Vespa LX 125 3V Test
Die Vespa - Das Original

Die Zahl der Nacheiferer wächst beständig, doch an die originale Vespa reicht niemand heran. Jetzt bekommt sie einen neuen Dreiventil-Motor.

Die Vespa - Das Original
Foto: Piaggio

66 Jahre hat der ewig junge Gute-Laune-Roller aus Italien jetzt auf dem Buckel seiner Stahlblech-Karosserie, und treu geblieben ist er sich über alle die Zeit: Kleine Räder, tiefer Durchstieg, kein wuchtiger Mitteltunnel und eine einarmige, gezogene Schwinge als Vorderradaufhängung sind auch 2012 seine Charakterisika. Beim Motor allerdings hat sich einiges getan: Zum einen kümmern sich drei Ventile um die Versorgung mit Frischgemisch und die Entsorgung der Abgase, zum anderen haben die Ingenieure das Bohrung/Hub-Verhältnis des Zylinders in Richtung langhubig verschoben. Wer sich davon allerdings ein gesunkenes Drehzahlniveau erwartet, wird enttäuscht: Nach Datenblatt liegen Spitzenleistung und maximales Drehmoment zu jeweils derselben Drehzahl an wie beim Vorgängermodell. Auch die Maximalwerte haben sich nur wenig verbessert. Dafür versprechen die Italiener einen markant gesunkenen Verbrauch; bei konstant Tempo 50 soll die 125er-Vespa nur 1,8 Liter auf 100 Kilometer schlucken.

Diese Behauptung nachzuprüfen war beim Fahrtermin leider keine Zeit, aber selbst wenn sie sich bewahrheiten sollte, wäre die Erkenntnis müßig: Wer fährt schon zwei Stunden lang kon-stantes Stadttempo? Die kleinen Räder animieren viel mehr dazu, sich quirlig durch den Verkehr zu wuseln - und bei Nässe die kleinen Gummis vorsichtig zu verzögern - ABS ist nicht erhältlich.

Unsere Highlights

Aufgefallen

Positiv
● Zeitlos schön
● Gute Verarbeitung
● Sonderausstattung ab Werk lieferbar
● Gutmütig und sparsam
● Sehr wendig
● Leichter Radwechsel

Negativ
● Mäßige Fahrleistungen
● Kein ABS verfügbar
● Nervös und empfindlich gegenüber Schlaglöchern
● Teuer

Hersteller
Für 200 Euro mehr ist die Vespa S 125 3V zu haben. Markantester Unterschied ist der eckige Scheinwerfer, außerdem ist das Cockpit etwas sportlicher designt, und sie verzichtet auf das abschließbare Fach im Beinschild.

In der Stadt
Das ist das Metier der Vespa! Je enger die Gassen, je dichter der Verkehr, desto wohler fühlt sie sich. Die kleinen Räder erlauben es, sie auf einem Gullydeckel zu wenden und gepflegten Schlagloch-Slalom zu fahren. Letzteres ist auch nötig, denn die kurzen Federwege können nur wenig ausrichten.

Auf der Landstraße
Für eine sommerliche Landpartie ist die 125er allemal gut. Wenn allerdings weitere Strecken anstehen, sind Nehmerqualitäten gefragt, denn die weiche Sitzbank und die für größere Fahrer recht geknautschte Sitzhaltung werden irgendwann lästig. Ein kleines Picknick passt prima in das Fach unter der Bank.

Auf der Auotbahn
Im Mutterland Italien darf eine 125er nicht auf der Autobahn fahren - in Deutschland hat sie zum Glück die Wahl. Manchmal stellt die Autobahn sogar für die Vespa die schnellere Option dar - die A81 von Ludwigsburg-Nord nach -Süd ist ein Beispiel - aber der Fahrer wird jeden Einzelfall sorgfältig abwägen.

Hersteller
Die Anzeigen für Geschwindigkeit und Tankfüllstand sind gut abzulesen. Die Kontrollleuchten leuchten mäßig, die LCD-Uhr ist sehr klein.

Motor
Der Achtelliter ist ausgereift und dank Variomatik unglaublich einfach zu fahren. Fahrleistungen sind nicht sein Metier, sparsam soll er sein.

Fahrwerk
Unglaublich wendig, dafür bei höherem Tempo nervös, obendrein karg gefedert und schwach gedämpft. Schönheitpunkt für die Schwinge vorn.

Bremsen
Die Vespa verzögert gut, nur voll beladen etwas zahnlos. Im Zweifelsfall blockieren aber, vor allem im Nassen, die Reifen zuerst.

Ausstattung
Das größte Pfund der Vespa ist sicher das Sitzbank-Fach; eine Tankuhr ist auch nicht selbstverständlich. Außerdem: Hohe Verarbeitungsqualität.

Komfort
Menschen von mäßig ausladendem Wuchs sind auf der Vespa - auch als Sozius - gut untergebracht. Der Beinschild bietet passablen Wetterschutz.

Einsteigertauglichkeit
Ist der Papst katholisch? Selbstverständlich ist die Vespa allen Einsteigern uneinschränkt zu empfehlen - die den hohen Preis zahlen wollen.

Technische Daten

Hersteller
Charakteristisch und von vorn etwas gewöhnungsbedürftig anzuschauen: die Einarmschwinge.

Motor Einzylinder-Viertakt
Hubraum 124 cm³
Kraftübertragung Variomatik/Riemen
Leistung 8,5 kW (11,6 PS) bei 8250/min
Max. Drehmoment 10,7 Nm bei 6500/min
Bremse vorn Scheibe (Ø 200 mm)
Bremse hinten Trommel (Ø 110 mm)
Reifen vorn 110/70-11
Reifen hinten 120/70-10
Federweg vorn/hinten 78/73 mm
Höchstgeschwindigkeit* 93 km/h
Gewicht vollgetankt 125 kg
Zuladung 175 kg
Tankinhalt 8,3 Liter, Super
Farben Blau, Grün, Rot, Schwarz, Weiß
Wartungsintervalle 10 000 km
Preis 3990 Euro inkl. Nebenkosten

*Werksangabe

Die aktuelle Ausgabe
MOTORRAD 20 / 2023

Erscheinungsdatum 15.09.2023