Die Antwort kommt zäh wie Kaugummi. „Wir haben an diesem Motorrad sehr viel geändert, das kostet natürlich“, weicht Denis Hertrampf auf die Frage nach dem Preis des Racing-Bikes auf Basis einer Ducati Panigale S aus. Schließlich lässt er die Katze doch aus dem Sack: „Reine Umbaukosten achtundsiebzig, zuzüglich Maschine.“ Uff, das sitzt! Rund 100.000 Euro für ein Motorrad? Bestehen die Zylinderlaufbuchsen etwa aus Gold?
Logischerweise tun sie das nicht. Doch auch ohne das Edelmetall summieren sich die Kosten, wie allein die komplizierte Elektronik zeigt. Die serienmäßige Motorsteuerung wich einer Blackbox von Magneti Marelli. Diese bietet noch viel mehr Eingriffsmöglichkeiten und gestattet mit “Blipper“ ein weiteres Fahrassistenz-System.
Geringes Motorbremsmoment erinnert an Zweitakter
Dieses Feature erlaubt das Runterschalten ohne Kupplung. Das funktioniert großartig, denn Blipper gibt automatisch Zwischengas. Dadurch kann sich der Doppel-R-Treiber voll aufs späte Bremsen und die perfekte Linie beim Einlenken konzentrieren. Etwas weniger überzeugt uns dagegen das extrem geringe Motorbremsmoment, das an einen Zweitakter erinnert. „Das ist Absicht“, erklärt der Superbike*IDM-erfahrene Teamchef, „dadurch zieht es das Bike beim Anbremsen in die Kurven.“ Beim Tester tut es das leider nicht, eher im Gegenteil. Die Duc läuft wegen der zwangsgeöffneten Drosselklappen am Kurveneingang etwas weit. Vielleicht bleibt das In-die-Kurve-reinziehen Racing-Profis vorbehalten, ist Gewohnheitssache oder hängt schlicht vom Fahrstil ab.
Mit sattem Schmalz in der Drehzahlmitte
Dem Motor ist der Fahrstil egal – Vollgas heißt Vollgas! In dieser Stellung packt die 1199er den Hammer aus und marschiert wie Hölle. Zwar läuft sie erst ab 6000/min richtig sauber – auch hier lässt der Rennsport grüßen –, doch dann gibt’s kein Halten mehr. Dazu hängt sie astrein am Gas, und die Power lässt sich hervorragend abrufen. „Bis auf die Steuerzeiten und das Mapping haben wir am Motor nichts geändert“, erläutert Hertrampf. Für den Auspuff gilt das freilich nicht. Armdicke Krümmer transportieren das verbrannte Gemisch zum offenen Endtopf, der es ausdrucksstark ins Freie bläst. „Teile der Krümmeranlage haben wir selbst entwickelt, sogar das Werk interessiert sich dafür.“ 204 PS Topend-Power bescheinigt der Prüfstand dem Aggregat. Doch viel imposanter als der Spitzenwert ist die Art, wie der V2 seinen Punch freisetzt: mit sattem Schmalz in der Drehzahlmitte!
Ducati 1199 Panigale RR wiegt nur 170 Kilo
Auch das umfangreich überarbeitete Fahrwerk begeistert. Großes Kino ist vor allem, wie zielgerichtet der Spezialist an Federvorspannung, Dämpfung und Balance hantiert, um das Setup exakt auf die Wünsche des Testers abzustimmen. Nach der Kur brennt das Leichtgewicht – die Duc wiegt mit vollem 23-Liter-Tank nur 170 Kilo – handlich, zielgenau und stabil um die Ecken. Darüber hinaus bleibt sie auch beim Ankern seelenruhig und berichtet deutlich über die Haftgrenze von Vorder- und Hinterrad.
Eine kleine Schwäche offenbart dagegen das Federbein mit selbst entwickeltem Innenleben. Anstatt Shims regelt ein Ventil den kompletten Öldurchfluss der Druckstufendämpfung, was das Ansprechverhalten verbessern soll. Unerwünschter Nebeneffekt: Beim Gasanlegen setzt sich das Heck im ersten Moment abrupt, trotzt dann aber jeder weiteren Power-Attacke des Motors. Um die sonst ausgezeichnete Dämpfungsarbeit zu perfektionieren, sollte Hertrampf hier also nochmal ran. Beim Finish muss er das nicht, denn die Italienerin ist bis ins kleinste Detail tipptopp verarbeitet. Das gilt auch für die zahlreichen weiteren Änderungen, die wir aus Platzgründen leider nicht einzeln aufzählen können. Trägt sie das Kürzel „RR“ also mit Recht? Ja, tut sie. Aber wo soll man für so eine Duc bloß 100 Riesen hernehmen.