Ducati SuperSport im Fahrbericht
Einstiegs-Supersportler

Der Einstieg in die sportliche Ducati-Welt übernimmt ab sofort wieder die Ducati SuperSport. Zur ersten Testfahrt reichte Petrus Regen und Donnergrollen. Doch am Ende überwog der Sonnenschein.

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Foto: Ducati

Ducati SuperSport. Welch ein Name! Da beginnt das Kopfkino sofort zu arbeiten. Bringt flüchtige Bilder von glorreichen Königswellen-Rennern hervor. Dazu von den wunderschönen Zweiventil-Ducs mit weißem Rahmen, die zu Beginn der Neunziger für wirtschaftlichen Erfolg sorgten. Ehe die optisch umstrittene SS i.e. im Terblanche-Design folgte, die letztmals 2007 im Modellprogramm stand. Nun, zehn Jahre später, schließt Ducati diese Lücke wieder. Bevor jetzt Leistungsfetischisten die Nase rümpfen angesichts der Eckdaten von 110 PS und 937 cm³ und fragen „Kann das was sein?“, empfiehlt sich ein Blick zurück. Ins Jahr 1994. Damals trat die epochale 916 auf den Plan mit eben jenem Hubraum und 108 PS. Als lupenreines Superbike.

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Regen? Kein Grund für Trübsal

Die Ducati SuperSport dagegen tritt als gemäßigter Landstraßensportler an. Und dafür sollte ihr Potenzial mehr als ausreichen. Vor allem unter widrigen Bedingungen wie jetzt. Pünktlich zum Start der ersten Testrunde ins Hinterland von Sevilla öffnet der Himmel nämlich seine Schleusen. Kein Grund für Trübsal, denn auch unter solchen Bedingungen lässt sich einiges über ein Motorrad herausfinden. In diesem Fall zunächst, dass die SuperSport ihrem Fahrer ein angenehm entspanntes Plätzchen bietet. Die Knie noch moderat gefaltet, der Oberkörper lässig aufrecht. Die Lenkerhälften sind weit über die Gabelstandrohre hoch- und zum Fahrer hingezogen. Das ergibt unterm Strich eine relaxte Sitzhaltung. Der aus Multistrada 950 und Hypermotard bekannte, 937 cm3 große Twin bollert tatendurstig vor sich hin, nix wie los.

Video: Erster Eindruck der neuen Ducati SuperSport

Lockeres Handling und unverkrampfte Sitzposition

Für seinen Einsatz in der Ducati SuperSport bekam der V2 ein stabileres Motorgehäuse und ebensolche Köpfe. Denn hier fungiert er als tragendes Element. Das Rahmen-Rudiment ist von der Monster 1200 abgeleitet. Mit 66 Grad Lenkkopfwinkel und nur 91 Millimetern Nachlauf liegen seine Eckdaten klar auf der sportlichen Seite. Eine nervöse Rennfeile ist sie deshalb aber nicht geworden. Und das ist gut so. Der Regentanz über die spanischen Landsträßchen artet nicht in einen Eiertanz aus. Das ist zum einen ein Verdienst der Pirelli Diablo Rosso 3, die mit frappierendem Nassgrip die Situation entschärfen. Zum anderen lässt sich die SuperSport völlig stressfrei pilotieren. Berechenbares, lockeres Handling, unverkrampfte, aber nicht passive Sitzposition. Wenngleich die hohen, zum Fahrer hin gereckten Lenker nicht ganz die intime Nähe zum Vorderrad aufkommen lassen wie auf reinen Heizeisen. Auf denen ist man aber auch nicht so entspannt untergebracht.

Vollgetankt nur 210 Kilogramm?

Auf der Ducati SuperSport, die vollgetankt nur 210 Kilogramm wiegen soll, geht das Kurvenschwingen auch dank dieses Sitzplatz-Arrangements richtig locker von der Hand. So verlieren auch nasse Kurvenstrecken ihren Schrecken. Bereits nach wenigen Kilometern sind wir richtig flott unterwegs, ziehen am Kurvenausgang immer frecher am Kabel. Die achtstufige Traktionskontrolle muss trotzdem nur selten eingreifen. Ein Hoch auf den Grip der Pirellis. Weil Airbox und Auspuffanlage neu sind, bekam der Motor ein angepasstes Motormanagement. Bereits ab 2.500/min lässt er sich ruckfrei ans Gas nehmen. In den oberen beiden Gängen sollten es wenigstens 3.000/min sein. Die Gasannahme geht weich vonstatten. Gestützt auf eine kräftige Mitte zieht der Twin ab 4.000/min kräftig aus den Ecken und schiebt dann mit breitem Drehmoment-Plateau gleichmäßig voran. Hektisches Ausdrehen des lang übersetzten Vauzwo ist für flottes Vorankommen nicht nötig. Die Gänge rasten über lange Schaltwege sauber, wenngleich nicht übertrieben leicht ein. Einen Schaltautomat mit Blipper-Funktion gibt es optional (214 Euro).

Lebenslustig tönt der Twin aus Airbox

Für entspannt-flotte Fortbewegung auf der Landstraße passt die Motorcharakteristik gut. Lebenslustig tönt der Twin aus Airbox und doppelläufigem Auspuff. Mischt dem Concerto im Schiebebetrieb ein freches Bratzeln bei. Die mit Radialbremspumpe und –zangen von Brembo hochwertig bestückte Bremse packt kräftig und gut dosierbar zu, das Sitzpolster ist schön griffig und die ohne Werkzeug um 50 mm höher justierbare Scheibe bietet in der höheren Position sogar nennenswerten Windschutz. Je eine höhere und niedrigere Sitzbank sowie eine Touring-Scheibe hält zudem das Zubehörprogramm parat. Die Federelemente – eine voll einstellbare Showa-Gabel und ein in Vorspannung und Zugstufe einstellbares Sachs-Federbein – filtern lange Wellen prima aus der Fahrbahn und über kurze Stöße ausreichend sensibel hinweg. Lediglich ein zernarbtes kleines Waldsträßchen zeigt die Grenzen des Ansprechverhaltens des Federbeins. So stillt die Ducati SuperSport landstraßensportliche Ansprüche und zeigt sich fast schon als Sporttourer im besten Sinne.

Kann die Ducati SuperSport auch Rennstrecke?

Nachmittag, Circuito Monteblanco. Rund zehn SuperSport S stehen mit Regenreifen besohlt in der Boxengasse, denn: Es regnet wieder in Strömen. So bleibt die Abstimmung der voll einstellbaren Öhlins-Federelemente auf der soften Seite. Dennoch wird der Ausflug auf die Rennstrecke ein vergnüglicher. Denn die Pirelli-Regenreifen verbeißen sich unglaublich hartnäckig in den rauen Asphalt. Die Bremspunkte werden immer später, der Gaseinsatz immer früher gelegt. Nun bekommt die Traktionskontrolle schon mehr zu tun, absolviert ihre Eingriffe aber durchaus sanft und stets auf der sicheren Seite. Immer unbefangener lässt man die Ducati SuperSport um den Kurs fliegen. Weil man sie dank der unverkrampften Sitzposition locker im Griff hat, der Sitz genug Platz zum Gewichtstransfer bietet, die Leistung nicht überfordert und problemlos auf den Boden gebracht werden kann, selbst bei nasser Strecke.

V2 eher Zieher als Dreher

Im Ansprechverhalten ohne Härte, schiebt der V2 kräftig aus den Ecken. Dank des geradlinigen Drehmomentverlaufs können Kurven durchaus einen Gang höher genommen werden, um dann aus mittleren Drehzahlen schwungvoll durchs Drehzahlband zu marschieren. Unter diesen Bedingungen sicher nicht die langsamste Methode. Auch auf dem Rundkurs zeigt sich, dass der V2 eher ein Zieher als ein Dreher ist. Er lässt sich zwar problemlos bis zum Begrenzer bei 10.000/min treiben, erledigt diese Aufgabe ab 9.000/min aber eher leidenschaftslos. Dennoch stehen am Ende der 960 Meter langen Zielgeraden über 230 km/h auf der Uhr. Die Brembos zeigen sich davon ziemlich unbeeindruckt. Das Runterschalten geht dank serienmäßigem Quickshifter wie das Hochschalten ohne Kupplung, wenngleich ohne die letzte Geschmeidigkeit. Einen einstellbaren Kupplungshebel bietet die Ducati SuperSport übrigens nicht. Ein ruhiges Heck beim Anbremsen dank Anti-Hopping-Kupplung dafür schon.

Willkommen zurück, SuperSport

Auf der Rundstrecke würden sich Sportfans vielleicht etwas niedrigere Stummel und dadurch mehr Nähe zum Vorderrad und Schärfe beim Einlenken wünschen. Doch auch so zeigt die SuperSport, dass sie den Spagat zwischen Landstraßensport und flottem Abstecher auf die Rundstrecke prima beherrscht. Auch ganz ohne Extreme. Und kommt vielleicht gerade deshalb so sympathisch rüber. Wer seine Ducati SuperSport eher im urbanen Umfeld oder auf Tour genießen möchte, für den hält Ducati ein Urban-Paket (349 Euro, Tankrucksack, Alarmanlage, gummierte Rasten) und ein Touring-Paket (22-Liter-Softbags, Touring-Scheibe, Heizgriffe, Preis n.n.) bereit. Zum sportlichen Aufpeppen gibt es ein Sport-Paket (599 Euro, Karbon-Tankabdeckung und -Kotflügel vorne, gefräste Deckel der Bremsflüssigkeitsbehälter und klappbare Handhebel). Neben so viel Erfreulichem gibt es auch einen Wermutstropfen: 12.990 Euro (SuperSport) respektive 14.590 (Rot) und 14.790 (Weiß/Rot) für SuperSport S sind kein Pappenstiel. Doch davon abgesehen macht sie als Alltagssportler beim genüsslichen Landstraßenritt eine ebenso gute Figur wie beim Abstecher auf die Rennstrecke. Willkommen zurück, SuperSport.

Die Erben der Ducati SuperSport

Sie waren in den Siebzigern Ducatis sportliche Aushängeschilder: Die SuperSport-Modelle mit 750 und 900 Kubik. Damals noch mit Königswelle. 1981 ging ihre Ära zu Ende. Ende der Achtziger lebte der klangvolle Name aber wieder auf.

Ende der Achtziger nahm das wassergekühlte Superbike 851 bei Ducati das Rennsport-Zepter in die Hand. Die Ducati SuperSport trat in der Rolle des Helden fürs Volk ins zweite Glied zurück. Auf die 750 Sport von 1988 folgte 1989 die 900 SuperSport. Mit Marzocchi-Gabel, empfindlichem Weber-Doppelvergaser und noch empfindlicherer Marelli-Zündung hatte sie rasch den Ruf einer Diva weg. Bereits 1991 folgte dank japanischer Zulieferteile Besserung. Showa-Federelemente, Kokusan-Zündung und Mikuni-Vergaser brachten die gewünschte Zuverlässigkeit. Auch optisch gab die SuperSport, die es als Nuda mit Halb- oder als Carenata mit Vollverkleidung gab, eine hinreißende Figur ab. Sie entwickelte sich zum Verkaufsschlager. Auch wenn Handling, Abstimmung der Federelemente und Motor noch Raum für Verbesserungen boten. Diese sollten mit der Ablösung 1998 in Form der 900 SS i.e. folgen. Neu war neben der Einspritzung auch die Optik aus der Feder von Pierre Terblanche. Ein wenig Supermono, etwas 916 und der Gummiknubbel am Tank ergaben eine eigenwillige Mischung, die heute langsam wieder vermehrt Freunde findet.

Technische Daten Ducati SuperSport

Ducati SuperSport

Motor

Wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-90-Grad-V-Motor, je zwei obenliegende, zahnriemengetriebene Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, desmodromisch betätigt, Nasssumpfschmierung, Einspritzung, 2 x Ø 53 mm, geregelter Katalysator, Lichtmaschine 490 W, Batterie 12 V/10 Ah, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung (Anti-Hopping), Sechsganggetriebe, O-Ring-Kette, Sekundärübersetzung 43:15.
Bohrung x Hub: 94,0 x 67,5 mm
Hubraum: 937 cm³
Verdichtungsverhältnis: 12,6:1
Nennleistung: 81,0 kW (110 PS) bei 9.000/min
Max. Drehmoment: 97 Nm bei 6.500/min

Fahrwerk

Gitterrohrrahmen aus Stahl, Motor mittragend, Upside-down-Gabel, Ø 43 mm, verstellbare Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Einarmschwinge aus Aluminium, Federbein, direkt angelenkt, verstellbare Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Doppelscheibenbremse vorn, Ø 320 mm, Vierkolben-Festsättel, Scheibenbremse hinten, Ø 245 mm, Zweikolben-Festsattel, Traktionskontrolle, ABS.
Alu-Gussräder: 3.50 x 17; 5.50 x 17
Reifen: 120/70 ZR 17; 180/55 ZR 17

Maße + Gewichte

Radstand 1478 mm, Lenkkopfwinkel 66,0 Grad, Nachlauf 91 mm, Federweg v/h 130/144 mm, Sitzhöhe 810 mm, Trockengewicht 183 kg, zul. Gesamtgewicht 410 kg, Tankinhalt/Reserve 16,0/4,0 Liter.
Garantie: zwei Jahre
Farben: Rot [Rot, Weiß/Rot]
Preis: 12.990 [Rot: 14.590; Weiß/Rot: 14.790] Euro
Nebenkosten: 305 Euro

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MOTORRAD 12 / 2023

Erscheinungsdatum 26.05.2023