Die ersten Bilder von der nächsten KTM LC8c-Motorengeneration zeigen den neuen 950/990-Twin im direkten Vergleich mit dem bisherigen 890-Twin.
Die ersten Bilder von der nächsten KTM LC8c-Motorengeneration zeigen den neuen 950/990-Twin im direkten Vergleich mit dem bisherigen 890-Twin.
Im Januar 2022 tauchte erstmals ein Erlkönig der 950/990 Duke auf, im November 2022 folgte die RC 950/990 – ebenfalls als Erlkönig. Inzwischen liegen erste Bilder vom neuen Twin vor, auf denen der neue Motor zusammen mit dem bisherigen 890er zu sehen ist. Offizielle Bilder und Informationen von KTM sind im Laufe des Jahres 2023 zu erwarten, die Markteinführung der neuen Modelle für 2024.
LC8c, das ist seit 2017 die KTM-interne Abkürzung für liquid cooled, 8 Ventile, compact. Dabei bedeutet compact frei übersetzt Reihenzweizylinder, denn bei den älteren LC8-Konstruktionen handelt es sich um aufwändigere und weniger kompakte V-Twins. Nach dem Evolutionsschritt vom ersten KTM-Reihenzweizylinder, dem 790er mit 799 Kubik, zur 2. Version, dem 890er mit 889 Kubik, folgt offenbar demnächst die 3. Version mit 950 bis 990 Kubik.
Die Fortschritte um jeweils rund 100 Kubik macht KTM trotz des Markenslogans "Ready to Race" indes nicht nur, um die Performance zu steigern. Immer strenger werdende Emissionsnormen für Fahrzeuge mit Vebrennungsmotoren erzwingen Hubraumerhöhungen schon allein deswegen, um bei den Leistungsdaten keine Rückschritte machen zu müssen. Zumindest ein Teil des gewachsenen Hubraums kompensiert also lediglich die zunehmend mageren und sauberen Einspritz-Mappings, um das bisherige Performance-Level halten zu können. Dieser Zielkonflikt betrifft alle Hersteller gleichermaßen. Beispiele von der letzten Abgasnormstufe von Euro 4 zu Euro 5: Honda Africa Twin 1000/1100, Suzuki V-Strom 1000/1050, Yamaha MT-09/Tracer 9. KTM schnürt das 950/990-Paket bereits für die nächsten Normen, die voraussichtlich ab 2024 auf Euro 5 folgen und sowohl Abgas als auch Geräusch betreffen werden.
Ob das Aufstocken des Hubraums durch größere Zylinderbohrungen, durch verlängerten Kolbenhub oder durch eine Kombination beider Maßnahmen durchgeführt wird, hängt vom Material-Spielraum des jeweiligen Triebwerks ab. Aber auch von der konzeptionellen Ausrichtung: eher kurzhubig sportlich oder eher langhubig Drehzahl-senkend. Bei KTM geht es traditionell in die sportliche Richtung. Ausgehend von der bisher größten Ausbaustufe des LC8c-Twins, mit dem Bohrung-Hub-Verhältnis von 90,7 x 68,8 Millimeter und 889 Kubik, erscheint uns diese neue Konfiguration naheliegend: 95 x 70 Millimeter für 992 Kubik. Möglicherweise macht KTM jedoch zunächst einen 950er-Zwischenschritt, bevor dann später 990 folgt. Mit jeweils 93 x 70 Millimeter würden sich 951 Kubik ergeben.
Mit bis zu circa 100 Kubik mehr Hubraum könnte die Nennleistung von den 121 PS (89 kW) der 890 Duke R auf bis zu 140 PS steigen. Die Differenz zwischen den 890er-Modellen und den immer noch, beziehungsweise wieder angebotenen 790er-Modellen ist noch größer, denn die sind auf 95 PS (70 kW) abgestimmt. Damit halten sie den Grenzwert ein, der für A2-Bikes (europäischer Stufenführerschein A2) gilt: Ein auf 48 PS gedrosselter Motor darf offen nur maximal 95 PS leisten. Früher, ab 2018, hatte die 790 Duke 105 PS. Auf jeden Fall wird das maximale Drehmoment mit dem 990er-Twin die 100-Nm-Marke deutlich überschreiten. Beim 890er-Twin sind es maximal 99 Nm.
Unklar ist, ob KTM beim LC8c-Reihentwin den ungewöhnlichen Hubzapfenversatz von 75 beziehungsweise 285 Grad beibehält, der von den hauseigenen V-Twins namens LC8 abgeleitet wurde. Ab 2003 gab es die Adventure 950 mit V-Twin, noch mit Vergasern und knapp über 100 PS, ab 2005 gab es die 990 Super Duke mit V-Twin, Benzineinspritzung und 120 PS. Bis 2013 gab es die 990 Super Duke R mit 125 PS, und für 2014 folgte die erste Generation der 1290 Super Duke R mit V-Twin, 1.301 Kubik und über 170 PS, später 180 PS.
Unverändert bleiben beim LC8c die Positionen der Motoraufhängungen. So kann der neue Twin an bestehende 890er-Fahrwerke adaptiert werden. Der längere Kolbenhub wird anscheinend mit einem kompakteren Zylinderkopf und mit einer neu geformten Ölwanne ausgeglichen. Die asymmetrische Ölwanne macht zudem Platz für neue Abgasanlagen mitsamt Abgasreinigung. Sound-Tuning mit elektronisch gesteuerten Klappen ist künftig wohl nicht mehr vorgesehen, beziehungsweise wegen der gesetzlichen Vorgaben nicht mehr möglich. Neben 950/990-Versionen der Duke und der Adventure wird auch ein vollverkleidetes Sportmodell erwartet: die RC 950/990.
Das "Leak", das zum Erscheinen der Motorbilder führte, passierte übrigens scheinbar nicht im österreichischen Mattighofen bei KTM, sondern beim chinesischen Kooperationspartner CF Moto in China. Dort soll wohl künftig auch der 950/990-Twin gefertigt werden. Vermutlich beinhaltet der Deal, dass CF Moto das neue Triebwerk ebenfalls für eigene Modelle nutzen darf, wie schon mit dem 790er und dem 890er vorexerziert.
Bei KTM in Mattighofen – und bei Kooperationspartner CF Moto in China – wird offenbar die 3. Version des Reihenzweizylinders vorbereitet. Auf 790 und 890 folgt wohl demnächst 950 und später dann 990. Für das Naked Bike Duke, für die Enduro Adventure und für das neue Sportmodell RC. Wahrscheinlich mit bis zu 140 PS ab 2024.