fast um einen Tausender günstiger zu ergattern sind. Bei nachweislicher Wartung sind von der immerhin 76 PS starken und erfreulich handlichen und komfortablen Grazie kaum Unannehmlichkeiten zu erwarten, zumal die Technik des einfach gestrickten Vierzylinders mit zwei Ventilen pro Zylinder recht überschaubar ist. Trotzdem neben Sturz- auch unbedingt auf typische Standschäden achten (Rost im Tank, zugesetzte Vergaser).
Daten: (Baujahr 1999)
Luftgekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, 739 cm³, 56 kW (76 PS) bei 9500/min, 63 Nm bei 7300/min, Gewicht 227 kg, Tankinhalt/Reserve 17/3 Liter, Sitzhöhe 760 mm, Höchstgeschwindigkeit 195 km/h, Verbrauch 5,5 Liter (Landstraße)
Aufgefallen:
Plus
Federbeine voll einstellbar, Bremsen bissig, Sitzposition dynamisch, aber trotzdem relaxed, Motor spurtstark.
Minus
Kaltstartverhalten miserabel, Übersetzung sehr kurz ausgelegt, bedingt höheren Verbrauch, Zuladung zu gering (nur zirka 180 Kilo), Gabelfedern zu weich.
Moto Guzzi V11
Dieser Motor ist ein Gedicht: drehfreudig, gut abgestimmte Einspritzung, 91 PS, dickes Drehmoment. Und dann dieser einmalige Klang - welch ein Gesamtkunstwerk. Verständlich, dass sich seit Jahrzehnten um die norditalienische Marke aus Mandello solch ein Kult strickt. Die V11 (1999 bis 2006) ist - verglichen mit den alten Guzzi-Klassikern Le Mans I und II, die in den 1970ern und 1980ern zu Ruhm kamen - ein modernes Motorrad, trotzdem bleibt sie ein erfreulich rustikales Eisen. Technisch kann sie in fast keinem Kriterium mit gleichaltrigen japanischen Big Bikes mithalten (begrenzte Schräglagenfreiheit, über fünf Zentner Gewicht, zu weiche Gabel etc.), dafür hebt sie sich mit ihrem unverkennbaren Charakter vom manchmal etwas langweiligen Einheitsbrei deutlich ab. Das beschert ihr eine Wertstabilität, denn unter 3000 Euro wird diese Maschine wohl kaum fallen. Für um 4000 Euro sind nach Schwacke-Liste und einschlägigen Online-Märkten aber ordentliche Gebrauchte aufzuspüren. Interessenten sollten jedoch Zeit und Geduld bei der Suche mitbringen, denn die Zahl der Offerten ist vergleichsweise überschaubar.
Daten: (Bauhjahr 2001)
Luftgekühlter Zweizylinder-Viertakt-90-Grad-V-Motor, 1064 cm³, 67 kW (91 PS) bei 7800/min, 95 Nm bei 6000/min, Gewicht 254 kg, Tankinhalt 22 Liter, Sitzhöhe 810 mm, Höchstgeschwindigkeit 225 km/h, Verbrauch 5,3 Liter (Landstraße)
Aufgefallen:
Plus
Unterhaltungswert durch tollen, charakterstarken V2 sehr hoch, Kardan gut für komfortable Pflege, Sound phänomenal, Bremsen standfest.
Minus
Lackprobleme bei Modellen ab 2002, Soziustauglichkeit sehr bescheiden (bei Le Mans),
Getriebe-Stress: gebrochene Schaltfedern und Fehler an den Schaltmuffen.
Suzuki VX 800

Chopperfans mögen 45-Grad-V-Motoren. Doch warum sollen sich nicht auch normale Tourenfahrer von einem hübschen und nett daherbollernden Zweizylinder in den Bann ziehen lassen? Genau, dachten sich wohl die Suzuki-Mannen und verpflanzten 1990 den soliden und dezent überarbeiteten Motor des Softchoppers VS 750 Intruder in die Debütantin VX 800. Eine um drei Millimeter größere Bohrung ergab 805 cm³ Hubraum, aus denen gemütliche 61 PS geschüttelt werden. Durchzugskräftig, drehfreudig, solide - voilà, das war eine gute Idee. Und Kardan gab es noch obendrauf. Die Tourenfahrer jedenfalls nahmen das Angebot an, der anfängliche Kampfpreis von 9999 Mark (5112 Euro) tat sein Bestes dazu. Probleme mit Rost bei nachlässiger Pflege, ein kippeliges Einlenkverhalten sowie eine schlappe Vorderbremse wirkten kaum abschreckend, denn bis zum Baustopp 1997 verkaufte sich die Suzuki prächtig. Aktuell sind noch rund 12000 Stück zugelassen. Anständig gepflegte und gewartete VX 800 (30000 bis 50000 Kilometer) mit akzeptablen Gebrauchsspuren liegen um 1500 Euro, für unter 2500 Euro finden sich allerdings auch schon Eins-a-Exemplare mit weniger als 20000 Kilometern.
Daten: (Baujahr 1995)
Wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-45-Grad-V-Motor, 805 cm³, 45 kW (61 PS) bei 6800/min, 72 Nm bei 5400/min, Gewicht 238 kg, Tankinhalt 19 Liter, Sitzhöhe 790 mm, Höchstgeschwindigkeit 181 km/h, Verbrauch 3,9 bis 9,8 Liter
Aufgefallen:
Plus
V2-Motor durchzugskräftig, drehfreudig und sehr haltbar, Reise- und Soziustauglichkeit gut, Gebrauchtpreise auf Niedrigst-Niveau, Schnäppchendichte sehr hoch.
Minus
Korrosion an Auspuff, Rahmen und zahlreichen Anbauteilen weit verbreitet, Einlenkverhalten in engen Kurven, unangenehm und sperrig, Einscheibenbremse vorn überfordert.
Triumph Trident 750/900

Die Trident war eine der ersten, die 1991 bei der wiederbelebten Marke Triumph im englischen Hinckley vom Band rollten. Seinerzeit eine Exotin, und deutsche Käufer schlugen verständlicherweise noch verhalten zu. Rückblickend betrachtet hatte Triumph damals einen guten Wurf gelandet und ein grundsolides Motorrad auf die Beine gestellt. Der 750er- beziehungsweise 900er-Drilling (90/98 PS) ist gut für Laufleistungen weit jenseits von 50000 Kilometern. Anfängliche Kinderkrankheiten wie ein zu schwach ausgelegter Steuerkettenspanner oder fehlerhafte Kolbenringe haben die Entwickler spätestens mit der Modellpflege 1993 beseitigt, so dass Tridents von 1993 bis zum letzten Baujahr 1998 unbedingt zu empfehlen sind. Weil es einfach wahnsinnig Spaß macht, mit der Britin unterwegs zu sein: flott beim Spurt, kommod und unaufgeregt auf Tour und wegen des eigenständigen Dreizylinders sogar unterhaltsam bei schnöden Alltagsfahrten. Eigentlich also ein tolles Angebot. Eigentlich, denn einen Exotenstatus behält die Trident auch auf dem Gebrauchtmarkt. Die (fairen) Preise liegen zwischen 2000 und 3500 Euro, die Laufleistungen dann meist zwischen 20000 und 60000 Kilometern. Das ist in Ordnung. Interessenten müssen aber durch die begrenzte Auswahl längere Anfahrtswege und viel Zeit bei ihrer Suche mit einplanen. Das lohnt sich jedoch.
Daten: (Trident 900, Baujahr 1991)
Wassergekühlter-Dreizylinder-Viertakt-Reihenmotor, 885 cm³, 72 kW (98 PS) bei 9000/min, 83 Nm bei 6500/min, Gewicht 252 kg, Tankinhalt/Reserve 25/5 Liter, Sitzhöhe 820 mm, Höchstgeschwindigkeit 215 km/h, Verbrauch 6,5 Liter (Landstraße)
Aufgefallen:
Plus
Verarbeitung prima, Dreizylinder-Motor elastisch und sehr langlebig, Exzenter sehr pfiffig, Spannen der Kette damit leicht gemacht.
Minus
Sitzhöhe zu hoch und Sitzbank zu breit für Fahrer unter 1,70 Meter (bis Bj. 1992), Gewicht für sportliches Touring zu hoch, Bremsleistung eher bescheiden, Spritkonsum eher nicht bescheiden.
Yamaha XJR 1200

Die ist mächtig. Nein, falsch, korrigiere: Die war mächtig. Bei ihrer Markteinführung 1995 konnte die nackte 1200er mit ihrem satten Hubraum und der seinerzeit für das Genre fetten Leistung von rund 100 PS noch protzen. Und heutzutage? Große Nakeds dübeln mit 150 PS über den Asphalt, und selbst Mittelklässler wie eine Triumph Street Triple wieseln mit mehr Dampf durch die Landschaft. Die XJR wirkt nach heutigen Maßstäben sogar recht filigran, ein 170er-Schlappen hinten gilt als Pantoffelformat. Fans schätzen an der Yamaha aber andere Dinge: das klassische Aussehen des fein gerippten Reihenvierers, das souveräne Drehmoment beim Touring und die mittlerweile sehr fairen Gebrauchtpreise für ein insgesamt brillantes Motorrad, das 1999 von der aktuell immer noch extrem populären XJR 1300 abgelöst wurde. Ab knapp über 2000 Euro findet sich Vernünftiges von liebevollen Vorbesitzern. Für um 3000 Euro sind Erste-Hand-Maschinen mit weniger als 30000 Kilometern im Angebot, und für um 4000 Euro gibt es astrein ausgestattete und gepflegte SP-Sondermodelle, die bei sorgfältiger Pflege ihren Wert wohl erhalten werden.
Daten: (Baujahr: 1995)
Luftgekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, 1188 cm³, 72 kW (98 PS) bei 8000/min, 92 Nm bei 6300/min, Gewicht 253 kg, Tankinhalt 21 Liter, Sitzhöhe 790 mm, Höchstgeschwindigkeit 217 km/h, Verbrauch 5,1 Liter (Landstraße)
Aufgefallen:
Plus
Vierzylinder sehr drehmomentstark und elastisch, Platzverhältnisse sehr kommod, auch für größere Fahrer über 1,85 Meter bequem, Verarbeitungsqualität vorbildlich.
Minus
Kupplung unterdimensioniert, Fahrwerk unausgewogen, speziell wegen 130er-Vorderreifen (Umrüstung auf 120er jedoch möglich), Verbrauch bei flotter Fahrt sehr hoch.