Aprilia, Honda, KTM, F.B Mondial und Suzuki buhlen mit völlig verschiedenen 125ern um die Youngster: Doch welches Konzept holt den Sieg im Vergleichstest? Roadster, Sportler, Retro-Bike oder Supermoto?
Aprilia, Honda, KTM, F.B Mondial und Suzuki buhlen mit völlig verschiedenen 125ern um die Youngster: Doch welches Konzept holt den Sieg im Vergleichstest? Roadster, Sportler, Retro-Bike oder Supermoto?
Nordvogesen, an einem herrlichen Wintertag: Golden strahlt es noch hier und da, während der Nebel langsam aus den Tälern kriecht, unter kristallklarem Himmel spektakulär stimmungsvolle Szenen freigibt. Vor allem leere, griffige Straßen, unser Spiel- und Testplatz für den Vergleich der 125er-Konzepte. Gut gelaunt ist die Truppe, Grandseigneur Test, Schorschi, auf der Supermoto: Aprilia 125 SX. Unser hoch motivierter Volontär Fabian auf dem Retro-Bike F.B Mondial HPS 125i. Meine Wenigkeit auf dem Roadster, Honda CB 125 R. Praktikantin Angelina mit dem Sportler KTM RC 125. Und, last but not least, Logistikgenie Tobi, auch auf Sportler, nämlich Suzuki GSX-R 125. Ein bunt gemischtes Feld also. Wie funktionieren die einzelnen Konzepte in der Achtelliterklasse? Welches Bike hinterlässt insgesamt den stimmigsten Eindruck?
Auftritt Aprilia SX 125: ein Bild von einer Supermoto. Drahtig, schlank, hoch. So animiert die SX, dem Aprilia-Leitspruch nachzueifern: Be A Racer! Komfort-Features sucht man dementsprechend vergebens, Alltag können die anderen besser. Die Sitzbank ist bretthart, das Cockpit wirkt spartanisch bis billig, die Reichweite fällt bei winzigen 6,2 Litern Tankinhalt, nun ja, bescheiden aus. Schwamm drüber, die SX will Spaß machen. Deshalb gut, dass Aprilia beim Motor nachgearbeitet hat. Dieser wird, wie die ganze Maschine, bei Zongshen in China gebaut, man kennt den Motor auch schon aus RS und Tuono 125. Ein neues Mapping sowie das geänderte Umfeld (Airbox und Auspuff) bringen ihm, verglichen mit den Schwestern, etwas mehr Druck in der Mitte. Steht ihm gut! Auffällig außerdem der butterweiche Lauf dieses Exemplars – das haben wir von der Tuono viel kribbeliger in Erinnerung. Weil die SX kurz übersetzt ist und mit 137 Kilo nicht zu schwer, gehen die Fahrleistungen trotz des schlussendlich nur mittelmäßigen Motors aber voll in Ordnung.
Das Handling? Über den breiten Lenker lässt die Aprilia SX 125 sich extrem easy und spielerisch abwinkeln, gelingen knackige Schräglagenwechsel von allen Maschinen im Feld am leichtesten. In engsten Kehren auf der Sitzbank bis ganz nach vorne rutschen, oben bleiben, die Maschine drücken, mit Schwung ums Eck – Wildes Supermoto-Fahrgefühl! Schade aber, dass Aprilia keine einer solchen Fahrmaschine angemessenen Reifen spendiert hat. Der CST rollt holzig, haftet wenig definiert. Auch schade: ABS arbeitet nur vorne, hinten darf auf der Bremse munter gerutscht werden. Lustig nur so lange, bis einer weint. Außerdem spricht das Fahrwerk ziemlich mies an. Nichts gegen sportive Härte, aber diese Gabel schießt weit übers Ziel hinaus.
Steinhart, perfektes Stichwort zur Vertreterin der Kategorie Retro: F.B Mondial HPS 125i, einst als „Hipster“ vorgestellt. Bei ihr sind es die hinteren Stereofederbeine, die die Fahrt auf holprigem Asphalt zum Rodeoritt werden lassen. Ein Hinweis auf das Motto der HPS 125: „Wer schön sein will, muss leiden!“ Sie ordnet gutes Fahrverhalten dem guten Aussehen unter, Letzteres aber gelingt mit Bravour. Diese stilsichere Linienführung von Tank und Bugspoiler, wie ein italienischer Maßanzug. Eine schicke Sitzbank, Drahtspeichenräder und der hoch verlegte Doppelrohrauspuff, dann überall schicke Logos und Embleme… Badge Engineering in seiner schönsten Form, denn gebaut wird auch die Mondial komplett bei Zongshen.
Dass die Sitzposition eine kleine Katastrophe ist, mit den spitz angewinkelten Beinen und dem Auspuff, der rechts immer im Weg ist? Dass der Bremsanlage ABS fehlt, stattdessen das unterlegene Verbundbremssystem CBS verbaut ist, wo Hand- und Fußbremshebel je auf beide Bremszangen vorne und hinten einwirken? Dass der Motor, der gleiche übrigens wie in der Aprilia, hier kräftig vibriert und eher müde rüberkommt? Unharmonisches Fahrwerk, träges Einlenken, schwache Erstbereifung? In der Punktewertung tödlich, wo die Aprilia SX 125 der hübschen F.B Mondial HPS 125i gnadenlos die rote Laterne umhängt. Aber alles vergessen beim stilsicheren Auftritt in der City. Sehen und gesehen werden! Mordsaufriss selbst bei jedem Tankstopp. Dank ganz ordentlicher Verarbeitung schaut man sie sogar gern in der Garage an. Oder gleich im Wohnzimmer.
Ein Befund, den man für die Honda CB 125 R in etwas abgemilderter Form auch treffen kann. Chic gemacht, die in Thailand produzierte CB, sehr hochwertige Anmutung. Die Schweißnähte, Lack und Oberflächen, das Finish, alles wirkt sehr erwachsen. Dafür einen Fünfer ins Phrasenschwein, und zum Handling der Honda: Beinahe so zackig wie die Aprilia biegt die mit 127 Kilo deutlich leichteste Maschine im Feld ein, dabei aber viel stabiler. Ist damit leichter zu fahren.
Ein toller Kompromiss zwischen handlich und verlässlich, süchtig machend die Neutralität im Einlenken. Weil außerdem die Gabel herrlich fein anspricht und gut dämpft, weil das hintere Federbein sauber pariert, weil das ABS zum Besten der Klasse zählt und weil die Bremse nach stumpfem Ansprechen kräftig packt, darf sich die extrem ausgewogene Honda CB 125 R mit dem Prädikat „beste 125er in diesem Vergleich“ schmücken. Außerdem: Die Ergonomie ist zwar kompakt, aber versammelt, etwas angriffslustig und zugleich saubequem. Weil leicht, kommt die Honda trotz des mit 13 PS nominell schwächsten Motors gut mit. Dem einzigen Zweiventiler geht Richtung 10.000/min, wo die anderen richtig aufblühen, die Puste aus. Aber dank starker Mitte fühlt man sich nie unterlegen, Laufkultur und Gasannahme des Motors sind ausgezeichnet. Selbst der Klang ist erwachsen, satt und prall.
Fehlende Spitzenleistung, kein Problem der KTM RC 125. Mit exakt 16,4 PS dehnt die RC 125 das gesetzlich Erlaubte bis an die Grenze. Wie das Leistungsdiagramm zeigt, übertrumpft sie die Konkurrenz allerdings nur in einer deftigen Spitze bei rund 9.500 Umdrehungen. Das hilft ihr bei der Beschleunigung, weniger aber beim Durchzug. Dabei braucht die KTM die Mehrleistung, denn mit 157 Kilo ist die RC etwas wohlbeleibt geraten. Stichwort Baukasten, denn von den vielen Gleichteilen mit der großen RC 390 stammt das Gewicht: prächtiger Gitterrohrrahmen, feine Gussschwinge, breite Felgen, hinten wie die Honda mit 150er-Reifen. Mächtiger Auftritt eines großen Motorrads, mit dem die Besatzung aber auch umgehen muss. So ist die Sitzhöhe zwar bei beiden gleich, da die KTM aber breiter baut, das Schrittbogenmaß also größer ist, macht sie es kleineren Fahrern nicht leicht.
Lenkerstummel bringen Heizer-Gefühle, können im Alltag aber anstrengen. Genial ist weiterhin die Soziussitzbank, die im Look einer schwarzen Abdeckung daherkommt – dafür allerdings wenig Halt bietet. Kompromisslos sportlich, wie der Look es suggeriert, ist das Fahrverhalten der RC nicht. Eher geschmeidig. Gabel und Federbein sind weich abgestimmt, wohl ein Zugeständnis an Märkte mit schlechten Straßenverhältnissen. Wie Indien, wo alle KTMs bis 390 Kubik vom Band rollen, so auch die RC. Nicht unbedingt flink fährt sie, aber stämmig satt – am ehesten wie ein großes Motorrad. Die Erstbereifung – Michelin Pilot Street – geht in Ordnung, eine Wucht ist die Bremse, das ABS regelt sehr fein. Zwar sind die Schaltwege etwas lang, aber die KTM RC 125 trägt mit das beste Getriebe im Feld. Etwas weich war aber die Kupplung des Testmotorrads.
Womit wir bei der Suzuki GSX-R 125 angekommen wären, dem zweiten Sportler im Feld. Die, ganz im Gegensatz zur KTM, zierlich und kompakt wirkt – auch beim Blick hinter die Kulissen, sprich Verkleidung, wo dünne Rahmenröhrchen, eine billig wirkende Schwinge und Gabel zum Vorschein kommen. Dem letztlich gar nicht so günstigen Preis der Suzuki scheint das nicht ganz angemessen. Sie wirkt wie zu heiß gewaschen, kommt damit aber Kleinen sehr entgegen. Den großen Auftritt überlässt sie, sieht man einmal von der feschen MotoGP-Lackierung ab, also den anderen.
Doch sie stapelt tief mit dieser Zurückhaltung, denn die Suzuki GSX-R 125 hat nicht nur den mit Abstand besten Motor im Feld, sondern fährt fast genauso gut wie die Honda. Der Antrieb ist deutlich kurzhubiger ausgelegt als bei der Konkurrenz, dementsprechend dreht die blaue Rennsemmel noch munter weiter, wo die anderen schon lange die Segel gestrichen haben. Bis 12.000 Umdrehungen pro Minute! Wer dann flink im tollen Getriebe den nächsten Gang nachlädt, findet perfekten Anschluss, hat sofort wieder Leistung. Und das Chassis ist stabiler, als es aussieht, federt und dämpft zudem, besonders hinten, sehr ansprechend. Dann bissige Bremsen, Top-ABS sowie gute Dunlops, fertig ist ein zweiter Platz hinter Honda, vor KTM.
Motorradkauf ist immer Geschmackssache, erst recht bei den A1-Maschinen. Und die Geschmäcker sind bekanntlich verschieden. Blendet man aber die individuellen Vorlieben aus, bleibt am Ende dieses Konzeptvergleichs viel Handfestes als Entscheidungshilfe. So hat sich die Aprilia als ziemlich kompromisslos präsentiert. Wer mit dem Fehlen von Komfort und Ausstattung leben kann und mit der lächerlichen Reichweite, findet in ihr ein ganz freches Feuerzeug. Irre verspielt, will konzentriert gefahren werden. Eine echte Supermoto eben, das zündet auch als 125er.
Das krasse Gegenteil dazu die Mondial: wunderhübsch, verspielt nur in der Optik, gibt sich beim Fahrverhalten keine große Mühe. Ein echter Blender, und das ist nicht mal despektierlich gemeint. Das RetroGerät taugt für die Stadt und fürs Gefühl. Dort lassen sich die zahlreichen Schwächen dann verschmerzen. „Wie eine Große“, das wohl meistgenannte Urteil zur KTM. Wie keine andere 125er versteht es die RC, sich als ausgewachsenes Motorrad zu inszenieren, mit allen Vor- und Nachteilen. Was leider seinen Preis hat, und der knackt mit Nebenkosten die 5.000 Euro! Überhaupt sind diese 125er, vielleicht abgesehen von der Mondial, keine Schnapper, aber bei der KTM stimmt immerhin der Gegenwert. Auch Sportler, fordert die kleine Suzuki weniger Zugeständnisse im Alltag als die KTM, ist dadurch das vielseitigere Motorrad. Und das schnellere ohnehin: Keine 125er rennt so herrlich wie die GSX-R. Für Sportsfreunde eine gute Wahl, richtig billig ist aber auch sie nicht. Schließlich der Roadster, die Honda CB 125 R: Hat dank guter Ergonomie konzeptbedingte Stärken im Alltag, funktioniert immer und überall. Kann, weil bis ins Detail gut gemacht, auch Spaß. Ist chic, bezahlbar, realistisch eingepreist, verbraucht relativ wenig. Was ihr schließlich den haushohen Testsieg einbringt.