Der Multi-Händler und Tuner Hertrampf aus Emsbüren gehört quasi schon zum festen Inventar des PS-TunerGP. Seit über zehn Jahren ist er regelmäßig dabei und kredenzte uns so aufregende Umbauten wie eine Panigale R als radikalen Streetfighter oder messerscharfe Renneisen, für die das Hertrampf Racing Team die ganze Erfahrung aus jahrelangem IDM-Einsatz anzapfte. Prinzipiell gilt das auch für das Projekt-Bike zum diesjährigen TunerGP, doch dem Motor der Ducati 959 Panigale rückte Boss Denis Hertrampf nicht in gewohntem Umfang zu Leibe. „Unser Beitrag ist dieses Mal ein Charity-Motorrad für ein Kinderhilfsprojekt“, erklärt Denis. „Es soll im September für einen guten Zweck versteigert werden und entsprechend Interessierte ansprechen. Deshalb war es mir sehr wichtig, dass die Ducati auch auf der Straße gefahren werden kann.“
Blinker, Spiegel und den Kennzeichenträger haben sie für den TunerGP dann freilich abgenommen. Aber zum Glück beschränkte sich das Tuning doch nicht nur darauf und auf die auffällige, von Kindern der Sünte-Marien-Schule in Wietmarschen gemachte Lackierung. Für diese Aktion wurde das ganze Motorrad foliert, sodass der spätere Besitzer die Ducati 959 Panigale auch ohne Kinderhandabdrücke im klassischen Ducati-Rot genießen könnte.
Schon bei 4000/min satte 20 Nm mehr als Serie
Doch noch mal zurück zum Motor: Für eine schönere Leistungsausbeute und homogene Leistungsabgabe änderte Hertrampf die Steuerzeiten und passte das Mapping der Mitsubishi-Einspritzung an. Den arg diskutierten Serienauspuff löste eine Akrapovic Evo-Anlage ab, die eigentlich an die 1299-Schwester gehört und für die Ducati 959 Panigale entsprechend geändert werden musste. Tatsächlich nimmt das Bike das Gas sehr feinfühlig an und liefert im mittleren Bereich zusätzlichen Schub. Im Vergleich mit der Serie pressen schon bei 4000/min satte 20 Nm mehr daher. Im Landstraßen-relevanten Bereich zwischen 5000 und 6000/min sind es gar 30 Nm plus.
Dennoch bleibt der Twin als Ableger des Superbikes für einen Zweizylinder ein ungewohnt drehzahlorientierter Sportler, der gerade auf der Rennstrecke erst bei Umdrehungen jenseits der 8000 Touren so richtig zur Sache geht und wegen dem schon bald einsetzenden Begrenzer entsprechend genau geschaltet werden muss.
Doch trotz dieser Drehzahlgier bleibt die Hertrampf-Ducati 959 Panigale R verglichen mit dem 1299er-Beast gerade für Hobbypiloten mit gelegentlichen Ausflügen auf die Rennstrecke immer berechen- und beherrschbar. Sauberes Linienfeilen, präzise Brems- und Beschleunigungspunkte finden, sich stetig an bessere Rundenzeiten heranarbeiten – und das mit hohem Spaßfaktor –, ist das Credo dieser 959.
Ein Fahrwerk zum Verlieben
Ihren Big Point bei diesem Anliegen setzt die Hertrampf-Ducati 959 Panigale R beim Fahrwerk. Sie mag noch so sehr mit Alltagsqualitäten glänzen – mehr vielleicht, als einem auf TunerGP gebürsteten Tester lieb sein kann. Aber wie diese 959 abklappt, mit großartig ansprechenden Dämpfern sicher über die welligen Passagen des Lausitzrings hinwegbügelt und zu jeder Zeit vom Haftungswillen der Pirellis berichtet, ist ein Gedicht. Nicht zum ersten Mal zeichnen sich die Hertrampf-Bikes hier besonders aus und unterstreichen die Tuner-Kompetenz, die unter dem Kürzel HPC firmiert.
Vorn bekam die FGRT-Gabel von Öhlins per speziellen Kolben das Überarbeitungsprogramm des Hauses. Dazu wurden unter anderem auch die Shims getauscht und kamen neue Top-out-Federn rein. Beim Federbein sind ebenfalls HPC-Power Kolben drin. Eingestellt wird über Ventile. Die Shims des Original-TTX-Federbeins wurden entfernt. Selbstredend steht die Panigale 959 mit der geänderten Serienumlenkung und dem etwas längeren Federbein etwas mehr auf dem Vorderrad, was das Handling gegenüber der Serie erheblich in Richtung Rennsport verbessert.
Präzision und Stabilität in Schräglagen
Wie gut das funktioniert, konnten wir gleich nach dem ersten Test-Turn feststellen, als die Ducati 959 Panigale für unseren Geschmack etwas überhandlich wirkte und schon beim kleinsten Impuls extrem einbog. Damit landeten wir dann allzu schnell innen an den Curbs. Abhilfe schaffte das gerade einmal um wenige Millimeter abgesenkte Heck. Nun feilte die Hertrampf-„Zwerg-Panigale“ wie ein astreines Rennpferd um die Radien, glänzte mit Präzision und Stabilität in Schräglagen, ohne die nötige Bremsstabilität dafür aufzugeben. Apropos Bremse: Wer auch immer die „Wohltäter-Panigale“ aus Emsbüren am Ende ersteigert, der kann sich an höchst zuverlässigen und feist verzögernden Stoppern erfreuen. Die Brembos hat Denis auch überarbeitet – weil es einfach gut tut, dort anzupacken, „wo es erst Mal Sinn macht“.