Suzuki GSX-R 750 im Test

Test: Suzuki GSX-R 750 2011 Suzukis Dreiviertelliter Supersportler

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Seit einer gefühlten Ewigkeit stellt die Suzuki GSX-R 750 den einzigen Supersportler in der Dreiviertelliter-Klasse. Auf und neben der Rennstrecke muss der frisch gestählte Einzelkämpfer zeigen, was er drauf hat.

Suzukis Dreiviertelliter Supersportler jkuenstle.de
jkünstle.de; Jacob
Suzuki GSX-R 750.

Verflixt, wann fällt die 2.09er-Marke endlich? Seit einigen Runden zeigt das Data-Recording konstant Zeiten um 2.10,20 Minuten, das Display will einfach nicht umspringen. Also noch etwas später ankern und noch früher und härter ans Gas gehen. Die Uhr bleibt bei 2.10,16 Minuten stehen - scheint so, als würde es nichts mit einer 2.09-Minuten-Runde. Egal, auch so können sich die Zeiten für den spanischen Rundkurs "Motorland Aragón", zirka drei Autostunden südwestlich von Barcelona gelegen, sehen lassen. Immerhin braust die aktuelle Suzuki GSX-R 750 bei vergleichbaren Bedingungen satte 2,3 Sekunden schneller um diese atemberaubende Piste als ihre Vorgängerin vor einem Jahr.

Teils liegt die Zeitvernichtung an der etwas besseren Streckenkenntnis des Autors, hauptsächlich aber an der besonders fahrwerkseitig stark modifizierten 750er. Die Japaner spendierten dem Renner einen komplett neuen Rahmen, eine neue Schwinge, andere Bremsen und neue Federelemente. Beanstandeten die Tester letztes Jahr noch ein zu softes Set-up von Gabel und Federbein und daraus resultierend viel Unruhe im Gebälk, pfeilt die straffer abgestimmte 2011er-Suzi nun sehr stabil um den Rundkurs. Speziell die Gabel bietet enorme Dämpfungsreserven und spricht erstaunlich feinfühlig an. Ein wenig wundert das sagenhafte Ansprechverhalten, denn prinzipiell werkelt die gleiche Big-Piston-Forke auch in der kleineren Schwester GSX-R 600, wo sie zuletzt deutlich unsensibler arbeitete.

Das Federbein überrascht dagegen nicht. Der Monoshock entspricht japanischem Standard und spricht zwar passabel, aber nicht so überragend an wie die Gabel. Für flotte Rundenzeiten benötigt er eine weit geschlossene Dämpfung. Bei fast völlig zugedrehten Einstell-Schräubchen bietet die 750er dann aber viel Feedback und reichlich mechanischen Grip.

Ein kleiner Trick macht die serienmäßig hecklastige und dadurch etwas kurvenunwillige Suzi handlicher und zielgenauer: Klemmungen der oberen und unteren Gabelbrücken lösen und die Standrohre fünf Millimeter durchstecken. Nun brettert die Gixxe wie verwandelt in und durch die Bögen und fährt auch am Kurvenausgang einen lasergenauen Strich. Das gilt selbst mit der etwas sperrigen Serienbereifung Bridgestone BT 016 in Sonderspezifikation "G", die sich zudem beim Bremsen in Schräglage spürbar aufstellt. Kleiner Wermutstropfen: Beim harten Ankern verliert das Hinterrad durch diese Änderung recht früh den Bodenkontakt. Der für 2011 um 15 Millimeter verkürzte Radstand verstärkt diese Eigenart zusätzlich.

Noch flinker und exakter als auf den Serienpneus pfeilt die Suzuki auf dem Renngummi Continental Race Attack in die Ecken, den wir für die Piste probehalber aufgezogen haben. Der Conti in Medium-Mischung baut viel Grip auf und ermöglicht beliebige Linien. Wie die meisten supersportlichen Sohlen hat jedoch auch der Race Attack eine eher kurze Lebensdauer. Nach drei flotten Turns á 20 Minuten zeigt die hintere Schluffe bereits deutliche Verschleißerscheinungen.

Für 2011 wechselte Suzuki den Bremsenhersteller. Tokico ist Geschichte, nun liefert Brembo die Fangeisen. Warum die Entwickler diesen Schritt gingen, bleibt ihr Geheimnis, schließlich gaben die japanischen Stopper keinen Anlass zur Kritik. Sei’s drum, auch die italienische Anlage verzögert brachial und lässt sich bei feinster Transparenz hervorragend dosieren. Im Gegensatz zur Präsentation, wo die Tester nachlassenden Biss monierten, blieben die Monoblocks trotz starker Beanspruchung auf der Aragón-Piste absolut standfest.

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Suzuki GSX-R 750 auf der Rennstrecke.

Etwas weniger aufwändig als das Fahrwerk modifizierte Hamamatsu den Motor und dessen Peripherie: leichtere Kolben und Ventile, mehr Luftdurchsatz und ein kleinerer und leichterer Auspuff - das war’s im Wesentlichen. Suzuki verspricht dadurch mehr Power in der Drehzahlmitte, was sowohl der subjektive Eindruck als auch das Leistungsdiagramm bestätigen. Im auf Landstraßen wichtigen Bereich zwischen 5000/min und 8000/min hat die neue 750er deutlich zugelegt, außerdem schickt sie drei PS mehr Spitzenleistung ans Getriebe. Unter 5000/min ist allerdings die letztjährige 750er etwas kräftiger. Insgesamt gibt die Suzi ihren Punch gleichmäßig und berechenbar ab, weder Leistungseinbrüche noch plötzliche Power-Attacken trüben das Bild. Auch der Übergang vom Schiebe- in den Lastbetrieb geht völlig reibungslos vonstatten, gröbere Lastwechsel kennt die Suzuki nicht. Darüber hinaus glänzt sie mit ihrer guten, weil unauffällig arbeitenden Anti-Hopping-Kupplung und dem weich zu schaltenden Getriebe.

Qualitäten, die auch in öffentlichem Gefilde begeistern. Ebenso wie die dreifach einstellbaren Fußrasten, die für jeden Geschmack die richtige Position ermöglichen. Sportfahrern vermittelt die obere hintere Stellung das beste Gefühl fürs Bike. Gewohntes bieten die Sitzbank und der Lenker. Beide sind recht tief montiert, wodurch der Fahrer mehr in als auf der Maschine sitzt - nicht unbequem, aber gewöhnungsbedürftig. Ein bisschen knapp fällt der Windschutz aus. Zwar umströmt die Luft den Piloten gleichmäßig, doch wer längere Zeit mit über 160 km/h unterwegs ist, wünscht sich etwas weniger Zugluft an Helm und Oberkörper. Wie für die Renne bietet das Fahrwerk auch für die Landstraße ein tadelloses Setup. Mit einer Mischung aus Straffheit und Komfort lässt es sich auch auf der Hausstrecke trefflich feilen.

Seit 2005 wechseln jedes Jahr deutlich mehr 750er als 600er-GSX-R den Besitzer. Das zeigt, wie beliebt der Dreiviertelliter-Sportler nach wie vor ist und belohnt die stetige Entwicklungsarbeit. Allerdings steigt der Preis kontinuierlich. Aktuell kostet die Dreiviertelliter-Gixxe 13 140 Euro und damit 750 Euro mehr als letztes Jahr. Wohlgemerkt ohne elektronische Fahrhilfen wie ABS oder Traktionskontrolle - die gibt’s bislang nicht mal gegen Aufpreis. Bleibt abzuwarten, wie lange die Kundschaft die Preisspirale noch akzeptiert. Doch zweifelsohne bekommt sie für ihr sauer Erspartes auch 2011 einen erstklassigen Brenner, der nach wie vor das perfekte Mittelding zwischen einer Sechshunderter und einer Tausender bildet.

PS-Urteil / Set-Up

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Das Cockpit liefert alle wichtigen Informationen, der Drehzahlmesser liegt direkt im Blickfeld.

PS-Urteil

Die GSX-R 750 ist nach wie vor ein echtes Spaßgerät, das seinen Piloten beim Beschleunigen auf und abseits der Renne nicht in Stücke reißt. Die Überarbeitung von Fahrwerk und Motor gelang, der 2011er-Jahrgang ist eine echte Empfehlung. Allerdings wird Suzuki auf Dauer auch für die 750er Fahrassistenz-Systeme anbieten müssen.



Set-Up

 Suzuki GSX-R 750
 
Gabel  Landstraße / Rennstrecke
Federbasis   10 K / 10 K
Druckstufe  5 U / 4 U
Zugstufe  6 U / 4 U
Niveau  Standrohr ragt 5 mm über Gabelbrücke / wie Landstrasse
Federbein  Landstraße / Rennstrecke
Federbasis
 8 mm statischer Negativ-Federweg / wie Landstraße
Druckstufe High   4 U / 1 U
Druckstufe Low   0,25 U / 0,25 U
Zugstufe  2 U / 0,5 U
Niveau   Standard / Standard
Lenkungsdämpfer  
 elektronisch gesteuert


AUFGEFALLEN

Positiv
Maschine mit durchgesteckter Gabel sehr handlich und zielgenau, klasse Bremsen, Fahrwerk passt für Rennstrecke und Landstraße, Leistungsentfaltung des Motors berechenbar, geringe Lastwechsel-Reaktionen, Top-Getriebe und Anti-Hopping-Kupplung.

Negativ
Windschutz mau, Maschine serienmäßig etwas hecklastig, trotzdem verliert das Hinterrad bei starkem Ankern früh den Bodenkonntakt, Aufstellmoment beim Bremsen, unter 5000/min wenig Druck.

Technische Daten

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Trotz reichlich Carbon-Imitat wirkt das Heck sehr edel. Das schnittige Styling macht an.

Antrieb 
Vierzylinder-Reihenmotor, 4 Ventile/Zylinder, 110 kW (150 PS) bei 13 200/min*, 86,3 Nm bei 11 200/min*, 750 cm³, Bohrung/Hub: 70,0/48,7 mm, Verdichtungsverhältnis: 12,5:1, Zünd-/Einspritzanlage, 42-mm-Drosselklappen, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbad-Anti-Hopping-Kupplung, Sechsganggetriebe, G-Kat, Kette

Fahrwerk 
Leichtmetall-Brückenrahmen, Lenkkopfwinkel: 66,5 Grad, Nachlauf: 97 mm, Radstand: 1395 mm, Upside-down-Gabel, Ø Gabelinnenrohr: 41 mm, einstellbar in Federbasis, Zug- und Druckstufe. Zentralfederbein mit Umlenkung, einstellbar in Federbasis, Zug- und Druckstufe (low, high). Federweg vorn/hinten: 120/130 mm

Räder und Bremsen 

Leichtmetall-Gussräder, 3,5 x 17“/5.50 x 17“, Reifen vorn: 120/70 ZR 17 hinten: 180/55 ZR 17, Erstbereifung: Bridgestone BT 016 „G“, 310-mm-Doppelscheibenbremse mit radial angeschlagenen Vierkolben-Festsätteln vorn, 220-mm-Einzelscheibe mit Einkolben- Schwimmsattel hinten

Maße und Gewicht 

Länge/Breite/Höhe: 2040/820/1140 mm , Sitz-/Lenkerhöhe: 805/845 mm, Lenkerbreite: 635 mm, 194 kg vollgetankt, v./h.: 52,6/47,4 %

Hinterradleistung im letzten Gang
95,1 kW (129,3 PS) bei 251 km/h

Verbrauch 
Kraftstoffart: Super bleifrei. Durchschnitts-testverbrauch: 7,6 Liter/100 km, Tankinhalt 17 Liter, Reichweite: 223 km

Grundpreis 
13 140 Euro (zzgl. Nebenkosten)


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