Sie war Teil eines Plans. Alte Werte in eine reduzierte, puristische Form zu packen, MZ damit ein neues Image zu verpassen, die Marke neu zu positionieren. Doch dieser Plan, er klappte nicht. Wegen zu hoher Kosten, zu hoher Risiken, anderer Vorhaben. So zumindest die Argumentation der Firmenleitung in Zschopau, als raus war, die SFx werde nicht gebaut. Jetzt ist
raus: Die SFx wird doch gebaut. Nicht in Zschopau, sondern in Dom-Esch. Da kalkuliert man anders, da denkt man anders. »Die wollen wir ganz einfach bauen«, war man sich beim Orange Cycle Team mehr oder weniger einig. Und traf sich mit Designer Jens vom Brauck. »Da haben wir uns zusammen mit unserem Mann vom TÜV das Modell mal angesehen. Den Kontakt hat der Ex-MZ-Geschäftsführer Christof Baumgärtner gemacht. Der kannte uns und unseren Laden«, sagt Roger Viehl. »Dann haben wir uns noch mit MZ unterhalten, und danach waren wir uns sicher: Die werden wir bauen«, ergänzt Volker Scheil.
Seit August machen sie nichts anderes, als sich mit einem prinzipiellen Problem herumzuschlagen: Weniger macht mehr
Arbeit. Und anders als die SF, auf der sie aufbaut, versteckt die SFx eben viel weniger hinter Plastik. An dessen Formen schieden sich bei der SF ohnehin die Geister. Zu voluminös das Heck, zu verkanzelt und verkantelt die Front. Die Jens vom Brauck radikal vereinfachte. Doch gerade in diesem Einfachen steckt oft das Komplizierte. Weil es viel mehr Mühe macht, die einzelnen Bestandteile, die verschiedenen Funktionen in einer reduzierten Linie ästhetisch zu integrieren. Weil jedes Detail, jede Nuance zählt, sofort ins Auge sticht. Anders ausgedrückt: Gerade das, was so simpel aussieht, ist so simpel nicht zu machen.
Das Heck zum Beispiel. Wirkt auf den ersten Blick, als wäre nur der Kunststoffschwulst verschwunden. Womit es aber längst nicht getan war. Denn für die Kleinserie braucht es einen neuen Heckrahmen. Einen, der in seiner Grundform dem Original wohl ähnelt, aber einen, der um Längen sauberer geschweißt sein soll. »Die Nähte müssen wie geleckt sein, so wie die anderen, die
man an dem Motorrad sieht, die sind doch piekfein gezogen«, befindet Roger. Außerdem werden zwei Verstrebungen modifiziert. »Wir bekommen sonst unser Innenteil nicht rein.« Die unförmigen PVC-Stücke nämlich, die sich zuvor unter der Sitzbank, hinter der Verkleidung, verstecken konnten, weichen einem oben offenen, schwarz eloxierten Aluminiumkasten, in dem sich unter anderem die Elektrik verbirgt. Und der liegt nun mal voll im Blick. Am Modell tat es noch eine schwarze Pappverblendung, die sich rechts und links locker hinters Gitter schieben ließ. »Ich weiß nicht mehr, wie oft wir versucht haben, den Kasten ins Heck zu bugsieren, und ich weiß schon nicht mehr, wie oft wir den Kasten immer
wieder leicht umgebaut haben, bis er dann endlich passte«, erzählt Mechaniker Jochen Oeverdiek und hält derweil das Originalheck neben den Eigenbau.
Die Leute von OCT sind indes gewöhnt, dass es manchmal etwas länger dauert. Was Roger von Leon, seinem zur Renitenz neigenden Chow-Chow-Rüden, kennt, und alle drei auch sonst zur Genüge. Nicht nur, dass sie selbst seit Jahrzehnten Laverda fahren. Sie sehen auch zu, dass alle anderen, die eine Laverda haben, tatsächlich Laverda fahren können. Sie reparieren und restaurieren diese Maschinen, besitzen das umfangreichste Ersatzteilreservoir, weltweit vermutlich. Sollten sie dennoch ein Teil nicht auf Lager haben, schieben sie Nachfertigungen an. Zudem versucht sich OCT seit 2002 als MZ-Vertragshändler. Mit Erfolg. Im vergangenen Jahr gab es gar eine Auszeichnung: bester Händler.
Was wohl daran liegt, dass man in Dom-Esch vom Produkt überzeugt ist. »Bei der Tausender merkst du ganz einfach, dass sich da richtige Motorradfahrer ihre Gedanken gemacht haben«, sagt Roger. »Die ist für die Praxis gemacht, lässt sich prima warten. Außerdem ist nichts billig dran. Kassettengetriebe, voll einstellbare Federelemente, topp Verarbeitung, klasse Lackqualität. Und bei welchem Motorrad schraubst du sonst die Kerzen raus, ohne irgendwas abzumontieren?« Das hat auch seine Nachteile: »Eine der größten Hürden unseres Projektes ist es, dem Qualitätsanspruch gerecht zu werden. In der Maschine stecken
so viele pfiffige Lösungen, die noch dazu simpel sind.«
Mithin erscheint die SF in doppelter Hinsicht als geeignete Basis für den Kleinserien-Umbau, den OCT sich vorstellt: Sie ist dann ebenso wenig kleinzukriegen, sieht aber gut aus. Nicht nur hinten, auch vorne. Wo zwischen schwarz eloxierten Gabelholmen in kompaktem Gehäuse nur ein Doppelscheinwerfer steckt. Die viel zu weit oben und viel zu weit nach vorne ragende Cockpitverkleidung mit dem Ausdruck einer schielenden Ameise landet, wo sie hingehört. Kann sie auch, denn die überdimensionierte Instrumententafel landet dort ebenfalls. Allein dadurch steht die SFx viel gedrungener, viel bulliger da als die SF.
Nun geht es ja nicht ganz ohne Instrumente. Mit ging es anfangs allerdings auch nicht. Hatten doch die Koso-Armaturen massive Probleme, mit dem Steuergerät der MZ zu kommu-
nizieren. »Einfach anstecken war da nicht«, sagt Volker lapidar. Stattdessen war da wieder mal viel Herumprobieren. »Wir mussten erst checken, was für Signale überhaupt aus dem Steuergerät herauskommen, und wir hatten herauszufinden, was für Signale die neuen Instrumente verarbeiten.« Volker erzählt
das, während Roger einen Teil des Kabelbaums in der Hand
hält. An dem baumelt eine etwa streichholzschachtelgroße Platine. Quasi der Übersetzer. »Das hätten wir ohne Hilfe nicht geschafft. Aber wir kennen einen, der arbeitet normalerweise als Elektroniker für die Formel 1.«
Ohnehin machen die Leute von OCT keinen Hehl daraus, dass sie ohne Unterstützung, ohne schnelle und kollegiale Hilfe die Nummer gar nicht stemmen könnten. »Die Zulieferer sind allesamt total kooperativ, legen, wenns drauf ankommt, eine Sonderschicht ein. Das sind auch alles Typen, die mit uns auf einer Wellenlänge liegen, mit denen man auch gern ein Bier trinkt.« Roger dreht sich noch eine Zigarette, deutet mit der fertigen auf die Gabel und meint, dass es normalerweise nicht ganz so einfach wäre, sich probehalber die Holme eloxieren zu lassen oder etwa sich um 20 Millimeter vorverlegte Gabelbrücken aus der Fräse zu lassen.
Andererseits: Hätten Roger, Volker und Jochen wirklich mit allen Zulieferern und allen anderen, die ihnen geholfen haben, ein und tatsächlich nur ein Bier trinken wollen, wäre die SFx nie zur Intermot fertig geworden. Denn irgendwie ist es ja auch die Laverda-Kundschaft, die ihnen geholfen hat. Indem sie sich geduldete. »Die dringlichen Sachen, also wenn einer sonst nicht hätte fahren können, die haben wir natürlich gemacht, aber die größeren Angelegenheiten, die mussten warten.« Volkers Job war es, das den Kunden am Telefon zu verklickern. So wie er davon erzählt, haben die meisten keinen Aufstand gemacht, haben gesagt, ist okay.
Das allerdings ändert nichts daran, dass OCT zwei Monate lang kaum Geld verdient, wohl aber ein bisschen was ausge-
geben hat. Was daran erinnert, dass sich die ganze Geschichte irgendwann rentieren sollte. »Wenn wir zehn bis 15 Maschinen verkaufen, sind wir aus dem Schneider.« Die Rechnung geht freilich nur dann auf, wenn keiner der drei seine Arbeitszeit berücksichtigt. Täten sie das, müssten sie um die 50 absetzen. Oder für jedes Exemplar einen Mondpreis verlangen. »Wollen wir natürlich nicht. Wie viel das Motorrad am Ende kosten wird, können wir noch nicht genau sagen. Aber Edelbike-Regionen werden wir garantiert nicht berühren. Das würde uns nicht passen und MZ sicher auch nicht.«
Was MZ jedoch passt, ist OCTs Engagement für die SFx. Zu Vertriebsmann Ron van Wely haben sie einen ganz guten Draht. Vielleicht ist der sogar so gut, dass die Basismaschinen für den Umbau zu besonderen Konditionen von Zschopau nach Dom-Esch gehen. »Verkleidung, Fußrasten, Cockpit, Auspuff, Sitzbank, Lenker und Gabelbrücken ändern wir ja ohnehin.«
OCT hat vor, nicht nur komplette Maschinen anzubieten, sondern ebenfalls abgespeckte Kits, die sich die Kunden so kombinieren können, wie sie denn möchten. Ob sie denn möchten, können sie sich auf der Intermot überlegen. Da ist die SFx nämlich am Stand von MZ positioniert.
Das Orange Cycle Team
Seit sieben Jahren eine der ersten Adressen für Laverda-Fans, ist die Firma OCT seit 2002 zudem MZ-Vertragshändler.
Volker Scheil, der Mann am Heck (Foto links), hat »was ganz anderes gemacht, Außendienst, Bürokommunikation«. Roger Viehl (ganz rechts) hat als Maschinenbaustudent ein bisschen was über Fahrzeugtechnik erfahren. Was sie mit dem Mann in der Mitte, Mechaniker Jochen Oeverdiek, gemeinsam haben: ein Faible für Laverda, und sicher ein über das normale Maß hinaus gehendes. Weil sich zu dem Faible eine
Menge Know-how und eine Unmenge an Ersatzteilen addieren, gilt das Orange
Cycle Team längst nicht mehr nur als
Geheimtipp in der Italo-Szene. In Dom-Esch, einem Dorf bei Euskirchen, ha-
ben sie einen ehemaligen Bauernhof
zu ihrem »Mototop« umfunktioniert. In dem neben Laverda ebenfalls MZ gedeihen darf. Übrigens besser als irgendwo sonst. OCT war 2005 erfolgreichster Händler der Marke.
Weitere Infos unter www.octeam.de oder telefonisch: 02251/970752
Was macht MZ?
»MZ ist bereit für neues Wachstum«, hat der Hersteller kürzlich
vermeldet. Man sehe eine »gesicherte Zukunft« als »Global Player«. Wie wichtig Deutschland und die Tausender im globalen Spiel sein
sollen, spricht MZ nicht an. Was beredt ist. In den Neuzulassungen, die das Kraftfahrtbundesamt für die Monate Januar bis Juli veröffentlicht hat, taucht MZ mit 163 Motorrädern auf über die Hälfte weniger als im
Vorjahreszeitraum. Besser sieht es bei den 125ern aus. Da hat sich MZ, mit
einigem Abstand zwar, hinter Honda und Yamaha als dritte Größe etablieren können. Marktanteil: 7,55 Prozent.