Am Anschlag
Man könnte es zielgruppengerecht nennen: Einen halbverkleideten, großvolumigen Tourer mit langstreckentauglicher Geometrie und komfortablen Federelementen auszustatten, ist durchaus sinnvoll. An Suzukis Bestseller Bandit 1200 S meinten es die Verantwortlichen allerdings ein wenig zu gut: Während die Gabel auf touristisch gefahrenen Buckelpisten eine ausgesprochen gute Figur macht, sauber anspricht und selbst grobe Falten glattbügelt, ohne mit dem Lenker zu zucken, gerät sie bei zügigem Landstraßentempo schnell an ihre Grenzen und geht bei sportlichen Anbremsmanövern sanft auf Anschlag. Sofa statt Sportler.
Mit ähnlichen Problemen hat auch das Federbein der großen Bandit zu kämpfen: Es ist eher auf der weichen Seite angesiedelt, verwöhnt bei moderater Fahrweise zwar mit ordentlichem Komfort und steckt auch so manchen harten Schlag weg, hält für hubraumgerechtes Aus-den-Ecken-Qualmen aber selbst unter Ausnutzung aller Federbasis-Variationen nicht genügend Reserven parat. Glücklicherweise bietet der Zubehörmarkt genügend Möglichkeiten, um dem Banditen-Fahrwerk zu sportlicheren Qualitäten zu verhelfen.
Gabelfedern
Bilski
PS-Testsieger: Die Gabeln von WP erreichen fünf Punkte in der Wertung. Ebenfalls Testsieger: die Gabeln aus dem Hause Öhlins.
In Sachen Gabelfedern verfolgt dabei jeder Hersteller seine eigene Philosophie. Während Öhlins lineare Federn und ein eher geringes Luftpolster von 105 Millimetern verwendet, bietet SO-Suspension sowohl lineare als auch progressive Federn an. Wilbers, WP und Hyperpro setzen für die Bandit-Gabel dagegen einheitlich auf progressive Federn, allerdings mit unterschiedlichen Wicklungen und Federraten sowie Öl mit jeweils anderer Viskosität. Auch die Größe des Luftpolsters variiert jeweils stark: von 100 Millimetern bei WP bis 160 mm bei Hyperpro. Wer aus lauter Verwirrung über diese Vielfalt lieber bei Serienkomponenten bleiben und dennoch etwas mehr Reserven in seine Gabel packen möchte, findet sein Glück in einem etwas höheren Ölstand beziehungsweise etwas geringerem Luftpolster. Ein testweises Erhöhen des Ölstands um 10 mm pro Gabelholm brachte bereits spürbare Fortschritte. Die Front der Bandit fühlte sich insgesamt deutlich straffer an, leitete weniger Bewegung ins Fahrzeug ein und bot bei hartem Bremsen auf welligem Untergrund etwas mehr Reserven kleine Ursache, große Wirkung.
Aus Gründen der Vergleichbarkeit wurde die Gabel nur mit dem vom Hersteller angegeben Ölstand bewertet, die PS-Variante mit mehr Öl blieb außen vor. Jetzt wird es Zeit, den Zubehörfedern auf den Zahn zu fühlen. Also Holme ausbauen, Federn entnehmen, sämtliches Öl entfernen, neues Öl einfüllen, System entlüften, Luftpolster messen und anpassen, neue Gabelfedern einsetzen und alles wieder zusammenbauen. Das Ganze sechsmal. Uff. Besonders wichtig bei dieser aufwendigen Prozedur sind gewissenhaftes Entlüften und eine präzise Messung des Luftpolsters. Hat man alles richtig gemacht, kommt Freude auf: Alle Testkandidaten bieten bei motivierten Bremsmanövern mehr Durchschlagsreserven als die weiche Serie allerdings in unterschiedlichem Maß. Während Wilbers und SO-Suspension mit ihren progressiven Federn eher auf der soften Seite liegen, geht Öhlins deutlich sportlichere Wege. Die schwedischen Federn lassen sich nur unter großer Belastung spürbar zusammenstauchen und halten die Front sehr stabil. Toll, wie sicher und hart sich die alte Banditin plötzlich verzögern lässt. Dass die Öhlins-Federn dabei nicht ganz den Komfort der Serie halten können, nimmt der sportlich ambitionierte Banditist gern in Kauf.
Wer dagegen auch auf zweitklassigen Buckelpisten flott vorwärts kommen möchte, ohne sich die Swatch vom Arm zu rütteln, ist mit der Lösung von WP sehr gut bedient. Mit geringem Luftpolster und relativ dickflüssigem Öl gelingt WP ein guter Kompromiss aus Komfort und Sportlichkeit. Letztlich entscheiden so persönliche Vorlieben, ob man im Zubehörregal lieber zu WP oder Öhlins greift. Wer sich dann noch an den mangelnden Einstellmöglichkeiten der Banditengabel stört, muss etwas tiefer in die Tasche greifen: Für 525 Euro nimmt sich Hubert Hofmann die Seriengabel zur Brust und verwöhnt den anspruchsvollen Banditisten mit holmgetrennter Druck- und Zugstufeneinstellung. Welcher Holm an welcher Seite montiert wird, ist dabei nebensächlich: Markierungen mit D und Z machen eindeutig, welcher Holm die Druck-, und welcher die Zugstufendämpfung beherbergt. Der Einstellbereich der Gabel ist sehr groß und ein großer Gewinn gegenüber dem nicht einstellbaren Serienteil, allerdings fielen die im Test verwendeten Federn etwas zu weich aus.
Federbeine
Bilski
PS-Testsieger: Das Öhlins-Federbein besitzt mit 1149 Euro zwar einen stolzen Preis, konnte aber mit 14 Punkten überzeugen und wurde zum Testsieger gewählt.
Auch für das Federbein bietet Hofmann einen Umbau an. Im Gegensatz zur Gabel verbaut er hier eine sehr straffe Feder. Den GSX-R-erfahrenen Bandit-Treiber freuts: Kein anderes Federbein im Test bietet so viele Reserven und fährt sich so sportlich wie dieser Umbau. Stufe 2 der Vorspannungsrastung genügt, um hemmungslos mit winselndem Hinterreifen aus den Ecken zu pressen. Außer der Feder straffte HH-Racetech auch Zug- und Druckstufendämpfung, weshalb nun schon Stufe 1 der Zugstufe für standesgemäße Dämpfung genügt. Durch den um 5 mm verlängerten Lochabstand des Federbeins steht zudem das Heck der Banditin höher, was den sportlichen Charakter des Umbaus unterstreicht. Mit 325 Euro ist das aufgepeppte Serienteil eine echte Alternative zu den teureren Zubehörfederbeinen. Ein noch günstigerer Weg zu mehr Sportlichkeit führt über das Austauschen der weichen Serienfeder gegen ein härteres Pendant. Die getestete Hyperpro-Feder macht ihre Sache sehr gut. Deutlich straffer als das Serienteil verleiht sie der in die Jahre gekommenen Bandit ungeahnte Sportlichkeit, ohne ihre Herkunft zu verschweigen. Dämpfung und Ansprechverhalten der Serie harmonieren dabei sehr gut mit der härteren Feder, das Ansprechverhalten bleibt auf Serienniveau.
Hier schlägt die Sternstunde des Wilbers-Dämpfers. Ähnlich wie bei den Gabelfedern vertraut Benny Wilbers auch beim Federbein auf die touristischen Absichten seiner Bandit-Kunden und steckt viel Komfort in seinen Dämpfer. Selbst üble Schlaglöcher und osteuropäische Nebenstraßen schluckt das Wilbers-Teil sauber weg. Diese softe Auslegung hat natürlich ihren Preis: Die Federbasis muss weit ausgereizt werden (66 mm von der Oberkante der Vorspannungs-Kontermutter bis zum Gewindeende bei 80 kg Fahrergewicht), um beim Angasen nicht auf Block zu gehen, die Zugstufe sollte bis auf 2 Klicks geschlossen sein. Ähnlichen Komfort bei mehr Dämpfungsreserven bietet der sündhaft teure Luxusdämpfer von Öhlins. Ohnehin hat das Schwedenbein alles zu bieten, was sich der Edelbandit wünscht: Hydraulisch verstellbare Federbasis, dazu Zug- und Druckstufendämpfung mit jeder Menge Reserven und eine Höhenverstellung. Sie ermöglicht, das Heck der Suzuki um etliche Millimeter anzuheben, was die dicke Schwarze im Test deutlich kurvenfreudiger machte.
Die voreingestellte Dämpfung mit einer um 14 Klicks geöffneten Zug- und einer um 12 Klicks geöffneten Druckstufe passten im Test perfekt. Lediglich die Feder des Öhlins ist etwas zu weich; bei besonders dicken Asphaltpickeln schlug das Federbein durch. Der asiatische Neuankömmling von YSS kämpft bei seiner PS-Premiere mit Anlaufschwierigkeiten. Unebene Strecken mag er nicht, weshalb er Bodenwellen und Kanten in der Fahrbahnoberfläche trotzig mit bockigem Ansprechverhalten quittiert. Dafür sind die Reserven des YSS sind etwas größer als die des Seriendämpfers, zudem verfügt der Asiate über eine von Hand einstellbare Zugstufe mit unendlich vielen Klicks. Die 28 Klicks, um die PS auf der Landstraße die Dämpfung öffnete, liegen irgendwo im Mittelfeld. Um die Reserven des YSS zu erhöhen, empfiehlt es sich, die Federbasis um einige Gewindegänge anzuheben, auf einen Abstand von 23 mm zwischen oberer Kante der Kontermutter und dem Gewindeende einzustellen vor Einbau des Dämpfers. Das Wechseln des Federbeins geht erstaunlich problemlos vonstatten. Lediglich für den Ausgleichsbehälter des Öhlins musste durch Entfernen der Umlenkhebel Platz geschaffen werden.
Für die anderen Kandidaten genügt es, die Verschraubungen der Zugstreben und des Federbeins zu entfernen und das Hinterrad leicht anzuheben schon fällt einem der Banditendämpfer in die Hände. Ohnehin ist die Bandit in nahezu jeder Hinsicht ein pflegeleichtes Motorrad, bei dem sich in beiden Teilen des Tune-up mit relativ geringen finanziellen Mitteln bereits alle wesentlichen Schwachpunkte deutlich verringern ließen. Zu wenig Leistung? Einen anderen Entopf montieren, und schon liegen 10 PS mehr am Hinterrad an. Zu wenig Verzögerung? 100 Euro in Zubehör-Bremsbeläge investieren, und die alte Dicke kommt auch heißgebremst nicht mehr ins Schwitzen. Auch beim Fahrwerk kommt der verbesserungsfreudige Banditentreiber bereits für 200 bis 300 Euro zu wesentlich sportlicheren Federelementen: vorn andere Gabelfedern montiert, das passende Öl eingefüllt, und die Bandit fährt wie ein vollkommen anderes Motorrad. Für die Sparfüchse unter den Banditisten genügt es sogar, den Ölstand in der Seriengabel etwas zu erhöhen. Am Heckdämpfer liegen die Möglichkeiten je nach Geldbeutel zwischen 98 und 1149 Euro wobei bereits die günstigste Variante in Form der Hyperpro-Austauschfeder deutlich mehr Reserven ins unauffällige Serienfederbein zaubert. In den nächsten Wochen wird sich zeigen, ob sich Optik und Ergonomie genauso kostengünstig verbessern lassen: Auf dem Plan stehen Fußrasten-Adapterplatten, ein anderer Lenker und einige weitere Anbauteile. PS wird regelmäßig über den aktuellen Stand berichten.
Fazit
Bilski
Funbike Bandit 1200? Bitte sehr! Alteisen sieht anders aus.
Bereits mit wenig Aufwand lässt sich das Fahrwerk der Bandit deutlich verbessern: Hier ein bisschen mehr Öl, da eine andere Feder, schon fährt sie sich deutlich besser. Mit aufwendigeren Lösungen steigt das Niveau erfreulicherweise stetig weiter. In den kommenden Wochen warten weitere nützliche An- und Umbauteile auf die alte Banditin. Mehr dazu in den nächsten Heften.