Honda CBR 300 R und Honda CBR 500 R im Vergleichstest
Honda-Duell der Einsteigerbikes

Ein Zylinder? Als die Honda CBR 500 R mit ihrem Twin diese Angabe hört, lächelt sie nur müde. War es das schon für die neue Honda CBR 300 R im Honda-Wettstreit ums beste sportliche Einsteigerbike in der Führerscheinklasse A2? Wohl nicht!

Honda-Duell der Einsteigerbikes
Foto: Gargolov

Ähnlich wie beim Quartett zählen auch in diesem Vergleichstest nicht nur Höchstwerte. Beispiel gefällig? Einfach schnell auf den Preis schauen. Hier unterbietet der kleine Herausforderer die große Schwester deutlich. 4790 Euro ruft Honda für die Honda CBR 300 R auf, die 500er kostet mit 6090 genau 1300 Euro mehr. Uff, der Treffer saß und wird alle A2-Führerschein-Neulinge mit klammem Portemonnaie freuen. Doch die Honda CBR 500 R weiß zu reagieren. Das fängt schon beim Motor an. Der Zweizylinder drückt 48 PS auf die Rolle, die 300er schafft gerade einmal 31 Pferdestärken.

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Was den Twin aber viel mehr auszeichnet, ist seine turbinenartige Leistungsentfaltung. Ab Standgas lässt er sich smooth hochdrehen, legt obenrum sogar noch ein paar Briketts nach. Einziges Manko: Bei hohen Drehzahlen erfolgt die Gasannahme nach Phasen im Schiebebetrieb leicht verzögert. Doch insgesamt macht der Motor den Umgang mit der Honda CBR 500 R sehr einfach. Denn egal, ob bei niedrigen Touren im Stadtverkehr oder beim flotten Strich auf der Landstraße, der Zweizylinder hat immer die passende Antwort parat, liefert Leistung unten, oben, überall. Diese Auslegung gefällt Einsteigern, weil sie nicht überfordert werden, und stellt sich darüber hinaus nicht als Spaßbremse für routinierte Zweiradtreiber heraus. Zu diesem ausgewogenen Charakter der 500er tragen auch die überzeugende Laufruhe und die sehr leicht zu betätigende Schaltung bei. Da funktioniert einfach alles auf Top-Niveau. Gibt es denn gar nichts zu kritisieren am 471 cm³ großen CBR 500 R-Aggregat? Objektiv nicht, allerdings weckt seine gleichmäßige Leistungsentfaltung ohne Kick im Drehzahlband nur wenig Emotionen. 

Viel Arbeit am Gasgriff

Wer ihr die volle Power entlocken will, muss sich auf viel Arbeit am Gasgriff einstellen. Muss bereit sein, die Drosselklappen auf Anschlag zu stellen. Zwar hat es Honda beim Einzylinder geschafft, ihm unterhalb von 3000 Umdrehungen eine saubere Gasannahme anzuerziehen, nur so etwas wie satter Vortrieb stellt sich in diesen Regionen auf dem Drehzahlmesser nicht ein. Daher lieber einmal zu viel als zu wenig das nächstniedrigere Gangpaar über die leicht knochige Schaltung ausgewählt. Steht die Drehzahlmessernadel dann dicht an der 5000er-Marke, spannt die Honda CBR 300 R langsam ihre Muskeln. Ab 7000/min strebt sie zügig nach vorne, bis der Begrenzer dem Treiben bei gut 10.500 Touren ein Ende macht.

Im Vergleich zur CBR-Schwester fordert diese Motorauslegung deutlich mehr vom Fahrer. Sie macht andersherum aber richtig Laune. Vermittelt reines Sportfeeling, weckt das Racerherz im Dompteur. Was ja nicht schlecht ist, schließlich sprechen wir hier von Hondas Sportbike-Linie unter dem ehrwürdigen CBR-Kürzel. Mit dieser Auslegung kann sich die kleine Honda CBR 300 R im Wettstreit unter objektiven Quartett-Gesichtspunkten zwar nicht gegen die Honda CBR 500 R behaupten. Mächtig viel sportlichen Spaß am lustvollen Ausdrehen des nur 286 cm³ großen Motörchens bietet sie allen A2-Führerscheininhabern aber in Hülle und Fülle.

Rossen Gargolov
Beide CBR-Modelle sind mit nicht einstellbaren Gabeln und in der Vorspannung veränderbaren Federbeinen ausgerüstet.

Damit der Fahrspaß stimmt, müssen die Fahrwerke passen. Beide CBR-Modelle sind mit nicht einstellbaren Gabeln und in der Vorspannung veränderbaren Federbeinen ausgerüstet. Wobei sie wieder auf grundverschiedenen Wegen versuchen, die perfekte Balance zwischen Komfort und knackigem Feedback zu erreichen. Wie bei der Motorabstimmung rückt die Honda CBR 500 R beim Fahrwerk den Wohlfühlfaktor in den Vordergrund. Mit gut gewählter Federhärte, aber sehr weicher Dämpfung nimmt der Halbliter-Renner Teerflicken lässig unter die Räder. Das erlaubt entspannte Kurventänze – bis das Tempo höher wird.

Wer sportlich auf der Bremse ins Eck einbiegt und mit viel Schmalz aus der Kurve rausfeuert, bekommt die Kehrseite dieser Abstimmung zu spüren. Da versinkt der erste Einlenkimpuls im Dämpfungs-Nirwana, federt die Honda CBR 500 R spürbar beim Lösen der Bremse wieder aus. Ein ähnliches Verhalten zeigt sie auch am Kurvenausgang: Unter Last sackt das Heck merklich ein. Das führt zu Untersteuern, die 500er will von sich aus die weite Linie wählen. Mit ein wenig mehr Dämpfung in Zug- und Druckstufe ginge das deutlich knackiger. Steigt ein Passagier auf den Soziusplatz auf, verstärken sich diese Effekte noch. Bei all der leichten Schaukelei bleibt die Honda allerdings immer gut beherrschbar – in Sachen Handlichkeit, Stabilität und Lenkverhalten lässt sie aber einige Punkte liegen.

Die CBR 300 R wittert ihre Chance.

Kein Wunder, kommt es doch bei Handling und Fahrverhalten – neben dem Fahrwerks-Set­up – auch auf die Faktoren Gewicht und Reifenbreite an. Und hier glänzt das kleine CBR-Rennerle, drückt nur 167 Kilogramm auf die Waage. Und das bei Reifenbreiten, die mit einem 110er vorne und einem 140er hinten überaus schmal ausfallen. Da muss der nächste Stich im Quartett-Duell doch an die Kleine gehen? Was die Punkte Handlichkeit, Lenkverhalten und Stabilität angeht, schon. Hier steckt die 300er den 500er-Twin locker in die Tasche, biegt flott auf der ganz engen Linie um die Kurven. Und das quasi mit null Kraftaufwand. Allerdings geriet auch bei der Honda CBR 300 R die Fahrwerksabstimmung nicht optimal. Die Gabel federt schon im Stand 60 bis 70 mm tief ein – bei 130 Millimeter Gesamtfederweg.

Die Folge davon: Beim Bremsen geht die Vorderradführung schnell auf Block. Da federt und dämpft nur noch der Reifen. Der kommt von IRC aus Japan und nennt sich RX-O1 Road Winner. So ein richtiger Gewinnertyp ist er aber nicht. Passt der Trocken­grip noch, reißt er bei Nässe schon mal abrupt ab. Die Dunlop D222 auf der 500er funktionieren besser, vermitteln mehr Feedback. Doch zurück zum Fahrwerk. Das Federbein der kleinen CBR weist mehr Reserven als die Gabel auf und steckt sogar einen Mitfahrer lässiger weg als der Dämpfer vom Halblitermodell. Obwohl Fahrer der Honda CBR 300 R wohl nur allein unterwegs sein werden. Enger Kniewinkel und knapp bemessenes Soziussitzpolster lassen bei Mitfahrern schnell den Wunsch nach Pausen aufkommen. Insgesamt bewegt sich die CBR 300 R damit auf Augenhöhe mit der Honda CBR 500 R – auch wenn beide verschiedene Glanzpunkte setzen.

Gibt es diese auch beim Sitzkomfort? Normalerweise platzieren Sportler ihre Piloten durch tief angeklemmte Lenkerstummel und hoch montierte Fußrasten nicht sonderlich bequem auf dem Motorrad. Auf die Honda CBR 500 R trifft dieses Arrangement nur bedingt zu. Weit strecken sich die hoch angeschlagenen Lenkerhälften dem Fahrer entgegen. Und auch die Fußrastenposition verwöhnt mit einem entspannten Kniewinkel. So sitzt es sich bequem tourensportlich aufrecht. Da können die nächsten 1000 Kilometer ruhig kommen, zwicken wird bestimmt nichts. Die Honda CBR 300 R geht die Sache sportlicher an. Sie zwingt ihren Fahrer in eine deutlich engere Sitzhaltung, weil ihre Stummel tiefer und ihre Fußrasten höher liegen. Das ist zwar spürbar unbequemer als auf der großen CBR, vermittelt aber mehr Racefeeling. Lässt jeden A2-Anfänger vom Start beim nächsten MotoGP-Lauf träumen. 

Beide Hondas bieten viel fürs ersparte Geld

ABS-unterstützt kommen die Renner immer sicher zum Stehen. Mit ihren größeren Bremsscheiben im Wave-Design (320/240 mm zu 296/220 mm) bietet die Honda CBR 500 R eine etwas bessere Dosierbarkeit bei geringeren Handkräften. Auch ansonsten wissen die in Thailand gebauten Sportler von Honda zu überzeugen. Saubere Spaltmaße der Verkleidungen, Digitalanzeigen mit allen wichtigen Infos – wer den Rotstift der Produktplaner sucht, muss schon detektivischen Spürsinn entwickeln. So sind bei beiden die Handhebel nicht einstellbar. Und wo die 500er einen Edelstahlkrümmer besitzt, muss bei der Honda CBR 300 R schwarz lackierte Rohrware genügen. Zudem wirkt ihre Federbeinumlenkung ein wenig lieblos zusammengeschweißt. Das Bauteil der CBR 500 R sieht ordentlicher aus.

Insgesamt bieten beide Fahrzeuge viel fürs ersparte Geld und bleiben im Unterhalt mit Verbräuchen von knapp über drei Litern auf 100 Kilometern ebenfalls günstig. Bleibt neben der Preisdifferenz nur die Frage offen: Eher sportlich versammelt mit der Honda CBR 300 R oder lieber tourensportlich bequem mit der Honda CBR 500 R ins A2-Abenteuer starten? Die universellere Wahl ist eindeutig die 500er von Honda, wären da nicht die Emotionen …

Technische Daten und Messwerte

Rossen Gargolov
Zwei gegen Einen ist nicht fair? Wir schauen nach, wie sich die einzylindrige Honda CBR 300 R gegen die Zweizylinder-Honda CBR 500 R schlägt.

Honda CBR 300 R

Honda CBR 500 R

Motor

Bauart

Einspritzung

Kupplung

Bohrung x Hub

Hubraum

Verdichtung

Leistung

Drehmoment

Einzylinder-Viertakt-Motor

1x Ø 38 mm

Mehrscheiben-Ölbadkupplung

76,0 x 63,0 mm

286 cm³

10,7:1

23,0 kW (31 PS) bei 8500/min

27 NM bei 7250/min

Zweizylinder-Viertakt-Motor

1x Ø 34 mm

Mehrscheiben-Ölbadkupplung

67,0 x 66,8 mm

471 cm³

10,7:1

35,0 kW (48 PS) bei 8500/min

43 Nm bei 7000/min

Fahrwerk

Rahmen

Gabel

Bremsen vorne/hinten

Assistenz-Systeme

Räder

Reifen

Bereifung

Brückenrahmen aus Stahl

Telegabel, Ø 37 mm

Ø 296/220 mm

ABS

2.75 x 17; 4.00 x 17

110/70 17; 140/70 17

IRC Road Winner RX 01

Brückenrahmen aus Stahl

Telegabel, Ø 41 mm

Ø320/240 mm

ABS

3.50 x 17; 4.50 x 17

120/70 ZR 17; 160/60 ZR 17

Dunlop Sportmax D222

Maße + Gewichte

Radstand

Lenkkopfwinkel

Nachlauf

Federweg vorne/hinten

Sitzhöhe

Gewicht vollgetankt

Zuladung

Tankinhalt/Reserve

Service-Intervalle

Preis

Preis Testmotorrad

Nebenkosten

1380 mm

64,9 Grad

98 mm

130/107 mm

785 mm

167 kg

180 kg

13,0 Liter

12.000 km

4790 Euro

4953 Euro

265 Euro

1410 mm

64,5 Grad

102 mm

108/119 mm

790 mm

196 kg

177 kg

15,7 Liter

12.000 km

6090 Euro

6090 Euro

265 Euro

MOTORRAD-Messwerte

Höchstgeschwindigkeit

Beschleunigung

   0 - 100 km/h

   0 - 140 km/h

Durchzug

   60 - 100 km/h

  100 - 140 km/h

Verbrauch Landstraße/100km

Reichweite Landstraße

145 km/h

7,2 s

22,9 s

8,4 s

12,3 s

3,1 Liter

419 km

175 km/h

5,5 s

11,4 s

6,4 s

7,4 s

3,3 Liter

476 km

Leistungsmessung

Rossen Gargolov
Leistungsmessung.

Wie mit dem Lineal gezogen strebt die Leistungskurve der Honda CBR 500 R ihrem Maximum von 48 PS entgegen. Gleichmäßigkeit kennzeichnet auch den Drehmomentverlauf. Der Halblitersportler drückt von 3800 bis 8400 Touren über 40 Nm auf die Rolle und übertrifft die Honda CBR 300 R immer um mindestens 17 Nm. Deren Charakter bestimmt der Leistungsanstieg ab 5000/min. Bei 8400 Umdrehungen erreicht sie ihren Top-Leistungs-Output, den sie bis fast 10.000/min hält. In der Realität heißt das: Hier spielt das wahre 300er-Leben.

MOTORRAD-Testergebnis

Rossen Gargolov
Am Ende setzt sich die größere Honda CBR 500 R gegen die Honda CBR 300 R durch.

1. Honda CBR 500 R

Die Honda CBR 500 R hat eindeutig das Thema Vielseitigkeit im Fokus und weist nur beim Fahrwerk leichte Schwächen auf. Als Führerschein-A2-konformer Sportler fällt die Attacke aufs Racerherz allerdings zurückhaltend aus.

2. Honda CBR 300 R

Am Ende reicht es nicht. Alles andere wäre auch eine Überraschung gewesen. Dass die Honda CBR 300 R Qualitäten hat, beweisen zwei Kapitelsiege. Wer als Motorradeinsteiger hohe Drehzahlen mag, sollte unbedingt testen.

Preisvergleich der Honda CBR 300 R und der Honda CBR 500 R

Gebrauchte Honda CBR 300 R und CBR 500 R in Deutschland

Einzylinder, hohe Drehzahlen und Fliegengewicht, oder doch lieber Zweizylinder, ausgeglichene Leistungsentfaltung und mehr Power - die Entscheidung muss jeder für sich treffen. Doch als kleine Entscheidungshilfe bietet sich die Gebraucht-Motorradbörse an. Dort stehen die Honda CBR 300 R und die Honda CBR 500 R im direkten Preisvergleich: Gebrauchte Honda CBR 300 R und Honda CBR 500 R in Deutschland

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MOTORRAD 20 / 2023

Erscheinungsdatum 15.09.2023