Hand aufs Herz, gewundert hat sich über die Konstellation im Finale eigentlich niemand. KTM gegen KTM gegen KTM. Bei der erdrückenden Marktdominanz der
Österreicher zwar kein besonders aufregendes, aber dennoch nachvollziehbares Ergebnis. Sehen wir es sogar als Gerechtigkeit des Schicksals an. Im vergangenen Jahr wurde KTM beim Masterenduro schließlich ohne einen einzigen Blumentopf nach Hause geschickt. Damals, als sich im Gerangel um den klassenübergreifenden Chefposten die Honda CRE 450 F gegen die Gas Gas 300 und die Yamaha WR 250 F durchsetzte. Bitter für einen
Hersteller, der dem Stoff, aus dem die Enduroträume sind, seit Jahren die orangefarbenen
Fäden liefert. Apropos Farben, selbst wenn das Masterenduro wohl der umfangreichste Endurotest der Welt ist, fehlen drei Hersteller: Bei Aprilia hatte die Produktion der kürzlich vorgestellten RXV 4.5 noch nicht begonnen, Beta und TM Racing zeigten kein Interesse.
Zurück zu KTM. Denn schließlich verrät gerade der überraschende Auftritt der hinlänglich als schwachbrüstig bekannten 250er-Viertakt-KTM viel vom Wesen des Endurosports. Denn obwohl das Resultat des Masterenduro letztlich nur eine Momentaufnahme bleibt, die die Kräfteverhältnisse unter den gegebenen Bedingungen widerspiegeln, beweist es doch eins: Die pure Motorleistung bleibt im Unterholz von zweitrangiger Be-
deutung. Fahrbarkeit, Handling, Agilität, das sind die Werte, die zählen. Anforderungen, die trotz der noch aktuellen Präsenz der Zweitakter ganz klar den Viertaktmotoren zugute kommen. Die gefahrenen Zeiten belegen die Kräfteverhältnisse eindeutig. In keiner einzigen Klasse konnte ein Zweitakter – sicherlich auch durch den vom Reglement auferlegten Hubraumnachteil bedingt – sich vor dem jeweils langsamsten Viertakter platzieren.
Das weiß Sascha Eckert schon lange. Im Kampf um Sekunden und vor allem Prestige, den die Kollegen des italienischen Magazins Motosprint mit dem Engagement des
vierfachen Weltmeisters Mario Rinaldi bereits vorab für sich entschieden, schlug sich die
Verpflichtung von MOTORRAD im Parcmotor im spanischen Igualada nämlich hervor-
ragend. Immerhin sammelte der 28-Jährige aus Negernbötel in Schleswig-Holstein schon drei Enduro-DM-Titel, drei Vizemeisterschaften und vor sechs Jahren einen neunten Platz in der Enduro-WM.
Und den Rest der international zusammengewürfelten Truppe – von Herrn Rinaldi
natürlich abgesehen – doste das Nordlicht im MOTORRAD-Auftrag in nahezu jedem Turn ein. Was ihm in diesem erlauchten Kreis sicher wieder einen Job fürs kommende Jahr verschaffen wird. Und es ist sicher: Auch Enduro-Weltmeister werden älter.
GasGas EC 125
Der schleichende Niedergang der Zweitakt-Offroadmaschinen lässt die Techniker aus der Nähe des spanischen Girona kalt. Mit Entwicklungen wie den zwei per Lenkerschalter wählbaren Zünd-
kurven, V-Force-Einlassmembran und stärkeren Rahmenrohren halten die Katalanen nach wie vor die Zweitakt-Fahne hoch. Zweitakttypisch
ist allerdings auch die Leistungsentfaltung
der EC 125. Wenig Bums von unten und harter
Leistungseinsatz bei Drehzahlmitte machen
es schwer, den Motor in den engen Sonderprüfungen im leistungsfähigen Bereich zu halten. Zudem ist die Abstimmung der Gabel zu weich, die des Federbeins etwas zu hart ausgefallen. Dafür begeistert das flinke Handling, das
in dieser Klasse sogar den Standard setzt.
Honda CRE 250 F
Nachdem die von Honda angebotene CRF 250 X
für harte Wettbewerbe kaum taugt, griff der
italienische Honda-Offroad-Importeur HM zur
Eigeninitiative. Die CRE 250 F basiert auf dem Motocrosser CRF 250 R. Zwei Schalldämpfer von Leovince, eine Lichtanlage samt Generator, eine angepasste CDI-Einheit sowie ein 18-Zoll-Hinterrad verwandeln diesen Crosser in eine Enduro. Die Abstimmung von Gabel und Federbein ist für den Einsatz auf den Enduropfaden
jedoch zu straff. Dafür entschädigt der bei
niedrigen Drehzahlen sehr fein dosierbare
Motor, obwohl er im oberen Bereich gegenüber der Konkurrenz Boden verliert. Begeisternd:
das Handling des Leichtgewichts, das in
der kleinsten Viertaktklasse Maßstäbe setzt.
KTM 125 EXC
Obwohl die KTM-Techniker der 125 EXC mit neuem Zylinder samt Auspuff und vor allem einem von 38 auf 36 Millimeter verkleinerten Vergaser einfachere Fahrbarkeit anerziehen wollen, bleibt der kleine Zweitakter noch
immer der Spitzenreiter in Sachen Spitzenleistung. Entsprechend fährt sich die
125er. Nach klassenüblich mäßigem Antritt geht die EXC in oberen Drehzahlen wie
die Hölle. Auch wedelt die Kleine mit einer
erfolgreich auf Wendigkeit getrimmten Fahrwerksgeometrie und exzellenten Bremsen wieselflink durch eng gesteckte Sonder-
prüfungen. Einziges Manko: die relativ hart abgestimmte und hakig ansprechende
Gabel sowie eine unkomfortable Sitzbank.
KTM 250 EXC Racing
Längst steht fest, dass die 250 EXC Racing in
der Saison 2006 ihren letzten Auftritt erleben wird. Spezialisten bauen schon jetzt den neuen Viertakt-Crosser des Hauses, die 250 SX-F
mit modernstem Fahrwerk und dohc-Motor
zum Enduro-Bike um. Verständlich, denn die 250er-Racing gilt als brav und hoffnungslos untermotorisiert. Was daher auch auf das im
Wesentlichen unveränderte 2006er-Modell
zutrifft. Zwar profitiert die Gute vom erprobten Fahrwerk ihrer großen Schwestern, der lasche
Antritt des Motors aus niedrigen Drehzahlen stempelt sie aber zur behäbigen Fuhre ab.
Überraschend allerdings, dass ausgerechnet
dieser Viertelliter-Viertakter im Finale des
Masterenduro zwei der drei Bestzeiten holte.
Husqvarna WR 125
Insider wissen, dass die Domäne von Husqvarna traditionell im Endurosport liegt. Was in der kleinsten Zweitaktklasse trotzdem nicht verhindert, dass der spitzen Leistungscharakteristik der WR 125 mit viel Kupplungseinsatz auf die Sprünge geholfen werden muss, um die Drehzahlen möglichst schnell in den leistungsfähigen mittleren und oberen Bereich zu bringen. In
Sachen Spitzenleistung muss sie gegenüber
ihrer Hauptgegnerin, der KTM 125 EXC, dennoch etwas Distanz wahren. Dafür brilliert die mit
neuem Tank und neuer Sitzbank modernisierte WR mit erstklassigem Handling, einer sehr
gut abgestimmten und fein ansprechenden
Marzocchi-Gabel, akzeptablem Sachs-Federbein und gut dosierbaren Bremsen.
Husqvarna TE 250
Dem Motor ordentlich Spitzenleistung bei akzep-
tabler Fahrbarkeit einzuhauchen, das gehört in der kleinsten Viertakt-Klasse zu den wichtigsten Aufgaben der Entwickler. Was den Husqvarna-Technikern vorbildlich gelungen ist. Mit vergrößerten Ventilen und neuer Nockenwelle drückt die TE knapp 38 PS und damit den Spitzenwert dieser Klasse in den Lehm. Allerdings mit über 116 Kilogramm auch beim Gewicht. Dennoch geht es zumindest wenn die Drehzahlen im oberen Bereich gehalten werden
flott und traktionsstark voran. Das neutrale Handling, die gut abgestimmte Federung, bei
der vor allem die neue 45er-Marzocchi-Gabel brilliert, macht aus der Husky ein homogenes, konkurrenzfähiges Gesamtpaket.
Yamaha WR 250 F
Zwar müssen die Yamaha-Enduros im Gegensatz zu den Alu-berahmten Crossern noch mit konventionellem Rohrrahmen auskommen, aber sie profitieren für die Saison 2006
wenigstens von einer leichteren Schwinge.
Verständlich, dass sich die WR deshalb
nicht nennenswert von ihrer Vorgängerin unterscheidet. Will heißen: Geblieben ist
das Yamaha-typische, vorderradlastige, doch Vertrauen erweckende Fahrgefühl und die komfortablen, gut ansprechenden Federelemente. Benutzerfreundlich ist auch der Motor, der bereits bei niedrigen Drehzahlen kraftvoll einsetzt. Weniger begeisternd zeigt sich da-
gegen die mäßige Vorderradbremse und die relativ viel Handkraft erfordernde Kupplung.
GasGas EC 250
Wie ihre kleine Schwester in der 125er-Klasse
geht auch die EC 250 mit zwei per Schalter wählbaren Zündkurven, robusterem Rahmen und neuer Einlassmembran an den Start. Im Gegensatz zur aggressiven Achtellitermaschine glänzt der Motor der 250er-Gas Gas so wie
es für den Endurosport Sinn macht mit einem breiten nutzbaren Drehzahlband. Wenngleich
der für Zweitakter typische Kick bei Drehzahl-
mitte weiterhin ein kritischer Punkt in der
Beschleunigungsphase bleibt. Beim Handling
ist die Spanierin up to date, ja den meisten
Konkurrentinnen sogar überlegen. Die Vorderradbremse beißt giftig zu. Dafür sind Gabel
und Stoßdämpfer wiederum dem Einsatzzweck entsprechend komfortabel abgestimmt.
GasGas FSE 450
Nomen est omen, Gas Gas gab bei der Entwicklung der hauseigenen Viertakter für 2006 kräftig Gas. Kürzerer Hub, der Wechsel zur Nasssumpfschmierung, größere Kühler und ein geänderter Rahmen beweisen viel Engagement der Tech-
niker aus Girona. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Aus tiefsten Drehzahlen zieht der dohc-Motor nahtlos aber leider für Wettbewerbe auch irregulär laut bis zur Maximaldrehzahl durch, bietet permanent satte Traktion. Und die federleicht bedienbare serienmäßige Anti-Hopping-Kupplung begeistert mit spürbar beruhigtem Bremsen auf Holperpisten. Das neutrale Handling und die gut getroffene Federungs-
abstimmung komplettieren das ausnehmend überzeugende Gesamtpaket der Gas Gas.
Honda CRF 450 X
Im Gegensatz zur CRE 250 F wird die 450er-
Version bereits vom Werk mit kompletter Enduro-Ausstattung ausgeliefert. Mit
E-Starter, Batterie, großem Tank, passendem Schalldämpfer, längeren Krümmern sowie größerer Wasserpumpe geht die CRF 450 X in vollem Wettbewerbs-Ornat in den Ring. So setzt der Motor denn auch Enduro-typisch äußerst weich ein, verliert bei höheren
Drehzahlen allerdings an Punch. Ebenso sind Gabel und Monoshock spürbar weicher als ihre Cross-Pendants ausgelegt, so
dass das legendär agile Handling der Honda-
Crosser auch in der gemäßigten Enduro-Ausgabe und trotz des stattlichen Gewichts entsprechend zur Geltung kommt.
Husaberg FE 450 E
Ein neuer Tank mit Aussparungen für einen
nachrüstbaren Lüfter, das ist alles, was an
der Husaberg für die Saison 2006 erneuert
wurde. Das heißt jedoch nicht, dass die
ehemalige Schwedin, die nun bei der Konzern-
mutter KTM in Österreich gefertigt wird, nicht mehr konkurrenzfähig ist. Immerhin ist das
mit 113,6 Kilogramm geringste Gewicht aller
450er-Enduros schon mal ein Argument. Der durchzugsstarke Motor, dessen Leistung außergewöhnlich gut zu dosieren ist und traumhafte Traktion ermöglichen saubere Linien. Nervig: ausgerechnet der neue Tank, der sehr breit
baut, das beim Springen störende, da ebenfalls breite Heck, das hakende Getriebe und der
rau laufende Motor mit starker Bremswirkung.
KTM 200 EXC
Wie die 400 EXC Racing in der Viertaktklasse
verzichtet auch die 200 EXC in der Zweitaktliga darauf, die Hubraumgrenze auszunutzen. Der Sinn der Sache: Die geringeren oszillierenden Massen sollen die Motorreaktionen moderater halten und das Handling verbessern. Die
theoretischen Vorteile blieben beim Master-
enduro jedoch zum größten Teil auf der Strecke. Die meisten Fahrer knappsten mit der 250-cm3-
Version der 200er einige Sekunden ab. Verständlich, zumal die 200 EXC für die kommende
Saison nur durch einen neuen Auspuff und
neue Kurbelwellenlager aufgewertet wurde.
Dennoch begeisterten die ausgeprägte Dreh-
freude und das beeindruckende Handling der Österreicherin insbesondere aggressive Fahrer.
KTM 250 EXC
Ein Vorteil vorab: KTM-Piloten schieben mit der knapp 103 Kilogramm schweren 250 EXC die leichteste aktuelle Viertelliter-Zweitaktmaschine an die Startlinie. Wobei die 250 EXC mit den
moderaten Modifikationen (steilerer Lenkkopf, schwerere Kurbelwelle und leichterer Kolben)
für 2006 nochmals ein Stück mehr Agilität
und leichtere Fahrbarkeit mit auf den Weg
bekommen hat. In der Tat lässt sich die KTM
in engen Kehren mustergültig und präzise
dirigieren. Der Motor zieht sauber aus dem Drehzahlkeller, das Fahrwerk zirkelt spielerisch um die eng gefurchten Anlieger auch wenn
auf zügigerem Terrain der herausragenden
Wendigkeit mit spürbar nervösem Fahrverhalten Tribut gezollt werden muss.
KTM 400 EXC Racing
Nachdem die Hubraumgrenze im Endurosport
bereits vor Jahren von 400 auf 450 cm3 erhöht wurde, schien das Ende der EXC 400 gekommen. Fehlanzeige. Vor allem Hobbyfahrer schätzen bis heute den vergleichsweise moderaten und sehr konditionsschonenden Krafteinsatz der 400er. Und auch beim Masterenduro konnte die Kleine zumindest mit Nicht-Profis im Sattel die gleichen, wenn nicht bessere Zeiten als die 450er-Version erreichen. Trotz geringer Modifikationen (Rückschlagsicherung für den Freilauf des E-Starters, stabilere Kupplungslamellen) gegenüber dem Vorjahr bleibt die EXC-Linie
dabei auf dem aktuellsten Stand der Dinge
die Resultate des Masterenduro könnten dies wohl kaum eindeutiger unterstreichen.
KTM 450 EXC Racing
Mit der 450 EXC Racing hat KTM quasi einen
technischen Meilenstein in der Sportenduro-
Geschichte gesetzt. Mit einfachen Mitteln
und unkomplizierter Technik dominiert dieses
Modell seit Jahren die Meisterschaften in aller Welt. Verständlich, dass mit einem geänderten Freilauf des E-Starters und stabileren Kupp-
lungslamellen die Aktualisierung für 2006
sehr gemäßigt ausfallen konnte. Egal, denn
der 450er-Motor harmoniert mit der KTM-
Peripherie nahezu perfekt. Präzise und wendig, aber dennoch ausreichend spurstabil, zeigt das Fahrwerk keine Schwächen. Zudem findet der potente Motor auch den idealen Kompromiss zwischen ausreichend Spitzenleistung und guter Beherrschbarkeit auf traktionsarmem Terrain.
Husqvarna WR 250
Wie gesagt, die Mannen aus Varese wissen,
wie man eine Enduro baut. Und die WR 250 kommt dem Ideal des Enduro-Zweitakters
verdammt nahe. Zwar gerieten die Änderungen
für 2006 mit neuem Tank, Sitzbank und Einlassmembran eher moderat, trotzdem besticht das Ergebnis. Der seidenweich einsetzende und auf schlüpfrigem Terrain jederzeit gut beherrsch-
bare WR-Motor harmoniert perfekt mit dem auf Handlichkeit getrimmten Fahrwerk. In dieses harmonische Bild passen die sensibel ansprechenden und fein abgestimmten Federelemente von Marzocchi (Gabel) und Sachs (Federbein). Bei so viel Positivem stören selbst die etwas
giftigen Bremsen oder der eigentümlich gekröpfte
Lenker nicht das gelungene Gesamtkonzept.
Husqvarna TE 450
Mit über 51 PS zeigt die Husqvarna zumindest in Sachen Spitzenleistung dem Rest der Enduro-Mittelklasse, wo der Hammer hängt. Was der Husky-Treiber dennoch nicht
mit spitzer Leistungscharakteristik oder
rauem Lauf erkaufen muss. Im Gegenteil. Der Mehrleistung durch vergrößerte Ventile
stellten die italienischen Techniker eine
erhöhte Schwungmasse der Kurbelwelle entgegen. Was das TE-Aggregat zu einem äußerst homogenen Vertreter seiner Art macht. Weiches Ansprechen und der sanfte Druck im mittleren Bereich entschädigen
generös für die mäßige Drehfreude. Und das Fahrwerk? Enduro-like wie das der 250er-Zweitakt-Schwester (siehe Text nebenan).
Sherco 4.5 I
Die spanische Enduro, die im südfranzösischen
Nimes gebaut wird, geht mit zurückhaltender Modellpflege in die kommende Saison. Stabilere Fußrastenaufnahmen und neue Getriebeab-
stufungen bleiben die einzigen Änderungen.
Was der Exotin wie übrigens auch der 450er-
Gas Gas zur Ausnahmestellung verhilft, ist
die Einspritzanlage. In der Tat brilliert wohl auch dank ihr der Motor mit sanftem, kraftvollem
Antritt und für diese Auslegung außergewöhnlicher Drehfreude. Für Irritationen sorgen
dagegen der breite Tank und die aggressiven Bremsen sowie das tendenziell vorderradlastige Fahrverhalten in Kehren. Versöhnlich wirkt wiederum die der weichen Motorcharakteristik angepasste, komfortable Federungsabstimmung.
Yamaha WR 450 F 2-Trac
Mit der zweiradgetriebenen Yamaha geht mit
Sicherheit die außergewöhnlichste aller Enduros ins Rennen. Die aufwendige Technik und
besonders der horrende Preis verbannen die
2-Trac allerdings in die Rolle des viel bestaunten, aber kaum gekauften Exoten. Wohl nicht zu
Unrecht. Denn die Vorteile des Zweiradantriebs sind im Enduro-Einsatz nur selten zu spüren,
das gute Dutzend Kilogramm Mehrgewicht
dafür umso mehr. Insofern wird der vom
Federungsspezialisten Öhlins gefertigte Vorder-
rad-Antrieb wohl ein Fall für Technik-Freaks
bleiben. Dennoch erstaunlich: Auf dem traktionsarmen Crosstest kann die Allrad-Yamaha trotz Gewichtshandicaps unter fast allen Piloten ihre konventionelle Schwester distanzieren.
Yamaha WR 450 F
Eigentlich schade. Da baut Yamaha seit Jahren
erstklassige Enduro-Maschinen, deren tech-
nische Basis aus dem Motocross die Blauen auch zur ersten Liga im Endurosport machen könnten um sich mit der deutlichen Unter-
bietung der Geräuschlimits dann selbst aus-
zubremsen. Während die Konkurrenz die im Endurobereich geltende Grenze von 94 dB(A) maximal ausnutzt, schnurrt die Yamaha leise
vor sich hin und verliert dadurch den Großteil des so wichtigen Ansprechverhaltens in nied-
rigen Drehzahlen. Ein Nachrüstschalldämpfer würde das blaue Dornröschen mit Sicherheit aus dem Schlaf wecken. Insofern kann die WR ihre unübersehbaren Stärken wie Lenkpräzision oder gut abgestimmte Federung kaum ausspielen.
GasGas EC 300
Die Zweitakter haben es mittlerweile schwer, gegen die drehmomentstarken Viertakt-Boliden in der großen Klasse zu bestehen. Die EC 300 macht da keine Ausnahme. Zumal auch die zwei vom Lenker aus anzuwählenden Zündkurven oder
die neue Einlassmembran den bei Zweitaktmotoren gefürchteten blitzartigen Leistungseinsatz bei etwa 5000/min nicht entscheidend mildern können. Für versierte Piloten kein Problem,
Hobbyfahrer verdirbt dieser Antritt jedoch nicht selten die gewählte Linie und den Spaß. Dennoch besticht die Spanierin unabhängig vom
verstärkten Rahmenheck oder verbesserten Lenkkopflager - mit agilem Handling sowie gut getroffener Abstimmung der Marzocchi-Gabel und des hochwertigen Öhlins-Federbeins.
Husaberg FE 550 E
Auch wenn die Husaberg mittlerweile bei der
Konzernmutter KTM in Österreich gefertigt
wird, ist der Blau-Gelben ihre Herkunft aus den Wäldern Schwedens immer noch anzumerken. Ein breiter Tank übrigens die einzige Neuerung für 2006 und ein nicht minder ausladendes Heck unterstreichen mit dem rau laufenden
Motor das Image des Bikes für harte Burschen. Trotzdem zählt die Husaberg zu den leichtesten der Klasse, das Handling stimmt, und der Motor gehört zu den stärksten, obwohl die Vibrationen die Lust an der Drehfreude bremsen. Fazit: Selbst wenn sich die Exil-Schwedin etwas hausbacken gibt, gehört sie gerade auf anspruchsvollem
oder glibbrigem Terrain zu den am effizientesten zu fahrenden Maschinen.
Husqvarna TE 510
Den Charakter der Husqvarna beschreibt ein
einziges Wort: Traktion. Daran ändern die Motor-Modifikationen für 2006 (größere
Ventildurchmesser und größere Schwungmasse) nichts. Die Italienerin ackert sich durch dick und dünn. Robust zeigt sich
allerdings die Laufcharakteristik. Die Husky vibriert im oberen Drehzahlbereich spürbar.
Beim Thema Handling setzt die 510er klare Präferenzen: Stabilität geht vor Agilität.
Je schneller und holpriger das Terrain, desto besser. Dennoch: Die exzellente Leistungs-
abgabe des Motors reicht, um die Zweitakt-Konkurrenz mit ihren aggressiven Aggregaten selbst auf eng gesteckten Sonderprüfungen in Schach zu halten.
KTM 300 EXC
Mehr Hubraum geht derzeit nicht zumindest, wenn es sich um eine Zweitakt-Wettbewerbs-
enduro handelt. Den größeren Hubraum nutzten die KTM-Techniker allerdings nicht für mehr
Power es stehen gerade mal zwei PS mehr Spitzenleistung als beim 250er-Motor an
als für eine sanftere Leistungsentfaltung. Was ihnen tatsächlich gut gelungen ist. Doch ob-
wohl sich die 300er relativ leicht über glitschige
Steine oder schmierige Sonderprüfungen
dirigieren lässt, bleiben selbst die domestizierten Zweitakter gesamt gesehen den kraftvollen
und effizienten Viertaktern in dieser Klasse
unterlegen. Daran ändert auch das durch
den steileren Lenkkopf für die Saison 2006
nochmals verbesserte Handling nichts.
KTM 525 EXC Racing
And the winner is die große Viertakt-KTM schöpfte beim diesjährigen Masterenduro letztlich die Sahne ab. Und obwohl der Vorsprung knapp ausfiel, zeigt das Resultat das Potenzial des
Big Bikes auf. Da waren nicht einmal nennenswerte technische Updates an der orangefarbenen Enduro vonnöten. Stärkere Kupplungslamellen und ein überarbeiteter Freilauf des E-Starters reichten, um auch 2006 die Nase vorn zu haben. Um den agilen Motor auf glattem Untergrund
effizient einzusetzen, braucht es obendrein
nicht mal mehr Feingefühl als mit der 450er.
Sowohl Gabel als auch Stoßdämpfer sind mit den Federelementen der kleineren Schwester identisch. Nachvollziehbar, dass für viele KTM-Freaks die 525er als die bessere 450er gilt.
Wertung: E1
Da staunt der Fachmann, und der Laie wundert sich: Dass der
mit Abstand schwächste Viertaktmotor gerade in dieser Kategorie abräumt, hätte wirklich niemand erwartet. Dennoch zeigt diese kleine Sensation, wie wichtig im Endurosport ein homogenes, effizient zu
fahrendes Gesamtpaket ist. Zur Ehrenrettung der fahrenden Belegschaft: Die entscheidenden Sekunden zum Klassensieg machte die 250er
ausschließlich auf dem fahrerisch äußerst kniffligen Endurotest im Unterholz und nicht
auf dem hohe Spitzenleistung eher honorierenden Crosstest gut.
Doch das Wunder von Mattighofen hin oder her, zeigt das Resultat klar: Zweitakter haben in der gemischten E1-Klasse unter diesen Bedingungen rein gar nichts mehr zu bestellen. Selbst der schnellste 125er-Zweitakter, die Husqvarna WR 125, musste sich mit ihren Bestzeiten hinter dem gemütlichsten Viertakter, die Honda CRE 250 F, einreihen.
Wertung: E2
Masse für die Klasse. Parallel zum Motocross entwickelt sich die
Mittelklasse auch im Endurosport zur populären Vorzeigeliga. Wobei die Zweitakter, die im hochkompetitiven Motocross längst den ungeordneten Rückzug antreten mussten, im Enduro-Reservat etwas länger überleben
konnten. Vor allem Kostengründe die Zweitakter liegen im Anschaffungspreis bis zu 1500 Euro günstiger und die simple, wartungsarme Technik
sprechen für die knatternden Vertreter.
Zurück zur Masse. Mit 13 Modellen spiegelt sich auch das Interesse der
Industrie an dieser Klasse wider. Ebenso wie in der E1-Liga dominieren in
der E2-Kategorie letztlich die Viertakt-Boliden. Auch hier kann selbst der schnellste Zweitakter, die 250er-KTM, nicht einmal der roten Laterne des Vier-
takt-Segments, der Sherco, das Wasser reichen. Dafür zeigt die Spitze der Viertakt-Wertung, wie verschieden der Weg zum Erfolg sein kann. Während die KTM 450 EXC ihre Stärken ganz klar im spritzigen, agilen Auftreten findet, kontert die nur knapp geschlagene Gas Gas mit satter Traktion,
stoisch ruhigem Handling und technischen Finessen wie Einspritzung oder serienmäßiger Anti-Hopping-Kupplung.
Erstaunlich, wie wenig gerade in dieser Klasse die japanischen
Enduros zu bestellen haben. Sowohl die Yamaha als auch die Honda zielen ganz klar in Richtung Hobbyfahrer, während die europäischen Hersteller die Grenzen des Sportreglements ausloten.
Wertung: E3
Brauchts nach den Ergebnissen
in der E1- und E2-Klasse noch
Erklärungen? Wohl kaum, denn Tatsache ist: Die 300er-Zweitakter haben gegen
die Ballermänner ebenfalls nichts mehr
zu bestellen. Sogar die Bestzeit der 300er-KTM würde bei den Viertaktern
nur zum letzten Platz reichen. Innerhalb der Big-Single-Fraktion dominiert
allerdings nicht die theoretische Stärke
dieser Konzepte, die bulligen und dreh-
momentstarken Motoren mit satter Spitzenleistung, sondern ausgerechnet die flinke Auslegung der großen KTM. Auch die Husaberg überrascht. Das grund-
sätzlich eher behäbige und gutmütige Motorrad kann sich gegen das wesent-
lich modernere Konzept der Husqvarna mit dohc-Motor und zeitgemäßer
Ergonomie erstaunlich klar durchsetzen.
Spielregeln
Gleiches Recht für alle. Dieser hehre Vorsatz gilt auch beim Masterenduro. Nachdem
alle 25 Testmaschinen von Reifenausstatter Dunlop auf die wettbewerbstaugliche Einheits-Reifenpaarung D 908/D 907 F gestellt wurden, gehts zur Sache. Sämtliche Bikes werden in ausgeloster Reihenfolge über eine für diese Disziplin typische, eng gesteckte Enduro-Sonderprüfung, den so genannten Crosstest (siehe Foto Seite 50), auf einer Wiese gehetzt. Danach Szenenwechsel. Die Strecke des Endurotests führt durch ein Waldstück mit steinigem, wenig griffigem Boden und teils haarig engen Fahrspuren. Auf beiden Pisten ist typisch für den Endurosport ein ausgewogenes Paket aus agilem Handling und kontrollierbarem Leistungseinsatz eher gefragt als schiere Maximalpower.
In einem komplizierten Verfahren fließen die gefahrenen Zeiten der betreffenden Maschine,
der Abstand zur Klassenbesten, die Anzahl der gefahrenen Bestzeiten und die subjektive Bewertung der Testpiloten in die Gesamtnote ein. Letztlich fechten die Sieger der jeweiligen Zwei- und Viertakt-Sparten in drei Halbfinals den Klassenprimus aus der dann im Finale unter den drei schnellsten Piloten auf einer einzigen Runde im Endurotest um den Gesamtsieg kämpft.
Finale
Wie sich die Zeiten ändern. Noch beim letztjährigen Masterenduro schlugen sich die Yamaha WR 250 F, die Honda
CRE 450 F und die Gas Gas EC 300 um den
Gesamtsieg. Am Ende dominierte die Honda.
Die KTM-Armada, ansonsten auf den Enduro-
pfaden dieser Welt unumstrittener Macht-
haber, war ausgebootet. Doch das Imperium schlägt zurück. In diesem Jahr stellten die
österreichischen Maschinen das gesamte
Finale. Erstaunlicher als diese Monokultur fiel jedoch das Ergebnis aus. Sascha Eckert und Dani Llobet nagelten auch im Schlussspurt auf dem Endurotest mit der sanftmütigen um nicht zu sagen untermotorisierten 250er ihre persönlichen Bestzeiten in die Hänge
des Parcmotor in Igualada. Nur Top-Profi
Mario Rinaldi rückte letztlich mit seiner
auf der 525er herausgefahrenen Bestzeit
die Enduro-Welt wieder gerade. Doch wie
lautete der letzte Satz des Mastercross 2006 (MOTORRAD 1/2006), das mit dem Über-
raschungssieg der zweitaktenden Kawasaki KX 250 endete: Wunder gibt es immer
wieder. An dem ebenfalls das Masterenduro nur um Haaresbreite vorbeischrappte
um 0,733 Sekunden, um genau zu sein.