
Irgendwie ist es schon jammerschade: Da bauen die Münchner einen sensationellen Motor und haben keinen Mumm, dieses Prachtstück großzügig in eine Modellpalette zu stecken. Nur der üppige Tourer K 1600 GT und seine Derivate dürfen bisher sechszylindrig brillieren. Dabei drängt sich ein klassisches Naked Bike geradezu auf.
Warum? Wie kein anderer Motor kann der locker 180 PS starke Sixpack klingen. Wie kein anderer verbindet er elegante Laufruhe mit bulligem Drehmoment. Und wie kein anderer kann er sich mit einer Auspuffanlage schmücken, die die Fans zum Niederknien zwingt. Stefan Kraft hat das meisterhaft umgesetzt. Sechs Krümmer münden in sechs dynamisch gestaltete Endtöpfe. Das wirkt außerordentlich luxuriös, aber doch nicht zu protzig oder gar plump.

Klar ist: Hier muss Chrom her. Jene Veredelung, die blankes Metall auf Hochglanz bringt, ihm die nötige Härte gibt und auch nach vielen Jahren noch so wertig wirkt, dass man gerne mit Politur und Watte anrückt. Ebenfalls ein Muss: Man sollte möglichst viel vom Motor zu sehen bekommen. Deshalb muss ein recht kleiner Kühler verwendet werden und so wenig Plastik wie irgend möglich zum Einsatz kommen.
An dieser Stelle lohnt sich ein Blick auf die fulminante Studie Concept 6, die BMW vor einigen Jahren auf der EICMA in Mailand präsentierte. Hier verbauten die Designer das komplette Fahrwerk des Tourers. Also den flachen Brückenrahmen mit dem unansehnlichen, schweren und komplizierten Duolever-Vorderbau. Nackt ist das nichts für Ästheten, und, wie man inzwischen weiß, kann eine gut gemachte Telegabel ziemlich viel. Zumal heutzutage ja semiaktive Federelemente sensationell funktionieren. Ergo: MOTORRAD empfiehlt, für Naked Bikes bitte nur Telegabeln verwenden. Für Sechszylinder gerne auch eine mit aktueller Elektronik.

Unsere BMW Sixx Naked wäre also von unnötigem Techno-Dideldidum befreit und würde nach alter Väter Sitte vorne eine Gabel verwenden. Dafür müsste unser Entwurf natürlich auch einen anderen Rahmen bekommen, zudem sollte der Motor aufrechter stehen. Wahrscheinlich käme man sogar nicht umhin, die Zylinderbank deutlich weniger zu neigen, also größere Eingriffe am Motorgehäuse vorzunehmen.
So würde unser eher traditioneller Ansatz für ziemlichen Investitionsbedarf sorgen. Dafür würde man aber eine fantastische Fahrmaschine auf die Räder stellen, die die Konkurrenz schlicht verblassen ließe. Und man hätte mit einem solchermaßen überarbeiteten Package wieder ganz neue Möglichkeiten. Warum nicht auch eine Muscle-Sixx anbieten? Das Ganze eben nochmals deutlich geschärft. Oder eine Version mit Halbverkleidung und damit einen Nachfolger für bald auslaufende K 1300-Modelle bringen? Mit viel einfacherer Technik, aber noch besserem Fahrgefühl. Ja, man könnte sogar über einen sportlicheren Entwurf mit flacherem Lenker und Vollverkleidung nachdenken. Eine K 1600 S, um in der BMW-Nomenklatur zu bleiben.

Aber zurück zum MOTORRAD-Entwurf. Mit welchen technischen Daten könnte die BMW Sixx Naked aufwarten? Allein die Umstellung auf Einzeldrosselklappen mit entsprechender Anpassung der Ansaugwege dürfte die schon heute 160 PS starke Kraftquelle auf 180 PS bringen. Schon im Tourer K 1600 GT drücken fantastische 175 Nm Drehmoment Tränen des Glücks aus den Augenwinkeln. Nicht auszudenken, wie robust eine 100 Kilogramm leichtere Maschine beschleunigen würde. Denn um die 240 Kilogramm Gewicht dürften realisierbar sein, trotz Kardanantriebs.
Kein Zweifel: Der BMW-Sechser hat das Potential für mehr. In Sachen Naked Bike würde er sich sogar an die Spitze stellen. Er wäre genauso überlegen wie das Superbike S 1000 RR.