Technik: Yoshimura-Suzuki TL 1000 R

Technik: Yoshimura-Suzuki TL 1000 R Sushi carbonara

Ducati mit den eigenen Rezepten zu schlagen - zwei Zylinder, ein ganzer Liter Hubraum, elektronische Benzineinspritzung - das ist erklärtes Ziel von Suzukis TL 1000 R-Superbike.

Die Zeiten, als alle Segnungen des modernen Lebens von den USA ausgingen, sind schon länger vorbei. Im vorliegenden Fall aber hat es wieder einmal geklappt. Während im Rest der Welt die potentiellen Kunden noch auf die neue Suzuki TL 1000 R warten müssen - die Serien-Produktion wurde bekanntlich wegen Motorproblemen gestoppt, und die Auslieferung gar nicht erst begonnen -, donnert der V2-Hammer in den USA schon über die Rennstrecken.
Yoshimura, der große alte Name, wenn es um Suzuki und Rennsport geht, setzt zwei Maschinen mit den Fahrern Steve Crevier und Larry Pegram in der US-Superbike-Meisterschaft ein.Dort müssen, abweichend vom Reglement der Superbike-WM, keine 500 Maschinen homologiert werden. Die Ergebnisse der ersten Rennen sind ermutigend. Dem achten Platz des Kanadiers Crevier beim Auftakt in Phoenix folgte bei den 200 Meilen von Daytona Rang zehn für Pegram. Crevier schied, zwei Plätze davor, acht Runden vor Schluß mit gerissener Kette aus.
»Nicht schlecht für ein drei Monate altes Baby«, freut sich Richard Doan, verantwortlicher Techniker für das Twin-Projekt im Yoshimura-Team, das auch noch zwei Vierzylinder-GSX-R 750 in die US-Superbike-Meisterschaft schickt. Tatsächlich fiel erst im November 1997 der Startschuß für die Rennkarriere der Suzuki TL 1000 R. »Weil alles neu war, konnten wir in enger Kooperation mit der Werks-Rennabteilung von Grund auf eine Rennmaschine aufbauen«, berichtet Doan. So findet sich an der Yoshimura-TL 1000 R nicht der komplette, in der Suzuki-Preisliste mit rund 140000 Mark zu Buche stehende Racing-Kit wieder, sondern nur einige Teile daraus.
»Wir verwenden die Kit-Pleuel, die restlichen Motorteile sind entweder Werksteile oder von Yoshimura speziell entwickelt«, hält sich Doan bedeckt, »konkreter kann ich nicht werden. Denn bevor ich irgendwelchen Mist erzähle oder lüge, schweige ich lieber.« Immerhin gelang es, dem freundlichen Geheimnisträger zu entlocken, daß in Sachen Motorleistung die 145 PS-Marke, wie in den USA üblich am Hinterrad gemessen, erreicht ist. Damit fehlen noch gut zehn PS etwa auf eine Top-Werks-Ducati.
Etwas offenherziger geht es im Zusammenhang mit der programmierbaren NGK-Benzineinspritzung zu. Zwei Lambda-Sonden ermitteln den C0²-Abgaswert und liefern der Blackbox Informationen zur Gemischabstimmung. Ebenfalls zum Motormanagement trägt eine Auslaßsteuerung mittels Drosselklappen bei, die allerdings, wie Techniker Doan einwirft, »anders arbeitet als das Yamaha-Exup-System. Nur die Grundidee, besseren Durchzug und mehr Leistung im mittleren Drehzahlbereich zu erreichen, ist gleich.« Äußerlich erkennbar ist nur das gegenüber dem Serienmodell veränderte Interferenzrohr der in bester Tradition des Hauses selbstentwickelten Yoshimura-Titanauspuffanlage.
Das im wahrsten Sinne des Wortes zentrale Thema der TL, der einzigartige Rotationsdämpfer mit seperatem, über eine Umlenkung angesteuertem Federbein, führte bei Yoshimura offenbar mehr zu kommunikativen, als zu echten technischen Problemen. »Wir mußten mit unseren Partnern von Kayaba zunächst abstimmen, wie wir die im Vergleich zu einer herkömmlichen Feder-/Dämpfereinheit völlig anderen Teile übereinstimmend benennen. Die Funktion ist problemlos.« Der gegenüber dem Serienteil deutlich kleinere Kayaba-Renndämpfer leidet also offenbar nicht mehr an thermischen Problemen, die beim vor Jahresfrist präsentierten Schwestermodell TL 1000 S noch angesagt waren.
Fahrwerkseitig vertraut Yoshimura vorn auf eine 48-Millimeter-Kayaba-Upside down-Gabel. Speziell für Daytona wurde der variable Schwingendrehpunkt abgesenkt. Diese Maßnahme soll nicht nur in den Steilwänden bei Höchstgeschwindigkeit mehr Ruhe in die Fuhre bringen, sondern auch beim Beschleunigen aus den Kurven. Und damit weniger Reifenbelastung, was in Daytona nicht nur wegen des Langstreckencharakters des Rennens geboten scheint, sondern vor allem des gummimordenden Belags und der völlig gegensätzlichen Streckenteile: Vollgassteilwände im Wechsel mit unharmonischem Micky Maus-Infield-Kurs.
Bis im Frühsommer die ersten TL 1000 R auf europäischen Rennstrecken auftauchen, von Suzuki Deutschland unter Katja Poensgen oder vom offiziellen Testfahrer Stéphane Mertens im Alstare-Team, hofft Richard Doan, schon Erfolge aufweisen zu können. »Wenn die Entwicklung so flott weitergeht, sollten wir schon bald mit dem Twin in Victory Lane einbiegen können.« Ob die Yoshimura-Ritter Crevier und Pegram das vor Harley-Rider Pascal Picotte schaffen? Auf diese Frage wollte der gute Richard wieder lieber nicht antworten.

Technische Daten - Yoshimura-Suzuki TL 1000 R

MotorWassergekühlter Zweizylinder 90 Grad-V-Viertaktmotor, Kurbelwelle querliegend, je zwei obenliegende Nockenwellen, je vier über Tassenstößel betätigte Ventile pro Zylinder, elektronische NGK-Saugrohreinspritzung, Motormanagement mit zwei Lambdasonden, Yoshimura-Titan-Auspuffanlage mit Auslaßsteuerung.Bohrung x Hub 98 x 66 mmHubraum 996 cm³Verdichtungsverhältnis 13:1Leistung 145 PS bei 13000/min, gemessen am Hinterrad; keine Angaben über Drehmoment.KraftübertragungPrimärantrieb über Zahnräder, Trockenkupplung, Sechsganggetriebe, AFAM-Ritzel und -Kettenrad, RK-Kette.FahrwerkBrückenrahmen aus Alu-Profilen mit geschraubtem Rahmenheck, Kayaba-Upside down-Gabel, Gleitrohrdurchmesser 48 mm, mit verstellbarer Federbasis sowie Zug- und Druckstufendämpfung, Zweiarmschwinge aus Alu-Profilen, Kayaba-Zentralfederbein, mit verstellbarer Federbasis, über Hebelsystem angelenkt, Kayaba-Rotationsdämpfer mit verstellbarer Zug- und Druckstufendämpfung, 320 mm-Doppelscheibenbremse vorn mit AP-Sechskolbensätteln und schwimmend gelagerten Bremsscheiben, 220 mm-Scheibenbremse hinten, Marcesini-Räder, Dunlop-Reifen.Felgengröße vorn 3.50 x 17 hinten 6.25 x 17Maße und GewichteLenkkopfwinkel variabel, 67+/- 1 GradNachlauf variabelRadstand 1395 mmGewicht 166 kg

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