Vergleichstest Tourensportler mit ABS
Absolute Beginner

Ducati präsentiert ein sportliches Antiblockiersystem. Segen oder Frevel? Ein Vergleich der brandneuen ST 4 S ABS mit den bewährten Tourensport-Assen BMW R 1100 S und Honda VFR-ABS gibt Antwort.

Absolute Beginner
Foto: fact

Sie wollen beim unbeschwerten Biken den süßen Duft der Freiheit kosten, Herrschaft über die Technik genießen. Über die Hausstrecke toben, mal ein Renntraining besuchen und samt besserer Hälfte in sonnige Gefilde reisen. Kein Problem, wozu gibt’s denn Tourensportler. Sie können alles und noch viel mehr – sogar per Antiblockiersystem stets sicher stoppen.
Wie die Ducati ST 4 S ABS. Betörend röhrender Desmo-Twin plus voll einstellbarem Fahrwerk in reisetauglichem Ambiente. Bei der rassigen Italienerin gesellt sich zur voll einstellbaren Upside-down-Gabel von Showa ein aufwendiges Öhlins-Federbein, das komplett ohne Werkzeug einstellbar ist, die Federbasis bei Bedarf sogar während der Fahrt. Im Gegensatz zur Schubstange der Hebelumlenkung, deren Verstellung nach Werkzeug verlangt. Spielerei mit dem Set-up lohnt, lässt sich die Ducati damit über einen weiten Bereich trimmen. Hinten einen Tick angehoben, pfeffert die ST 4 S bereits auf zarte Kommandos pfeilschnell um Kurven jeglicher Art, ohne es an Zielgenauigkeit fehlen zu lassen. Schräge Vögel werden erst spät von aufsetzenden Teilen ermahnt. Kippeligkeit? Minimal, dafür passiert die mit Michelin Pilot Sport bereifte Sportskanone schnelle Wechselkurven gleichermaßen willig wie gelassen. Im Gegensatz zu früheren Testexemplaren spricht die Gabel überaus sensibel an, üppige Dämpfungsreserven sind ohnehin Ehrensache. Hinten sieht es ähnlich nett aus, lediglich die Druckstufendämpfung könnte noch ein paar Klicks Reserve vertragen.
Reserven bietet auch die famose Bremsanlage, gegen 1000 Euro Aufpreis mit ABS. Dies tritt jedoch erst sehr spät auf den Plan. Zuvor kann sich der Pilot dank Sintermetallbelägen und druckfester Leitungen schier die Augen aus den Höhlen bremsen. Klar definierter Druckpunkt und brachiale Wirkung vorn - hinten stoppt es eher lau - machen die ST 4 zur Bremszonenqueen.
Beim Herausbeschleunigen fordert die handlingfördernde Anhebung des Hecks jedoch Tribut in Form leichter Nervosität - bis hin zum Ansatz von Lenkerschlagen. Zum Äußersten kommt es zwar nicht, aber die Italienerin scheint immer darauf zu lauern, ihren Piloten mal tüchtig zuckend zu erschrecken. Ganz gleich, ob beim zackigen Beschleunigen auf unebener Landstraße oder dem Passieren von Absätzen bei schneller Autobahnfahrt – unbeirrbarer Geradeauslauf ist das nicht. Den Beweis tritt die ST 4 S mit abgesenktem Heck selbst an – und büßt im Gegenzug ihre Agilität wieder ein. Ist halt alles Einstellungssache.
Hondas VFR fährt nach der Devise: Draufsetzen, lossausen. Halt, die Gabel bietet eine verstellbare Federbasis, ebenso das Federbein, an dem zusätzlich die Zugstufendämpfung variabel ist. Insgesamt fällt der Einstellbereich allerdings geringer aus als bei der Duc. Doch wen kümmert’s? Die VFR spielt ihre Rolle als handlicher, komfortabler Partner für nahezu das komplette Tourensportler-Repertoire höchst überzeugend. Ihr Revier beginnt bereits beim Start, erstreckt sich über die Stadt bis zu flüssig ausgebauten Landstraßen. Dort swingt sie wunderbar ausbalanciert dahin und verleitet selbst weniger Versierte zu zügiger Fortbewegung. Die sich gern auch auf die Autobahn erstreckt – Topspeed bei voller Deckung fast zweifuffzig. Stets sicher eingebremst dank der Verbundbremse Dual-CBS, für 1000 Euro extra mit ABS. Feine Regelung der Verbundbremse und ebensolche Dosierbarkeit machen Laune – sowohl beim sanften Abbremsen wie beim Full-Stopp.
Erst wenn extrem sportliche Fahrweise auf dem Programm steht, dürfte die Dämpfung etwa knackiger, die Rückmeldung transparenter ausfallen. Ein bisschen schwieriger wird’s außerdem in verzwickten Spitzkehren und engen Passagen mit alpinem Charakter. Hier vereinen sich mehrere Eigenarten der VFR zu einer uneiligen Allianz: Der im direkten Vergleich zu den hubraumstärkeren Konkurrentinnen drehmomentschwache 782-cm3-V4 verlangt für zügiges Fortkommen nach Drehzahl, was wiederum zu unharmonischen Einsätzen des V-Tec-Systems führt, das bei etwa 7000 Touren von Zwei- auf Vierventilbetrieb umschaltet. - je nach Situation und Gasgriffstellung geschieht das geschmeidig oder ruckartig. Das zweite Problem sind die spürbaren Lastwechsel: Sie lassen sich in engen Kehren mit gefühlvollem Einsatz der Fußbremse zwar wegfiltern, das mitbremsende Vorderrad beeinflusst jedoch die eingeschlagene Linie. Ähnliches droht beim harschen Bremsen mit gleichzeitigen Runterschalten: Hier stempelt das Hinterrad. Nicht tragisch, aber zumindest gewöhnungsbedürftig. Ergo: Fahren in unbekanntem, kniffligem Terrain erfordert Konzentration, alles andere bereitet mit der VFR pure Freude.
Freude – die verschafft Münchens Sportabzeichenträgerin R 1100 S ihrem Treiber selbst auf schlechten Straßen. Die Telelever-Front mit dem per Rädchen in der Zugstufe verstellbaren Federbein frisst praktisch alles in sich rein, was das asphaltierte Wegenetz zu bieten hat. Lenkerschlagen? Nie gehört. Abtauchen der Vorderhand beim Bremsen? Ein wenig, um dem Piloten die gewohnte Rückmeldung zu bieten, wenn er die Möglichkeiten der aufpreispflichtigen (1040 Euro) Teilintegralbremse mit ABS auskostet. Die mit elektrischem Bremskraftverstärker ausgerüstete Anlage macht ihre Sache prächtig, verzögert ohne viel Handkraft vehement, selbst voll beladen. Allerdings erfordert ihr plötzliches Zupacken bei sanften Anpassungsbremsungen Gewöhnung. Ebenso die Eigenart, beim unerschrockenen Anbremsen von bodenwellenübersäten Biegungen zu öffnen und Mann und Maschine für einen Moment ungebremst zu lassen. Leider stolpert die Hinterhand, mit Kardan-Einarmschwinge samt Paralever reichlich gewichtig, etwas unbeholfen über kurze Absätze, zudem sorgt hektisches Gas-auf-Gas-zu für Unruhe. Wer das Spiel mit den Boxer- und Kardanreaktionen jedoch erst mal raus hat, kann die mit Bridgestone BT 56/57 besohlte, fast fünf Zentner schwere Kuh herzerfrischend fliegen lassen.
Kuh, Euter, Zylinder - da war doch was. Genau, der mit gemessenen 99 PS nicht nur nominell stärkste Boxer weiß nie so recht, ob er lieber unten ziehen oder oben drehen will. Auf jeden Fall vibriert er. Und zwar von unten bis oben - in wechselnder Intensität. Wobei »oben« anders zu definieren ist,als bei der anwesenden Konkurrenz. Während sich Hondas VFR nämlich willig in fünfstellige Lagen schraubt, würde der 1085-cm3-Vierventiler bereits Engel Aloisius Gesellschaft leisten, bei ihm ist bei 8500/min Sense. Irgendwo zwischen Bayern und Japan ordnet sich Ducatis Vierventil-Feuerzeug ein. Und wie! Der domestizierte Ex-996-Motor rumpelt unter 2500 Touren noch etwas unwirsch, um dann umso munterer anzupacken und herrlich druckvoll loszubrennen. Ganz klar: Der Desmo-Hirsch weckt vor allem obenraus dumpf röhrend sportliche Ambitionen.
Darauf wartet man beim Honda-V4 irgendwie vergeblich. Sicher, wirklich schlapp ist das Hightech-Aggregat nicht, dennoch kommt es unter 7000/min nicht richtig in die Puschen. Und der von schnarrendem Getöse begleitete Vierventileinsatz jenseits der 7000er-Marke? Witzig, ja, aber irgendwie pubertär. Unser Wunsch deshalb: den vollen Liter Hubraum und weg mit dem V-Tec. Womit sich auch der Elfhunderter-Boxer rehabilitiert hätte. Denn drehmomenten kann er, wenn auch laut Prüfstandskurve nicht besser als die Duc. Und Charakter haben die Weißblauen sowieso. Plus die dazugehörige Bierruhe wegen der kaltblütermäßigen Leistungsausschüttung.
Ausschütteln hingegen möchten selbst Gelenkige hin und wieder ihre unteren Extremitäten, denn die sind bei der knackigen Bayerin wegen der hochliegenden Fußrasten arg gefaltet. Honda und Ducati sind dank homogenerer Körperhaltung komfortabler. Beim Windschutz relativiert sich’s dann wieder, mit klarem Vorteil für die Honda. Wie beim Licht: Gegen das Nippon-Flutlicht wirken die Projektions-Abblendscheinwerfer von R 1100 S und ST 4 fast funzelig, ebenso beim Fernlicht. Ansonsten erfüllen alle drei bereitwillig tourensportliche Ansprüche: Von kompletten Cockpits inklusive Tankanzeige (Ducati und Honda) über umfangreiches Zubehörangebot, etwa Koffersystem und Heizgriffe (BMW) bis zum Soziuskomfort, den die drei, wenn auch unterschiedlich ausgeprägt, bieten. Ducati-Passagiere dürfen eine Riesenportion Desmo-Spaß inhalieren, ohne nach dem Trip ihre Gräten schmerzhaft sortieren zu müssen, Honda-Sozien reisen einfach kommod mit, während es auf der sportlichen BMW hinten regelrecht bequem zugeht.
Unterschiede ebenfalls bei der Abgasreinigung: BMW und Honda filtern per G-Kat, Ducati lediglich mittels U-Kat, erfüllt dennoch Euro2. Und die Erwartungen sehr sportlich angehauchter Tourenfahrer, schließlich verhehlt die ST 4 S trotz ABS-Fangnetz nicht ihre Gesinnung. Selbst gusseiserne Ducatisti dürfen deshalb unbesorgt mit der ST 4 S ABS liebäugeln – sie bleibt eine echte Ducati. Rot, schnell, aufregend und immer ein Stück sportlicher als die Konkurrenz von BMW und Honda. Die wiederum mit Ausgewogenheit, respektive Charakter und Komfort kontern.

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Verzögerung Fahrbahnabsätze

Eine überstehende Trennfuge oder einen Brückenabsatz nimmt die BMW bei voller Verzögerung völlig gelassen. Selbst bei maximaler Verzögerung hat das Telelever noch genügend Federweg-Reserven. Bei der Ducati reagiert die Regelung erneut träger, das Vorderrad blockiert fast vollständig. Das der Honda erreicht kurzzeitig ungefähr 60 Prozent Schlupf.

ABS-Vergleich - Impulsgeber

Mit einem ABS für Sportfahrer setzt Ducati neue Akzente in der Bedeutung des Sicherheitsfeatures für Zweiräder. Wie kann es sich gegen die arrivierten Systeme behaupten?

Geht es um die Existenzberechtigung von Antiblockiersystemen, ringen vom Hersteller bis zum Kunden alle hartnäckig um Pro und Contra. Dabei ist die Technik dem Menschen in vielen Situationen erwiesenermaßen haushoch überlegen. Der blitzartig ausscherende Pkw auf der Autobahn, das unerwartet hinter einem geparkten Auto auftauchende Kind, nasses Bitumen just in der Bremszone verlangen nicht nur das letzte Quäntchen an Bremsweg, sondern auch absolute Fahrstabilität bei der panikartigen Schreckbremsung. Nur wenn das ABS ein blockierendes Vorder- oder Hinterrad verhindert, lässt sich ein Sturz vermeiden. Viele Beispiele also, die sich zwar nicht alle nachvollziehen lassen, doch Standardsituationen im MOTORRAD-Test bieten gute Vergleichsmöglichkeiten.So zum Beispiel die Vollbremsung auf trockener und nasser Fahrbahn. Ebenso der Reibwertsprung, der den berühmten Ölfleck simuliert. Oder der Fahrbahnabsatz, der blitzschnell zum Stillstand des Rads führen kann. Diese Aufgaben mussten die unterschiedlichen Systeme meistern: die BMW R 1100 S mit Teilintegralbremssystem, Bremskraftverstärker und ABS, die Honda VFR mit Verbundbrems- und Antiblockiersystem und die Ducati ST 4 S mit konventioneller Bremsbetätigung und nun ebenfalls ABS. Bereits die Verzögerung auf trockener Fahrbahn zeigt die unterschiedlichen Philosophien auf. Mit beiden Bremsen erreicht die BMW hervorragende Werte. Das ABS greift sporadisch, aber deutlich spürbar ein. Nur mit dem Handhebel verzögert, der die vordere und hintere Bremse betätigt, liegt die Verzögerung (Seite 58) auf ähnlich hohem Niveau. Mit der Fußbremse, also ausschließlich mit dem hinteren Stopper ist der Anhalteweg dann mehr als doppelt so lang. Die Honda VFR verhält sich dagegen unauffällig, fast periodisch regelt sie während des gesamten Bremsvorgangs und vermittelt ein ungemein sicheres Gefühl. Sie benötigt allerdings zwei Meter mehr bis zum Stillstand. Die Erklärung: Um ein abhebendes Hinterrad zu vermeiden, schneiden die Honda-Techniker das letzte Quäntchen Verzögerung ab. Erstaunlich exakt reproduzierbar verzögert die Honda ein ums andere Mal mit 9,3 m/s². Wird nur der Handhebel betätigt – auch er aktiviert sämtliche Bremsen –, bleibt die VFR weitere zwei Meter später stehen. Allein mit der Fußbremse sticht sie aufgrund ihrer Verbundbremse, die auch die vorderen Stopper betätigt, die Konkurrenz mit 47,6 Metern klar aus. Dazu muss sich der Fahrer aber regelrecht aufs Bremspedal stemmen. Im Gegensatz zu Honda gehen die Ducati-Techniker aufs Ganze und schöpfen die vorhandenen Kraftschlussreserven voll aus. Doch diese Auslegung führt je nach Reibbeiwert zwischen Straße und Reifen zu einem sehr indifferenten Verhalten. Bei Außentemperaturen von nur fünf Grad Celsius sorgt bereits ein sich langsam erwärmender Reifen zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen. Anfangs arbeitet das ABS heftig, die Ducati steht nach rund 40 Metern. Bei geringem Grip grob regelnd, was sich durch harte Impulse in Hand- und Fußhebel äußert, verkürzt sich der Bremsweg mit steigender Reifentemperatur stetig. Bis die Reifenhaftung schließlich so stark ansteigt, dass das ABS nicht mehr eingreift. Der Fahrer bestimmt durch die Gratwanderung am Überschlag den Anhalteweg – beim Bremsprofi sind’s sensationelle 37,7 Meter. Nur mit der vorderen Bremse fällt die Ducati – sie kommt dann öfters in den Regelbereich – deutlich ab. Auf nasser Fahrbahn vorn und hinten gebremst, erzielen alle drei Maschinen fast gleiche Ergebnisse (rund 41 Meter) – abermals auf ganz unterschiedliche Weise. Die BMW fällt noch stärker durch unregelmäßige ABS-Eingiffe auf. Die Honda verhält sich so unauffällig wie im Trockenen und vermittelt das sicherste Gefühl, während die Ducati mit heftigen Regelattacken vom knallharten Zupacken bis zum völligen Öffnen der Bremse selbst auf nassem Asphalt immer wieder Rodeo mit abhebendem Hinterrad spielt. Den Reibwertsprung (Seite 57) simuliert ein für alle Messungen exakt reproduzierbarer, bewässerter Farbfleck, der einen Reibungskoeffizienten ähnlich nassem Kopfsteinpflaster besitzt. Der Qualität der ABS-Regelung spürt MOTORRAD mit einem Drehzahlsensor am Vorderrad nach. Bei der BMW und der Honda gerät das Vorderrad zwar kurzzeitig in hohen Schlupf, erreicht aber schnell wieder die stabilisierende Raddrehzahl. Anders die Ducati: Das Rad blockiert nahezu vollständig und benötigt fast die doppelte Zeit, um erneut die volle Drehzahl zu erreichen. Bei mehreren, aufeinander folgenden Versuchen liftet selbst das ausgeklügelte System der Honda nach dem Farbfleck schon mal das Hinterrad und noch stärker die BMW. Bei der Ducati ist so extrem, dass der Pilot den Bremsdruck blitzartig abbauen muss, um den Überschlag zu verhindern. Wieder ein anderes Bild liefert die letzte Disziplin, das Überfahren eines Brückenabsatzes oder einer Betonfuge bei voller Verzögerung (Seite 57). Die BMW zeigt sich von dem Hindernis nahezu unbeeindruckt. Aus dem Testbetrieb ist jedoch bekannt, dass die R 1100 S bei ausgeprägten Bodenwellen durch plötzliches und unerwartet langes Öffnen der Bremse erschrecken kann. Die Honda reagiert auf das Überfahren einer Fuge stärker auf die Radlastschwankungen. Das Vorderrad der Ducati kommt erneut fast zum Stillstand und braucht länger, bis es wieder mit Fahrzeuggeschwindigkeit rollt. In der Summe ihrer Eigenschaften können also die etablierten Systeme von BMW und vor allem von Honda im Regelverhalten einen klaren Entwicklungsvorsprung für sich verbuchen. Speziell in puncto Überschlag sollten sich BMW, insbesondere aber Ducati schnell etwas einfallen lassen. Für Otto-Normalfahrer muss beim blitzartigen, vollen Griff in die Bremse die Fahrstabilität absolute Priorität vor dem letzten Quäntchen Bremsweg genießen. Trotzdem ist das Ducati-ABS eine willkommene Bereicherung, die vielleicht endlich den Weg des ABS ins Lager der Supersportmotorräder ebnen kann.

1. Platz - Honda VFR-ABS

Der Punktemaximus. Warum? Ganz klar, auf der VFR fühlt man sich sofort zu Hause und trotz des hin und wieder unschlüssig agierenden V-Tec ist Hondas V4-Tourensportlerin eine geschliffene Partnerin auf fast jedem Parkett. Agiles Handling und hoher Komfort machen Lust auf kurzen wie langen Strecken. Hinzu kommt das unauffällig agierende, wirkungsvolle ABS. Einen Wunsch haben wir allerdings: Bitte macht den Liter Hubraum voll. Damit die VFR auch untenrum richtig loslegt.

2. Platz - BMW R 1100 S

Der Sportboxer bezirzt – leicht modifiziert - die Zuschauer im GP-Rahmenprogramm, ist gut genug für haarsträubende Duelle am Rande der Fahrphysik. Genauso gut brummt er täglich über die Hausstrecke und trägt Fahrer samt Passagier plus Koffern in den Jahresurlaub. Am liebsten über Straßen hinterletzter Ordnung, denn da kommen seine Fahrwerkstalente voll zur Geltung. Bis auf das etwas harsch zupackende Bremssystem und die Motorvibrationen ist die S ein Tourensportler im Wortsinn.

Verzögerung Fahrbahn trocken

Das ABS der BMW greift auf trockener Fahrbahn sporadisch ein und sorgt für hohe Verzögerung. Bei der Ducati regelt das ABS je nach Kraftschluss zwischen Reifen und Fahrbahn entweder gar nicht oder ziemlich stark und unregelmäßig, das Rad gerät immer wieder in hohen Schlupf. Bei der Honda tritt zu Beginn der Bremsung stärkerer Schlupf auf, anschließend begrenzt periodisches Regeln die maximale Verzögerung.

3. Platz - Ducati ST 4 S ABS

Ducati hat es geschafft, der ST 4 S das passende ABS zu verpassen: knackig, sportlich, streng – und nicht ganz perfekt. Fans der verkappten Sportlerin können daher trotz des bremsenmäßigen Notfallschirms weiterhin umherbrennen, was das Zeug hält, auf der letzten Rille balancieren und sich am unverfälscht-ehrlichen Charakter erfreuen. Zumal die Stopper härter beißen als zuvor und auch das Fahrwerk kaum Schwäche zeigt. Ebenso wie der Motor, der allerdings im Drehzahlkeller Nachsicht verlangt.

Verzögerung Reibwertsprung

Beim Überfahren einer Kreisfläche mit äußerst geringem Reibwert gerät das Vorderrad der BMW in ungefähr 60 Prozent Schlupf, das ABS gibt die Bremse aber schnell wieder frei. Die Regelung der Ducati arbeitet weniger sensibel, das Vorderrad kommt fast zum Stillstand und benötigt mehr Zeit, um wieder auf Geschwindigkeit zu kommen. Die Regelung der Honda reagiert ähnlich wie die des BMW-ABS.

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Erscheinungsdatum 15.09.2023