Kawasaki macht die ZZR 1400 fit für die Zukunft. Das pfeilschnelle Speedbike erhält ein Update und schafft nun die Euro 4-Norm. Hat sie deshalb weniger Dampf, oder walzt sie weiterhin alles nieder?
Kawasaki macht die ZZR 1400 fit für die Zukunft. Das pfeilschnelle Speedbike erhält ein Update und schafft nun die Euro 4-Norm. Hat sie deshalb weniger Dampf, oder walzt sie weiterhin alles nieder?
Er blinkt links. Seitdem der Audi im Rückspiegel der Kawasaki ZZR 1400 Performance Sport aufgetaucht ist, blinkt er links. Typischer Autobahn-Nörgler. Aber hier ist nun mal 100 und die rechte Spur voll. Da ändert auch die Lichthupe nichts dran. Muss der Pipi? Oder dringend zum großen Geschäftstermin? Egal. Baustellenende bereits in Sicht, jetzt mal sehen, wie eilig er es wirklich hat. Drei Gänge runtergesteppt, Lippen angefeuchtet, Hintern nach hinten geschoben, Kopf hinter den Windschild geklemmt, die rechte Hand zum Spannen bereit: Vollgas. Die Kawasaki ZZR 1400 saugt kubikmeterweise Luft in ihre Airbox, schießt einen mit mächtigem Turbinendruck aus dem 1,4-Liter-Triebwerk wie eine Rakete in den Orbit. Die Nadel schnellt auf 10.000 Touren, hier katapultiert der Vierzylinder Mensch und Maschine in eine neue Galaxie.
Auf den Sturm folgt ein Orkan, auf den Orkan ein Tornado. Alter Schwede, der Schub ebbt einfach nicht ab. Jetzt der vierte Gang! So muss sich eine Pistolenkugel auf dem Weg zum Ziel fühlen. Schnurstracks wird Meter um Meter Asphalt aufgeschnupft. Der fünfte Gang rastet ein, die Kawa marschiert weiter, völlig unbeeindruckt von Bodenwellen und Querfugen. Brutal. Wie eine Dampfwalze auf Speed. Bei Tacho 299. Und der Audi? Nicht mal mehr ein kleines Lämpchen im Spiegel.
Das Spektakulärste an der Sache: wie unspektakulär sich auf diesem Gerät Highspeed anfühlt. Das Bike liegt wie ein Brett. Bereits seit 2012 steht die Kawasaki ZZR 1400 in diesem Gewand im Programm. Der besser ausgestatteten Performance Sport-Edition (ab Modelljahr 2014) verpassen die Japaner nun ein Update. Noch edler und besser soll sie sein – und zudem sauberer. Denn so gering die Modifikationen erscheinen mögen: Die ZZR 1400 ist nun fit für die Zukunft. Sie erfüllt dank vergrößertem Katalysatorvolumen, Kraftstoffdampf-Rückhaltesystem und überarbeitetem Steuergerät die Euro 4-Norm. Ob sich dadurch die Performance verschlechtert hat? Mal sehen.
Was man merkt, sind die Veränderungen an der Sitzposition auf der Kawasaki ZZR 1400 Performance Sport. Man weiß nicht genau, für welche Statur dieses Körperteil-Arrangement ausgelegt wurde, aber für Mitteleuropäer sicher nicht. Ob mit 178 oder 185 Zentimeter Fahrergröße: Die Beine winkeln unnatürlich. Die Rasten befinden sich zwar sportlerüblich etwas höher, aber eben nicht weiter hinten. Das mag den Kniewinkel entspannen, führt aber zu einer eigentümlichen Sitzhaltung, die man sonst nur vom Toilettengang kennt. Der Oberkörper hingegen neigt sich angenehm sportlich nach vorn, die Hände greifen zum nicht allzu tief positionierten Stummellenker. Das Gewicht, das auf den Handgelenken lastet, fällt gering aus. Gut so.
Weitere Freude bereitet das tolle Fahrwerk, das Straßen besser glatt bügelt als Oma die Feinripp-Unterhemden. Das in der Performance Sport-Edition der Kawasaki ZZR 1400 verbaute Öhlins TTX39-Federbein schluckt alles, was man ihm auftischt. Sehr kontrolliert, satt gedämpft und mit feinem Ansprechverhalten. Eine vorzügliche Wahl, die dem Bike noch mehr Stabilität verleiht, ohne dabei an Alltagstauglichkeit einzubüßen. Ganz im Gegenteil: Endlich kann die Federvorspannung bequem per Handrad hydraulisch verstellt werden.
Wie schon die Supersport-Schwester ZX-10 und das Kompressor-Bike H2R erhält die Kawasaki ZZR 1400 Performance Sport zwei radial montierte M50-Monoblock-Bremssättel vorn, die per Stahlflexbremsleitung mit der Bremspumpe verbunden sind. War die Verzögerungsleistung schon bisher auf hohem Niveau, bremst die Neue nun wie die Sau. Das Gute: Die Dosierbarkeit hat darunter nicht gelitten. Gleichmäßig zur Hebelbetätigung steigt auch die Bremswirkung an, ohne viel Kraft zu benötigen. Zwei Finger reichen aus, um die 269 Kilogramm einzufangen. Allerdings sollte man seinen Bremspunkt trotz der Brembo-Anlage nicht zu spät wählen. Im Zweifel schiebt die schiere Masse einen unbarmherzig zum äußeren Kurvenrand. Davon abgesehen kann man natürlich trotzdem frech in die Kurve hineinbremsen. Das macht sogar richtig Laune. Denn die Bridgestone S20-Pneus liefern nicht nur hervorragenden Grip und klare Rückmeldung, sondern auch wenig Aufstellmoment. Sehr harmonisch das Ganze.
Wie auch der sahnige und kaum vibrierende Motor, der nur im Rahmen der Messtoleranz an Spitzenleistung eingebüßt hat. Anders als das Leistungsdiagramm suggeriert, schreitet der Vierzylinder wie bisher bis etwa 3800 Umdrehungen zurückhaltend zur Tat, um von da an mit umso mehr Power und unter Mithilfe der dreistufigen Traktionskontrolle aus dem Eck zu pfeffern. Dabei überrascht das Handling und Einlenkverhalten des fetten Brummers. Hat man die Geschwindigkeit des verkehrsberuhigten Bereichs einmal verlassen, horcht die 1400er treu auf jede Anweisung. Über den gesamten Schräglagenbereich fällt sie neutral und präzise in Schräglage, lässt sich in Wechselkurven mit engagiertem Druck am Lenker flott umlegen. Klar, mit einem schmaleren Hinterreifen als dem montierten 190er wäre da noch mehr möglich. Doch auch so überzeugt die Kawasaki ZZR 1400 Performance Sport im Alltag mit guten Manieren.
Das trifft auch auf das Sechsgang-Getriebe zu, dessen Gangpositionssensor nun kontaktlos schaltet. Alle Gänge rasten sauber und präzise ein. Die Akrapovic-Titan-Endschalldämpfer machen derweil beim Fahren auf dicke Hose und kreischen schon bei niedrigen Drehzahlen lautstark die Potenz des Motors in die weite Welt. Klingt zwar cool, findet der Nachbar aber eher doof. Das muss man wollen. Bleibt am Ende noch der Preis: Die Kawasaki ZZR 1400 ist ab diesem Jahr nur noch in der Performance Sport-Edition erhältlich. Sie kostet stolze 19.145 Euro. Eine Dampfwalze auf Speed hat eben ihren Preis. Doch macht das Update seinem Namen alle Ehre und die Kawa hat trotz Einhaltung der Euro 4-Norm ihre Performance behalten. Das hat Klasse.