Honda CB 400 Four im Fokus

Honda CB 400 Four/Bimota HB1 im Fokus Four-Urteile

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In den Geschichtsbüchern hat sich die Honda CB 400 Four als erstes Serienmotorrad mit Vier-in-eins-Auspuff verewigt. Mich hatte das einst nicht beeindruckt, die erste Begegnung mit dem kleinen Vierzylinder verlief enttäuschend. Umso überraschender war das Wiedersehen...

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Honda CB 400 F und Bimota HB1.

Mit Vorurteilen ist das so eine Sache. Niemand ist frei davon, und doch werden sie oft verdrängt. Bis man damit konfrontiert wird. Mir ging es im Flurgespräch mit Kollege Andreas Bildl so, als er kürzlich mit großer Begeisterung von seinem ersten richtigen Motorrad erzählte, einer CB 400 Four. Ausgerechnet von jener Maschine, die für mich seit Jahrzehnten den Begriff von der „Luftpumpe“ verkörperte! Sofort waren die Eindrücke meiner ersten Bekanntschaft mit der kleinen Honda wieder präsent, die mir Kumpel Klaus einst für eine kurze Probefahrt überließ. Die Erinnerung an das Nähmaschinenartige Surren des kleinen Vierzylinders, an die Enttäuschung beim Auswringen, weil sich die CB nicht nur beim Sound viel zu sehr zurückhielt, sondern auch beim Gas geben. Viel Drehzahl, wenig Druck – damals, als 18-jährigem Jungspund, reichten mir 30 Minuten auf der CB 400 F, um danach über 30 Jahre lang einen großen Bogen um alles Vier­zylindrige unter einem halben Liter Hubraum zu machen. Als Classic-Redakteur ist es jedoch ziemlich blöd, alle kleinen Vierzylinder in den Generalverdacht der Spaßbremse zu stellen. Das war mir längst klar. Und so nahm ich Gero Hesses Einladung, seine beiden 400er-Hondas zu fahren, gerne an – um mich endlich ganz bewusst mit meiner fest zementierten Meinung ausein­anderzusetzen! Außerdem gibt es ja auch noch so etwas wie die journalistische Neugier, die mich an einem sonnigen September-Montag ins Rheinland begleitet. Dort erwartet mich Gero, der im vergangenen Jahr eher zufällig auf eine originale CB 400 Four von 1977 stieß und sich sofort in die kleine Vierzylindermaschine verliebte. Das will schon etwas heißen, denn der Mann misst immerhin 1,93 Meter! Für die obligatorischen Fotofahrten muss sich der 53-Jährige noch etwas mehr zusammenfalten, um in den spartanisch gepolsterten Höcker seiner seltenen Bimota-Kit-Variante der 400er-Honda zu passen. Die wiederum war das eigentliche Lockmittel, mit dem der selbstständige Kaufmann meine Neugier für die 400er-Hondas weckte. Doch dazu später, denn fahren darf ich die beiden kleinen Vierzylinder erst, wenn alle Fotos im Kasten sind, da lässt der Fotograf nicht mit sich reden. Bei spätsommerlicher Hitze bin ich darüber gar nicht so unglücklich, zumal meine Erwartungshaltung ähnlich bescheiden ist, wie ich die Leistung der Honda in Erinnerung habe – lange kultivierte Vorurteile lösen sich eben nicht so einfach in Wohlgefallen auf.

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Schnörkellos: Honda CB 400 F

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Honda CB 400 Four
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So darf zunächst Geros Kumpel Lutz an den Lenker, der die CB 400 F mit einem kurzen Knopfdruck zum Leben erweckt. Ihr sanftes Leerlaufsäuseln wird jedoch  umgehend von der sportlichen Bimota-Variante niedergebrüllt, die mit offenen Ansaugtrichtern und der ungedämpften Vier-in-eins-Anlage akustisch auf ganz dicke Hose macht. Ich sehe noch Geros diebisches Grinsen unterm Helm, als er die Kupplung seines erst im Frühjahr gekauften „Supersportlers“ kommen lässt und mit sattem Röhren voranbraust.
Bei der ersten Rast – der Aufmacher ist im Kasten – zieht es mich jedoch zuerst zur braven Serienmaschine. Keine Frage, mit ihrem charakteristischen Krümmergewürm, das auf der rechten Seite in ein einzelnes, schlankes Auspuffrohr mündet, ist sie auch nach über 40 Jahren noch ein Hingucker. Dass die gegenüberliegende nicht zu den Schokoladenseiten der CB 400 zählt, kritisierte Peter Limmert schon im Test in MOTORRAD 12/1976. Mir hat deren schnörkellose Linienführung jedoch schon immer gefallen, sie hat nichts mit meiner Voreingenommenheit zu tun. Für mich gehört die „luftige“ linke Seite zum ersten Serienmotorrad mit Vier-in-eins-Auspuffanlage eben dazu – basta!
Ich sehe in der CB 400 auch kein Spar-modell, als das sie im Vergleich zur 350er mitunter bezeichnet wurde. Der Verzicht auf die barocken Attribute der Vorgängerin dürfte vielmehr dem damaligen Zeitgeist geschuldet sein, der nach einem sportlich-schlanken Look verlangte.
Von Super Sport, wie auf den zunächst einfarbigen Tanks (spätere Modelle auch mit dünnen Zierlinien) zu lesen ist, kann jedoch keine Rede sein. Das zeigt mir schon die kurze Sitzprobe auf der nicht allzu üppig gepolsterten Bank, bevor der Lichtbildner zum Weitermachen mahnt. Mitzieher, Fahrfotos alleine und zu zweit, Seitenstandards, Detailfotos – nach etlichen Stunden kochen Gero und Lutz in ihrem Leder, jetzt darf ich endlich ran!
Mit erhöhter Spannung, aber gedämpfter Erwartungshaltung drücke ich den Startknopf der CB 400 F. Das dezente ­Klickern, Sirren und Rasseln des Motors beamt mich sofort wieder zurück ins Jahr 1982, als ich meine erste – und letzte – Bekanntschaft mit dem kleinen Vierzylinder machte. Der hängt jedoch zu meiner Verblüffung schon bei niedrigen Drehzahlen klasse am Gas, dreht weich und sauber hoch. Auf den winkeligen Verbindungssträßchen des Bergischen Lands steppe ich früh die nächsten Gänge ein, die auf etwas längeren Wegen exakt arretieren. Quäle die CB ganz bewusst im Sechsten untertourig durchs Winkelwerk, suche die Bestätigung meiner Eindrücke von damals. Doch die Honda belehrt mich eines Besseren, bleibt stehts die Ruhe selbst, zieht mit provozierender Gelassenheit willig und ohne Ruckeln voran.
Erste Selbstzweifel keimen auf, lockern die Verkrustungen in jenem Bereich des Hinterstübchens, in dem sich die CB 400 dereinst so unglücklich verewigt hat. Bei moderaten Touren klappt es nämlich erstaunlich gut mit der kleinen Honda und mir. Also runter mit den Gängen und hoch die Drehzahl! Ab der 5000er-Marke wird der Reihenvierer munter, kurbelt willig voran, zeigt bei Achtfünf sogar sport­lichen Biss – und mir damit eine lange ­Nase. Kann doch gar nicht sein, mit welcher Lust die Drehzahlmessernadel nach dem roten Bereich schnappt! Wo ist sie, diese zugeschnürte Lethargie, die ich seit über drei Jahrzehnten mit der CB 400 F verbunden habe?

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Nur langsam legt sich meine Irritation, lasse ich den permanenten Abgleich mit der Vergangenheit sein und konzentriere mich auf das Hier und Jetzt. Denn das ist echt spaßig, wenn man der kleinen Honda die Sporen gibt. Klar, insgeheim bin ich noch immer überzeugt, dass selbst Geros perfekt eingestellte CB 400 mit meiner ­damaligen Z 550 nicht mithalten könnte. Aber das spielt jetzt keine Rolle, da mir der kleine Racker da unten immer das Gefühl vermittelt, alles für mich zu geben. Okay, du schöne Rote, ich habe verstanden, die Rehabilitierung ist dir gelungen!
Auch wegen dem Sanftmut des gleitgelagerten Motors. Nach über 40 000 Kilometern kribbelt es zwar mal hier und mal da, ohne aber wirklich lästig zu werden. Hilfreich ist in dieser Hinsicht sicherlich der sechste Gang, der das Drehzahlniveau bei Tempo 100 auf entspannte 5000 Touren reduziert, obwohl es sich um keine Schongang-Auslegung handelt.
Hinzu kommt, dass sich das einfache Einschleifen-Chassis mit den geteilten Unterzügen ebenfalls keine groben Schnitzer leistet. Gut, die hinteren Federbeine ­waren noch nie das Gelbe vom Ei, ihnen mangelt es an Dämpfungsreserven und feinem Ansprechen. Dafür arbeitet die passabel abgestimmte und deutlich straffer gedämpfte Gabel prima hier im Bergischen mit seinen geflickten Asphaltbändern. So flitzt die CB richtig frech durchs Geschlängel, findet mit ihrem Fahrrad-gleichen Handling von alleine die passende Linie. Aufstellen beim Bremsen ist mit den schmalen Gummis ohnehin kein ­Thema. So steht die bei Geros Maschine sehr zahnlose vordere Scheibenbremse letztlich als einziger wirklicher Kritikpunkt auf meinem Zettel.
Weshalb die CB 400 Four nicht mehr in die „Luftpumpen-Schublade“ passt, wie ich mir nach der aufschlussreichen Probefahrt eingestehen muss. Mit dem Vorsatz, kleinvolumige Vierzylinder künftig ebenfalls nicht mehr pauschal als Spaßbremse zu betrachten, schwinge ich mich auf den Bimota-Umbau.

Selten: CB 400 im Bimota-Look

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CB 400 F Bimota-Kit im Einsatz
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Wegen des roten Rahmens vermutete ich auf Geros „Lockfotos“ zunächst ein spezielles Chassis der Rimineser Fahrwerksschmiede. Doch dem ist nicht so, wie mich Gero bereits beim Empfang aufklärte. Seine jüngste Neuerwerbung ist im Prinzip eine Serien-CB 400 F, die mit Teilen aus Bimotas „HB1 Conversion Kit“ zum Sportler umgestrickt wurde. Die dazu gehörende rote Kastenschwinge mit Exzenter-Lagerung der Radachse liegt noch im Regal, für den Einbau fand der selbstständige Kaufmann bislang ebenso wenig Zeit wie für einen gründlichen Technik-Check.
Dennoch überlässt er mir seine auf­gepeppte CB. „Das ist natürlich kein ernsthafter Sportler, eher ein Café Racer“, weiß Gero seine Rot-Weiße einzuordnen. „Für mich ist sie ein herrliches Spielzeug, die ideale Maschine für gewisse Stunden.“
Nun, so lange will ich mit der Italo-Honda gar nicht ausreiten, dazu ist mir die Sitzposition mit den tief angebrachten Stummeln und hoch positionierten Fußrasten viel zu anstrengend. Zumal sie auch Auswirkungen aufs Handling hat, das längst nicht so schwerelos wirkt wie beim Serienmodell. Dafür stimmt hier die Rückmeldung, sowohl die Gabel als auch die beiden Konis arbeiten spürbar straffer, ­ohne den Komfort zu vernachlässigen.
Wesentlich besser verzögern die Bremsen des Sport-Umbaus. Vorne beißen zwei Einkolben-Schwenksättel in Kombination mit einer – nicht ganz zeitgenössischen – Bremspumpe bei geringer Handkraft fein dosierbar in die Scheiben, unterstützt von der ebenfalls gut zupackenden hinteren Scheibenbremsanlage.
Beste Voraussetzungen also fürs sportliche Treiben. Das sich in diesem Fall aber nicht auskosten lässt, weil der Motor mit den offenen Trichtern und dem Vier-in-nichts-Auspuff noch nicht harmoniert. Im Vergleich zur Serien-CB dreht er oben raus spürbar zäher – alles nur eine Frage der sauberen Abstimmung. So bleibt mir die Bimota-Honda vor allem mit ihrem betörenden Ansaugschlürfen und dem dumpf grollenden Sound in Erinnerung.
In eine bestimmte Schublade werde ich den Sport-Umbau aber garantiert nicht packen. Schließlich hat mich ja gerade erst die brave Honda CB 400 Four gelehrt, wie sehr es sich lohnen kann, alte Four-Urteile über Bord zu werfen.

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