Den optimalen Preis gibts den überhaupt?
Klar, wenn Sie nur auf die reine Summe, die unterm Strich steht, achten. Und wenn Sie den Aufwand, den Sie selbst betreiben, um diesen Superpreis zu realisieren, in Ihre Kalkulation nicht einbeziehen. Sie sollten allerdings bedenken, dass ein Motorrad mitunter in die Werkstatt muss, vielleicht völlig überraschend am Samstagvormittag. Und wenn Sie Ihren Händler beim Kauf so richtig ausgequetscht haben wie eine Zitrone, dürfen Sie sich nicht wundern, falls er eventuell sauer reagiert. So dass Sie das Wochenende gemütlich zu Hause verbringen. Das wars dann
mit dem optimalen Preis. Denn ein Motorrad, das nicht fährt, ist ziemlich wenig wert.
Gibt es ein Recht auf eine Probefahrt? Nein, so
wie es auch kein Recht darauf gibt, dass der Händler Ihnen eine Ware verkauft. Natürlich wird Ihnen ein seriöser Händler eine
Probefahrt nicht verweigern. Allerdings schaut er sich seine
Kunden vorher genau an. Wer die Maschine gleich das ganze
Wochenende testen möchte, könnte zu den Nassauern gehören, die jeden Samstag bis Montag ein neues Modell ausprobieren. Wenn Sie das Motorrad länger als die übliche halbe Stunde, die Händler in der Regel gerne gewähren, ausfassen wollen, erhalten Sie möglicherweise das Angebot, es doch zu mieten. Für den Fall, dass es zum Kauf kommt, fällt die Gebühr meist unter den Tisch.
Wie verhandeln in Zeiten, da die Preisstabilität abhanden gekommen scheint? Es soll Leute geben, die hassen es zu feilschen. Die hassen es aber auch, wegen dieser kleinen Schwäche mehr zu bezahlen, als sie eigentlich müssten. Ein guter Händler wird diese Klientel richtig einschätzen und
ihr helfen. Jene Kunden also, die nicht sofort nach Rabatten
fragen, sondern sich im Verlauf des Verkaufsgesprächs höflich nach dem »Hauspreis« erkundigen. Die sich vorab überlegen, was sie sonst noch dringend brauchen könnten Kombi, Helm,
Gepäcksystem et cetera. Zu solchen Deals ist der Händler in
der Regel sofort bereit. Weil er an Nachlässen dieser Art nämlich noch ein wenig verdient, indem er nominell etwa 800 Euro
nachlässt, de facto aber nur 600, seinen Einkaufspreis. Was er ebenfalls gerne sieht, das ist, wenn ein Motorrad, das er seinem Importeur bereits bezahlt hat und ihn nur noch Zinsen und Platz kostet, endlich den Hof verlässt. Falls es Ihnen egal sein sollte, ob
Ihre neue Maschine rot, blau oder grün lackiert ist, entscheiden Sie sich für eine der Farben, die Ihr Händler auf Lager hat. Er
wird es Ihnen danken. Etwa, wenn Sie bei der Inzahlungnahme selbst in die Rolle des Verkäufers schlüpfen und einen möglichst guten Preis für ihr altes Motorrad herausschlagen wollen (siehe Folge 4 der Serie).
Finanzieren aber wie? Die Zeit der supergünstigen
Finanzierungen mit einer Null vor dem Komma scheint vorerst
vorbei. Es waren stark subventionierte Angebote, die an der
Marge von Händler und Importeur kratzten. Zwar tun sie das
heute immer noch, jedoch nicht mehr so heftig. Die Null gibt es noch bei Ducati, freilich ausschließlich für die Modelle des
Jahrgangs 2003, bei Triumph allein für Daytona 600, bei Buell für die XB9-Baurreihe und bei KTM für alle Crosser.
Bei Finanzierungen unter den üblichen Zinssätzen, und die
offerieren alle Hersteller (siehe Infografik oben), bleibt der Listenpreis tabu. Damit werden andere Zahlungsvarianten immer interessanter, denn bei Barzahlung lässt jeder Händler mit sich reden. MOTORRAD hat das am Beispiel einer Honda CB 1300 ausgerechnet (Kasten Seite 75). Auf der Grundlage eines durchaus realistischen Rabatts von 7,5 Prozent lohnt es sich, einen Kredit aufzunehmen. Damit fahren Sie günstiger, als wenn Sie die Konditionen des Herstellers oder Importeurs akzeptieren.
Berechnet haben Sie das schnell. Yamaha, Honda, Triumph und BMW machens Ihnen besonders bequem. Auf deren Homepages (Adressen aller Marken finden Sie im MOTORRAD Katalog) können Sie sich für jedes Modell einen Finanzierungsplan anzeigen lassen. Bei Herstellern, die diesen Service nicht bieten,
klicken Sie einfach einen Zinsrechner an beispielsweise unter www.focus-msn.de zu finden , geben Listenpreis, Zinssatz
des Herstellers und Laufzeit des Kredits ein, den Rest erledigt
die Maschine für Sie. Dann eruieren Sie den Hauspreis Ihres
Motorrads da hilft bei Standardmodellen die Pauschale von 7,5 Prozent, die Sie vom Listenpreis abziehen , und ermitteln über Internet-Dienstleister wie »finanzscout« den günstigsten Kredit.
Falls Sie ein Motorrad holen wollen das stark nachgefragt wird, kommen Sie dagegen mit dem Kreditangebot des Händlers am besten weg. Denn der wäre ja blöd, wenn er Ihnen nennenswert Rabatt gäbe auf eine Maschine, die ein anderer voll bezahlt.
Machen Rabatte nicht den Handel kaputt? Wie
fänden Sie es denn, wenn Ihr Chef Sie fragen würde: »Wären
Sie in Zukunft mit der Hälfte Ihres Gehalts zufrieden?« Nichts
anderes nämlich muten Sie dem Händler zu, wenn Sie einen Nachlass von 7,5 Prozent aushandeln wollen. Bei 15 Prozent
dürfte die Marge des Händlers liegen. Davon ziehen Sie ihm schon mal 50 Prozent aus der Tasche, einfach so. Weil er und seis um den Preis seiner Existenz anders seine Ware wohl nicht mehr los werden könnte. Außerdem gehen ab die Kosten für
Geschäfts- und Werkstatträume, fürs Personal, für Zinsen, fürs Marketing und was sonst noch so anfällt. Übrig bleiben, wie der Zentralverband des deutschen Kraftfahrzeuggewerbes (ZdK) ausgerechnet hat, gerade mal 1,5 Prozent Gewinn. Freilich nur bei Händlern, die genau zu kalkulieren wissen (siehe Interview Seite 74). Viele schreiben rote Zahlen, überleben nur dank Selbstausbeutung. Weil sie mit Leib und Seele Motorradleute sind.
Es gibt, meint der ZdK, zu viele Händler, zu viele jedenfalls,
als dass sie alle überleben könnten. So verkaufen 391 Yamaha-Partner weniger Motorräder als 193 BMW-Betriebe. »Seit vier, fünf Jahren geht der Markt kontinuierlich nach unten«, analysiert Bert Poensgen von Suzuki die Situation, »und da wird es schwierig für Händler, die es in guten Zeiten nicht verstanden haben, sich selbst und ihr Geschäft zu organisieren.« Poensgen fühlt sich verantwortlich für seine Händler: »Es ist eine persönliche Niederlage, wenn einer meiner Händler aufhören muss.« Schon im Vorfeld versuche er gegenzusteuern »solange der Händler noch nicht alles, was er eingesetzt hatte, verspielt hat«.
Was ist eigentlich der Unterschied zwischen
einem Vertrags- und einem Grauhändler? 90 Prozent aller Neumaschinenkäufe laufen über Vertragshändler. Die bekommen ihre Motorräder vom Importeur oder Hersteller, der seine Leute schult, sie mit neuer Technik vertraut macht, mit Spezialwerkzeugen und Ersatzteilen versorgt, das zentrale Marketing
erledigt und bei der Finanzierung die Eckdaten setzt.
Grauhändler dagegen holen sich ihre Fahrzeuge auf einem
inoffiziellen Markt. Wenngleich es schon längst kein Geheimnis mehr ist, dass große Graue wie UGT mit seinen 25 Filialen oder ZTK mit dem imposanten Areal in Schneverdingen nahe bei
Hamburg sich bei Importeuren eindecken. Nicht unbedingt bei den deutschen, die damit ihrer eigenen Händlerschaft das Leben schwerer machen würden, obwohl auch das schon vorgekommen ist, wohl aber bei anderen Importeuren in der EU oder direkt
bei den Herstellern. Die logischerweise keine Veranlassung sehen, begehrte Modelle an die Grauen abzustoßen. Im Programm haben die solche Maschinen zwar dennoch, aber nur unwesentlich billiger. »Wenn ein Kunde partout eine Honda CB 1300 möchte, beschaffen wir ihm die natürlich«, sagt Horst Willing vom UGT-Shop im schwäbischen Fellbach. Und sei es beim nächsten Honda-Partner. Aber dann zu gewöhnlichen Konditionen, Finanzierung zu 1,99 Prozent mit Anzahlung oder 2,99 ohne wie bei Honda auch.
Warum können Graue bestimmte Modelle so
günstig anbieten? Weil das in der Regel Motorräder sind, die es schwer haben auf dem Markt. Beispielsweise Ducati ST4S ABS, Jahrgang 2003, die UGT zum Schleuderpreis vertreibt und die in Deutschland nur mittelprächtig, im restlichen Europa fast überhaupt nicht ankamen. Weswegen sie bei den Grauen landen. Beim Ducati-Händler kostet der Sporttourer nach wie vor 14000 Euro. »Dafür bekommt der Kunde ja den günstigen Zinssatz
von 0,49 Prozent für Vorjahresmodelle«, heißt es beim deutschen Importeur. UGT unterbietet den Listenpreis um sensationelle
4000 Euro 9999 Euro (siehe Infografik oben). Selbst bei einem Zinssatz von 6,99 Prozent und einer Laufzeit von 36 Monaten sparte der Kunde 2600 Euro im Vergleich zum zinssubventionierten Listenpreis. Diese Summe wiederum müsste der Ducati-Händler einem Interessenten nachlassen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Betriebswirtschaftlich gesehen ein Unding. Dazu kommt: Die Gebrauchtpreise sinken drastisch, das Motorrad, eigentlich ein hochwertiges Produkt, erhält ein Billigheimer-Image, und alle Käufer, die ihre ST4S ABS vor einem Jahr orderten, zu üblichen Konditionen, fühlen sich über den Tisch gezogen. Von ihrem Händler, ausgerechnet, dabei passt dem diese Entwicklung ebenso wenig.
Solch drastische Preisvorteile stellen freilich eine Ausnahme dar und lassen sich eh nur bei »Ladenhütern« und Modellen, die durch neue ersetzt werden oder die in absehbarer Zeit anstehende Umweltbestimmungen nicht mehr erfüllen, realisieren.
Wie sieht es eigentlich mit Garantie und Service bei Graumotorrädern aus? Garantie, das Versprechen
eines reibungslosen Funktionierens, gibt es im Grunde genommen nicht mehr, seit das EU-Gewährleistungsrecht gilt. Das bezieht sich lediglich auf Mängel, deren Ursachen bereits bei der Auslieferung vorgelegen haben müssen, und bestimmt, dass jeder Händler, der dazu befähigt ist in Deutschland bedeutet das,
einen Meisterbrief besitzt die entsprechenden Arbeiten ausführen darf. Soweit die Theorie. Der zufolge Sie mit Ihrer grauen Maschine nicht nur bei jedem Vertragshändler bedient werden müssten. In der Praxis mag es jedoch gut sein, dass man Sie
warten lässt. So lange, bis Sie schwarz werden, so lange eben, bis die Stammkundschaft des Händlers bedient ist. Und in der Hochsaison kann das dauern.
Die Situation stellt sich anders dar, wenn Sie in der Nähe
Ihres Grauhändlers wohnen und der für einen guten Service bekannt ist. Oder wenn Sie sich auf eine zuverlässige Werkstatt
verlassen können, die von solchen Aufträgen lebt. Oder wenn Ihr lokaler Vertragshändler sagt: »Den Preis kann und will ich nicht halten, aber bringen Sie Ihre neue Maschine dennoch zu mir,
damit ich daran wenigstens ein bisschen was verdiene.« Allerdings sollten Sie sich dann nicht wundern, wenn Sie eines Tages vor verschlossenen Toren stehen.
Interview mit Antje Woltermann
Antje Woltermann vom Zentralverband des deutschen Kraftfahrzeuggewerbes.
Gibt es bei Händlern einen Trend zum Konkurs?
Leider ja, betroffen sind fast alle Marken.
Welche Rolle spielt dabei der Importeur?
Rein betriebswirtschaftlich betrachtet, befindet sich der Importeur in einer komfortablen Lage. Er muss zwar Fahrzeuge vom Hersteller
abnehmen, hat aber seinerseits feste Abnehmer, nämlich die Händler. Sein unternehmerisches Risiko ist minimiert. Dennoch haben einige Importeure in der letzten Zeit den Abnahme- und Zahlungsdruck auf die Händler erhöht, um höhere Stückzahlen fahren zu können. Wer seine Aufgaben als Importeur darauf beschränkt, denkt zu kurz und zu kurzfristig, vernachlässigt das Image der Marke und die Pflege seines Kundenkreises, schwächt dabei seine Position in der Branche.
Gibt es einen Importeur, den man positiv herausheben könnte?
Da muss ich überlegen. Vielleicht Suzuki, man merkt eben, wenn jemand 25 Jahre die Firma prägt, wie das Bert Poensgen tut. Es ist halt vieles von einzelnen Menschen abhängig.
Liegt die Schuld fürs Scheitern vieler Händler beim Importeur?
Nein, zumindest nicht immer oder nicht
allein. Gerade Motorradhändler haben oft eine starke Kundenbindung, nehmen an Aufträgen an, was sie annehmen können. Dabei steht die unternehmerische Seite zu selten im Vordergrund. Viele beschäftigen sich zu wenig mit den Kennzahlen
ihres Unternehmens. Sie arbeiten von früh bis spät, aber das Unternehmensergebnis ist negativ.
Wie ist solchen Händlern zu helfen?
Der ZdK bietet betriebswirtschaftliche Seminare für Praktiker an. Doch wir stellen fest: Gerade die Händller, die es nötig hätten, kommen nicht.
So erkennen Sie einen guten Händler
l Ein guter Händler hat eine saubere und aufgeräumte Werkstatt. Geniale Schrauber, die das Chaos
beherrschen, bilden eher eine Ausnahme
l Vorsicht ist geboten, wenn Gebrauchtmaschinen
verschmutzt und verkratzt präsentiert werden
l Ein Händler, der fast jedes Ersatzteil, auch Standardartikel, bestellen muss, kann nicht den notwendigen schnellen
Service bieten. Eine Testanfrage schafft Klarheit
l Ein guter Händler hat auch einen guten Ruf. Fragen
Sie bei Clubs, Bikertreffs, Stammtischen nach
l Allzu häufige Markenwechsel deuten darauf hin, dass nicht der Händler die Marke wechselt, sondern die Marke den Händler
l Aufdringlich aggressive »Megaseller«-Angebote können
ein Hinweis darauf sein, dass der Händler seinen
Laden kaufmännisch nicht im Griff hat
l Offizielle Werbemittel des Herstellers kosten Geld. Fehlen
sie, spart der Händler vermutlich auch in anderen Bereichen
Was Sie nicht in Euro und Cent berechnen können
Lassen Sie sich nicht über den Tisch ziehen, aber ziehen
Sie auch Ihren Händler nicht über den Tisch! Nur ein guter Kunde hat einen guten Händler. Das zahlt sich aus:
l Wenn Sie wissen, dass Sie auf einen guten Service angewiesen sind, weil Sie selbst nicht schrauben
l Wenn Sie Ihren Kulanzantrag rasch und unbürokratisch bearbeitet haben wollen
l Wenn Sie in der Hochsaison dringend einen
Werkstatttermin brauchen
l Wenn Ihnen eine Ersatzmaschine willkommen wäre
l Wenn Sie kurz vor Urlaubsantritt noch schnell
ein Teil benötigen
l Wenn Ihnen das Gefühl wichtig ist, dass Sie jederzeit willkommen sind bei Ihrem Händler