Ihr Wahlslogan ist simpel – viel Motorrad für wenig Geld! Doch die frisch renovierte Honda NC 750 X macht keine leeren Versprechungen. Sie verkörpert eine Art straßenorientierte Africa Twin des kleinen Mannes.
Ihr Wahlslogan ist simpel – viel Motorrad für wenig Geld! Doch die frisch renovierte Honda NC 750 X macht keine leeren Versprechungen. Sie verkörpert eine Art straßenorientierte Africa Twin des kleinen Mannes.
Vor vier Jahren löste Hondas „New Class“ einen Erdrutschsieg der neuen Mitte aus, bestehend aus NC-Modellen 700 X und S sowie Großrad-Roller Integra. Zwei Jahre später waren sie 2013 reif für höhere Aufgaben, gehen seither mit vollen 745 Kubik und 55 PS auf Stimmenfang. Weltweit machten über 130.000 Motorrad-Wähler ihr Kreuzchen auf dem Bestellformular einer NC oder eines Integra, davon mehr als 70.000 in Europa und über 15.650 in Deutschland. Ihr Parteiprogramm? Pragmatischer Purismus: drehmomentstark, benutzerfreundlich, sparsam, günstig im Unterhalt. Im Profil gestärkt, stellt sich die überarbeitete Honda NC 750 X als Hondas Bestseller in Europa (33.000 Käufer bislang) zur Wiederwahl.
Ihr breiter Lenker und gemäßigt lange Federwege stehen für Abenteuer-Feeling light, Europa- statt Africa Twin. Mister X ist ein endureskes „Midsize-Crossover-Bike“, mit 17-Zoll-Fahrwerk klar straßenorientiert. Modifizierte Front- wie Heckverkleidungen, vorne markanter, hinten schlanker, wirken gediegener. Klares Profil zeigen übereinander platzierte LED-Scheinwerfer, eingefasst von LED-Lichtleisten. Auch im Heck der Honda NC 750 X strahlen nun Leuchtdioden. Alles entwickelt von Hondas Design-Zentrum in Italien. Motto: Mehr Qualität wagen!
Sozialverträglich gut gedämpft brabbelt es aus dem kompakten, kürzeren Euro 4-Auspuff der Honda NC 750 X. Dezent, aber wohlig. 270 Grad Hubzapfenversatz lässt den unveränderten Twin der Mitte wie einen 90-Grad-V2 klingen. Seine Zylinderbank liegt 62 Grad flach.
Zum Pressetermin stehen ausschließlich DCT-Versionen parat (Dual Clutch Transmission), erkennbar am fehlenden Kupplungshebel und der separaten Feststellbremse. Dies ist ein echtes Schaltgetriebe mit zwei Kupplungen. Überarbeitete Steuerungs-Software verspricht sanfteste, ruckfreie Übergänge mit minimalster Zugkraftunterbrechung.
Der Selbstcheck des Systems nach dem Start des Motors dauert nur noch eine statt lästig langer zwei Sekunden. Dann lässt sich zunächst der zahmere D-Modus einlegen. Wenden auf kleinstem Raum mit dem Lenker am Anschlag und Einfädeln in den fließenden Verkehr gelingt mit der Honda NC 750 X dank feinen Ansprechens bereits im Drehzahlkeller verblüffend leicht. Hochschalten bei gespanntem Gashahn erledigen die zwei Kupplungen abwechselnd wirklich unmerklich, wie oft erst der Blick auf die Ganganzeige offenbart. Das neueste DTC lässt definierten Kupplungs-Schlupf zu, um Gangwechsel noch stärker zu glätten.
Bullig kommt die 750er beim Ampelstart vom Fleck. Der rote Bereich liegt bei 6500 Touren. Das sagt viel über den ruhigen Charakter dieses Antriebs. Seine zwei Ausgleichswellen lassen ihn sanft Pulsieren, kultiviert und unaufgeregt. Gut so. Spritzig genug für die Mittelklasse, hängt der geschmeidige 55-PS-Reihentwin sauber, ja spontan am Gas. Allemal kraftvoll genug. Ab rund 4000 Touren klingt die Honda NC 750 X energischer. Ihr extrem linearer Drehmoment-Verlauf lässt sich spüren. Es ist Zeit, den nunmehr drei diversen S-wie-Sport-Modi die Sporen zu geben. Für kurvige Bergstrecken empfiehlt sich der neue Modus S3: Er hält die einzelnen Gänge vor dem Hochschalten länger drin, schaltet beim Gaswegnehmen früher zurück.
Gut, um mehr Motor-Bremsmoment auszukosten. Schlagartiges Gasaufreißen führt zu einem „Kick down“-Befehl. Zudem passen alle vier Fahrmodi ihre Schaltschemas daran an, ob man bergauf oder bergab fährt. Schalten müssen? Nein. Schalten können? Klar. Jederzeit kann man mittels Schaltern am linken Lenkerende den Twin zum Hoch- oder Runterschalten zwingen. Im rein manuellen A/T-Modus schaltet der Fahrer per Tiptronic ganz alleine. Viele Optionen, ein Ziel: den Kopf frei zu machen, sich nur auf Linienwahl, Brems- und Einlenkpunkte zu konzentrieren. DCT funktioniert nun besser denn je. Aktuell wird fast jede zweite Honda NC 750 X damit geordert. Es kostet 1000 Euro Aufpreis; seine zehn Kilo Mehrgewicht sind nah am Schwerpunkt platziert. Realistische 3,5 Liter Normverbrauch samt rund 400 Kilometer Reichweite gibt Honda an.
Die erneuerte X trägt eine Showa-Gabel mit „Dual Bending“-Technologie. Sie ist satter gedämpft, wirkt progressiver, führt durch weniger nervöse Reaktionen souveräner als zuvor. Vorn wie hinten rund 15 Zentimeter Federweg bieten Komfort wie Reserven für miese Strecken. Trotz breiten Lenkers nicht super- aber auch nicht unhandlich, fährt die Honda NC 750 X gutmütig, zieht neutral und berechenbar ihre Bahn. Nicht kippelig, nicht nervös. Vorspannen des Federbeins (in neun Stufen) macht agiler und ergibt mehr Gefühl für die Front.
Trotz konstruktiv einfacher Schwimmsättel geht die Bremsleistung der Honda NC 750 X in Ordnung. Gut schirmt die vergrößerte, hinterströmte Scheibe ab. Was nun noch an Winddruck auf den Rumpf trifft, stört nicht. Das praktische, gut zugängliche Gepäckfach in der Tankattrappe fasst sogar einen Integral-/Klapphelm. Für den nun besser ablesbaren Drehzahlmesser lässt sich indviduell eine Drehzahlgrenze wählen, bei der seine Balken auf Orange umschalten. Spritsparende Fahrweise wird politisch korrekt mit grünem Hintergrund angezeigt.
1500 Anhänger fand die Honda NC 750 X im Jahr 2015 in Deutschland. Dies machte sie zur bestverkauften Honda hierzulande, sie holte den zehnten Platz in den Zulassungscharts. 2016 will der Erfolgstyp für nun 6785 Euro (ohne DCT) 1900 Stimmen sammeln. Für Erstwähler mit A2-Führerschein offeriert Alpha Technik eine Drosselung auf 48 PS zu rund 105 Euro per simplem Gaszug-Anschlag. Wichtig für einen Volksvertreter.
Motor, Antrieb, Fahrwerk
Bodywork, Design
Auch die unverkleidete Schwester Honda NC 750 S kommt in den Genuss technischer Updates: Euro 4-Homologation, LED-Beleuchtung, geänderte DCT-Software und -Modi, neuer Schalldämpfer und neun einstellbare Cockpit-Farben. Stichwort Farben: 2016 stehen zwei Special Edition-Lacksätze zur Wahl, „Graphite Black“ mit rot-schwarzer Sitzbank, roten Felgen und Kunststoffteilen sowie „Matt Gunpowder Metallic“ mit silbernem Rahmen, zweifarbiger Sitzbank und Dekor-Streifen.
Rund drei Zentimeter kürzer sind bei der S die Federwege, vorn wie hinten je 120 Millimeter. Dies senkt die Sitzhöhe auf 790 Millimeter. Laut Honda ist die S drei Kilogramm leichter als die X: 217 Kilo ohne und 227 mit DCT. Zum Preis von ingesamt 6550 Euro kommt sie 520 Euro günstiger als die Honda NC 750 X. Im Jahr 2015 kamen 1128 nackte Honda NC 750 S nach Deutschland (Platz 22 in der Zulassungsstatistik), 2016 sollen es 1400 werden.