Eigentlich kann ich dem Erstbesitzer der in diesem Artikel als Demonstrationsobjekt verwendeten BMW R 65 LS überhaupt nichts vorwerfen. Wenn er die BMW fuhr, bekam sie regelmäßig alle vorgeschriebenen Inspektionen. Und vor längeren Standzeiten – davon gab es wirklich viele – hat er sie immer schön mit Konservierungsöl eingesprüht. Rost hatte so keine Chance, nur um die Aufnahme des Schließzapfens der Sitzbank blüht es leicht bräunlich. Dafür überzieht die R 65 LS nun ein unansehnlicher Belag, der dem an sich gepflegten Boxer einen hässlichen Gammel-Look verleiht.
Das Ärgerliche daran: Diese schmutzige Melange aus Öl, Fett, Straßen- und Bremsstaub haftet nach über drei Jahrzehnten so dick und zäh an Rädern und den grobporigen Oberflächen des gesamten Antriebsstrangs, dass die Reinigung mit herkömmlichen Mitteln (Hochdruckreiniger, Waschbenzin, usw.) zum extrem mühsamen und zeitaufwendigen Unterfangen ausartet. Nach mehreren unbefriedigenden Versuchen musste ich mir dann selbst eingestehen, dass man in seiner knappen Freizeit Sinnvolleres anstellen kann, als die klebrige Pampe Zentimeter für Zentimeter vom Motorrad zu schrubben. Also blieb die BMW R 65 LS erst einmal so, wie sie war: oben hui, unten pfui.
Schmutz wird von der Oberfläche gesprengt
Und damit für Andreas Gschweng von der Firma Südstrahl im nahe gelegenen Tamm das ideale Demonstrationsobjekt, um uns vom Trockeneis-Strahlen zu überzeugen. Um es kurz zu machen: Das ist dem Entwickler der Trockeneis-Strahlmaschinen im Handumdrehen gelungen: Nach einer guten Stunde in der Südstrahl-Halle ist der hässliche Grauschleier Geschichte, erstrahlt die BMW R 65 LS wieder wie neu. Zauberei? Andreas Gschweng lacht: „Nein, die Reinigungswirkung beruht darauf, dass die Schmutzschicht durch die minus 78,5 Grad kalten Trockeneis-Pellets lokal unterkühlt wird, sodass sie dabei versprödet. Die annähernd mit Schallgeschwindigkeit auftreffenden, rund 0,3 Millimeter messenden CO2-Trockeneis-Partikel dringen in diese Risse ein und sublimieren. Das bedeutet, sie gehen dabei sofort in den gasförmigen Zustand über, wobei sich ihr Volumen um das 700- bis 1000-fache vergrößert.
Dadurch wird der Schmutz von der Oberfläche gesprengt.“ Das klingt ziemlich martialisch, ist es aber nicht. „Trockeneis ist relativ weich, selbst empfindliche Oberflächen, beispielsweise Elektronik-Platinen, lassen sich ohne Beschädigungen reinigen“, fügt er an. Ein weiterer Vorteil: Zum Reinigen werden keine Lösungsmittel oder Chemikalien benötigt, außerdem bleibt kein Strahlmittel oder Wasser zur Entsorgung zurück. Andreas Gschweng betont auch die Umweltfreundlichkeit dieses Verfahrens: „Kohlendioxid fällt heute überwiegend als Nebenprodukt an, zum Beispiel bei der Ammoniak-Produktion oder anderen Verbrennungsprozessen, es wird in Industrieländern nicht mehr separat produziert.“
Für den privaten Gebrauch kaum geeignet
Dennoch ist das Trockeneis-Strahlen bei all seinen Vorteilen für den privaten Gebrauch in der heimischen Garage kaum geeignet. Zum einen, weil die Trockeneis-Strahlmaschinen teuer sind. Zum anderen, weil sie die Unterstützung sehr kräftiger Kompressoren benötigen, die einen Luftdurchsatz von 500 bis 1000 Liter pro Minute bei einem Konstant-Druck von sechs bis acht Bar gewährleisten sollten – was mit einem gehörigen Lärm einhergeht. Hinzu kommt die mitunter umständliche Beschaffung der Trockeneis-Pellets und deren begrenzte Haltbarkeit.
In den Gelben Seiten bieten jedoch Betriebe diese Dienstleistung an. Weil sich das Reinigen mit Trockeneis nicht nur in der Industrie bewährt hat, sondern auch bei der Oldtimer-Restaurierung oder der Aufbereitung von Auto-Innenräumen. Die Fotos hier zeigen nur das überzeugende Ergebnis. Nicht aber, wie leicht und schnell sich damit selbst schwer zugängliche Stellen reinigen sowie empfindliche Kunststoffe auffrischen lassen.
Weitere Infos zum Trockeneis-Strahlen

Voraussetzungen, Kosten, Anbieter
Für die heimische Garage lohnt sich die Anschaffung eines Trockeneis-Strahlgeräts kaum. Das liegt vor allem an den hohen Preisen für diese Geräte. So kostet das hier verwendete Cube 12/2 Plus von der Südstrahl GmbH beispielsweise 9800 Euro (zuzüglich Mehrwertsteuer). Hinzu kommen die Anschaffungskosten für einen leistungsstarken Kompressor sowie die Beschaffung der nur begrenzt haltbaren CO2-Pellets (z.B. bei Linde AG), von denen etwa 20 Kilogramm für die Komplettreinigung eines Motorrads benötigt werden.
Weitere Infos unter www.suedstrahl.de