Pascal Eckhardts Fahrtipps für die Rennstrecke Konzentration

Pascal Eckhardts Fahrtipps für die Rennstrecke Teil 11 Volle Konzentration

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Ein gut organisierter Rennfahrer hat die Nase auf der Rennstrecke meist vorn - sagt Pascal Eckhardt. Ein Leitfaden, wie die Zeit zwischen den Turns sinnvoll genutzt werden kann, gibt es hier:

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Als ich mit dem Rennsport anfing und im Yamaha-R6-Cup gestartet bin, kam ich mit dem IDM-Fahrerlager in Kontakt. Da dachte ich: ,,Sind die IDM-Piloten solche Spaßbremsen, dass die immer nur in ihren Boxen sitzen?“ Ein paar Jahre später war ich dann auch eine von diesen Spaßbremsen, obwohl ich sonst wirklich gesellig bin. Aber spätestens ab gewissen Zielen und einem bestimmten Niveau muss man ein paar Dinge professionell angehen.

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Zeit nutzen und strukturieren

Dazu gehört auch die Zeit in der Box. lch weiß, dass die meisten auch wegen dem ganzen Drumherum zu Hobbyveranstaltungen gehen – Kumpels treffen, Heldengeschichten austauschen, abends den Grill anschmeißen und gemeinsam ein Bier trinken. Wer nur so herumrollt, bei den Rundenzeiten keinen Funken Ehrgeiz verspürt und dem auch die hinteren Plätze im Rennen gut genug sind, kann das übers ganze Wochenende tun.

Allen anderen empfehle ich jedoch, die Zeit vor und nach einem Trainingsturn entsprechend zu nutzen und zu strukturieren. Deshalb muss der Spaß ja nicht zu kurz kommen. Aber ein Plausch mit dem Boxennachbar läuft bedeutend entspannter, wenn im Hinterkopf nicht ständig bohrt, dass das Visier noch verdreckt ist, der Tank und womöglich auch der Kanister noch leer sind und die Reifen sich irgendwie komisch angefühlt haben. Wer das dann in den letzten zehn Minuten vor dem nächsten Turn noch auf die Reihe bekommen will, wird Stress haben und völlig abgehetzt aufs Motorrad steigen. Wie der folgende Turn dann ausgeht, kann sich jeder denken, aber eine persönlich schnellste Runde wird wohl nicht dabei herauskommen!

Meiner Meinung nach bringt das ganze Fahren auf der Rennstrecke deutlich mehr Spaß, wenn man das strukturiert macht. Habe ich dann am Ende des Tages mein Ziel erreicht, muss ich mich nicht verkrampft in mein Wohnmobil legen und ins Kissen schreien, sondern setze mich beruhigt mit meinen Kumpels an den Grill und mache ein Bier auf.

Reifenwärmer, Luftdruck, Visier

Gehen wir so einen Ablauf einmal durch – ohne Anspruch auf Vollständigkeit oder die exakt richtige Reihenfolge. Jeder macht es etwas anders, deshalb ist das hier mehr ein Leitfaden, den ihr auf eure Bedürfnisse zuschneiden könnt.

Euer Turn wurde soeben abgewunken, ihr kommt in die Box. Als Erstes zieht ihr die Reifenwärmer auf und schaltet sie ein. Das ständige Heiß und Kalt ist nicht gut für die Reifen. Legt Helm und Handschuhe beiseite und messt dann direkt den Luftdruck der Reifen. Ganz wichtig: Messt den Druck immer heiß, denn ihr wollt ja wissen, was der Reifen auf der Strecke macht und nicht, wenn das Motorrad in der Box steht. Welchen Druck ihr heiß braucht, erfahrt ihr vom Reifentechniker.

Nächster Schritt: Sprit tanken. Wer es ganz professionell machen will, litert den Tank aus und fährt immer mit der gleichen Spritmenge, um bessere Aussagen zum Fahrwerk machen zu können. Auch Bremsbeläge checken usw. sollte klar sein. Dann, falls vorhanden, wird das Data-Recording oder der Laptimer ausgelesen. Mit den Daten in der Hand würde ich mich dann hinsetzen und mir ungestört über den letzten Turn Gedanken machen.

Kumpels sehen so etwas ein

Ich gebe zu, ungestört ist so eine Sache. Nicht selten kommt der Boxennachbar noch mit Schweißperlen, die ihm von der Nase tropfen, angerannt und will unbedingt loswerden, was für eine Hammerrunde er hatte, welchen Highsider er gerade noch abfangen konnte oder wie gemein man ihm vors Vorderrad gefahren sei. Ein höflicher Hinweis, dass man in zehn Minuten alles besprechen könne, aber gerade noch ein paar Dinge zu erledigen seien, dürfte genügen. Kumpels sehen so etwas ein. Falls das irgendwer nicht einsieht, wäre mir seine Geschichte völlig wurscht – egal wann und wo.

Ganz wichtig: Gleich nach dem Turn auch das Visier reinigen. Es gibt nichts Nervigeres, als beim nächsten Rausfahren festzustellen, dass einem ein Fliegenka­daver direkt vor dem linken Auge die Sicht versperrt.

Jetzt kommt die Nachbearbeitung des Turns. Doch bevor wir uns diese Frage stellen, müssen wir uns klar werden, was im Turn abgelaufen ist und welche Dinge wir bemerkt haben, um diese zu ändern oder als gut abzuhaken. Ich habe beispielsweise immer mit der Sitzposition angefangen. War der Bremshebel zu weit? Passt die Übersetzung? Was machen die Federelemente? Was ist mit den Reifen – stimmt das Reifenbild, haben die Reifen geschmiert?  Macht euch doch am Anfang eine Liste mit diesen Punkten und passt sie auf eure Bedürfnisse an. Arbeitet diese dann nach jedem Turn akribisch ab, bis alles erledigt ist. Dann könnt ihr konzentriert und beruhigt in den nächsten Turn starten. Gebt euch auch da genug Zeit, zieht rechtzeitig Handschuhe und Helm an, konzentriert euch auf die Strecke und welche Punkte ihr dort abhaken wollt. Und dann los.

Am Abend um den Grill wird sich dann herausstellen, wer der wahre Held ist. Ich bin mir sicher, dass ein gut organisierter Rennfahrer immer die Nase vorn hat. Dann schmeckt das verdiente Feierabendbier gleich nochmal so gut. Viel Spaß und Erfolg – das geht!

Der Coach "Ecke":

Pascal Eckhardt fährt seit seiner Kindheit Motorrad, kam aber erst spät zum Rennsport. 2003 stieg er in den Yamaha-R6-Cup ein, war im Jahr darauf schon Vizemeister und gewann den Cup schließlich 2006. Danach fuhr der Allgäuer Supersport in der IDM, konnte einige Laufsiege feiern und stand unzählige Male auf dem Podest.

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