Es war … unglaublich“, erzählt unser Stammfotograf Markus Jahn, als er im vergangenen Jahr von der inter-nationalen GS-Trophy aus Thailand zurückkam. Der „Knipser“ lehnt im Türrahmen meines Büros und lässt die Ereignisse Revue passieren. Land, Leute und natürlich das Fahren selbst hatten den Fotoprofi und Hobby-Trialfahrer schwer beeindruckt. Seine Erzählungen fügen sich in meinem Kopf zu einem Abenteuerroman feinster Sorte zusammen. Eine Schnitzeljagd mit dem Motorrad, zehn Tage lang über Stock und Stein in einem fernen Land – das ist genau der Stoff, der an dunklen Winterabenden am Kamin für Spannung sorgt! Als der Knipser dann noch einen ganzen Sack beeindruckendes Bildmaterial vor meinen Füßen auskippt, bin ich völlig angefressen. Ich muss bei dieser Nummer dabei sein!
Einige Zeit später: die Schwarzwald-Gemeinde Niedereschach. Ich finde mich wieder auf einer BMW R 1200 GS Rally. Wer Teil des Trophy-Experiments sein will, muss sich den Startplatz nämlich erst verdienen. Im Rahmen des Travelevents von Reisespezialist- und Zubehörgigant Touratech wird rund um den kleinen Ort die Qualifikationsrunde für die GS-Trophy 2018 abgehalten. Nach zwei Tagen soll feststehen, welche Fahrer als Team Germany im kommenden Jahr in die Mongolei zum Hauptevent reisen werden. Dafür müssen zahlreiche Stationen im Umkreis angefahren werden, an denen verschiedene anspruchsvolle Aufgaben auf die Teilnehmer warten. Wer nicht alle Punkte findet oder sie ungeschickt anfährt, unterwegs trödelt oder bei den Prüfungen versagt, hat keine Chance, genügend Punkte zu sammeln.
Liane Drews von BMW Motorrad Deutschland stellt mir Larissa und Mike vor: „Ihr bildet jetzt ein Team!“ Larissa ist professionelle Enduropilotin und bestreitet Rennen wie das Erzberg-Rodeo oder die Red Bull Romaniacs. Mike schreibt für das „Overland-Magazin“, ein Fachblatt für Offroad-Geschichten aller Art. Dann händigt Liane uns Unterlagen und Kartenmaterial aus, damit wir uns eine Route zurechtlegen können. Spätestens hier wird klar, dass nur diejenigen Chancen auf ein erfolgreiches Qualifying haben, die gründlich vorbereitet sind und die Sache ernst nehmen. Bis zu dieser Stelle habe ich vor lauter Begeisterung nämlich ganz einfach verdrängt, dass ich gar nicht richtig Enduro fahren kann. Und Roadbooks lesen sowieso nicht!
„Einfach durchziehen, der Boxer schleppt dich mit seinem Drehmoment da durch!“, schreit Markus herüber. Der Knipser steht mit der Kamera im Anschlag am Rande der Kiesgrube, wo wir die erste fahraktive Übung absolvieren. Tatsächlich treckert die GS mit der grobstolligen TKC 80-Bereifung durch das Schlammloch, als wäre es nicht mehr als eine Pfütze. Geschafft! Doch am ersten Steilhang verlieren wir Mike. Der Hügel wirft ihn mitsamt GS seitlich ab, und er landet unglücklich mit der Wade auf einem Holzstück. Ich fußle sein Motorrad zurück zum Eingang, Mike schleift sich unter Schmerzen hinterher. Da waren es nur noch zwei!
Larissa und ich schlagen uns alleine weiter durch zur olfaktorischen Schnapsprobe beim Schwarzwaldhaus: Es gilt, die Sorte am Geruch zu erkennen. Kein Problem für mich! Anschließend kommen wir zur nächsten Prüfung im Sattel mit Schwierigkeitsgrad „hoch“. Die GS und ich trialen zusammen durch den Hindernisparcours und machen die Sache nicht schlecht. Schier nicht zu glauben, wie das wuchtige Moped klettern kann! Jetzt kommt die bestimmt 100 Meter lange Tiefsandpassage: Eine von drei Runden komme ich mit viel Schwung durch, die zwei anderen Stints liege ich darnieder. Problem für mich, kein Problem für Larissa: „Des hob i glei gsehn, dass’d ned gscheit Enduro fohrn kannst“, lacht sie mit ihrem österreichischen Akzent. Dafür bin ich beim Hindernislauf auf der Motocross-Strecke wieder schneller. Meine Strategie, den Kurs barfuß anstatt mit den schweren Endurostiefeln zu umrunden, geht voll auf. Dass wir am Ende der zwei Tage nicht annähernd genügend Punkte gesammelt haben, um auch nur an das Finale denken zu können, ist nicht weiter tragisch. Genügend Material für spannende Erzählstunden am Kamin haben wir allemal gesammelt!