
In einem Land, in dem Dauernörgeln zu einer Art Lebenseinstellung geworden ist, findet man so etwas selten: Die meisten Fahrer der Dauertest-Duke 125 sind begeistert. Was allerdings unterschiedliche Gründe hat. Im Fahrtenbuch finden sich anerkennende Vermerke darüber, wie gut man mit dem leichten 137-Kilo-Floh durch die innerstädtischen Autoschlangen hüpfen kann. Oder auch über den geringen Durst des Einzylinders. Nur selten zerstäubt die Einspritzanlage mehr als drei Liter auf 100 Kilometern. Dabei stand man der Kleinen anfänglich mit Skepsis gegenüber: Die 125er wird in Indien bei KTM-Investor Bajaj gefertigt. Einige Namen der Zulieferer wie Bybre (Bremssättel) oder MRF (Reifen) sind hierzulande kaum bekannt. Grundsätzlich ist das nicht negativ, wird die Duke in Indien doch nach strengen österreichischen Qualitätsstandards gefertigt. Trotzdem: Die kleine Duke wurde mit Spannung im Dauertestfuhrpark erwartet.
Und stand am Freitag, 27.05.2011, ihrem ersten „Arbeitstag“, mit null Kilometern auf dem Tacho in der der Tiefgarage. Kaum 150 Kilometer abgespult, wurde der Vorderreifen ab- und wieder neu aufgezogen. Eine Unwucht, wahrscheinlich verursacht durch schlampiges Aufziehen, hatte die Fahrer irritiert. Nach erneutem Wuchten war sie beseitigt. Ein Kollege notiert gleich zu Beginn: „Die Duke ist wie Flipflop-Latschen: leicht und günstig. Nicht zum schnell Laufen gedacht, aber zum schnell Reinschlüpfen. Und sie ist cool.“

Das finden auch die Käufer. Bereits 2011, im Jahr der Markteinführung, lässt sie alle Konkurrenten hinter sich und wird mit 949 Exemplaren die bestverkaufte 125er in Deutschland. Auch 2012 führt sie mit 1462 zugelassenen Maschinen (Stand: 1. Dezember) die deutsche Hitliste an. Die erste Panne im MOTORRAD-Dauertest leistet sich die Duke bei Kilometerstand 1165: Ein Nagel sorgt für einen Plattfuß hinten, das Malheur ist schnell behoben, und weiter geht’s. Auf den ersten 3000 Kilometern atmet die Airbox der Duke Großstadt- oder schwäbische Luft, dann nimmt Online-Redakteur Manuel Fuchs sie mit auf ihre erste große Runde. Er spult 1200 Kilometer am Stück ab. Bayern. Niederbayern. Oberbayern. Und übergibt sie anschließend Harald Humke, dem geschäftsführenden Redakteur.
Harry fährt nur 20 Kilometer heim. Stellt sie ab, nix weiter. Am Folgemorgen hat die Duke extreme Startprobleme. Sie läuft schlecht, stottert und schleppt sich nur mit großer Mühe zurück in die Redaktion. Als Fehlerquelle stellt sich die Zündspule heraus. Auf Nachfrage bestätigte KTM, dass es anfänglich in einigen Fällen Probleme mit der Zündung gegeben hat, die aber zusammen mit der Markteinführung der 200er-Duke völlig beseitigt sind. Vereinzelt mussten Zündspule und Zündkerze getauscht werden. Seit Frühjahr 2012 wird zudem eine andere Zündkerze verbaut.
So sammelt die Kleine weiterhin Kilometer und wenig Kritik. Kleiner Auszug davon: Die Flackerei, das ständige Hin- und Herspringen der Geschwindigkeitsanzeige, nervt einige Fahrer. Ebenso wie das Hochdrehen des kleinen Einzylinders beim Kaltstart. Zwar nimmt der Single selbst bei Temperaturen weit unter minus zehn Grad tapfer Gas an, doch er ruckelt mitunter, bis er seine Betriebstemperatur erreicht hat. Große Fahrer beanstanden die beengten Platzverhältnisse, und Piloten, die gern mal etwas Gepäck mitnehmen wollen, schimpfen über mangelnde Befestigungsmöglichkeiten. In der Tat fehlen der 125er Gepäckhaken, vielleicht täten es ja schon ein paar Langlöcher im Soziusfußrastenschutz.

Bei Kilometerstand 7052 bekommt die Duke einen Satz neue Reifen spendiert. Zwar hat sie es mit der Serienbereifung durch den eisigen Winter geschafft, doch so richtig angetan war niemand von den indischen MRF-Pellen. Sätze wie „Bei Nässe nur wenig Vertrauen zum Reifen“ häufen sich. Der Wechsel auf den Michelin Pilot Power macht sich bezahlt - Handling sowie Grip verbessern sich deutlich. Bei Kilometer 9439 findet sich eine Notiz von Testredakteur Andreas Bildl: „Bremse schlecht dosierbar - rubbelt.“ Das Rubbel-Phänomen zieht sich über die kommenden 4000 Kilometer. Nach feuriger Hatz über die Landstraße mit vielen Bremsmanövern ist es fast nicht mehr spürbar, nach ein paar Tagen Stadtfahrt wieder da. Es nervt vor allem in Situationen, in denen man die Bremsbeläge nur sanft anlegt. Beim verhaltenen Zurollen auf eine Ampel beispielsweise. Zeit für Handlungsbedarf. Bei Kilometer 13561 bekommt der kleine Flitzer vorsichtshalber eine Wave-Scheibe spendiert. Von dem Zeitpunkt an ist Bremsrubbeln Vergangenheit.
Nach dem Fahrtenbucheintrag: „Gibt es eigentlich keine Alternative zum hässlichen Brotkasten in der Schwinge?“, ordert MOTORRAD vier Auspuffanlagen, allesamt wertiger verarbeitet als der serienmäßige Eisenblechkasten, fachchinesisch auch als „Behindenginemuffler“ bezeichnet. Optisch sind die Anlagen gewöhnungsbedürftig: Vor allem die dünnen Verbindungsrohre des Acrapovic- und des Sebringdämpfers wirken in der breiten Schwingenaussparung verloren. Hier muss das Auge entscheiden, denn um Mehrleistung geht es hier nicht. Die Prüfstandstests liefen alle mit eingebautem, gesetzeskonformem dB-Eater und förderten nur marginale Leistungsunterschiede zutage. Dennoch sind alle getesteten Anlagen leichter als der Serienbrotkasten mit seinen 4,6 Kilogramm Gewicht.
Zusammen mit der Auspuffmontage wurde die Dauertest-Duke auch optisch ein wenig gepimpt. Neben einigen Teilen aus dem KTM-Zubehör wurden Sturzpads und Motorschutzdeckel vom renommierten Hersteller R&G verbaut, die sich durch sehr gute Passgenauigkeit und hervorragende Verarbeitung auszeichnen. Derart geschützt geht die Duke auf die letzte 10 000-Kilometer-Etappe. Bei Redaktionsschluss übersprang der Tacho gerade die 15 000er-Marke. Derzeit steht die Kleine in der Werkstatt und bekommt eine Inspektion. Das Lenkkopflager hakt und wird nach dieser geringen Laufleistung getauscht. Doch trotz dieser Vorfälle läuft die Kleine wie ein Uhrwerk. Die 125 Duke wird ihre Erfolgsgeschichte fortsetzen und sogar Vorreiter in puncto -Sicherheit: Ab 2013 ist der kleine Feger mit 4245 Euro exakt 250 Euro teuer als die Vorgängerin. Dafür hat sie als erste 125er serienmäßig ein ABS.

Akrapovic Slip-On
Die 3,7 kg schwere und 544,50 Euro teure Anlage ist zweiteilig und aus gebürstetem Edelstahl mit Karbon-Endkappe. Mit einem Handgriff ist der Kat ausgewechselt. Aus dem Slip-On-Schalldämpfer klingt seriennaher Sound leicht dumpfer als beim Remus und dem Originalschalldämpfer. Die Leistungsentwicklung liegt auf Serienniveau. Gewöhnungsbedürftig: das schlanke Verbindungsrohr in der Schwingenaussparung. Bezug über jeden KTM-Händler.

Sebring Slip-On
Mit einem Preis von 395,70 Euro ist die 4,3 kg schwere Edelstahlanlage zwar die günstigste des Vergleichs, trotz Plastik-Endkappe aber auch die schwerste. Sie liefert etwas mehr Drehmoment in der Mitte. Der dB-Eater ist herausnehmbar, der Kat leider nicht. Soundmäßig klingt sie etwas dumpfer, aber trotzdem sehr verhalten. Gewöhnungsbedürftig auch hier: das schlanke Verbindungsrohr in der Schwingenaussparung. Bezug über jeden KTM-Händler.

LeoVince Slip-On GP-Style
Die stärkste Anlage im Vergleich betört auch mit dem besten Sound. Vor allem in der Mitte liefert die LeoVince mehr Drehmoment, verliert obenheraus aber nicht. Die 3,7 kg schwere Edelstahl-Komplettanlage ist gut verarbeitet, jedoch etwas aufwendiger zu montieren (zwei Stunden), da sie aus drei Teilen besteht. Der Kat ist gesteckt und kann leicht getauscht werden. Der 499 Euro teuren Anlage liegt ein zusätzlicher dB-Eater bei. Bezug über www.leovince.de
Zubehör im Test

Die 125er Duke wurde mit edlen Zubehör-Teilen gepimpt. Jetzt macht sie noch mehr her!

Handprotektoren
Von KTM sind zwei Varianten lieferbar. Die Plastikversion (58,50 Euro) oder stabilere mit Aluminiumstreben (89,15 Euro), die MOTORRAD gewählt hat. Da bleiben die Hände trockener, wärmer und sicherer.

Gut geschützt
Vom Hersteller R&G wurde ein sehr hochwertiges Motordeckel-Schutzset (159,90 Euro) verbaut. Beide Cover, für Lichtmaschine und Kupplung, sind auch einzeln erhältlich. Bezug: www.eiweiss-raceparts.de

Farbe ins Spiel
Einfach schöner und wertiger: Die Alu-Cover für den Bremsflüssigkeitsbehälter vorn (44,50 Euro), hinten (39,60 Euro) sowie für den Ölfilter (27,70 Euro) gibt‘s in der KTM-Werksfarbe bei jedem KTM-Händler.

Kurzes Heck
Super passgenau, sehr gut verarbeitet, Spitzenoptik - das kurze Heck von R&G (125,90 Euro) wertet die Duke extrem auf. Bei Regen ist man allerdings nicht so gut geschützt wie mit dem Originalteil.

Wave-Bremsscheibe
Aufgrund starken Bremsruckelns wurde die Bremsscheibe bei Kilometer 13561 getauscht. Als Alternative wurde eine Scheibe im Wave-Design (197,35 Euro) aus dem KTM-Zubehör verbaut.

Federbein-Schutz
Nicht unbedingt erforderlich, aber schön: Die R&G-Shocktube (35,90 Euro) für den Stoßdämpfer ist schlagfest, wasserdicht und gut belüftet. Bezug über www.eiweiss-raceparts.de