Report: Quantya-Elektrocrosser

Report: Quantya-Elektrocrosser Ein Quantya Trost

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Die Zukunft gehört Elektro-Fahrzeugen – heißt es. Viele befürchten aber deshalb das Ende für ihren liebsten Freizeitspaß. Das Quantya deutet an, dass das nicht unbedingt so sein muss und die Zukunft sogar noch mehr Spaß bringen kann. Ein echter Trost für Leute mit Zukunftsangst.

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Ein Quantya Trost

Sssssss – mehr ist tatsächlich nicht zu hören. Der Fahrtwind, leises Summen vom Elektromotor und das Rollgeräusch der Reifen auf dem glatten Asphalt sind das Einzige, was durch den Helm ans Fahrerohr dringt. Ab und zu spielt ein wimmernder Hinterreifen eine bekannte, liebgewonnene Melodie. Es bleibt aber ein Solo. Pauken und Trompeten schweigen. Kein kreischender Motor, kein brazzelnder Auspuff. Ist das der Spaß von morgen? Dieser Frage ging PS auf den Grund und fuhr hinaus aufs bayerische Land zu KOM Enterprises, dem Deutschland-Importeur des Quantya. Nahe Traunstein wollten wir in einem sogenannten Quantya-Park die Enduro-Version des Elektrobikes über die Tables und durch Anlieger scheuchen. Doch der heranrückende Winter verwandelte das Gelände in eine zähflüssige Pfütze. Die hauseigene Karthalle bot Unterschlupf. Dort drängt sich ein riesiger Vorteil des Quantya geradezu auf: Kein Abgas setzt den Schleimhäuten zu. Selbst nach mehreren Stunden Testfahrt in der Halle sind weder die Sinne noch die Luft benebelt.

Und wie fährt es? Zunächst muss man sich etwas umstellen. Eine Kupplung hat das Quantya nicht. Der Hebel für die linke Hand betätigt die Hinterradbremse. "Für den Nachwuchs ist das wie bei ihrer Playstation", erklärt KOM-Chef Hans Eder diese Anordnung. "Da macht man auch alles mit den Händen." Ein Bremsdrift mit links – das gelingt beim Quantya also jedem. Keine Kupplung, kein Getriebe, das Quantya fährt alles in einem Gang. Das macht es besonders all jenen leichter, die nicht vom Motorrad auf das Elektrobike steigen. Aber Obacht! Ist das Quantya via Zündschlüssel scharf gemacht, sollte man im "Rumstehmodus" die Finger vom Gasgriff lassen. Kein Motorengeräusch warnt den Reiter vor der Betriebsbereitschaft. Der feinste Zupfer am Gasgriff lässt das Quantya sofort davonspringen, denn schon beim Losfahren liegt entsprechend der Charakteristik von Elektromotoren das volle Drehmoment an.

Fahrverhalten

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Betriebsstunden und Batteriefüllung werden unter einer Abdeckung angezeigt. Während dem Fahren kündet leichtes Ruckeln vom nahen Ende der Energie.

Das fehlende Gasspiel ändert sich während der Fahrt. Je nach gefahrener Geschwindigkeit gilt es nun, den Gasgriff nach dem Schließen wieder so weit aufzuziehen, bis der Widerstand für mehr Leistung entsprechend überwunden ist. Das ist kein Hexenwerk, passiert quasi instinktiv und macht das Quantya leicht beherrschbar. Das Sitzgefühl ist von Supermotos und besonders von Crossern bekannt. Entsprechend ist die Fahrtechnik. Weit vorn sitzend drückt man das Elektrobike mit ausgestellten Ellbogen am breiten Lenker um die Ecken, nimmt das kurveninnere Bein nach vorn. Auf solche Manöver reagiert das Quantya nervös. Kein Wunder, es steht auf recht schmalen Enduro-Reifen (v.: 2.75 x 19", h.: 3.50 x 18"); Supermoto-Räder sind aber inzwischen verfügbar. Außerdem ist das Bike extrem schmal und leicht: Die StVZO-Enduro-Version wiegt 95 kg. Die Leistung passt für die enge Kartbahn. 75 Prozent von maximal 17 PS sind freigegeben: Per Laptop lässt die sich entsprechend der Strecke und dem Fahrkönnen einstellen; bis knapp über 70 km/h sind drin. Je mehr Dampf aus dem Quantya gequetscht wird, desto kürzer hält der Lithium-Polymer-Akku – logisch. In unserem Fall war nach etwa 45 Minuten Nettofahrzeit Schluss. An der Steckdose ist der Akku nach 3 Stunden wieder voll. Für kurze Turns reichen auch kürzere Ladezeiten. "Gib Gas du Lutscher", foppt der Hintermann und treibt seinen Gegner vor sich her. "Überhol doch, wenn du kannst", hallt es zurück. Diese Szenerie ist wirklich bizarr: Da geben sich zwei Jungs auf zwei Sportbikes die Kante und fahren es unter sich aus, aber alles, was man hört, ist "Ssssssss" und deren Gequatsche.

Interview mit Importeur

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KOM-Chef Hans Eder (41) kommt selbst vom Motorcross, entwickelt am Chassis mit und ist Erfinder der Quantya-Parks.

Das Quantya bedeutet also das Ende von Motocross und Endurofahren, wie wir es heute kennen?
Nein. Mit dem Quantya will ich doch keinen von seiner Motocross-Maschine runterholen, das ist nicht unser Ziel. Wer vor der Haustür mit dem Crosser fahren kann, braucht kein Quantya. Aber immer weniger Leute können das. Bahnen werden aus Umweltgründen dicht gemacht. Anwohner erwirken wegen Lärmbelästigung eng gesteckte Zeitfenster, wann überhaupt gefahren werden darf. Einfach so in der Pampa herumfahren darf man sowieso nicht mehr. Da ist das Quantya die richtige Alternative. Damit können wir den Cross-Sport von den Anfeindungen befreien und zukunftsfähig machen. Außerdem wollen wir die Kids für diesen Sport gewinnen, die keinen Motorrad-Hintergrund haben und gerade mal eine Playstation bedienen können.

Dafür ist das Quantya mit knapp 9000 Euro aber recht teuer.
Wenn man bedenkt, dass eine Ladung etwa 35 Cent kostet, amortisiert sich das schnell. Allerdings wollen wir ja nicht allen eine Quantya verkaufen. 60 bis 70 % der Quantya-Fans werdenmeines Erachtens ein paar Mal im Jahr damit Spaß haben wollen. Also rein in den Quantya-Park, sich für 15 Euro pro Training wie auf der Kartbahn mit einem Mietbike sportlich betätigen. Wir sind überzeugt, dass das Ganze vor allem über den Sport funktioniert. Trainings, Lehrgänge und Rennen werden angeboten, aber auch das gesellige Grillfest am Wochenende. Wegen der Umweltfreundlichkeit kann man praktisch überall solche Parks eröffnen. Der kürzlich in Siegsdorf eröffnete Quantya-Park liegt direkt am Ortsrand genau neben den dortigen Tennisplätzen – keiner stört den anderen.

Apropos Umweltfreundlichkeit: Sich vor einen Castortransport zu ketten oder gegen Kohlekraftwerke zu sein und Quantya zu fahren, ist nicht ganz unproblematisch.
Richtig, aber wir haben einen der Parks mittlerweile mit einer Fotovoltaik-Anlage ausgerüstet, die mehr Strom aus Sonnenenergie erzeugt, als wir für den gesamten Park mit Lichtanlage, Ladestationen etc. brauchen. Das ist langfristig das Ziel für alle Parks: Nach Eröffnung binnen Jahresfrist mehr Energie aus der Natur zu gewinnen, als der Park verbraucht.

Betreiben Sie diese Parks?
Nein. Wir sind lediglich Ansprechpartner und sorgen für den kompletten Know-how-Transfer für all jene, die einen Park betreiben möchten. Wir geben Tipps etwa bei der Gestaltung der Bahn mit Tables, Anliegern und neuen Modulen wie Half- und Crosspipes. Unser Motiv als Importeur liegt im Verkauf der Fahrzeuge. Wir erheben keine Umsatzgebühren, laufende Beiträge oder so etwas.

Wie viele dieser Parks soll es geben?
Wir sehen Potenzial für 40 bis 50 Parks in Deutschland und 8 bis 10 in Österreich.

Zurück zur Technik. Wie lange hält eigentlich der Akku?
Der Zellenhersteller spricht von mindestens 2000 Ladungen. Quantya gibt zuzüglich zur gesetzlich vorgeschriebenen Gewährleistung eine Garantie für 1000 Ladungen oder zwei Jahre.

Was kostet denn so ein Akku sonst?
Momentan ist der Akku mit 4000 Euro veranschlagt. Wir gehen aber davon aus, dass sich der Preis aufgrund der voranschreitenden Entwicklung bis in zwei Jahren halbieren wird.

Warum ist das Quantya bisher das einzige in Serie gebaute Fahrzeug dieser Art?
In erster Linie liegt das an der Akku-Technik. Ich bin kein Experte, aber den Quantya-Machern in der Schweiz ist es gelungen, die Lithium-Polymer-Zellen so zu bündeln und zu steuern, dass es funktioniert. Das Ganze ist in der Zellenproduktion noch so teuer, dass große Stückzahlen, wie sie für Konzerne interessant wären, noch nicht wirklich wirtschaftlich sind.

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