Auf Achse mit BMW R 90 S, Moto Guzzi Le Mans und Triumph Bonneville

Mit gemieteten Klassikern durch Frankreichs Süden Auf Achse mit BMW R 90 S, Moto Guzzi Le Mans und Triumph Bonneville

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Drei Freunde, zwei Tage, ein Ziel: Die Zeit zurückdrehen und mit gemieteten Klassikern Frankreichs Süden durchstreifen. Nicht immer jedoch halten die Jugendträume, was der Anbieter verspricht.

Auf Achse mit BMW R 90 S, Moto Guzzi Le Mans und Triumph Bonneville Rein van der Zee
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Draußen ist es kalt, dunkel und ungemütlich. Vom böigen Wind getrieben, trommelt der Regen in unrhythmischen Salven gegen das Fenster - der November-Blues hat uns wieder.  Zur Ablenkung surfe ich ein wenig im Internet, suche nichts Bestimmtes. Dabei lande ich zufällig auf der Homepage eines Franzosen, der klassische Motorräder vermietet. Was für eine Sammlung! Benelli 900 Sei, Laverda Jota, Ducati 900 SS, BMW R 90S, Triumph Bonneville, Moto Guzzi Le Mans - davon haben wir früher doch nur geträumt!

Und dann noch diese verlockenden Fotos auf der Website, mit ganz viel Sonne und noch mehr Kurven! Nach zwei Telefonaten mit Ron und Rein steht der spontane Flucht-Plan: Südfrankreich, wir kommen! Ein paar Tage später sitze ich mit den Kumpels im Auto Richtung Ardèche. Um mit den damaligen Traum-Maschinen zurück in unsere Jugendzeit zu reisen. Rein, der Fotograf, und Ron denken ganz ähnlich wie ich. Außerdem kennt Rein die Gegend, er hatte dort mal eine Freundin. Ron ist sowieso immer zu haben, wenn es um Motorräder geht. Dazu kommt, dass er während der vielen Jahre beim Grenzschutz gelernt hat, nie zu meckern, weder übers Wetter noch über schlecht funktionierende Motorräder.

Jean-Louis, der Vermieter, freut sich auf den Besuch, wir uns aufs Fahren mit  BMW R 90S, Guzzi Le Mans und der Triumph Bonneville. Am Telefon meint Jean-Louis, es gebe einiges zu tun, bevor wir anreisen, aber die Maschinen seien in guter Verfassung. Er ist ein echter Motorrad-Fanatiker, bietet uns zwei Nächte Unterkunft in seiner „Gîte“ in Goudargues und seine Dienste als Reiseführer an. 

Zur Begrüßung stellt Jean-Louis eine Flasche Wein auf den Tisch. Nein, viele Kunden habe er noch nicht gehabt, gibt er zu. Dennoch hat er bereits Unterschiede festgestellt: „Franzosen finden meine Idee großartig”,  erzählt der gebürtige Franko-Kanadier, „deutsche Kunden dagegen beschweren sich ziemlich schnell.”

Ob er deswegen seinen Lehrerberuf weiterhin ausübt? Wir schauen uns ein wenig um. Jean-Louis scheint ein Sammler zu sein, der nichts wegwerfen kann. In der Garage stehen die Motorräder Lenker an Lenker, überall hängen Teile an den Wänden, auf dem Boden liegt wahllos verstreut das Werkzeug. In meiner Erinnerung sahen die Werkstätten selbst in den 70er-Jahren sauberer aus. Und was fährt Jean-Louis? Eine BMW R 80 G/S. „Sie ist zuverlässig”, behauptet er.

Als wir am nächsten Morgen die Motorräder aus der Garage rollen, wird uns schnell klar, dass alle drei bereits eine bewegte Vergangenheit hinter sich haben. Die Lackierung der R 90 S - zum Heulen. Sie muss irgendwann mal einem dilettantischen Hobby-Sprayer in die Hände gefallen sein. Ob dessen Unvermögen sind wohl auch dem Lack die Tränen gekommen. Guzzi-Liebhaber haben ebenfalls wenig Freude beim Anblick dieser Le Mans II:   Sitzbank und Lenker sind, wie die Cockpitverkleidung vom Vormodell, nicht original. Und die Triumph? Der Auspuff scheint Marke Eigenbau zu sein, der Lack...  „Übrigens, die Blinker der BMW funktionieren nicht“, unterbricht Jean-Louis die betretene Stille. Jene der Triumph ebenso wenig. Wir sind nicht mehr überrascht, dass sich auch die Guzzi in diesem Punkt solidarisch erklärt.  

Rein van der Zee
Höhepunkt: Am Horizont legt der Mont Ventoux den Nebelschleier ab.

Die Triumph hat nur einen Kickstarter. Anspringen will die englische Lady jedoch erst, nachdem drei nicht mehr ganz so sportliche Endvierziger aus Holland sie keuchend über eine längere Strecke angeschoben haben. Dafür entpuppt sie sich als die schnellste Triumph, die ich je gefahren bin: Ein Gasstoß genügt, um die Tachonadel von links nach rechts unten ausschlagen zu lassen. Vielleicht kommt ja daher die Bezeichnung „World Beater“? Jean-Louis lässt sich seine gute Laune nicht vermiesen, obwohl unsere Reise zurück in die Zeit unserer Jugend mit einem klassischen Fehlstart beginnt. Denn auch die Guzzi wummert erst nach unzähligen Startversuchen und derben Fehlzündungen los. Dann kennt die  Italienerin allerdings kein Halten mehr: Noch auf dem Seitenständer ruhend  rüttelt sie Zentimeter für Zentimeter voran. Ein echter Charakterdarsteller, dieser V2. Ron grinst schon voller Vorfreude.

Rein ist das Lachen dagegen vergangen. Nach ein paar Orgeleien gibt die Batterie der BMW auf - Schieben ist angesagt. „Solche Probleme kennt meine alte R 75/5 überhaupt nicht“, knurrt er enttäuscht, während er versucht, die 900er über 2500 Touren zu halten. Darunter stirbt der Bayern-Boxer sofort wieder ab. „Der Scheinwerfer spinnt ab und zu“, kommentiert Jean-Louis Reins Bemühungen. Heißt im Klartext: kein Licht. „Ehrlich gesagt, ich hab die Motorräder schon längere Zeit nicht mehr gefahren“, entschuldigt er sich beim Blick in unsere leicht irritierten Gesichter. Den Eindruck hatten wir schon. Ob Jean-Louis ahnt, dass sich niederländische Biker vielleicht noch schneller beschweren könnten als deutsche Kunden?

So brechen wir etwas skeptisch auf zu unserer Entdeckungsreise entlang der Ardèche. Von Goudargues rollen wir über kleinste Wege mit frisch ausgestreutem Splitt zum Chartreuse de Valbonne. Das versteckt in einem malerischen Wald gelegene Kloster bietet uns eine willkommene Gelegenheit, nach ein paar Minuten wieder mal innezuhalten. Ron, der unerschütterliche Ex-Grenzschützer, lächelt, lässt sich die Tour von kleinen Malaisen und eckig abgefahrenen Reifen nicht vermiesen. Reins BMW krankt jedoch erheblich: Sie läuft zeitweise nur auf einem Zylinder, der Gasgriff dreht sich mit, die Anzeigen sind tot. Rons Guzzi hat ähnliche Probleme: Tacho, Drehzahlmesser, Blinker, Licht, Hupe - nichts funktioniert.

Da geht es mir auf der Triumph Bonneville besser. Die scheint zwar auch eine Kreuzung aus mehreren Modellen und Generationen zu sein, läuft aber ganz manierlich. Hat man sich als Fahrer moderner Motorräder erst mal an die etwas unorthodoxe Sitzposition mit flacher Bank und den weit vorn angebrachten Fußrasten gewöhnt, geht es ganz ordentlich voran.   Der gut am Gas hängende Paralleltwin hat in diesem Trio mit 49 PS (ob die tatsächlich alle versammelt sind?) zwar die geringste Leistung, aber dank des hohen Drehmoments und dem vergleichsweise geringen Gewicht fahren mir die anderen nicht davon.

Im Moment sowieso nicht. Wir brauchen Benzin. Warum auch hätte Jean-Louis die Tanks vor der Abfahrt füllen sollen? Immerhin, er macht sich umgehend auf die Suche nach einer Tankstelle. Eine halbe Stunde später kehrt er zurück und verkündet froh, dass im nächsten Ort unsere Probleme gelöst würden. Wobei er vermutlich nur die Spritfrage meint. Just, als wir die Motorräder vor den Zapfsäulen abstellen, sperrt die Angestellte allerdings zu - Mittagspause! Selbst Jean-Louis ist jetzt verdattert. Und wir fragen uns, warum er den Motor seiner BMW seit dem Start nicht mehr abgestellt hat. Ob es da vielleicht ein kleines Problem gibt? Zum Glück finden wir noch im selben Ort eine geöffnete Tankstelle.

Mit vollen Tanks geht es jetzt flott  weiter. Plötzlich bremst unser Tour-Guide heftig und biegt - natürlich  ohne Blinkzeichen - links ab. Mit viel Glück und noch mehr Flüchen vermeiden wir eine Massenkarambolage mit den mehr schlecht als recht bremsenden Klassikern. Nur Ron bleibt wieder mal entspannt. Kein Wunder, dank des Integralbremssystems der Le Mans hat er die Situation von uns Dreien noch am lockersten gemeistert. Na ja, irgendwie erinnert mich diese Szene an die Joe-Bar-Comics, über die wir früher immer geschmunzelt haben. 

Über die Route de Saint-Julien (D 343) erreichen wir Saint-Martin. Dort führt eine Hängebrücke über die Ardèche, die nur in eine Richtung befahren werden darf. Heute fließt die Ardèche ruhig in ihrem Bett. Doch bei großen Niederschlagsmengen kann sich das Bild des in die Rhone mündenden Flusses dramatisch ändern. So fiel die historische Brücke im Jahr 1900  den tosenden Wassermassen der Ardèche zum Opfer.

Mehr noch als St. Martin und die Hängebrücke ziehen uns jedoch die Überreste der frühmittelalterlichen Festung Aiguèze auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses an.   Geblieben sind nur noch die beiden mächtigen Türme, die während des Hundertjährigen Krieges (1337 bis 1453) errichtet wurden. Das gleichnamige Örtchen mit gerade mal 220 Einwohnern wurde vor  sieben Jahren zum schönsten Dorf Frankreichs gewählt. Mit seinen malerischen Gassen und dem herrlichen Panoramablick über die Ardèche bis ins Rhonetal sowie dem Mont Ventoux in der Provence zählt Aiguèze zu den sehenswertesten Zielen dieser Region .

Außerdem beginnt ab hier eine der spaßigsten Strecken, selbst mit unseren nicht gerade in Topform befindlichen Maschinen. Auf der herrlich gewundenen D 290 nach Vallon Pont d‘Arc kann man sich richtiggehend schwindelig fahren. Unsere Stimmung steigt, die Sonne auch. Die weißen Felswände reflektieren das gleißende Licht, das die Herbstblätter golden glänzen lässt - welch herrlicher Anblick! Im Sommer wimmelt es hier vor Touristen, die im Kanu die Ardèche hinunter paddeln. Jetzt, Anfang November, herrscht eine angenehme Ruhe im „Reservé Naturelle des Gorges de l’Ardèche“, was uns Bikern natürlich viel besser gefällt. Eigentlich sind die vielen Höhlen wie die Madeleine oder die Cocalière einen Abstecher wert. Leider reicht uns die Zeit hierfür nicht. Die Pont d‘Arc, eine 45 Meter hohe und 60 Meter breite natürliche Felsbrücke über die Ardèche, lassen wir uns aber nicht entgehen.

Sonne, fantastische Kurven, griffiger Asphalt - wir werden mutiger, ziehen kräftig am Kabel. Jean-Louis scheint es auf einmal eilig zu haben. Wahrscheinlich ist ihm eingefallen, dass die Scheinwerfer unserer Klassiker nicht funktionieren. Jetzt, im Herbst, geht die Sonne trotz des herrlichen Wetters früh unter - aber wir beschweren uns nicht und lassen es laufen. Der 650er-Paralleltwin der Triumph muss ganz schön ackern, um mit den anderen mitzuhalten. Doch das agile Handling und die exakte Schaltung machen es mir auf den kurvigen Strecken einfach, dran zu bleiben. Vorn muss ich ganz schön zupacken, um der Einfach-Scheibe vernünftige Bremsleistungen abzuringen. Das macht mir allerdings weniger Sorgen als die schlappe Kupplung, die beim Beschleunigen immer öfter rutscht.

Ron hingegen hat keine Probleme. Im Gegenteil, die Guzzi macht ihm trotz ihrer  kleinen Macken mittlerweile richtig Spaß. Er ist halt ein Gemütsmensch, den kaum etwas aus der Fassung bringt. „Hey, die Maschine hat über 30 Jahre auf dem Buckel, da darf man kein perfektes Motorrad erwarten.“ Wer beim Grenzschutz mit lauter Möhren klar kommen musste, lässt sich eben nicht so schnell die Freude am Fahren nehmen. Schon gar nicht von den eckig abgefahrenen Reifen, die der Le Mans ein kippeliges Fahrverhalten bescheren. Dafür entschädigt der Italo-V2 mit seinem herrlich dumpfen Bollern. „Beim schnellen Fahren hat der Schaltfuß jedoch gut zu tun, auch die Bremsen brauchen viel Kraft“, meint Ron. Er hat sich sogar mit dem Tourenlenker angefreundet. Ihm passt die aufrechtere Sitzposition jedenfalls ganz gut, außerdem lässt sich die schlanke Guzzi  über den breiten Lenker leichter in Schräglage werfen, was Ron auf diesen verwinkelten Sträßchen natürlich zugute kommt. Sein abschließender Pausen-Kommentar: „Trotz ihrer Mankos gefällt mir die Guzzi.“

Rein und die BMW werden dagegen keine Freunde. „Der Motor läuft unsauber, außerdem packen die Trommelbremsen meiner R 75/5 viel besser zu als die zahnlose Doppelscheibe dieser R 90 S.”  Beim genaueren Hinsehen fällt uns zudem auf, dass das Vorderrad und das Hinterrad nicht in einer Linie stehen. Klar, dass darunter sowohl der Geradeauslauf als auch das Fahrverhalten in Kurven leiden. Rein zeigt auf die Gabel, deren Federweg 208 Millimeter sein sollte. „Die Maschine hängt vorne viel zu tief, und von Dämpfung ist nichts zu spüren“ , meint er mit vorwurfsvollem Blick zu Jean-Louis.

Rein van der Zee
Bei diesen Miet-Bikes kann himmlischer Beistand nicht schaden.

Ron und ich können uns ein Grinsen nicht verkneifen: Tatsächlich, die BMW ähnelt einem Kamel, das gerade in die Knie geht. Wir schauen rüber zu der Triumph und der Le Mans. Was die Dämpfung angeht, sieht es bei den beiden nicht viel besser aus. Das erklärt auch, warum die drei auf holprigem Asphalt bocken und schaukeln. Vielleicht will Jean-Louis  auf diese Weise ja nur seine Kunden ein wenig einbremsen.

Das historische Rathaus in Vallon d’Arc mit dem gemütlichen Zentrum wirkt ausgesprochen einladend, obwohl die Bars und Cafés wie ausgestorben sind; im Sommer sieht es dagegen ganz anders aus. Trotz der angenehmen Stille bleiben wir nicht lange. Die Sonne hat den Zenit längst überschritten, daher drängt Jean-Louis zur Weiterfahrt über die D 579 und die D 979 nach Barjac. Hier, mitten im Zentrum, gönnen wir uns einen Café au Lait und einen Snack unter riesigen Platanen. Barjac liegt auf einem Hochplateau zwischen der Ardèche und den Cevennen. Auch hier herrscht um diese Jahreszeit Ruhe. Mit einem Kerker aus dem zwölften Jahrhundert, dem Schloss aus dem siebzehnten Jahrhundert und mehreren Renaissance-Gebäuden lockt jedoch auch Barjac in den Sommermonaten  die Touristen scharenweise an.

Ganz langsam verfärbt sich nun der Himmel, legt sich wie eine glutrote Decke über diese herrliche Landschaft. Höchste Zeit, um wieder nach Goudargues zurückzukehren. Jean-Louis übernimmt erneut die Pole-Position, führt uns über die D 901, die D 980 und die D 371 nach Montclus. Ein wunderbarer Ort, umgeben von gold glänzenden Weingärten und Lavendelfeldern. Vor ungefähr 130 Jahren trafen sich hier die Glücksritter, nachdem im Tal der Cèze Gold gefunden wurde.  Tatsächlich sollen damals bis zu ein Pfund schwere Goldklumpen aus dem Sediment gewaschen worden sein. Selbst heute noch werden sogenannte Goldsucherexpeditionen organisiert. Wer dabei nichts findet, dem bietet wenigstens diese grandiose Kulisse etwas Trost. Den kann ich wohl auch bald gebrauchen, die Kupplung ist nämlich am Ende, rutscht permanent durch. Kaum noch Reserven scheint darüber hinaus die tief in den Federn hängende Gabel zu haben, in Rechtskurven setzt immer wieder der Krümmer auf.

Bevor wir die drei Youngtimer nach einem ereignisreichen Tag wieder in die Garage stellen, will Jean-Louis noch einen kurzen Abstecher nach La Roque-sur-Cèze machen. Ein historischer Ort, der eigentlich eher ein Freiluft-Museum ist, mit einer romanischen Kapelle und den nicht minder  eindrucksvollen Kaskaden von Saudatet ganz in der Nähe. Schade nur, dass es fast schon dunkel ist. Und unsere Motorräder haben ja kein Licht. Außerdem bin ich ganz froh, wieder in Goudargues zu sein, die Kupplung der Triumph hat jetzt endgültig „enough“, was sie mit dem beißenden Geruch verbrannter Kupplungsscheiben unmissverständlich klar macht. Für mich bedeutet das, dass ich mir morgen eine andere Maschine aus dem „Palais de Motos de Jean-Louis“ aussuchen muss. Nach einigen Gläsern Wein mit Ron und Rein ist der Ärger darüber jedoch verraucht.

Am nächsten Morgen bietet mir Jean-Louis seine kleine 250er-Vierzylinder-Benelli als Ersatz an. Nicht ganz überraschend folgt die mittlerweile gewohnte Prozedur: Zwei Mann schieben, bis ihnen die Puste ausgeht. Das Einzige, was zu hören ist, sind die Flüche meiner Kumpels. Die Benelli jedoch schweigt. Jean-Louis sagt, die Benelli sei schon eine Weile nicht mehr auf der Straße gewesen. Damit hätten wir nun wirklich nicht gerechnet. Irgendwann läuft sie dann doch, die Benelli.

Wir nehmen Kurs auf Lussan, eine mittelalterliche Stadt auf einem Berg, von der man einen grandiosen Blick auf den Mont Ventoux hat. Doch schon nach wenigen Kilometern spüre ich, dass mein rechter Arm auf rätselhafte Weise immer länger zu werden scheint: Der Gasgriff rutscht vom Lenker. Jean-Louis improvisiert mit Klebeband, doch unsere Laune ist im Eimer. Die unserer Motorräder anscheinend auch. Jeder Stopp wird zur schweißtreibenden Schiebung, weil die Startprobleme der Benelli immer gravierender werden. Rons Guzzi zeigt sich - wieder einmal - solidarisch, kommt ebenfalls nur noch mit Mühe in die Gänge. Hinter Lussan bringt die BMW den armen Rein richtig auf die Palme. Aussetzer und Fehlzündungen sind jetzt ständige Begleiterscheinungen des langsamen Siechtums. Mittlerweile bläst der Bayern-Boxer nämlich bei jedem Gasstoß weißen Rauch aus den Schalldämpfern, als gelte es, einen neuen Papst zu verkünden.

Rein van der Zee
Im Herbst ein Traum: Außerhalb der Touristensaison haben Motorradfahrer die herrlich kurvigen und schmalen Sträßchen entlang der Ardèche für sich alleine.

Uns verlässt nun endgültig das Vertrauen in die Bikes. Und Jean-Louis anscheinend der Mut. Er müsse noch zu einer Verabredung, verkündet er plötzlich. Und ist weg. Zurück bleiben drei verdutzte Holländer. Immerhin, das Klebeband hat er uns gelassen. Wir haben die Nase voll, fahren zurück. Die herrlichste Landschaft, die schönsten Kurven und das beste Wetter sind nur ein schwacher Trost, wenn man in einer gottverlassenen Gegend liegen bleibt. Irgendwie haben wir unsere zweirädrigen Jugend-Idole auch ganz anders in Erinnerung gehabt.

Was wir Jean-Louis abends unmissverständlich klar machen. Viel Zeit, die Motorräder vorzubereiten, habe er nicht gehabt, verteidigt er sich. Dann nimmt er noch einen kräftigen Schluck Rotwein und sagt allen Ernstes: „Ich bin froh, dass es keine richtigen Probleme gegeben hat.“

Na ja, die scheint er dann doch bekommen zu haben, seine Website wurde gelöscht. So bleibt uns vor allem diese wunderbare Landschaft in Erinnerung, die wie gemacht ist für genussvolles Motorradfahren. Wir kommen auf jeden Fall wieder. Dann aber mit unseren eigenen Traum-Klassikern. Spätestens, wenn uns wieder der November-Blues packt.

Rein van der Zee
Angeknockter Bayern-Boxer - BMW R 90 S.

BMW R 90 S

Motor:
Zweizylinder-Viertakt-Boxermotor, zwei Ventile pro Zylinder, Bohrung 90 mm, Hub 70,6 mm, 898 cm³, Verdichtung 9,5:1, 67 PS bei 7000/min, zwei 38er-Dellorto-Schiebervergaser, Einscheiben-Trockenkupplung, Fünfganggetriebe, Kardanantrieb

Fahrwerk:
Doppelschleifenrahmen aus Stahlrohr, Teleskopgabel vorn, Zweiarmschwinge hinten, Doppelscheibenbremse vorn, Trommelbremse hinten, Gewicht vollgetankt 226 kg, Tankinhalt 24 l

Höchstgeschwindigkeit:
200 km/h

Rein van der Zee
Nicht original, aber brauchbar - Moto Guzzi Le Mans II.

Moto Guzzi Le Mans II

Motor:
Zweizylinder-Viertakt-V-Motor, 90° Zylinderwinkel, zwei Ventile pro Zylinder, Bohrung 83 mm, Hub 78 mm, 844 cm³, Verdichtung 9,8:1, 74 PS bei 7700/min, zwei 36er-Dellorto-Rundschiebervergaser, Einscheiben-Trockenkupplung, Fünfganggetriebe, Kardanantrieb

Fahrwerk:
Doppelschleifenrahmen aus Stahlrohr, Teleskopgabel vorn, Zweiarmschwinge hinten, Doppelscheibenbremse vorn, Einzelscheibe hinten, Integralbremssystem, Gewicht vollgetankt 242 kg, Tankinhalt 22,7 l

Höchstgeschwindigkeit:
204 km/h

Rein van der Zee
Klassiker mieten, klassiker schieben - Triumph T 120 Bonneville.

Triumph T 120 Bonneville

Motor:
Zweizylinder-Viertakt-Reihenmotor, zwei Ventile pro Zylinder, Bohrung 71 mm, Hub 82 mm, 649 cm³, Verdichtung 9:1, 49 PS bei 7200/min, zwei 30er-Amal-Concentricvergaser, Ölbadkupplung, Fünfganggetriebe, Kettenantrieb

Fahrwerk:
Doppelschleifenrahmen aus Stahlrohr, Teleskopgabel vorn, Zweiarmschwinge hinten, Scheibenbremse vorn, Einzelscheibe hinten, Gewicht vollgetankt 192 kg, Tankinhalt 13,5 l

Höchstgeschwindigkeit:
175 km/h

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