Hölys Tuner lässt uns erst an seiner Philosophie teilhaben, bevor wir das Racebike Höly-Kawasaki Z 1000 in die Finger bekommen. Doch das lange Warten auf das Motorrad wird mit einem packendem Fahrerlebnis belohnt.
Hölys Tuner lässt uns erst an seiner Philosophie teilhaben, bevor wir das Racebike Höly-Kawasaki Z 1000 in die Finger bekommen. Doch das lange Warten auf das Motorrad wird mit einem packendem Fahrerlebnis belohnt.
Je länger das Vorspiel, desto höher der Genuss - dachte sich Höly-Tuner Dieter Briese wohl, als er mir in der Box seine Tuning-Philosophie näherbringen wollte. Anders als mit meiner üblichen Try-and-error-Methode lauschte ich diesmal seinen Worten vor der ersten Fahrt, ehrfürchtig vor der kräftig aufgepeppten Kawasaki Z 1000 kniend.
Briese zelebriert jede Schraube. Er begnügt sich nicht mit dem Anschrauben von Teilen. Er hinterfragt den Sinn der Konstruktion, das Gewicht und jedes Verbesserungspotenzial. Und so wurde ich Teil dieses Vorspiels und Überbringer der höl(l)yischen Tuning-Philosophie.
Nehme sie beim Motor ihren Anfang: Wichtig für einen guten Air-Flow sind überarbeitete Ansaug- und Auslass-Kanäle, polierte Ventile mit abgerundeten Ventilsitzen für eine dichte punktuelle Auflage, überschliffene Nockenwellen und höhere Shims, um längere Steuerzeiten, sprich mehr Füllung der Brennräume zu generieren. Kolben und Pleuel wurden gewichtsoptimiert und poliert. Die nun zu schwere Kurbelwelle wurde auf die geringeren rotierenden Massen angepasst und feingewuchtet. Die dadurch überflüssig gewordene Ausgleichswelle kam raus, was nicht nur Gewicht spart, sondern auch den Motor schneller hochdrehen lässt. Obendrein wurde die Lichtmaschine abgedreht, um diesen Effekt noch zu verstärken. Weiter plante Dieter Briese den Zylinderkopf und hob die Verdichtung auf 14,5:1 an. Jetzt schlürft der Vierzylinder eben Sprit ab 102 Oktan.
Um noch mehr Luft in die überarbeitete Einspritzung zu bekommen, wurde der Kühler tiefergelegt. Nebeneffekt: Der Schwerpunkt ist niedriger, was die Stabilität erhöht. Ausgeatmet wird durch eine Akrapovic-Titananlage - selbstredend gekürzt und die Einspritzung nebst Zündung ist mit einem Power-Commander 5 auf die neue Herausforderung abgestimmt. Um die verschärfte Steuerzeit dauerhaft auf die Ventile zu bringen, ist ein mechanischer Kettenspanner montiert. Kann‘s dann losgehen? Noch nicht!
Der Body will auch bearbeitet sein, ergo wurden die meisten Schrauben durch Exemplare aus Titan ersetzt und andere hohlgebohrt. Belastungstests folgten - Briese ist Pedant.
Bei der Geometrie stand Handlichkeit über allem. Das Heck wurde angehoben und eine Öhlins-Gabel eingebaut, die, wie auch das Federbein, von MS Motorshop überarbeitet wurde. Der Fahrwerkstuner hat selbst vor Ort das Chassis in unzähligen Runden eingestellt, bevor ich endlich mal ran durfte. Aber so weit sind wir immer noch nicht, die Höly-Kawa hat noch mehr Teile. Die Motorhalterungen kamen raus und leichtere, aus Alu gefräste rein. Die Schwinge samt verlängerter Umlenkung hat Tüftler Dieter Briese aus einer ZX-10R entliehen und eine Gabelbrücke von Gilles Tuning mit Exzenter-Klemmung montiert. Schließlich steht die Z auf sündteuren Dymag-Magnesium-Felgen mit Bridgestone R10 Typ 3 und 2 in den Größen 120/70 17 und 190/55 17.
Geht’s jetzt endlich los? „Kennst du Emil Schwarz?“ fragt Briese. Nein? Also höre: Alle Lager im Fahrwerk wurden auf spielfreie Prä-zisionslager von eben jenem umgebaut. Das ermöglicht das Weglassen des Lenkungsdämpfers, spart obendrein Gewicht und ist supermutig, aber funk-tioniert hammermäßig - was ich viel später erst herausfinden durfte! Briese hat Ausdauer. Also weiter: Gewicht ist ein großes Thema. Deshalb wurde das viele Plastik durch Karbon ersetzt und eine ultra-leichte Li-Ionen-Batterie verwendet, die Übersetzung gekürzt und dann eine reibungsarme und leichte Rennkette montiert. Bremsscheiben und Bremszangen haben auch zu viel Fett. Also hinten eine Morbidelli-Zange dran, nachdem der Fräser über den Halter glitt - minus 800 Gramm zum Original! Vorne wurden R1-Monoblock-Radial-Sättel montiert sowie eine 19-mm-Pumpe von Spiegler. Die voll einstellbare Rizoma-Rastenanlage spart auch nochmal ein paar Gramm. Ergebnis all dieser Bemühungen: eine Z 1000 mit unglaublichen 180,5 Kilo vollgetankt! Und Achtung: 164 PS am Hinterrad (171 PS/Kurbelwelle)!
Wahnsinn, ich kann mein Glück kaum fassen, endlich sitze ich auf dem grünen Biest und drehe höllische Hockenheim-Runden. Das Bike hat ein fast schon nervöses, aber dennoch gelungenes Handling. Der Motor dreht superschnell hoch. Das Fahrwerk mitsamt der ZX-Schwinge ist schlicht ergreifend. Kurz unterbreche ich diese Lust, um den Bugspoiler demontieren zu lassen. Die Rennreifen bauen einen derart hohen Grip auf, dass man das Bike bis zum Maximum abwinkeln kann und somit den wertvollen Karbonkiel zerschrabbeln würde. Nun kann der Reifen bis auf die Kante gefahren werden und weiter purzeln die Rundenzeiten. Der einzige Wermutstropfen ist die etwas fade Vorderradbremse, die für die Straße bestimmt ausreicht, aber auf der Renne zu viel Handkraft erfordert und spätes Bremsen verhindert.
Der Motor dagegen lässt die Bremse schnell vergessen, denn er katapultiert die nur 180 Kilo in Richtung Sonnenuntergang. Die sonst biedere Z ist nun ein Monster. Endlich habe ich den versprochenen Höhepunkt und erlebe ein Feuerwerk der Sinne. Und wer’s nicht glauben mag: Das Motorrad steht zur Probefahrt bereit, ist bei der Höly Motorrad GmbH käuflich zu erwerben und hat tatsächlich eine Straßenzulassung.
Daten
Gewicht: 180,5 kg
vorne/hinten: 54,3/45,7%
Leistung: 171 PS
Preis: 19990 Euro
Das macht Höly so schnell keiner nach: 180,5 nackte Kilogramm vollgetankt und so ein drehfreudiger Vierzylinder-Giftzwerg. Die leichte Wellenbewegung der Leistungskurve spürt der Pilot nicht. Das Drehmoment ist selbst unter 6000/min auf gutem Niveau.