MVCagiva aus China
Pseudo-italienische neue Motorradmarke

Kein Witz, sondern völlig ernst gemeint: MVCagiva heißt diese neue Motorradmarke aus China. Ihr erstes Modell ist ein Roller namens Crazy Weekend 150 ADV. Ein rotes Sport-Motorrad soll bald folgen: die MVCagiva KJW 700.

In diesem Artikel:
  • Roller MVCagiva Crazy Weekend 150 ADV
  • Hochwertig und modern ausgestattet
  • Sport-Motorrad MVCagiva KJW 700
  • Motoren von QJMotor und Qianjiang
  • Technik von MV Agusta für QJMotor
  • MV Agusta und Cagiva
  • MV Agusta, KTM und CFMoto
  • Fazit

MVCagiva als Kombinationskonstrukt aus den international bekannten italienischen Motorradmarken MV (Agusta) und Cagiva tauchte erstmals im Frühjahr 2023 auf. In China. Was geht da vor? MOTORRAD recherchierte.

Roller MVCagiva Crazy Weekend 150 ADV

Öffentlich präsentiert wurde in China auf Messen sowie bei eigens organisierten Veranstaltungen im Februar und im März 2023 das erste Modell der neuen Motorradmarke MVCagiva. Dabei handelt es sich um einen Roller namens Crazy Weekend 150 ADV – nach Vorbild der ADV-Scooter von Honda, also mit angetäuschtem Enduro-Profil. Hier jedoch nur als 150er mit 16,5 PS (12,1 kW) starkem Viertakt-Einzylindermotor. Der Hybrid-Antrieb mit zusätzlichem Elektromotor stammt offensichtlich von QJMotor, der Eigenmarke des großen chinesischen Herstellers Qianjiang.

Unsere Highlights
China MVCagiva QJMotor 150 ADV Crazy Weekend Roller Scooter und KJW700 Sportler
MVCagiva/dongchedi/58moto
März 2023: Als erstes Modell präsentierte MVCagiva in China den ADV-Roller Crazy Weekend 150.

Hochwertig und modern ausgestattet

Bereits in China angeboten wird der bis 120 km/h schnelle, mit hochwertig erscheinenden Komponenten sowie aktueller Elektronik wie Funkschlüssel-System, Farb-Display samt Smartphone-Connectivity und sogar Frontkamera (Dashcam) ausgestattete Roller Crazy Weekend ab 14.998 Yuan, umgerechnet unter 2.000 Euro. Einsteigerfreundlich sind zudem das geringe Gewicht (150 kg) und die geringe Sitzhöhe (780 mm). Angeblich sind weitere Roller-Modelle von MVCagiva geplant: 250er, 300er und 350er. Und Motorräder.

China MVCagiva QJMotor 150 ADV Crazy Weekend Roller Scooter und KJW700 Sportler
MVCagiva/dongchedi/58moto
MVCagiva KJW 700: So soll das erste Motorrad der neuen chinesischen Marke MVCagiva aussehen.

Sport-Motorrad MVCagiva KJW 700

Offenbar ist bei MVCagiva bereits das erste Motorrad-Modell in der Pipeline: ein sportliches, voll verkleidetes Motorrad mit circa 700 Kubik Hubraum. Als Antrieb naheliegend erscheint der aktuelle Reihenzweizylinder-Motor von QJMotor mit 73 PS (54 kW). 182 Kilogramm soll die MVCagiva KJW 700 wiegen, komplette Eckdaten liegen noch nicht vor. Auf einem ersten "Leak"-Foto ist ein rotes Exemplar des Typs KJW 700 zu sehen.

Motoren von QJMotor und Qianjiang

Qianjiang ist der chinesische Kooperationspartner des italienischen Motorradherstellers MV Agusta. Im Herbst 2020 verkündeten die beiden Unternehmen ihre strategische Partnerschaft. Zunächst ging es dabei um den Vertrieb für MV Agusta in China. Daraus entwickelte sich mehr. Etwa das Enduro-Modell Lucky Explorer 5.5, das schon lange angekündigt, aber immer noch nicht im Handel angekommen ist – und dem Vernehmen nach auf seinem langen Weg dorthin stecken bleibt. Jedenfalls sollte diese MV Agusta von einem Reihenzweizylinder-Motor mit circa 550 Kubik angetrieben werden – von QJMotor.

Technik von MV Agusta für QJMotor

Im Frühjahr 2023 tauchten außerdem erste Bilder eines Superbikes von QJMotor auf – mit Technik von MV Agusta. Nicht nur der 1000er-Reihenvierzylinder für die mutmaßliche QJMotor SRK 1000 RR war offensichtlich von MV Agusta übernommen worden, ebenso Teile der Chassis-Konstruktion bis hin zur Aluminium-Einarmschwinge und die hochgelegte Abgasanlage. Chinesische Insider berichteten in diesem Zusammenhang von einem entsprechenden Technik-Austausch-Deal zwischen MV Agusta und Qianjiang.

MV Agusta und Cagiva

Unklar ist, ob sich dieser Deal auf das neue China-Label MVCagiva erstreckt. MV Agusta und Cagiva sind jedenfalls alte italienische Motorradmarken, die historisch miteinander verbunden sind. Bei Meccanica Verghera Agusta (MV Agusta), im Ortsteil Verghera der italienischen Stadt Samarate, wurden ab 1945 Motorräder gefertigt. Agustas ohne MV hatte es schon ab 1927 gegeben.

1992 wurde die Motorradmarke MV Agusta von Cagiva übernommen. Cagiva, gegründet 1978, war die Abkürzung für Castiglioni Giovanni Varese und wurde zeitweise als eigenständige Motorradmarke genutzt. Timur Sardarov, aktuell Mit-Eigentümer und Geschäftsführer bei MV Agusta, äußerte in Interviews zuletzt kein Interesse daran, die Marke Cagiva wiederzubeleben. Zumal die Namensrechte für Cagiva nach wie vor bei der Familie Castiglioni liegen.

MV Agusta, KTM und CFMoto

Seit November 2022 ist KTM mit 25,1 Prozent an MV Agusta beteiligt. Und KTM hat eine andere, großangelegte strategische Partnerschaft in China: mit CFMoto, einem der größten Konkurrenten für Qianjiang und QJMotor. Inwieweit sich dieser Hintergrund auf den Deal zwischen MV Agusta und Qianjiang auswirken wird – oder möglicherweise bereits hinter den Kulissen ausgewirkt hat – ist noch nicht bekannt.

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Fazit

MVCagiva – was beim Lesen und Aussprechen vermeintlich nach Motorrädern made in Italy klingt, ist eine neue Marke aus China. Im Frühjahr 2023 tauchte MVCagiva in China erstmals auf und stellte das erste Modell vor: den 150er-Roller Crazy Weekend nach Honda-ADV-Vorbild.

Demnächst soll das erste Motorrad-Modell von MVCagiva folgen: der sportliche, voll verkleidete Typ KJW 700, mutmaßlich ebenfalls mit Antrieb von QJMotor. QJMotor ist die Eigenmarke des großen chinesischen Herstellers Qianjiang.

Qianjiang und MV Agusta hatten im Herbst 2020 ihre strategische Partnerschaft verkündet. Ob dieser Deal das neue Label MVCagiva beinhaltet, ist unklar.

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Erscheinungsdatum 15.09.2023