Reichen drei Zylinder, um einen 500er Grand Prix zu gewinnen? Altmeister Kenny Roberts meint ja - und schickt seinen Sohn Kenny jr. und den Franzosen Jean-Michel Bayle mit der Modenas KR 3 in den Ring.
Reichen drei Zylinder, um einen 500er Grand Prix zu gewinnen? Altmeister Kenny Roberts meint ja - und schickt seinen Sohn Kenny jr. und den Franzosen Jean-Michel Bayle mit der Modenas KR 3 in den Ring.
Beim Saisonstart am 13. April in Malaysia werden die Augen der Grand Prix-Welt vor allem auf ein Motorrad gerichtet sein. »Modenas KR 3« heißt der neue 500er Renner, der die Neugier der Szene weckt. Interessant ist nicht nur das technische Konzept, sondern auch die Personen, die hinter dem Projekt stehen: eine Halblitermaschine mit V3-Motor, entworfen und gebaut vom Team des dreimaligen Weltmeisters Kenny Roberts und der englischen Formel 1-Schmiede Tom Walkinshaw Racing (TWR). Für die Finanzierung sorgen Marlboro und der malaysische Motorrad-Hersteller Modenas.
Obwohl gerade mal die ersten vorsichtigen Testrunden in Barcelona absolviert wurden, erwartet Roberts für die erste Saison schon Podestplätze oder gar Siege in der Königsklasse. Kenny Roberts junior und Jean-Michel Bayle sollen die Lorbeeren ernten - zwei Fahrer, die allerdings nicht zur ersten Garde der 500er Piloten gehören. Zweifel an den optimistischen Prognosen sind also angebracht. Trotzdem gebührt King Kenny großer Respekt für seinen Mut, sich im Wettstreit der Motorenkonzepte - bislang kämpften V4 gegen V2 - mit einer neuen Variante einzumischen.
Meßwerte oder gar Dimensionen des membrangesteuerten V3-Motors läßt sich der große Meister bislang noch nicht entlocken. Bis auf die Tatsache, daß er das Hubraumlimit voll ausgeschöpft hat und der mittlere Zylinder des Triebwerks stehend und leicht nach vorn geneigt angeordnet ist. Um für einen möglichst tiefen Schwerpunkt zu sorgen, spreizen sich die beiden äußeren Zylinder im V nach unten ab. Auch die zugehörigen Auslaßsysteme sind an der Motorunterseite entlanggeführt. Der einzige Nachteil: Die beiden äußeren Zylinder sorgen an der Unterseite der Maschine auch für eine Baubreite, die nahezu den gängigen V4-Modellen entspricht.
Kenny gibt zu, daß der Motor der ersten Entwicklungsstufe sehr konventionell gebaut wurde. Um Kinderkrankheiten zu vermeiden und vom Start weg mitfahren zu können, wurde das Kurbelgehäuse aus Aluminium gebaut und auf exotische Materialien verzichtet. »Nach dem ersten Prüfstandslauf haben wir bereits mit der Weiterentwicklung des Motorengehäuses begonnen. Wir arbeiten an Teilen, die so klein und leicht dimensioniert sind wie nur möglich. Außerdem modifizieren wir die Wasserpumpe, um die Kühlung zu verbessern.«
Während die neuen Teile in Roberts´ Werkhalle im britischen Banbury und bei Tom Walkinshaw Racing gebaut werden, testen die Fahrer mit der ersten Version der KR 3. Für Kenny junior scheint der V3-Renner - wen wundert´s - geradezu maßgeschneidert zu sein. »Der Motor hat eine spitze Leistungskurve, das gefällt mir. Ich kann die Maschine gut mit dem Hinterrad steuern, fast so wie bei einem Flat Track-Motorrad«, faßte Altmeisters Kennys Sprößling seine ersten Fahreindrücke auf dem Grand Prix-Kurs in Barcelona zusammen.
Revolutionäre Neuheiten sind vor Saisonbeginn an der KR 3 nicht zu erwarten, allenfalls eine leichte Pfundskur durch die Verwendung von Titan-, Kohlefaser- und etlichen Magnesiumteilen. »Doch nichts davon ist spektakulär«, so Roberts. »Wir haben nicht den Versuch gemacht, das Rad neu zu erfinden.«
Die größte Neugier dürften wohl noch die Vergaser hervorrufen, die in der Roberts-Manufaktur komplett neu entwickelt wurden. Wie effektiv sie sind, wird sich an der Leistung der Maschine zeigen. Derzeit spricht das Team von 150 PS, doch um konkurrenzfähig zu werden, muß die KR 3 noch etliche Muskeln zulegen. Roberts hat schon mehrfach erwähnt, man brauche 165 PS, um es den rund 30 PS stärkeren, aber auch 15 Kilogramm schwereren V4-Maschinen zeigen zu können.
Daß dieses Vorhaben zu realisieren ist, will der Schweizer Grand Prix-Techniker Urs Wenger allerdings nicht so recht glauben. Der Konstrukteur des Swissauto-Vierzylinders verteidigt das V4-Konzept als das einzig wirklich erfolgversprechende. »Roberts V3-Maschine dürfte sich verhalten wie ein besonders guter Twin, weil sie das Konzept einer kompakten Maschine mit größerer Power verknüpft. Doch den Vierzylindern bleibt sie unterlegen, weil sie nie eine vergleichbare Leistung erreichen wird. Ich persönlich halte den Dreizylinder für das schwierigste aller möglichen Konzepte. Mit einem Twin, der laut Reglement nur mindestens 100 Kilogramm wiegen muß, hast du wenigstens die Garantie, so schnell wie eine 250er zu sein und den 500ern auf bestimmten Strecken davonzuflitzen. Doch mit einer 115 Kilogramm schweren V3-Maschine hast du klar weniger Power als ein Vierzylinder und trotzdem nicht die Vorteile eines V2.«
Der Spanier Antonio Cobas, Erfinder des heute weit verbreiteten Aluminium-Deltaboxrahmens und Konstrukteur jener JJ Cobas 125, mit der Alex Crivillé 1989 Weltmeister wurde, bezieht nicht so eindeutig Stellung. »Ich hoffe und wünsche mir, daß die Maschine funktioniert«, lächelt der Mann, der schon Jahre vor der ersten V2-500er felsenfest davon überzeugt war, die ideale Rennmaschine müsse irgendwo zwischen einer 250er und einer 500er liegen. »Mir gefällt die Idee, auch wenn es schwer ist, ohne Detailkenntnis ein Urteil abzugeben. Doch wenn man sich vor Augen führt, daß Roberts und bedeutende Größen der Formel 1 hinter dem Projekt stehen, so sind die Aussichten keineswegs schlecht«, kalkuliert Cobas.
Dreizylindermotoren sind keineswegs neu in der Halbliterklasse. Den Anfang machte Mitte der 60er Jahre der Dreizylinder-Viertakter von MV Agusta. Multi-Weltmeister Giacomo Agostini eilte mit dem überlegenen Reihenmotor von Sieg zu Sieg. Ganz im Schatten der großartigen MV Agusta-Werksmaschinen standen die Ende der 60er Jahre vorgestellten Kawasaki-Zweitakter mit drei luftgekühlten Zylindern in Reihe. Immerhin holte Ginger Molloy damit 1970 den Vizetitel. Von ganz anderem Kaliber war die Honda NS 500. Zu Beginn der 80er Jahre, als die Konkurrenz durchweg auf Square Four-Motoren mit Drehschiebereinlaß setzte und Yamaha gerade mit der Konstruktion einer neuen V4-Maschine mit zwei Kurbelwellen begonnen hatte, ging der weltgrößte Motorradhersteller mit einer sensationellen V3-Maschine mit 100 Grad Zylinderwinkel und Membraneinlässen ins Gefecht. Schon 1983 waren der amerikanische Ausnahmefahrer Freddie Spencer und die 140 PS kräftige NS 500 reif genug, Roberts den WM-Titel wegzuschnappen. Bis 1985 stand die NS 500 noch als offizielle Werksmaschine in den Startreihen, hatte inzwischen gegenüber den stark weiterentwickelten V4-Maschinen von Yamaha aber drastisch an Boden verloren. Für Privatfahrer war der Honda RS 500-Production Racer indes noch bis in die 90er Jahre hinein ein attraktives Renngerät. Honda baute den Motor mit zwei stehenden und einem liegenden Zylinder - wie bereits 1953 DKW, deren 350er mit dem ersten Dreizylinder-Zweitaktmotor in der Renngeschichte bestückt war .