Honda CBR 1000 RR Fireblade im Test

Honda CBR 1000 RR Fireblade im Test Serienmodell gegen Wellbrock-Umbau "Power-Edition"

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Die Honda CBR 1000 RR Fireblade ist bereits seit Jahren ein Topseller unter den Superbikes. Vor allem die ab 2008 angebotene SC 59 ist sehr ausgewogen. Gerade deswegen lässt sich diese Feuerklinge noch etwas nachschärfen. Wir vergleichen im Test die Serien-Fireblade mit der Wellbrock-Fireblade.

Serienmodell gegen Wellbrock-Umbau "Power-Edition" jkuenstle.de
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Der letzte Testsieg einer Honda Fireblade, Typ SC 59 ist zwar schon eine Weile her, doch ihr Aufschlag von 2008 hallt noch nach. Damals gewann der gerade eben eingefahrene Vorführer von Honda-Händler Speer aus Reutlingen den großen, international besetzten Masterbike-Test und wurde so der König der Sportler 2008. Aus der Kiste auf die Piste – Sieg! Seither wurde die Blade nur marginal überarbeitet. Sie bekam 2009 ein C-ABS spendiert und wurde für 2012 sehr moderat und hauptsächlich optisch modifiziert.

Auf der Renne fehlt der Honda Fireblade der Schmalz

So dominant das Paket der Feuerklinge 2008 war und so gut es auch heute noch ist, die Konkurrenz hat nicht nur aufgeholt, sondern mittlerweile überholt. Auf der Landstraße kann sie mit ihren Qualitäten noch Kontra geben, auf der Renne dagegen fehlt ihr mittlerweile etwas der Schmalz. Zwar sprang sie letztes Jahr beim großen PS-Superbike-Test noch knapp aufs Podest, doch in den Be­reichen Elektronik und Sicherheitsausstattung hat der ehemalige Vorreiter in Sachen ABS an Supersportlern Federn gelassen. Erst 2012 erhielt sie zum Beispiel den „Luxus“ einer Ganganzeige. Schaltautomat, Traktionskontrolle oder verschiedene, wählbare Mappings sucht man bei der Honda allerdings vergeblich. Grund genug nachzubessern, denn der Zubehörmarkt hat so einiges für die Honda im Portfolio.

Honda Wellbrock & Co. aus Lilienthal bietet derzeit eine CBR 1000 RR „Power-Edition“ an. Das selbst kreierte Sondermodell des engagierten Händlers zielt sowohl preislich wie auch ausstattungstechnisch voll auf den Platzhirsch S 1000 RR von BMW. Die Power-Edition ist mit einem ordentlichen Leistungsplus versehen und wartet mit Traktionskontrolle sowie Schaltautomat auf. Das gesamte Paket inklusive Neufahrzeug geht für 19 490 Euro über den norddeutschen Tresen und kostet damit 1940 Euro mehr als eine vergleichbar ausgestattete BMW. Was mit daran liegt, dass für den Leistungsaufschlag bei der Fireblade bereits 1170 Euro Montagekosten fällig werden, bevor auch nur ein einziges Pferdchen mehr zum Dienst antritt.

Supersportler
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Power-Edition zieht bei über 800 Touren deutlich besser

Und wo holt Wellbrock & Co. die ­Leistung her? Neben einer umfassenden ­Zylinderkopfbearbeitung wandern noch weitere notwendige Teile in der Motorperipherie an die CBR. Luftfilter, Power Commander und eine Akrapovic-Anlage sind penibel aufeinander abgestimmt. Nun reißt die Power-Blade statt mit ­müden 169 Serien-PS mit 182 PS an der Kette. Wer den dB-Eater entfernt und das „ohne dB-Eater“-Mapping aktiviert, bekommt nochmals drei PS extra. Im Alltagsbetrieb bemerkt man die Mehrleistung vor allem im oberen Drehzahlbereich und auf der Autobahn. Geht es über 8000 Touren, zieht die Power-Edition deutlich besser an als das Serien-Motorrad. Der Preis der Mehrleistung und der damit ­verbundenen gesteigerten Schlagkraft auf der Renne kostet allerdings die ABE – man ist mit der Blade also illegal unterwegs. Wer sich darüber hinwegsetzen will, der muss den Power-Zuschlag ­allerdings mit Super Plus begießen.

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Die „Power-Edition“ der Honda Fireblade (rechts) soll es dank Motor-Tuning, Traktionskontrolle und Schaltautomat mit dem Klassenprimus, der BMW S 1000 RR, aufnehmen können.

Bei der Traktionskontrolle vertrauen die Nordmänner auf das modernste System des Hauses GripOne, die GripOne Pro 2. Diese Nachrüst-TC agiert mit zwei nachträglich angebauten Radsensoren, greift auf die Bordelektronik zu (z.B. Drosselklappenstellung) und lässt sich via USB-Schnittstelle sowie einer Setup-Software auf den individuellen Einsatzzweck und Fahrstil einstellen. Was einfach und überzeugend klingt, ist allerdings harte Arbeit. Und zwar Arbeit mit dem fahrenden Bike, die am besten auf einer Rennstrecke erledigt wird. Denn mit dem Anbau der Hardware ans Motorrad ist die Installation der TC noch lange nicht abgeschlossen. Schließlich lässt sich das Regelsystem nicht nur in seiner Regelempfindlichkeit und Regelintensität einstellen, sondern auch noch die Wheelie-Kontrolle justieren. Und zwar abhängig vom Drosselklappenöffnungswinkel. So kann zum Beispiel bei kleinem Öffnungswinkel die Kontrolle stark eingreifen und bei großem Öffnungswinkel gar nicht.

Einstellen der Wheelie-Kontrolle ist ein Akt

Was das bringt? Stellen Sie sich vor, sie kommen aus einer mittelschnellen Kurve. Sie öffnen langsam das Gas und das Bike beginnt vorne zu steigen. Jetzt, also bei kleinem Öffnungswinkel der Drosselklappe, sollte die TC das Wheelie verhindern, damit sie gut beschleunigen können. Anderes Beispiel: Sie brennen mit Vollgas im vierten Gang eine Start-Ziel-Gerade hinunter. Unter voller Beschleunigung lupft es Ihnen auf einer Bodenwelle kurz das Vorderrad. Jetzt sollte die TC nicht regeln, weil sich dieses Mini-Wheelie von alleine erledigt. Ergo muss der TC „beigebracht“ werden, bei welchem Öffnungswinkel sie eingreifen soll und bei welchem nicht. Alleine das Einstellen der Wheelie-Kontrolle ist also ein Akt, der mehrere Turns bei einem Renntraining in Anspruch nimmt.

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Am Vorderrad wird für die Traktionskontrolle ein Drehzahlsensor montiert. Dieser nimmt die nötigen Impulse an den Bremsscheibenschrauben ab.

Grundsätzlich ist die Arbeitsweise der GripOne-TC mit den Systemen von Kawasaki (ZX-10R) und Yamaha (YZF-R1) vergleichbar. In der Software der Systeme ist ein Regelkorridor festgelegt, dessen Regelschwellen über Eingriff oder Nicht-Eingriff entscheiden. Und wie funktioniert die GripOne-TC an der Power-­Edition? Das konnten wir leider nicht feststellen, da die Traktionskontrolle an der Fireblade zu früh und vor allem nicht immer nachvollziehbar regelte. Der Verdacht eines Montagefehlers liegt nahe, eine Überprüfung des Systems bei Wellbrock & Co. sowie ein Nachtest in einer kommenden PS-Ausgabe ist Pflicht.

Über 6000/min flutscht der Gangwechsel nur so

Gute Nachrichten dafür vom Schaltautomat. Zwar laufen die Gangwechsel unter 6000/min etwas harzig, darüber flutschen sie aber nachhaltig und zuverlässig. Ebenso unauffällig artikuliert sich die Akrapovic-Auspuffanlage, die mit dB-Eater einen frecheren Klang, aber keinen illegalen Lärm produziert. Ein weiteres Plus der Power-Edition ist die Abstimmung der Einspritzanlage, die die Gasannahme nochmals sanfter macht.

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Kontrollleuchte und Fernbedienung der TC. Am Drehschalter lässt sich die Regelschwelle der TC während der Fahrt justieren.

Wie kann man eine Fireblade noch weiter verbessern? Eine Bubble-Scheibe erhöht den Windschutz spürbar und kostet wenig, eine Überarbeitung (oder Austausch) des Federbeins erhöht die Schlagkraft auf der Rennstrecke nachhaltig. Wer Handling und Grip verbessern will, sollte hinten Reifen des Formats 190/55 ZR 17 montieren lassen. Die Pellen lassen sich bei den meisten TÜV-Gutachtern sogar eintragen. Kurze Hecks und Kennzeichenträger bietet der Markt im Überfluss, genauso wie Auspuffanlagen in Slip-On- oder Komplett-Ausführung.

Wer seiner CBR ohne Motor-Tuning etwas auf die Sprünge helfen will, dem sei ein kleineres Ritzel (15 statt 16 Zähne) empfohlen. Doch Obacht, mit der Montage erlischt die Betriebserlaubnis.

Für den reinen Rennstreckenbetrieb empfiehlt sich zudem eine Umrüstung der Bremsanlage. Da die Originalscheiben etwas dünn ausfallen, sollten Spätbremser auf dickere Scheiben umsteigen. Empfehlenswert sind unter anderem die T-Drive-Scheiben von Brembo mit den passenden Z04-Belägen.

Egal, wann und wo Sie Ihre Honda Fireblade, Typ SC 59 bewegen: Die Dame ist zwar in Ehren ergraut, aber noch lange kein Alteisen.

Daten und Messwerte

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Setup
Das Fireblade-Setup taugt hervorragend für die Straße, auf der Renne fehlen dem Federbein aber Dämpfungsreserven.

         Rennstrecke Landstraße
Gabel   
stat.neg. Federweg 27 mm 27 mm
Druckstufe 5,5 U offen 6,75 U offen
Zugstufe 4,5 U offen 5,75 U offen
Niveau Standard Standard
Federbein
stat.neg. Federweg 10 mm
10 mm
Druckstufe High - -
Druckstufe Low 1 U offen 2,5 U offen
Zugstufe 0,75 U offen 2,5 U offen
Niveau Standard Standard

alle Dämpfungseinstellungen von komplett geschlossen gezählt; statischer negativer
Federweg senkrecht stehend ohne Fahrer; U=Umdrehungen; K=Klicks

PS-Daten der Honda Fireblade Serie [und Umbau]

Antrieb: 131 kW (178 PS) bei 12 000/min*, 112 Nm bei 8500/min*, 1000 cm³, Bohrung/Hub: 76,0/55,1 mm,Verdichtungsverhältnis: 12,3:1, [k.A.] Zünd-/Einspritzanlage [mit Power Commander], 46-mm-Drosselklappen

Fahrwerk: Leichtmetall-Brückenrahmen, Lenkkopfwinkel: 66,8 Grad, Nachlauf: 96 mm, Radstand: 1410 mm

Räder und Reifen: vorne/hinten 120/70 ZR 17/ 190/50 ZR 17, Erstbereifung Dunlop Qualifier 2

Gewicht: 212 kg [208 kg] vollgetankt, v./h. 51,9/48,1 % [52,8/47,2 %]

Hinterradleistung im letzten Gang: 116 kW (158 PS) bei 262 km/h [125 kW (170 PS) bei 268 km/h]

Verbrauch: Kraftstoffart Super bleifrei. Testverbrauch: 7,5 Liter/100 km [Kraftstoffart: Super Plus. Testverbrauch: 8,4 Liter/100 km]

Grundpreis: 15090 Euro [19490 Euro] (jeweils zzgl. Nebenkosten)

PS
Die Messwerte des Wellbrock-Umbaus und der Serie.

Problem
Lösung Kosten
Motor: Spitzenleistung der Fireblade liegt deutlich unter den Herstellerangaben und den Mit bewerbern. 
Tuning: Zylinderkopfbearbeitung (650 Euro), Power Commander V (349 Euro), Akrapovic-Komplettanlage (1477 Euro), Abstimmung (290 Euro), K&N-Luftfilter (83 Euro), Montage und Kleinteile (1270 Euro) 4119 Euro (www.wellbrock.com)
Traktionskontrolle: Ist im Serien-Fahrzeug nicht vorhanden und auch nicht bestellbar.
GripOne 2-Traktionskontrolle (949 Euro) mit Fernbedienung (155 Euro) und Montage (300 Euro) 1404 Euro (www.micronsystems.de)
Schaltautomat: Ist im Serien-Fahrzeug nicht vorhanden und auch nicht bestellbar. Dynojet Quickshifter (259 Euro), nur in Verbindung mit Dynojet-Power Commander V (349 Euro) möglich, plus Montage (100 Euro) 708 Euro(www.powercommander.de)
Deutlicher Leistungshänger um 4000/min
Auspuff-Klappensteuerung auf offene Stellung bringen (aushängen) Eigenleistung
Durchzugswerte zwar okay, aber dennoch ­optimierbar Kleineres Ritzel (15 statt 16 Zähne) vorn einbauen (illegal) Ritzel: 30 Euro, Einbau: 65 Euro
Federbein für Renne etwas schwach­gedämpft
Federbein modifizieren lassen 695 Euro
(www.honda-holzhauer.de)
Serienauspuff schwer und nicht besonders originell Slip-On-Auspuff anbauen: 1) Akrapovic mit Klappenmechanismus und Kat 2) Leo Vince Evo 2 Factory (mit Einschubkat) Akrapovic: ab 1116 Euro Leo Vince: 699 Euro
Hinterreifen in 50er-Querschnitt mit flacher Kontur (wenig Eigendämpfung, Handling-Nachteile) Hinterreifen in 55er-Querschnitt montieren. Achtung: Einzelabnahme nötig Zirka 200 Euro für ­Reifen zzgl. Einzelabnahme (verbindliche Preisangabe für Abnahme nicht möglich)
Bremsscheiben für harte Racing-Einsätze mit zu geringer Wärme abführung Dickere Bremsscheiben (5,5 mm)montieren. Beispiel: Brembo T-Drive inklusive Z04-Beläge
Scheiben: 699 Euro, Beläge: 119 Euro (Fachhandel)
Windschutz mittelmäßig Racingscheibe „R“ von MRA montieren 80 Euro (www.mrashop.de)

PS-Bewertung

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Der Extra-Punch der Wellbrock-Fireblade lässt das Serien-Bike alt aussehen.

  max.
Punkte 
Honda
Fireblade Serie
Honda
Fireblade Umbau
Antrieb
Beschleunigung 10 9 9
Durchzug 10 8 8
Leistungsentfaltung 10 8 8
Ansprechverhalten 10 8 9
Lastwechselreaktion 10 8 9
Laufkultur 10 8 8
Getriebebetätigung 10 8 8
Getriebeabstufung 10 8 8
Kupplungsfunktion 10 8 8
Traktionskontrolle 10 - 7
Zwischensumme 100 73 82
Fahrwerk
Fahrstabilität 10 9 9
Handlichkeit 10 9 9
Kurvenstabilität 10 9 9
Rückmeldung 10 9 9
Fahrwerksabstimmung vorn 10 9 9
Fahrwerksabstimmung hinten 10 9 9
Bremswirkung 10 9 9
Bremsdosierung 10 8 8
Aufstellmoment beim Bremsen 10 9 9
ABS-Funktion 10 7 7
Zwischensumme 100 87 87
Alltag und Fahrspaß
Sitzposition 10 9 9
Windschutz 10 8 8
Ausstattung 10 8 9
Verbrauch 10 4 3
Fahrspaß 10 8 9
Zwischensumme 50 37 38
Gesamtsumme 250 197 207
Platzierung   2. 1.

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