Dauertest Yamaha Cygnus X (25000 km)
Der Cygnus X im Test

Nein, er gehört wirklich nicht zu der Art Zweiräder, die einen bis in den Schlaf verfolgen. Sein »Muss ich haben«-Faktor ist auf den ersten Blick gleich null. Trotzdem wird er gerne gekauft. Auf 25000 Kilometern wollten wir wissen, was es mit den Qualitäten des Schwanes (lateinisch Cygnus), den es baugleich als MBK Flame X gibt, auf sich hat.

Der Cygnus X im Test
Foto: Yamaha Cygnus X

Der Alltag eines braven 125er-Rollers besteht ja weniger aus Sommer, Sonne, Eisdiele, sondern vielmehr aus Stadtverkehr, Einkaufstouren und dem Weg zur Arbeit bei jedem Wetter. Da braucht es innere Werte, und damit kann der Schwan durchaus aufwarten. Dank kleiner Abmessungen und winzigem Wendekreis wuselt er fahrradgleich durch die Stadt, die Zwölf-Zoll-Räder sorgen für nervenschonende Fahrstabilität.

Unter der bei Testende durchgesessenen Sitzbank tut sich ein ungewöhnlich großes Helmfach auf. Große Spiegel und helles H4-Licht sorgen für hinreichende Vor- und Rücksicht. Eher spartanisch dagegen: das Cockpit. Tacho, Tankuhr, fertig. Gestartet wird per E- oder Kickstarter, der leeren Batterien ihren Schrecken nimmt. Haupt- und Seitenständer sind leichtgängig. Der Antrieb ist ein neu entwickelter, gebläsegekühlter Vierventiler, der ohne Öl-filter auskommen muss, weshalb er alle 3000 Kilometer nach frischem Schmierstoff verlangt. Wer den Ölwechsel nicht selbst machen kann oder will, zahlt in der Werkstatt zwischen 20 und 50 Euro dafür. Die eigentliche Inspektion steht alle 6000 Kilometer an, für die beim Dauertester zwischen 160 und 230 Euro fällig waren. Mit Reifen ging der Cygnus sparsam um, hinten musste zweimal gewechselt werden, der vordere hielt bis zum Schluss durch.

Die Domäne des Cygnus ist klar der Kurzstreckenbetrieb. Denn er zieht zwar flott von der Ampel weg, oberhalb von 60 km/h erlahmt der Vorwärtsdrang des 11,2-PS-Motors aber spürbar. Autobahnfahrten sind wohl machbar, allerdings nicht wirklich lustig. Zumal die Sitzposition wegen des hohen Trittbretts (darunter befindet sich der nur sieben Liter fassende Tank) auf Dauer unbequem ist. Außerdem fällt die Reichweite bescheiden aus, obwohl Zurückhaltung am Gasgriff mit einem Verbrauch von deutlich
unter drei Litern Normal belohnt wird. Das Fahrwerk hat mit der Leistung keine Mühe. Mit der Einschränkung, dass Gabel und Federbeine ohne jedwede Transparenz arbeiten. Gleiches gilt für die Bremsen, deren kräftige vordere Scheibe die schlappe hintere Trommel vergessen lässt.
Auch nach gut zwei Jahren hartem Alltags- und Winterbetrieb hat der Schwan wenig Federn lassen müssen, einzig einige Kratzer im Plastik zeugen vom Alltagsbetrieb sowie vielen Transporten, denn am Heck eines Hymer-Wohnmobils erscheint die Langstreckentauglichkeit in einem ganz anderen Licht. Ansonsten glänzt der Lack, und klappern gehört bei Cygnus nicht zum Handwerk. Korrosion ist ebenfalls kein Thema, selbst der stählerne Auspuff hat lediglich leichten Rost am Krümmer.

Grund zum Ärgern gibt es lediglich, wenn man seinen Cygnus verkaufen will. Gerade mal 900 Euro soll der Scooter noch bringen. Wenig angesichts der offiziellen Preisempfehlung von 2495 Euro, jedoch nicht weiter verwunderlich, wenn man berücksichtigt, dass neue Schwäne inzwischen für 2000 Euro verramscht werden.

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Erscheinungsdatum 15.09.2023