Herbstausfahrt mit MOTORRAD-Dauertestern 2011
MOTORRAD-Dauertester auf Biertour

Männerträume - da mag der Rest der Welt an Schlüpfriges denken, die Redaktion MOTORRAD tut es nicht! Wir träumen sogar von zwei Rädern. Ganz besonders von der Biertour des action teams. Jetzt war es endlich so weit. Ein Lagebericht zwischen Hopfen und Malz.

MOTORRAD-Dauertester auf Biertour
Foto: Jahn

Die ersten Seiten des action team-Katalogs haben es in sich. Gletscher in Patagonien und Alaska, brasilianische Wasserfälle, australische Wüsten oder skandinavische Schneelandschaften. Alles schön, alles exotisch - leider aber alles völlig ungeeignet, wenn es darum geht, den versammelten Dauertestfuhrpark zur traditionellen Herbstausfahrt zu bitten. Doch dann, irgendwo zwischen Istrien und Südpolen, bleibt das Auge automatisch hängen. „Hopfen, Malz und Bier“, titeln die Teamler, versprechen Kurvenspaß pur in Kombination mit feuchtfröhlichen Bierverkostungen unter der Ägide von Motorradfan, Hotelier und Biersommelier Bernhard Sitter. Und wo? Vor der Haustür, im Bayerischen Wald.

Das hört sich doch gut an! Aber was macht das Wetter? Mitte Oktober kann es schon einmal ungemütlich werden in deutschen Mittelgebirgen. Eine Feucht- und Kaltfront von Nordwest rollt an, ein Temperatursturz von mehreren Grad ist zu erwarten. Doch es gibt da eine winzige Stelle im Südosten, so rund um Passau, wo für die nächsten zwei, drei Tage noch mit trockenem Wetter zu rechnen ist. Das muss Vorsehung sein und passt uns wie ein kühles Blondes zwischen Milz und Leber. Jetzt bloß keine Zeit verlieren, kurzer Anruf im „1. Bier- und Wohlfühlhotel“ Gut Riedelsbach. Zimmer frei, alles klar - morgen rücken wir aus.

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Oder besser: Sieben rücken aus, denn einer fährt etwas früher los. Stefan hat sich die Mini-Duke von KTM geschnappt, ein Navi montiert und fährt praktisch Luftlinie, während der Rest der Truppe über München und Deggendorf anreist. Rund 400 Kilometer Autobahn will er sich mit dem „Quietscherle“ nicht antun. Alle anderen sind ihm ewig dankbar, müssen nicht mit 110 km/h über die BAB schleichen. Dafür limitiert etwas anderes den Reiseschnitt, und zwar die beschränkte Reichweite der Aprilia RSV4 R. Nach exakt 220 Kilometern verhaltener Autobahnfahrt und 42 Kilometern auf Reserve ist absolut Ebbe im Tank, nach sechs Kilometern SchiebeEinsatz der Mitreisenden ist endlich eine Aral-Tankstelle in Sicht. 16,2 Liter gehen ins staubtrockene Aprilia-Spritfass - das macht 7,4 Liter auf 100 Kilometer, am Ende wird sich die italienische Diva bei 7,8 Litern einpegeln. „Die fängt ja jetzt schon an zu saufen“, spöttelt David, der 24-jährige Zweiradmechaniker und Gaststarter aus Göppingen, dem sich der tiefe kulturelle Sinn dieser Reise scheinbar nicht vollständig erschlossen hat. Außerdem kennt er die üblichen Trinksitten der Aprilia nicht. Im letzten Jahr, bei der Herbstausfahrt am Gardasee, mit vielen Höhenmetern und ohne eine bremsende 125er im Feld, schrammte sie knapp an der Zehn-Liter-Marke vorbei.

Doch zurück ins Bayerische, Ausfahrt Aicha vorm Wald, idyllisch gelegen zwischen Deggendorf und Passau. Der zweite Tankstopp - und der Treffpunkt mit Stefan, der über Land knapp eine Stunde länger brauchte. Und ungefähr 500 Schaltvorgänge mehr, denn der kleine Vierventiler müht sich zwar redlich, kämpft trotz tapferer 16 PS bei der Dauertest-Eingangsmessung (KTM verspricht nominell 15 PS) mitunter aber recht erfolglos gegen die Fahrwiderstände an. „Diese ewige Schalterei zwischen dem fünften und sechsten Gang nervt“, schimpft der 1,86-Mann und Rollerfan, den gerade Leistungszwerge wie die KTM in der Regel zu fahrerischen Großtaten anspornen, während er Kraftmeiern wie der Aprilia nichts abgewinnen kann.

Jahn
Victory Hammer S, Kawasaki Z 1000, Ducati Multistrada 1200 S, KTM 125 Duke, Honda CBR 600 F, Yamaha XT 1200 Z Super Ténéré und Triumph Tiger 800 XC bei der Herbstausfahrt.

Apropos Vorlieben und Vorurteile: Natürlich rückt bei der Herbstausfahrt mit acht so unterschiedlichen Motorrädern jeder der acht Fahrer mit der durch unzählige Vergleichstests geprägten Erwartung aus, dass so verschiedenartige Motorräder mit zum Teil sogar gegensätzlichen Eckdaten nicht miteinander ausfahren können. Doch das ist ein Irrtum. Im Gegenteil: Hier, wo statt der Kleinigkeiten nur die wirklich großen Dinge zählen (oder wie soll man einen Hubraumunterschied von rund 1600 Kubikzentimetern zwischen der KTM und der Victory beschreiben?), rückt die Motorradwelt auf wunderbare Weise ganz dicht zusammen.

Beispiel gefällig? Wenn Fuhrparkchef Rainer seine geliebte Hammer S mit Hingabe durch das wunderbar flüssige Kurvengeschlängel Richtung Fürstenstein und Schönberg treibt, wird Stefan auf der KTM dahinter aus Sorge um ihn ganz schummrig, obwohl die gerade anliegende Schräglage für die schmal bereifte KTM (150/70 zu 250/40) ein Witz ist und er es gerne viel schneller ins Eck laufen lassen würde. Ist die Hammer S aber einmal auf Kurs gebracht, schmettern sie rund 140 Newtonmeter und die satte Haftung des mächtigen Reifens so nachhaltig nach vorn, dass die kleine Duke überhaupt kein Land sieht und abreißen lässt. Doch die Lösung ist einfach. Von nun an fährt die KTM vor, die anderen hinterher. Langweilig für die PS-Protze, denken Sie? Nein, im Gegenteil. Denn erstens ist es immer wieder ein erhebender Anblick, wenn die Kollegen wie an einer Perlenkette aufgereiht um die Ecken pfeifen. Und zweitens ist die kleine Duke so langsam nicht. Daran ist auch das Revier nicht ganz unbeteiligt. Hier gibt es nicht nur praktisch in jedem Dorf eine eigene Brauerei, sondern auch Kurven, Kurven, Kurven.

Über Grafenau und Frauenau geht es in einem Schlenker nach Zwiesel, bevor ein Blick auf die Uhr zur Umkehr mahnt. Kurven hin, Kurven her, sobald die Sonne weg ist, wird es auch in diesem schönen Fleckchen Deutschland empfindlich kalt. Und auf Gut Riedelsbach, rund 60 Kilometer entfernt direkt im Dreiländereck von Deutschland, Österreich und Tschechien gelegen, wartet Bernhard mit seinem selbst gebrauten Bier.

Also retour, Kurs Südost. Wieder wird durchgetauscht. Dabei fällt auf, dass trotz individueller persönlicher Vorlieben eine Kategorie ganz vorn in der Fahrergunst liegt. Ducati Multistrada 1200 S, Triumph Tiger 800 XC, Yamaha XT 1200 Z Super Ténéré - egal ob bei der Anreise auf der Autobahn oder auf einer Landstraße dritter Ordnung, die Reiseenduros sind zuerst besetzt. Die Gründe dafür sind hier, wo es weder um Prestige noch um beinharten Wettkampf geht und niemand schneller sein muss als der andere, rasch benannt. Der mit Abstand wichtigste: die relaxte Sitzposition, die selbst Sport- und Chopperfreaks nach ein paar Hundert Kilometern im Sattel zu schätzen wissen. Dazu kommt die Eigenschaft dieser Fahrzeuggattung, schon auf den ersten Metern Vertrauen aufzubauen. Während man sich beim Umstieg von der Victory auf die KTM oder der Kawasaki Z 1000 auf die Aprilia jedes Mal wieder auf die Neue einschießen muss. Diese moderat bereiften, komfortabel gefederten und ordentlich motorisierten Allrounder passen auf jede Straße und zu jedem Fahrer. Eine Eigenschaft übrigens, die ebenso auf den jüngsten Neuzugang im Dauertestfuhrpark, die Honda CBR 600 F, zutrifft. Auch auf ihr sitzt es sich gelassen, fährt es sich neutral. Den Komfort der Reiseenduros kann sie jedoch nicht bieten, den Druck aus dem Drehzahlkeller erst recht nicht.

Jahn
Die Dauertester angeführt von der Honda CBR 600 F gefolgt von Aprilia und Triumph.

Es ist bereits dunkel, als wir Gut Riedelsbach erreichen. Der Gastraum ist voll, Bernhard Sitter empfängt uns in Arbeitskleidung. Das heißt bei ihm: knielange Lederhose, Weste mit unzähligen Stickern, Holzschuhe mit unterschiedlichem Fellbesatz, barfuß. Immer, auch im Winter und auch auf dem Motorrad, darauf legt er Wert. Sein Motorrad - das ist neben einer altgedienten Honda Varadero neuerdings auch eine fette Triumph Rocket. Sein Händler sei gut, und irgendwie passe dieses Bike zu ihm, oder? Wir schauen ihn an, schauen uns an, nicken. Etwas anderes als ein 2,3-Liter-Gerät kam für diesen Mann ganz gewiss nicht infrage.

Ein anderer Job vermutlich auch nicht. Sitter braut Bier, gutes Bier. Sitter Bräu, in der eigenen Brauerei in homöopathischen Dosen. Dunkles, Blondes, Pils - jedem das Seine, alles frisch, denn das Bier aus Hausbrauereien, erläutert Sitter, sei keine Konserve und nur wenige Wochen haltbar, während das Bier der Großbrauereien durch entsprechende Abfülltechnologie zwischen sechs Monaten und einem Jahr genießbar bleibe. Daher müsse sein Gebräu möglichst umgehend verköstigt werden, erklärt der Chef. Okay, verstanden, wir helfen mit.

Am nächsten Morgen sind trotzdem alle auf. Sitter und seine Rocket sind zum Start bereit. Textilhose, Softshell-Jacke, die nackten Füße in zweifarbigen Holzschuhen. Erst zum Tanken nach Österreich (die Aprilia läuft schon wieder seit geraumer Zeit auf Reserve), dann durch den Mühlkreis hin-über nach Tschechien in den Böhmerwald, entlang am Moldaustausee, auf der anderen Seite zurück, hinauf nach Krumau - und retour. Die Aprilia erschreckt mit ihrem Startgebrüll die Kühe und weckt die übri-gen Gäste, die Kawa plärrt mit erhöhtem Standgas vor sich hin, der Ducati-Anlasser würgt bei der Kälte noch mühevoller die Kolben über den oberen Totpunkt, und das Getriebe der Victory gibt Schläge von sich, die den Bayerischen Wald erschüttern. Kawa (nachgerüstet), Triumph und Yamaha heizen die Fahrerhände per Heizgriff auf, für die Supersportreifen der RSV4 R wünscht man sich Heizdecken. Der Bierfachmann voraus gibt mächtig an, nutzt seine Streckenkenntnis, doch David klebt ihm mit der kleinen KTM tapfer am Hinterrad. Nur nicht den Schwung verlieren.

Hier, im Grenzgebiet, prallten vor gar nicht langer Zeit noch Systeme und Weltanschauungen aufeinander, was sich auch in der Besiedlung widerspiegelt. Das westliche Seeufer des Moldaustausees, nahe der alten Grenzanlagen, ist fast unbewohnt, die andere Seite ist ein tschechisches Ferienparadies. Immer wieder biegt unser Tourguide von den Hauptverkehrswegen ab, kennt kleine und kleinste Straßen, führt uns zu Ecken, die wir nie gefunden hätten. Und verabschiedet sich an der Staumauer des Sees, während wir noch den reizvollen Trip über Krumau machen und dann über Strazny im Nordwesten nach Riedelsbach zurückkehren.

Am Abend dann nach einer kleinen Abhandlung über Bier (siehe Kasten rechts) eine Führung durchs hauseigene Privatmuseum, bevor die zusehends promillelastigere Diskussion beinahe zwangsläufig in zweirädrigen Weltanschauungen mündet. Markus, der Fotograf und Hobby-Crosser, war zum ersten Mal seit Jahren wieder auf einem Supersportler unterwegs - und kam mit der Aprilia überhaupt nicht klar. „Das braucht kein Mensch!“, schimpft er über deren vermeintliche Schwächen wie das straffe Fahrwerk, die sportliche Sitzposition und das Soundgewitter des 1000er-V4. Die anderen lachen, denn trotz des gemächlichen Tempos trieb Markus das Feld tapfer vor sich her. Der Autor hingegen verzweifelt wie immer am Kampf mit den Victory-Macken. Die schwergängige Kupplung, die brutalen Getriebeschläge, die Störrigkeit der Hammer-Heckpartie, die weiten Bögen, da-zu Dunkelheit und Kuhfladen - das muss man wirklich mögen. Wie Fuhrparkleiter Rainer, der diesen Kampf immer wieder gern mit einem diebischen Grinsen aufnimmt und ihn in der Regel auch gewinnt. „Das ist eben ein Männermotorrad“, tönt es bierselig aus seiner Ecke, „damit fahre ich euch alle in Grund und Boden! Handling, Komfort, Zielgenauigkeit - das ist doch was für Kinder!“

Jahn
Die Biertour des action teams - ein Lagebericht zwischen Hopfen und Malz.

Die anderen lachen. Aber sie wissen auch: Der meint das ernst. Immer wenn die Victory frei wurde, war Rainer nicht weit. Auf die Aprilia musste er gezwungen werden. Genau wie Stefan, der dafür gerne auf die rot-weiße Kawasaki Z 1000 stieg. Den druckvollen Motor in Kombination mit der kurzen Übersetzung lobte, vor allem aber den aufgezogene Michelin Pilot Road 3, der aus einer bisweilen störrischen Zicke eine geschmeidige Kurven-Queen macht. „Das lenkt jetzt superleicht und präzise ein“, schwärmt Stefan, „und hält dann messerscharf die Linie.“

„Aber das kann die KTM doch noch viel besser“, wirft David, der Gaststarter, ein. „Also mir hat das heute auf der Kleinen richtig Spaß gemacht. Vor der Meute herhetzen, mit viel Schwung in die Ecken stechen. Ich will doch was erleben!“ „Na klar“, gibt Cheftester Karsten zu bedenken. „Hier und heute, in diesem bunten Feld. Aber stell dir mal vor, du hast so ein Ding. Jeden Tag, zu Hause, auf dem Weg zur Arbeit, sonntags auf der Hausstrecke. Dann willst du doch einfach mal Gas geben können. So wie auf der Ducati, wo es richtig vorwärtsgeht. Oder wenigstens so wie auf der Honda!“

Betretenes Schweigen. Die Honda, genau. In all den Debatten unterwegs und auch hier am Tisch spielte das jüngste Kind im Dauertestfuhrpark nie eine Rolle. Fuhr immer mit, war immer da, fiel niemals auf. „Nicht einmal dem, der draufsaß“, sagt Karsten. „Weil sie alles kann, alles macht, einfach gut ist. Und kaputtgehen wird die garantiert auch nicht. Was will man mehr?“ „Etwas erleben vielleicht?“, tönt es aus der Runde. Die Fronten stehen, die Debatte spitzt sich zu. Acht Fahrer, neun Meinungen. Bernhard bringt neues Bier - und einen Vorschlag mit: „Stimmts doch ab, anonym. Jeder nennt die drei Motorräder, die ihm heute am meisten Spaß gemacht haben. Für die Plätze gibt es Punkte - und am Ende einen Sieger.“ Er lacht: „In dieser Hinsicht seid ihr doch Profis. Tut ihr doch sonst auch immer!“

Der Mann hat recht. Die Zettel werden gezückt, es wird aufgeschrieben, durchgestrichen, nochmals revidiert. Am Ende ein klares Ergebnis: Die Yamaha gewinnt mit Abstand (14 Punkte) vor Ducati (9) und Triumph (8). Drei Reiseenduros auf den ersten drei Plätzen. Ein absolut nachvollziehbares Ergebnis. „Und morgen geht es nach Österreich zur Brauerei Hofstetten“, verspricht Bernhard. „Hinab ins Donautal und wieder hinauf, mit reichlich Kurven und reichlich Spaß für alle.“ Darauf trinken wir! Prost!

Victory Hammer S

Jahn
Victory Hammer S.

Sie ist der Hubraumriese im Testfuhrpark und zusammen mit dem Zwerg KTM Duke auch der Exot. Und sie ist schon seit zwei Jahren dabei, was einiges über ihre Beliebtheit bei Fernreisen aussagt.

Doch in dieser Hinsicht tun ihr viele unrecht, denn gemessen an ihrem martialischen Äußeren fährt sich die Hammer S sogar sehr manierlich. Na klar, die Möglichkeiten eines 250er-Hinterreifens muss man sich mit viel körperlichem Einsatz erarbeiten, die Kupplung ist ein Fall für Männer mit Eisenfäusten, und das Getriebe hat die Geschmeidigkeit einer Schrottpresse.

Aber das ist nicht die Schwachstelle der Hammer S. Die Achillesferse ist ein klitzekleiner Lichtmaschinenregler, der den dicken V2 schon zum dritten Mal in die Werkstatt zwang. Darüber hinaus gab es nur Routinechecks, zweimal neue Bremsbeläge und vier neue Reifensätze. Das stimmt zuversichtlich für die noch fehlenden 16000 Kilometer, zumal sich der Motor mechanisch kerngesund anhört.

Daten
Zweizylinder-Viertakt-50-Grad-V-Motor, 1731 cm³, 66,0 kW (90 PS) bei 4900/min, 140 Nm bei 3250/min, Reifen 130/70R 18; 250/40R 18, Sitzhöhe* 710 mm,Tankinhalt 17,0 Liter, Preis 16240 Euro ohne Nebenkosten.

Dauertestbeginn 19.10.2009
Kilometerstand: 34 046


*MOTORRAD-Messungen

KTM 125 Duke

Jahn
KTM 125 Duke.

Als 125er hat sie nicht 50000, sondern nur 25000 Kilometer vor sich. Und blieb, obwohl erst kurz im Fuhrpark, auch bereits einmal stehen. „Zündspule defekt“, lautete die Diagnose bei gut 4000 Kilometern, seitdem läuft die kleine Duke wieder einwandfrei.

Etwas enttäuschend jedoch sind die Fahr-leis-tungen des 137-Kilogramm-Flohs. Um die angegebene Höchstgeschwindigkeit von 115 km/h auf dem exakt anzeigenden Tacho zu erreichen, ist schon sehr viel Anlauf nötig, bei leichten Steigungen oder Gegenwind braucht es den fünften Gang.

Überholen ist demzufolge ein gewagtes Manöver und sollte gut überlegt sein. Das Fahrwerk hingegen gibt keinen Anlass zur Klage, ist wieselflink und wuselig. Besonders im Stadtverkehr wird die KTM deswegen gerne genommen, während sie auf dieser Herbstausfahrt immer dann gut mitfuhr, wenn sie vorne das Tempo machen konnte. Mit viel Schwung in die Kurve - das ist das Patentrezept, mit dem die kleine Duke auch im Feld der Boliden gut mitfährt.

Daten
Einzylinder-Viertaktmotor, 125 cm³, 11,3 kW (15,4 PS) bei 10500/min, 12 Nm bei 8000/min, Reifen 110/70 ZR 17; 150/60 ZR 17, Sitzhöhe* 850 mm, Tankinhalt 11,0 Liter, Preis 3995 Euro ohne Nebenkosten.

Dauertestbeginn 27.5.2011
Kilometerstand: 6614


*MOTORRAD-Messungen

Triumph Tiger 800 XC

Jahn
Triumph Tiger 800 XC.

Sie kam im April und hat schon jetzt über 27 000 Kilometer auf den Speichenrädern. Wer das hochrechnet, käme vermutlich auf einen neuen Dauer-test-rekord, aber dem wird der Winter einen Strich durch die Rechnung machen. Trotzdem: Die Britin ist viel und weit unterwegs. Im MOTORRAD-Dauertest ein untrügliches Zeichen dafür, dass sich auf ihr viele unterschiedliche Fahrertypen zu Hause fühlen.

Tatsächlich zeichnet sich die Triumph - wie übrigens auch die Yamaha - durch zwei Dinge aus. Sie ist zuverlässig, blieb nie liegen, bekam nur Reifen (dreimal), ein neues Mapping und neue Bremsbeläge vorn. Und sie ist einfach zu fahren, bietet weder motor- noch fahrwerksmäßig Überraschungen, sondern besticht durch Berechenbarkeit. Dass sie zudem über große, aber auch breit bauende Koffer verfügt, macht sie für Fernreisende ebenso interessant wie ihr mit 5,4 Liter akzeptabler Testverbrauch und die damit verbundene Reichweite.

Daten
Dreizylinder-Viertakt-Reihenmotor, 799 cm³, 70,0 kW (95 PS) bei 9300/min, 79 Nm bei 7850/min, Reifen 90/90-21; 150/70R-17, Sitzhöhe* 855-875 mm, Tankinhalt 19,0 Liter, Preis** 11962 Euro ohne Nebenkosten.

Dauertestbeginn 15.4.2011
Kilometerstand: 27056


*MOTORRAD-Messungen; **inkl. ABS, Koffersystem, Hauptständer, Ölwannenschutz, Touring-Windschild etc.

Yamaha XT 1200 Z Super Ténéré

Jahn
Yamaha XT 1200 Z Super Ténéré.

Bald ist sie weg, und das werden viele bedauern. Über die letzten 36000 Kilometer hat sich die große und schwere XT nämlich viele Freunde in der Redaktion gemacht. Super Fahrwerk, gute Ergonomie, hoher Langstreckekomfort - das sind die Pfunde, mit denen die Ténéré wuchern kann.

Da verzeiht man ihr ihre schon zu Testbeginn (die Yamaha hatte bereits 10000 Kilometer auf der Uhr) praktisch verschlissene Kupplung. Bei rund 22000 Kilometern wurden die Kupplungsscheiben getauscht, bei 38000 der Steuerkettenspanner. Das war es auch schon, bis auf Reifen und Bremsbeläge. Dafür nervte die Ölstandskontrolllampe, die während der Fahrt oftmals aufleuchtete, obgleich genug Öl im Trockensumpftank war. Zudem ist die Kontrolle überaus umständlich. Auch verbrannte die Yamaha etwas Schmierstoff, unter Volllast auf der Autobahn bis zu einem halben Liter.

Daten
Zweizylinder-Viertakt-Reihenmotor, 1199 cm³, 80,9 kW (110 PS) bei 7250/min, 114 Nm bei 6000/min, Reifen 110/80R 19; 150/70R 17, Sitzhöhe* 845-870 mm, Tankinhalt 22,6 Liter, Preis** 14750 Euro ohne Nebenkosten.

Dauertestbeginn 18.10.2010
Kilometerstand: 46764


*MOTORRAD-Messungen; **inkl. Koffersystem

Honda CBR 600 F

Jahn
Honda CBR 600 F.

Was soll da kaputtgehen? Das war die erste Frage, die zu Beginn des Dauertests gestellt wurde, und sie hat ihre Berechtigung. Denn in der Tat geben ein auf 102 PS heruntergedrosselter Supersportmotor und ein konventionelles Fahrwerk nicht eben zu der Vermutung Anlass, umgehend auseinanderzufallen.

Was also ist während der ersten 11 500 Kilometer passiert? Überhaupt nichts. Bei knapp 6000 wurden die Reifen gewechselt, von den serienmäßigen Bridgestone BT012 auf die spürbar handlicheren Michelin Pilot Road 3, das war es. Kollege Harry Humke fiel einmal um, brach Spiegel und Blinker ab. Die CBR verhält sich insgesamt so unauffällig wie auf dieser Herbstausfahrt. Vibriert spürbar, ist kein Drehmomentriese, aber bequem und einfach zu handeln. Wer das jetzt langweilig nennt, mag recht haben. Dennoch ist der kleinen Sportlerin nichts vorzuwerfen. Im Gegenteil: Funktionieren tut sie prächtig, ist gerade für weniger routinierte Fahrer mit Sportlerherz eine gute Wahl.

Daten
Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, 599 cm³, 75,0 kW (102 PS) bei 12000/min, 64 Nm bei 10500/min, Reifen 120/70 ZR 17; 180/55 ZR 17, Sitzhöhe* 790 mm, Tankinhalt 18,4 Liter, Preis 8990 Euro ohne Nebenkosten.

Dauertestbeginn 17.6.2011
Kilometerstand: 11658


*MOTORRAD-Messungen

Kawasaki Z 1000

Jahn
Kawasaki Z 1000.

So raubauzig die Z 1000 auch daherkommt - sie ist, wie so viele japanische Motorräder, ein Muster an Zuverlässigkeit. Seit sie in der Redaktionstiefgarage vorstellig wurde, wurde an der Kawa fünfmal der Reifensatz gewechselt, einmal der Kettensatz, einmal die Bremsbeläge vorn und einmal, auf Garantie, die Batterie und der Schlosssatz, weil die Batterie den Geist aufgab und das Zündschloss hakelte. Das war es. Nichts, keine Defekte, keine Auffälligkeiten. Die Z 1000 lief - und läuft -am besten mit Michelins Pilot Road 3, der dem trägen Handling und dem indifferenten Einlenkverhalten der Z auf die Sprünge hilft. Ansonsten gibt es noch kernige Vibrationen zu vermelden. Aber die passen zu einem Motorrad mit diesem Auftritt ebenso wie die kurze Übersetzung oder die vorderradorientierte Sitzposition hinter dem aggressiv gekröpften Lenker, die zwar zum Rasen, aber weniger zum Touren taugt. Dasselbe gilt für die straffe Fahrwerksabstimmung.

Daten
Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, 1043 cm³, 101,5 kW (138 PS) bei 9600/min, 110 Nm bei 7800/min, Reifen 120/70 ZR 17; 190/50 ZR 17, Sitzhöhe* 815 mm, Tankinhalt 15,0 Liter, Preis 11295 Euro ohne Nebenkosten.

Dauertestbeginn 12.5.2010
Kilometerstand: 32696


*MOTORRAD-Messungen

Ducati Multistrada 1200 S

Jahn
Ducati Multistrada 1200 S.

Genau ein Jahr ist es her, dass die Multistrada zum Dauertest antrat, dazwischen liegen 23 300 Kilometer und viel Lob für Ducatis ganz neuen Ansatz in dieser Klasse. Vor allem der kräftig zupackende Motor ist es, der das Wesen der Italienerin bestimmt. Einmal im ersten Gang am Hahn gedreht - und schwupp geht die Multistrada (bei ausgeschaltetem DTC) aufs Hinterrad. Dazu lässt sich das Fahrwerk per Knopfdruck zwischen Stadt und Sport in vier Varianten einstellen, ist die Sitzposition nach kurzer Eingewöhnung bequem, der Windschutz gut. Wären da nicht die labberigen und schwer zu befestigenden Koffer und das umständliche Keyless-go-System mit immer warnender Batterieanzeige - es gäbe fast nichts zu meckern. Bis jetzt verbrauchte die Multistrada insgesamt vier Reifensätze, eine neue Schlüsselbatterie und eine Auspuffschelle.

Daten
Zweizylinder-Viertakt-90-Grad-V-Motor, 1198 cm³, 108,8 kW (148 PS) bei 9250/min, 119 Nm bei 7500/min, Reifen 120/70 ZR 17; 190/55 ZR 17, Sitzhöhe* 840 mm, Tankinhalt/Reserve 20,0/4,0 Liter, Preis** 18695 Euro ohne Nebenkosten.

Dauertestbeginn 18.10.2010
Kilometerstand: 23646


*MOTORRAD-Messungen; **inkl. Koffersystem

Aprilia RSV4 R

Jahn
Aprilia RSV4 R.

Um an dieser Stelle eine Liste mit allen bisherigen Defekten der RSV4 R zu führen, fehlt der Platz, darum sei auf die Dauertest-Zwischenbilanz in MOTORRAD 21/2011 verwiesen. In jedem Fall war es einiges, was während der bisherigen eineinhalb Jahre kaputtging und (zum Teil mehrfach) ersetzt wurde. Doch nun, endlich, scheint die schöne Supersportlerin in guter Verfassung und gewillt, den verbleibenden Rest in Würde zu einem guten Ende zu bringen. schön wäre das, denn die Qualitäten des V4-Renners sind schnell beschrieben. Es ist der faszinierende, eigenständige Antrieb, und es ist ein Fahrwerk, das selbst in dieser Hochleistungsliga seinesgleichen sucht. Superhandlich, neutral und stabil fegt die RSV4 durch Radien aller Art, aber eben auch mit der gebotenen sportlichen Härte und mit einer Sitzposition, die Jüngern der aufrechten Fahrt schnell zu anstrengend wird. Bei dieser Herbstausfahrt ist sie daher ebenso Exotin wie auf Urlaubs-touren aller Art.

Daten
Vierzylinder-Viertakt-65-Grad-V-Motor, 1000 cm³, 132,4 kW (180 PS) bei 12500/min, 115 Nm bei 10000/min, Reifen 120/70 ZR 17; 190/55 ZR 17, Sitzhöhe* 840 mm, Tankinhalt 17,0 Liter, Preis 15364 Euro ohne Nebenkosten.

Dauertestbeginn 26.4.2010
Kilometerstand: 36479


*MOTORRAD-Messungen

Die aktuelle Ausgabe
MOTORRAD 12 / 2023

Erscheinungsdatum 26.05.2023