Fahrbericht Cup Suzuki SV 650 S
Donner und Gloria

Für die Saison 2000 lockt Suzuki den Nachwuchs und offeriert für 14990 Mark die 71 PS starke SV 650 S im Renntrimm. MOTORRAD probierte den donnernden Mittelklasse-Feger schon mal aus.

Irgendwie passt das alles nicht zusammen. Wie Donnerhall dröhnt es durch die leergefegten Tribünen im badischen Motodrom, die Luft vibriert, und die wenigen Akteure drehen verwundert den Kopf. Was nach brachialem Ducati-Superbike klingt, ist nichts anderes als eine der ersten Cup-Suzuki SV 650 S, die MOTORRAD zur Premiere um den kleinen Kurs in Hockenheim treibt. Gerade mal 71 PS stark, aber ein Sound wie bei König Carl persönlich. Der leichte Devil-Auspufftopf mit reglementgerechter Lautstärke macht’s möglich.
Und damit die Heißsporne auch ordentlich um die Ecken krachen können, gestattet Suzuki die Verwendung härterer Federn an Gabel und Federbein. Das ist gut so, denn die von Haus aus zu weiche Gabel geht bei derben Bremsmanövern permanent auf Anschlag. Noch ein Vorteil: Die Bodenfreiheit nimmt mit härteren Federn zu, das lästige Schleifgeräusch der Rasten somit ab.
Die straßenzugelassenen Pneus sind für alle gleich, griffige Racing-Gummis von Metzeler. Eine gute Idee: Wenn´s regnet, dürfen im gegensatz zu anderen Cups waschechte Regenreifen auf die Felgen gestülpt werden, was jedoch einen kompletten zweiten Satz Räder und damit eine zusätzliche Investition erfordert. Dafür spart sich der SV-Reiter teures Tuning, denn Vergaser und die Innereien des wassergekühlten Twins dürfen nicht im geringsten verändert oder optimiert werden. Nur die Endübersetzung kann sich jeder Fahrer je nach Streckenverlauf selbst zurechttüfteln.
Das restliche »Tuning« beschränkt sich auf optische Retuschen und die fachgerechte Entsorgung des kompletten TÜV-Gerümpels. Alles weg, was stört, dafür trägt die Suzuki eine GFK-Halbschale, eine schicke Bugverkleidung, einen Hinterrad-Spritzschutz sowie links und rechts mächtige Kunststoff-Protektoren, die ein wenig an die Wagen des Ben Hur erinnern. Für den Fall der Fälle eben.
Und der wird kommen. Denn so unverschämt, wie die SV 650 durchs Motodrom donnert, ist der Bogen schnell mal überspannt. Die 71 PS schieben den blaue Renner ziemlich zügig über die kurzen Geraden, und weil der Schwung die halbe Miete ist, wird schlingernd eingebogen und noch vor dem Scheitelpunkt der Gashahn gespannt. Und zwar voll. Leicht tänzelnd rattert die SV über die rotweißen Kurbs, schüttelt sich, bleibt aber im Großen und Ganzen auf der Spur und taucht im Sturzflug durch die Senke der Opelkurve. Immer weite, schnelle Bögen fahren, stehen lassen, wo´s bloß geht und – auf keinen Fall – den Schwung verlieren.
Man staunt nicht schlecht, wie sich der für den Straßeneinsatz konzipierte V2-Twin ins Zeug legt. Klar fehlt dem Fahrwerk mit der 39er-Telegabel und der vergleichsweise filigranen Schwinge die Präzision einer echten Supersport-Feile, aber so richtig krumm nimmt man der Suzuki das leichte Pendeln nicht. Weil’s eigentlich ganz lustig ist. Und für nicht ganz so erfahrene Draufgänger vielleicht die rechtzeitige Warnung, dass der Grenzbereich auch mal eine Ende hat.
Eines ist sicher, der Suzuki-Cup wird für Akteure und Publikum eine echte Attraktion, schon allein der donnernde Sound aus 50 Töpfen ist ein Genuss. So viel Plätze sind im Suzuki Cup 2000 ausgeschrieben. Für 14990 Mark plus 2000 Mark Nenngeld und Trainingsgebühr liefern die deutschen Suzuki-Händler das fertige Cup-Motorrad aus. Zudem darf sich der Renneinsteiger eine nagelneue Kushitani-Kombi mitsamt Rückenschutz, Marushin-Helm und Handschuhen überstreifen. Alles inklusive. Wer nach dem Match auf dem Treppchen steht oder in die Punkteränge bis Platz 15 kommt, hat noch einen Griff in den Preisgeldtopf offen.
Lust? Dann aber fix. Acht Veranstaltungen stehen in der Saison 2000 auf dem Plan, die erste läuft bereits am 29/30. April auf dem Nürburgring. Wem´s bis dahin nicht reicht, darf eine Woche später sein Glück versuchen (Infos: Telefon xxxx/xxxxxx). Und wem die ganze Sache eine Spur zu wild ist, sollte zumindest mal reinhören. Es lohnt sich.

Unsere Highlights

Die Markencups

Gut 20 Jahre ist es her, als Yamaha den ersten Markencup in der deutschen Rennssportszene ins Leben rief. Auch dort rüstet man die eher biedere Mittelklasse-XS 400 für die Rennstrecke auf. Mit großem Erfolg. Martin Wimmer, GP-Sieger in der 250er-WM, entstammte ebenso dem Yamaha-Cup wie Superbike-Crack Udo Mark oder der zweifache 125er-Weltmeister Dirk Raudies, der seine Sporen jedoch auf der Cup-Yamaha TZR 250 verdiente. Doch mit dem Cup ist die Nachwuchsarbeit für Yamaha nicht beendet, sondern der Motorradhersteller ermöglicht den echten Talenten danach auch den Sprung in die Weltklasse. Bestes Beispiel: Jörg Teuchert, früher im Cup unterwegs, heute als einer der Favoriten in der 600er-Supersport-WM gehandelt.Die Liste der deutschen WM-Spitzenfahrer, die den kostengünstigen Markencups entstammen, ist lang. Aktuell sind es Steve Jenkner, Reinhard Stolz und Klaus Nöhles, die im ADAC-Junior-Cup glänzten und einen nahtlosen Übergang in die DM- und WM-Klassen schafften. Auch Deutschlands derzeit schnellste Rennfahrerin, Katja Poensgen, erschreckte einst im 125er-ADAC-Cup die Buben mächtig und gewann diese Nachwuchsserie (damals noch ohne Markenbindung ausgeschrieben) auf Suzuki RG 125. Das einzige Problem dieser Art der Nachwuchsförderung: Die Piloten kommen durch das strenge Reglement nur wenig mit der komplizierten Technik reinrassiger Rennmaschinen in Berührung. Oft fehlen deshalb die grundlegenden technischen Kenntnisse, die es erst ermöglichen, ein hochkarätiges Racingbike optimal vorzubereiten. Deshalb sei allen ehrgeizigen Cup-Piloten angeraten, nach der fahrerisch harten Schule im Cup in eine offene Rennklasse zu wechseln, um sich dort mit den mannigfaltigen Abstimmungsmöglichkeiten der komplizierten Technik vertraut zu machen. Eine informative Übersicht mit Terminen und Kosten über die aktuellen Marken-Cups und Amateur-Rennserien ist in der MOTORRAD-Beilage Sporttermine 2000 in Heft 5 aufgeführt.

Die aktuelle Ausgabe
MOTORRAD 20 / 2023

Erscheinungsdatum 15.09.2023