Test: Triumph Street Triple R

Test: Triumph Street Triple R Herr R

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Herr R ist eine Respektsperson. Nicht, weil er eine Uniform trägt, sich mit wilder Kriegsbemalung ziert oder mit unbändiger Leistung protzt, sondern weil er unauffällig in der Ecke steht und entspannte Gelassenheit ausstrahlt. Woher kommt nur diese Souveränität?

Herr R fact

Die Erinnerung ist noch frisch: Testfahrten mit der Triumph Street Triple für den Naked- Bike-Vergleichstest in PS 11/2007 standen an. Alle rangen sich um die Neue, das Über-Babe dieser Klasse, die Triumph Street Triple. Nach einer Welle der Euphorie, die von der Präsentation ausgelöst wurde, waren alle geil darauf, dem kleinen nackten Brenner die Sporen zu geben. Am Ende sprang ein ungefährdeter Testsieg für die kleine Triple heraus. Zwei Punkte vor dem Rest, in einem so engen Testfeld eine echte Nummer.

Dann ein Anruf beim Triumph-Inventar und Pressemann Uli Bonsels. "Du Uli, die Neue ist echt super, aber die Fahrwerksabstimmung ist ja wirklich sehr weich geworden. Da könntet ihr noch was nachlegen." Als Antwort kam irgendetwas wie: "...blabla, Kosten, das Fahrwerk ist perfekt für die Landstraße, ... bla, blubber ..." Dabei wusste der Triumph-Pinocchio schon damals, dass fleißig am Projekt "R", also jenem Herrn R, mit dem wir es heute zu tun haben, gearbeitet wird. Sicherlich keine schöne Stunde für ihn, nicht die Wahrheit sagen zu dürfen.

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Das Federbein hat endlich die nötigen Nehmerqualitäten; sogar einstellbar ist's.

Doch Schwamm drüber, Herr Bonsels macht seinen Job, PS ebenfalls. Und der PS-Auftrag lautet: Testen. Also her mit dem Herrn R, der in erster ­Linie am Fahrwerk ein Upgrade erhielt. "Alles beim Alten", attestiert das Aufsitzen. Nicht ganz, denn schon im Stand geht der Herr R deutlich weniger in die Knie als seine softe Schwester. Yeah, das fühlt sich viel versprechend an. Der Triple grummelt auf den ersten Drücker willig los, ummantelt einen mit seinem warmen Klang­teppich. Also auf und davon, hin zu den asphaltierten Kurvenbändern, die letzten sonnigen Herbsttage ausnutzen.

Mit Verve und Schmackes gleitet der Stadtrand aus dem Rückspiegel, bleibt hinter dem Horizont zurück. Der Herr R zerrt willig an der Leine, präsentiert sich vor allem im mittleren Drehzahlbereich als geschmeidiger Gleiter. Für ausgewachsene 3,0-Liter-TDI-Limousinen reicht ein Zupfer am Gas, und die Straße vor einem ist wieder frei von rollenden Schikanen. Bis hier, also beim geschmeidigen Powercruisen, glänzt schon die Standard-Street Triple und bereitet vor allem eines: Freude. Also ab, die nächste Stufe zünden. Hinein in den Nordschwarzwald, auf die leeren, oftmals stark vernarbten Sträßchen, das dunkelste aller Visiere fest verschlossen und den Streetfighter-Modus im Hirn aktiviert. Drehzahlen über 9000/min stehen an, der Herr R geht ab wie Hulle. Seine am Hinterrad gemessenen 96 PS sind sehr bekömmlich zu dosieren, also sahnig abzurufen.

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Die Stopper kommen von der Daytona 675 und glänzen auch am Naked Bike.

In diesen schnellen Momenten des Lebens ist das Fahrwerk das A und O, entscheiden Rückmeldung und Transparenz, nicht etwa die schiere Motorleistung über die Kurveneingangsgeschwindigkeit. Denn nur wer darauf vertrauen kann, hinter dem Kurvenscheitel wieder ans Gas gehen zu können, der wird entsprechend motiviert umlegen. Hier schlägt die Stunde des Herrn R: Seine gute Balance und die sportlich straffe Dämpfung sorgen für ein sehr neutrales und berechenbares Einlenkverhalten. Gabel und Federbein offerieren dabei gut nutzbare Einstellbereiche mit ordentlichen Reserven und stellen in 95 Prozent aller Fälle einen klasse Kompromiss zwischen Komfort und sportlicher Straffheit her. Letztere hat allerdings auch ihren Preis, denn der Herr R besitzt zwar keine schlimmen, aber immerhin vorhandene Ansätze zum Lenkerschlagen. Die spürt man jedoch erst dann, wenn auf derbem Asphalt wirklich übel angegriffen wird.

Die von der Daytona übernommene Bremsanlage mit den schicken, radial verschraubten Zangen kann ebenfalls überzeugen. Allerdings ist hier der Fortschritt zu den Schwimmsätteln der Standard-Version eher marginal, denn schon die günstigen Stopper agierten sehr präzise und effizient. Alles in allem ist der Weg, den der Herr R begeht, der richtige. Er bietet mehr Poten­zial für den sportlichen Fahrer, ohne zu viel Fahrkomfort zu opfern. Allerdings lässt sich Triumph diesen Fortschritt auch bezahlen: 800 Euro ist der Herr R teurer als die Standard-Streety. Wer nun in der Zwickmühle steckt, dass er bereits eine Street Triple ohne R besitzt, dem sei Folgendes geraten: originales Fahrwerk raus, beim Fachmann überarbeiten lassen und dann dem Herrn R ganz nonchalant eine einschenken. Gute Idee, oder?

Fazit: Triumph hat den großen Wurf der kleinen Nackten an der richtigen Stelle und im richtigen Maße überarbeitet. Gratulation zu dieser Street Triple R, diesem Hammer-Motorrad, das jung und alt, sportliche und touristische Piloten gleichermaßen völlig entzückt auf Wolke 7 schickt.

Technische Daten - Triumph Street Triple R

Der 675er-Dreizylinder ist ein sagenhafter Motor. Dank einiger kleiner Eingriffe und geändertem Mapping ist der ehemalige Supersportler-Antrieb ein QUell der Freude. Füllige Leistung in jedem Drehzahlbereich und gute Manieren - Herz, was willst du mehr? (Leistung an der Kurbelwelle, Messungen auf Dynojet-Rollenprüfstand 150)

Antrieb: Dreizylinder-Reihenmotor, 4 Ventile/Zylinder, 78 kW (106 PS) bei 11700/min*, 68 Nm bei 9100/min*, 675 cm³, Bohrung/Hub: 74,0/52,3 mm, Verdichtungsverhältnis: 12,7:1, Zünd-/Einspritzanlage, 44-mm-Drosselklappen, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, G-Kat

Fahrwerk: Leichtmetall-Brückenrahmen, Lenkkopfwinkel: 66,1 Grad, Nachlauf: 92 mm, Radstand: 1390 mm. Upside-down-Gabel, Ø Gabelinnenrohr: 41 mm, einstellbar in Federbasis, Zug- und Druckstufe. Zentralfederbein mit Umlenkung, einstellbar in Feder­basis, Zug- und Druckstufe. Federweg vorn/hinten: 120/130 mm

Räder und Bremsen: Leichtmetall-Gussräder, 3.50 x 17"/5.50 x 17", Reifen vorn: 120/70 ZR 17, hinten: 180/55 ZR 17. Erstbereifung: Dunlop Qualifier. 308-mm-Doppelscheibenbremse mit Vierkolben-Festsätteln vorn, 220-mm-Einzelscheibe mit Einkolben-Schwimmsattel hinten

Maße und Gewicht: Länge/Breite/Höhe: 2030/755/1110 mm, Sitz-/Lenkerhöhe: 825/1020 mm, Lenkerbreite: 730 mm, 192 kg vollgetankt, v./h.: 49,2/50,8 %

Hinterradleistung im letzten Gang: 70,5 kW (96 PS) bei 216 km/h

Fahrleistungen: Beschleunigung 0–100/150/200 km/h: 3,7/7,0/13,8 s, Durchzug 0–100/100–150 km/h: 4,8/5,8,9 s

Höchstgeschwindigkeit: 216 km/h*

Verbrauch: Kraftstoffart: Super bleifrei. Durchschnittstestverbrauch: 6,5 Liter/100 km, Tankinhalt 17,4 Liter, Reichweite: 268 km

Grundpreis: 8640 Euro (zzgl. Nebenkosten)

*Werksangabe

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