8 Integralhelme mit Sonnenblende im Test
Motorradhelme von 150 bis über 600 Euro

Statt Sonnenbrillen sind jetzt integrierte Sonnenblenden angesagt. ­Zumindest bei Integralhelmen für Motorradfahrer. Also, ­lieber MC Klappstuhl: Lest bitte diesen Test und sorgt umgehend für Bedeckung.

Motorradhelme von 150 bis über 600 Euro
Foto: Foto: Herder

Eine alte Sonnenbrillenträger-Weisheit lautet: „It’s never too dark to be cool.“ Doch, ist es! Wer jemals auf einer übermütigen, womöglich sogar sonnigen Alpen-Motorradtour mit aufgesetzter Sonnenbrille und mächtig viel Karacho in einen unbeleuchteten, ziemlich überraschend als Kurve angelegten und mit nassem Belag versehenen Tunnel gestochen ist, weiß genau, dass es sehr wohl zu dunkel für eine Sonnenbrille sein kann.

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Testsieger Integralhelme mit Sonnenblende (MOTORRAD 6/2014)
HJC RPHA ST
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Aber es muss erst gar nicht der fiese Alpentunnel sein. Sich ständig ändernde Lichtverhältnisse kann auch schon die erste Frühjahrsausfahrt mit Aprilwetter bringen. Da ist es dann schon recht praktisch, mit einem kurzen Griff der linken Hand für Verdunkelung oder Hellseherei zu sorgen – die in den Helm integrierte Sonnenblende macht’s möglich. Mittlerweile hat praktisch jeder Helmhersteller, von Arai einmal abgesehen, mindestens ein entsprechend bestücktes Modell im Programm.

Breite Masse kauft Motorradhelme mit Sonnenblende

Und der riesige Markterfolg gibt dieser Entwicklung recht. Nach Einschätzung von Marktexperten dürfte mittlerweile weit mehr als die Hälfte aller neu verkauften Integralhelme mit besagtem Sonnenschutz bestückt sein. Integralhelme ohne Sonnenblende lassen sich praktisch nur noch an Sportfahrer verkaufen, die für den Renneinsatz ein ge­töntes Visier montieren. Oder aber im ab­soluten Niedrigpreissegment, in dem es auf jeden Euro ankommt. Die ganz breite Masse kauft Sonnenblende.

Grund genug, im diesjährigen MOTORRAD-Helmtest genau dieser Spezies auf den Kunststoff zu fühlen. Auf eine Preisklammer verzichtete MOTORRAD in der an 23 Anbieter verschickten Helmtest-Einladung ganz bewusst, um klären zu können, ob der Verkaufspreis tatsächlich direkt etwas mit der Qualität zu tun hat. Die Antwort kann vorweggenommen werden: jein. Auch ansonsten blieben die Testvorgaben recht großzügig: Es ­musste sich nur um ein aktuell erhältliches ­Se­rienmodell mit erfolgreich absolvierter Prüfung nach ECE-R 22.05 handeln, das als Zielgruppe sportliche Tourenfahrer mit dem Schwerpunkt Naked Bike bedienen kann.

So kamen acht Modelle zusammen. Keine berauschende Zahl, aber doch eine recht ordentliche Bandbreite, die aufzeigt, was momentan für knapp 150 bis über 600 Euro zu bekommen ist. Neben altbekannten Modellen wie dem Schuberth S2 und dem Held Brave gingen auch Neuheiten wie der HJC RPHA ST ins Rennen. In bewährter MOTORRAD-Helmtest-Manier galt es für die Kandidaten, im Praxis- und im Labortest fleißig Punkte zu sammeln. Beim Labortest auf dem Fallprüfstand des TÜV Rheinland in Köln zeigte sich deutlich, dass die Helmhersteller in den vergangenen Jahren sehr viel Know-how in die Verbesserung der Schlagdämpfung gesteckt haben.

Gute Ergebnisse beim 7,5-m/s-Versuch

Lagen bei der Premiere des verschärften MOTORRAD-Helmtests vor vier Jahren noch viele Modelle beim 7,5-m/s-Versuch auf der rechten Helmseite bei der Beschleunigung deutlich über 200 g (der ECE-Grenzwert liegt bei 275 g), so gab es diesmal – von ­einem kleinen Ausreißer abgesehen – nur Werte unter 200 g. Der für die Punktever­gabe relevante  HIC-Wert, für den ­MOTORRAD vor vier Jahren den damals noch etwas utopischen Wunsch­wert 1000 ansetzte, rückte diesmal in greifbare Nähe – HJC und Airoh fehlt nicht mehr viel zum Ideal.

Aber auch das übrige Testfeld lieferte ordentliche Werte, und auch beim (nicht in die Wertung einfließenden) Kinnschlag zeigten besonders Shark und Held mit überraschend niedrigen g-Werten, dass sich eine Menge getan hat. Unterm Strich machten alle getesteten Helme einen guten bis sehr guten Labor-Job, die Spreizung bei der Punktevergabe hielt sich mit maximal 20 und minimal 17 daher in recht engen Grenzen und beweist, dass Schlagdämpfung nichts mit dem Verkaufspreis zu tun haben muss.

Über Sieg oder Niederlage musste also der Praxistest entscheiden. Und dabei wurde schnell klar, dass der Preis durchaus eine Rolle spielt. Zum Beispiel bei der Ausstattung, denn ein serienmäßiges Pinlock-Visier, das als „Doppelscheibe“ das Beschlagen zuverlässig verhindert, lässt sich bei ­einem Helmpreis von unter 150 Euro nur schwerlich realisieren. Immerhin sind die Visiere der beiden Discount-Angebote von Caberg und Held mit einer Pinlock-Vorbereitung bestückt und lassen sich für jeweils rund 30 Euro recht einfach nachrüsten.

Unabhängig vom Preis haben sich mittlerweile ein paar Ausstattungsfeatures durchgesetzt, die vor 10, 15 Jahren nur höherpreisigen Helmen vorbehalten waren. So wird aufmerksamen Lesern nicht entgangen sein, dass der Ausstattungspunkt „herausnehmbares und waschbares Futter“ nicht mehr explizit erwähnt wird, denn das gehört mittlerweile ganz selbstverständlich dazu.

„fummelig zu bedienen“ und „praktisch ohne Funktion“

Konnte man vor ein paar Jahren noch viele Zeilen über fingernagelmordende Visierwechsel-Dramen verlieren, so hat sich auch dieses Thema praktisch erledigt. Bei fast allen Helmen klappt das blitzschnell und kinderleicht. Die zarte Kritik am Rocc-Visierwechsel ist Klagen auf hohem Niveau und im Wesent­lichen der Tatsache geschuldet, dass es für den 550 Full Carbon keine modellspezi­fische Bedienungsanleitung gibt und man sich selbst in das Scheibenwechsel-Thema einfuchsen muss.

An anderer Stelle haben einige Helmhersteller in den letzten Jahren allerdings nichts oder nur sehr wenig dazugelernt. Welcher Teufel den Gestalter des Shark-Visiers­ geritten hat, als es um die Form des Visieröffners ging, bleibt ein Rätsel.

Fakt ist nur, dass das besagte Teil wegen Nicht­bedienbarkeit ein echtes Ärgernis ist und als glatte Fehlkonstruktion durchgeht. Ei­nige für Belüftungsschieber und -klappen verantwortliche Ingenieure müssten eigentlich auch vor Scham im Boden versinken, denn die tödliche Kombination „fummelig zu bedienen“ und „praktisch ohne Funktion“ ist gar nicht mal so selten anzutreffen.

HJC RPHA ST ist Testsieg­er

Wer die Endwertungstabelle etwas ge­nauer liest, wird sehr schnell sehen, wo die einzelnen Modelle ihre Stärken und Schwächen haben. Und daher ist es auch beim MOTORRAD-Helmtest wie im richtigen Leben: Wer keine echten Schwächen hat und immer schön Punkte sammelt, spielt am Ende ganz vorn mit. Das tut in diesem Jahr der HJC RPHA ST, der eine tolle HJC-Testsieg­serie fortsetzt und eindrucksvoll beweist, dass der weltgrößte Motorradhelm-Her­stel­ler nicht nur günstig, sondern auch richtig gut kann.

Die eigentliche Überraschung ­liefert aber Airoh, eine italienische Helmmarke, die die MOTORRAD-Tester bislang immer im soliden, aber nicht wirklich berauschenden Mittelfeld verortet hatten. Respekt, der Airoh Movement ist eine ganze Klasse besser. Was nichts daran ändert, dass dieser Test zwar der Orientierung dienen mag, der persönliche Favorit aber ganz anders heißen kann – siehe die unten stehenden „Hitlisten der Redakteure“.

MOTORRAD Kauftipp: Airoh Movement

Anbieter: Jopa Racing Products, Tel. 00 31/5 47/38 27 17, www.jopa.nl
Preis:
199,95 Euro (Dekor 219,95 Euro)
Größen:
XS bis XL; Gewicht: 1420 ± 50 g/1446 g (Herstellerangabe/XL gewogen)
Farben:
Mattschwarz, neun Dekore
Helmschale:
Polycarbonat
Verschluss:
Ratsche
Herstellungsland:
Italien
ECE-Prüfzei­chen: E 3 (Italien)
Ersatzvisiere: klar/getönt, 39,95/39,95 Euro
Ausstattung: Pinlock-Visier (beigelegt), Windabweiser am Kinn (beigelegt), Helmbeutel (sehr einfach)

Foto: mps-Fotostudio
Airoh Movement

Plus
Leichtes Auf- und Absetzen; gute Passform, knackiger Sitz, angenehmes Futter; gute Aero­dynamik; sehr gute Oberkopfbelüftung, gute Kinnteilbelüftung; praxisgerechte und klar definierte Visierrastung, sehr einfacher Visierwechsel; Sonnenblendenbedienung unkonventionell (Taste und Hebel), mit etwas Gewöhnung aber sehr praktisch; sehr gute Schlagdämpfungswerte.

Minus
Sonnenblende verzerrt optisch etwas im mittleren Bereich und kann bei größeren Brillengestellen zu eng anliegen (ansonsten gute Brillentauglichkeit); relativ hohes Geräuschniveau; Kinnbelüftungsschieber etwas fummelig zu bedienen.

Fazit:

Der Airoh ist die eigentliche Überraschung dieses Tests und bietet für relativ wenig Geld ganz viel Helm. Vom Geräusch­niveau abgesehen punktet der Italiener kräftig in allen Kategorien.

Motorrad Urteil: sehr gut

CABERG Vox

Anbieter: Germot, Tel. 0 61 03/45 91 00, www.germot.de
Preis:
149,90 Euro (Dekor 169,90 Euro)
Größen: XS bis XXL; Gewicht: 1450 ± 50 g/1635 g (Herstellerangabe/XL gewogen)
Farben: Weiß, Mattschwarz, sieben Dekore
Helmschale: Polycarbonat
Verschluss: Ratsche
Herstellungsland: Italien;
ECE-Prüfzei­chen: E 3 (Italien)
Ersatzvisiere: klar/getönt, 28,80/43,20 Euro
Ausstattung: Pinlock-Vorbereitung, Windabweiser am Kinn (montiert), Atemluftabweiser, Helmbeutel (normal)

Foto: mps-Fotostudio
Caberg VOX

Plus
Leichtes Aufsetzen; komfortables Futter; ­gute Aerodynamik; klar definierte Visierrastung, praxisgerechte Belüftungsstellung, sehr einfacher Visierwechsel; relativ niedriges Geräuschniveau; sehr einfache Sonnenblendenbedienung, sehr große Abdeckung; gute Brillentauglichkeit; Preis.

Minus
Etwas mühsames Absetzen; unbefriedigende Passform, umschließt den Kopf nicht richtig; Kinnriemen sitzt sehr weit hinten und kann ggf. auf Kehlkopf drücken, Kinnriemenpolster zu kurz; Sichtfeld etwas eingeschränkt; Belüftungsschieber fummelig zu bedienen (besonders am Kinnteil), Oberkopf- und Kinnteilbelüftung kaum spürbar.

Fazit
Die Passform kann das Problem sein: drei (sehr unterschiedliche) Testfahrer-Köpfe, dreimal Klagen. Bei der Schlagdämpfungsprüfung blieb aber alles im grünen Bereich, und der Preis ist recht attraktiv.

MOTORRAD Urteil: befriedigend

Held Brave

Anbieter: Held, Tel. 0 83 21/6 64 60, www.held.de
Preis: 149,95 Euro (Dekor 159,95 Euro)
Größen: XS bis XXL
Gewicht: 1530 ± 50 g/1555 g (Herstellerangabe/XL gewogen)
Farben: Schwarz, Mattschwarz, fünf Dekore
Helmschale: Fiberglas
Verschluss: Ratsche
Herstellungsland: Vietnam
ECE-Prüfzei­chen: E 13 (Luxemburg)
Ersatzvisiere: klar/getönt/verspiegelt, 19,95/19,95/24,95 Euro
Ausstattung: Pinlock-Vorbereitung, Windabweiser am Kinn (montiert), Atemluftabweiser (montiert), Helmbeutel (sehr einfach)

Foto: mps-Fotostudio
Held Brave

Plus
Relativ leichtes Auf- und Absetzen; befriedigende Passform, angenehmes Futter; aus­reichend gute Visierrastung, praxisgerechte Belüftungsstellung; noch relativ einfacher ­Visierwechsel; relativ einfache Sonnenblendenbedienung, sehr große Abdeckung; gute Brillentauglichkeit; Preis

Minus
Belüftungsschieber zwar einfach zu bedienen, aber praktisch wirkungslos, Dauerzug auf unterer Gesichtshälfte; recht hohes Geräuschniveau; leichte Aerodynamik-Schwächen bei höherem Tempo (Seitenblick bei über 130 km/h); Verarbeitung zum Teil etwas rustikal, Bedienelemente z. T. etwas hakig

Fazit
Sehr dick gepolstert, plüschig und recht komfortabel – der günstige Brave tritt etwas oldstylemäßig an, was kein Nachteil sein muss. Verbesserungswürdig: Belüftung und Geräuschniveau.

MOTORRAD Urteil: befriedigend

Motorrad Testsieger: HJC RPha ST

Anbieter: HJC, Tel. 0 21 31/52 35 60, www.hjc-europe.com
Preis: 369,90 Euro (Dekor 399,90 Euro)
Größen: XS bis XXL
Gewicht: 1518 g/1573 g (Herstellerangabe/XL gewogen)
Farben: Weißmetallic, Schwarzmetallic, Mattschwarz, elf Dekore
Helmschale: GFK-Mix
Verschluss: Doppel-D
Herstellungsland: Südkorea
ECE-Prüfzei­chen: E 1 (Deutschland)
Ersatzvisiere: klar/getönt/verspiegelt, 45,95/45,95/55,95 Euro
Ausstattung: Pinlock-Visier (beigelegt), Windabweiser am Kinn (montiert), Atemluftabweiser (montiert), Helmbeutel (hochwertig)

Foto: mps-Fotostudio
HJC RPha ST

Plus
Leichtes Aufsetzen; hervorragende Passform, knackiger, trotzdem sehr komfortabler Sitz, angenehmes Futter; gute Aerodynamik; niedriges Geräuschniveau, sehr gute Oberkopf- und Kinnteilbelüftung mit sehr leicht zu bedienenden Schiebern; praxisgerechte und klar definierte Visierrastung, großes Sichtfeld, perfekte Visierverriegelung, sehr einfacher Visierwechsel; sehr einfache Sonnenblendenbedienung; gute Brillentauglichkeit; tadellose Verarbeitung; sehr gute Schlagdämpfungswerte.

Minus
Enger Ausstieg, Kinnriemenpolster zu kurz; riecht im Neuzustand etwas fies.

Fazit:
Überzeugt in der Praxis und im Labor, ist sehr gut verarbeitet, und auch der Preis ist für das Gebotene absolut fair – der RPHA ST ist ein würdiger Testsieger und zeigt, was HJC mittlerweile draufhat.

MOTORRAD Urteil: sehr gut

Rocc 550 Full Carbon

Anbieter: Büse, Tel. 0 24 71/1 26 90, www.buese.com;
Preis: 259,95 Euro
Grössen: XS bis XL
Gewicht: 1300 ± 50 g/1340 g (Herstellerangabe/XL gewogen)
Farbe: Karbon
Helmschale: Karbon
Verschluss: Ratsche
Herstellungsland: China
ECE-Prüfzei­chen:
E 1 (Deutschland); Ersatzvisier: klar/klar kratzfest, 19,95/29,95 Euro; Ausstattung: kratzfestes Visier, Windabweiser am Kinn (montiert), Atemluftabweiser (montiert), Helmbeutel (normal)

Foto: mps-Fotostudio
Rocc 550 Full Carbon

Plus
Einfaches Auf- und Absetzen; ordentliche Passform, knackiger Sitz, extrem leichtes Tragegefühl; gute Aerodynamik; sehr großes Sichtfeld, Visier auch ohne Pinlock weitgehend beschlagfrei; befriedigende Brillentauglichkeit; gute Schlagdämpfungswerte.

Minus
Kinnriemenpolster am Riemen nicht ausreichend fixiert; Futter etwas kratzig; Belüftungsschieber zwar relativ einfach zu bedienen, aber praktisch wirkungslos, leichter Dauerzug auf unterer Gesichtshälfte; Visierrastung etwas grob (nur vierfach), Belüftungsstellung zu weit, Visierwechsel etwas fummelig; recht hohes Geräuschniveau; Sonnenblendenbedienung eher unpraktisch.

Fazit
Das sehr geringe Gewicht ist die ganz große Stärke des Rocc. Einige kleine Bedienschwächen trüben etwas das Bild, aber die Verarbeitung geht in Ordnung, und im Labor erlaubt er sich keinen Ausreißer.

MOTORRAD Urteil: gut

Schuberth S2

Anbieter: Schuberth, Tel. 03 91/8 10 60, www.schuberth.com
Preis: 529,00 Euro (Dekor 619 bis 639 Euro)
Größen: 52/53 bis 64/65; Gewicht: 1590 ± 50 g/1638 g (Herstellerangabe/60/61 gewogen)
Farben: Weiß, Schwarz, Mattschwarz, acht Dekore
Helmschale: GFK-Mix
Verschluss: Ratsche
Herstellungsland: Deutschland
ECE-Prüfzei­chen: E 13 (Luxemburg)
Ersatzvisiere: klar/ge­tönt/verspiegelt, 55,00/70,00/75,00 Euro
Ausstattung: Pinlock-Visier (beigelegt), Windabweiser am Kinn mit einklettbarer Verlängerung (montiert), integrierte Antennen für Bluetooth- und Radioempfang, Helmbeutel (hochwertig).

Foto: mps-Fotostudio
Schuberth S2

Plus
Einfaches Auf- und Absetzen; sehr gute Passform, knackiger Sitz, angenehmes Futter; niedriges Geräusch­niveau; sehr gute Oberkopfbelüftung, gute Kinnteilbelüftung, leicht zu bedienende Schieber; praxisgerechte und klar definierte Visierrastung, gute Visierverriegelung, sehr einfacher Visierwechsel; sehr einfache Sonnenblendenbedienung; gute Brillentauglichkeit; tadellose Verarbeitung.

Minus
Kinnriemen zu weit hinten, drückt ggf. auf Kehlkopf; leichte Aerodynamikschwäche (Seitenblick über 130 km/h); Preis.

Fazit
Überzeugende Passform, üppi­ge Ausstattung, hervorragende Bedienung, top Verar­beitung – der S2 ist ein echter Schuberth. Aber eben auch etwas schwer und nicht gerade sehr günstig.

MOTORRAD Urteil: gut

Shark SPEED-R

Anbieter: Shark, Tel. 0 41 08/45 80 00, www.shark-helme.com
Preis: 319,95 Euro (Dekor 359,95 bis 399,95 Euro)
Größen: XS bis XL; Gewicht: 1590 g/1696 g (Herstellerangabe/XL gewogen)
Farben: Weiß, Schwarz, Mattschwarz, fünf Dekore, zwei Replikas, Vollkarbon-Optik
Helmschale: GFK-Mix
Verschluss:
Doppel-D;
Herstellungsland: Thailand
ECE-Prüfzei­chen: E 11 (Großbritannien)
Ersatzvisie­re: klar/getönt/verspiegelt, 84,00/84,00/94,60 Euro
Ausstattung: Pinlock-Visier (beigelegt), Windabweiser am Kinn (beigelegt), Atemluftabweiser (montiert), Vorbereitung Bluetooth; Helmbeutel (hochwertig)

Foto: mps-Fotostudio
Shark SPEED-R

Plus
Einfaches Aufsetzen; gute Passform, knackiger, trotzdem komfortabler Sitz; sehr gute Kinnriemen-Positionierung; relativ niedriges Geräusch­niveau; befriedigende bis gute Oberkopf- und Kinnteilbelüftung, leicht zu bedienende Schieber; sehr einfacher Visierwechsel; einfache Sonnenblendenbedienung; gute Brillentauglichkeit; Verarbeitung.

Minus
Enger Ausstieg; schwer und kopflastig; fehlende Visierrastung, Visierbedienung und -verriegelung sehr mühsam, Bedienungs­lasche ist fast nicht zu greifen; Sichtfeld nach unten eingeschränkt; Beschlagneigung.

Fazit
Ordentliche Passform, solide Verarbeitung – der Shark hat seine Stärken. Aber ein paar Details nerven gewaltig. Besonders die Visierbedienung ist völlig inakzeptabel. Und recht schwer ist er auch.

MOTORRAD Urteil: gut

X-Lite X-702GT

Anbieter: Nolangroup Deutschland, Tel. 0 71 59/9 31 60, www.nolangroup.de
Preis: 419,99 Euro (Dekor 469,99 bis 499,99 Euro)
Größen: XXS bis XXL
Gewicht: 1510–1560 g/1614 g (Herstellerangabe/XL ge­wogen)
Farben: Weiß, Schwarz, Mattschwarz, Neongelb, Neonrot/Orange, sieben Dekore
Helmschale: GFK-Mix
Verschluss: Doppel-D
Herstellungsland: Italien
ECE-Prüfzei­chen: E 3 (Italien)
Ersatzvisiere: klar/getönt/verspiegelt, 46,95/46,95/62,95 Euro
Ausstattung: Pinlock-Visier (beigelegt), Windabweiser am Kinn (montiert), Vorbereitung n-com-System, Helmbeutel (hochwertig)

Foto: mps-Fotostudio
X-Lite X-702GT

Plus
Einfaches Auf- und Absetzen; gute bis sehr gute Passform, knackiger Sitz, sehr angenehmes Futter; gute Aerodynamik; niedriges Geräusch­niveau; gute Oberkopf- und Kinnteilbelüftung; klar definierte Visierrastung, sehr einfacher Visierwechsel; gute Brillentauglichkeit; Verarbeitung (Ausnahme: ­Visierverriegelung); gute Schlagdämpfung.

Minus
Visierverriegelung ohne Funktion; Belüftungsstellung etwas umständlich einzustellen; Belüftungsschieber und -klappen fummelig zu bedienen; Sonnenblendenbedienung hart und laut; relativ kleines Sichtfeld.

Fazit
Lässt beim Gewicht und bei der Handhabung ein paar Punkte liegen, ist in Sachen Passform und Schlagdämpfung aber vorn dabei. Absolut solide Ware, die durchaus das Potenzial für ein „sehr gut“ hat.

MOTORRAD Urteil: gut

Die Nicht-Teilnehmer

Mit acht Teilnehmern fällt das Testfeld diesmal recht übersichtlich aus. Eingeladen waren immerhin 23 Helmhersteller und -anbieter. Neben den Absage-Klassikern „Wir haben nichts Passendes im Programm“ und „Es gibt nichts Neues“ spielten diesmal auch die Angst vor der eigenen Courage („100-Euro-Helm gegen 600-Euro-Helm – da können wir nur verlieren“) und Firmeninterna („Umstrukturierung unserer Europa-Zentrale“) eine Absage-Rolle. Ein paar Anbieter zogen es auch vor, sich gar nicht zu melden. Zwei von manchem Leser vermutlich ganz besonders vermisste Platzhirsche verdienen an dieser Stelle eine gesonderte Betrachtung.

Arai gegen Sonnenblenden, Shoei gegen Testmethode

Arai: Der japanische Hersteller hat prinzipiell etwas gegen integrierte Sonnenblenden und sieht sie als potenzielle Strukturschwächung – eine echte Philosophiefrage. Doch ganz konnte Arai das Marktgeschehen nicht ignorieren und präsentierte auf der Eicma 2013 eine Nachrüst-Lösung: das Visier mit auf­gesetzter Sonnenblende. Das hätte MOTORRAD auch gern in einer kleinen Extrageschichte mitgetestet, doch bis zum Testbeginn waren nur Muster und keine Serienteile verfügbar.

Shoei: Der zweite japanische Anbieter hat nichts gegen integrierte Sonnenblenden und mit dem GT Air (ab 479 Euro) auch ein passendes Modell im Programm. Doch Shoei hat etwas gegen die MOTORRAD-Testmethode und wäre nur dann zu einer Testteilnahme bereit gewesen, wenn die Schlagdämpfung ausschließlich nach ECE-R 22.05 getes­tet worden wäre, also ECE-Kantenamboss statt Sigmapfosten. MOTORRAD besorgte sich trotzdem den GT Air und ließ ihn inoffiziell im Test mitlaufen.
Tja, liebe Shoei-Truppe, es bestand gar kein Grund zur Sorge, euer Helm hätte unterm Strich ein „sehr gut“ erreicht. Hat er nun aber nicht. Schade aber auch.

Motorradhelme auf dem TÜV-Prüfstand

Ohne die für Motorradhelme verbindliche ECE-Prüfung R 22.05 läuft auch beim MOTORRAD-Helmtest nichts. Denn erst mit Absolvierung der ­europaweit einheitlich geregelten Schlag­dämpfung schaffen es die Helme in die Testauswahl der Redaktion.

Allerdings ist jetzt ein profanes Nachmessen der ECE-Werte überflüssig. Das liegt zum einen ­daran, dass sich die Helmhersteller selbst ­genau beobachten. Dazu Peter Schaudt, Helmexperte beim TÜV Rheinland: „Sobald ein Anbieter mit neuen Modellen auf dem Markt erscheint, bekommen wir diese von Mitbewerbern zur Überprüfung der ECE-Werte zugeschickt.“ Zum anderen wird nach Meinung von MOTORRAD durch die ECE lediglich eine Minimalanforderung für Motorradhelme definiert. Das liegt zum einen an den teils abstrusen Prüfvorgaben, bei denen die Fallversuche mit auf minus 20 Grad tiefgefrorenen Helmen stattfinden.

Leitplan­ken­träger statt ECE-Kantenamboss

Noch dazu sind die Aufschlagpunkte in der europäischen Norm genau definiert. Was wie­derum manche Helmanbieter animiert, die Prüfpunkte entsprechend zu verstärken. Ein Prozedere, das sich durchaus im legalen Rahmen bewegt, Kritiker aber spotten lässt, dass man nach dieser Methode selbst eine Pudelmütze ECE-tauglich zurechtstricken könnte. MOTORRAD hat sich deshalb 2009 mit TÜV-Experte Schaudt und dem Unfallforscher und Biomechaniker Florian Schueler (Uni Freiburg) an einen Tisch gesetzt, um ein praxisnahes Prüfverfahren für Helme zu entwickeln. Seit nun vier Jahren hat sich die „MOTORRAD-Helmnorm“ in zahlreichen Vergleichstests bewährt.

Zentraler Punkt: Der Helm fällt auf dem Prüfstand des TÜV Rheinland weiterhin aus rund drei Metern Höhe, aber nicht auf den ECE-Kantenamboss, sondern auf einen echten Leitplan­ken­träger („Sigma­pfosten“), dem nach den Erkenntnissen von Florian Schueler bei ­Unfällen oftmals eine tragische Rolle zukommt. Getestet werden die Helme außer­dem bei Raumtemperatur, der Aufprall auf die linke und rechte Seite erfolgt sowohl bei Low- wie auch Highspeed.  

Nach ECE ist beim Aufprall auf den Prüfamboss ein Beschleunigungswert von 275 g zulässig. Der mit Sensoren bestückte Prüfkopf leitet den g-Wert an einen Computer weiter, der daraus unter Zuhilfenahme anderer Parameter (Dauer der Krafteinwirkung) den HIC-Wert berechnet. Das „Head Injury Criterion“ gilt bei Medi­zinern und Bio­mechanikern als aufschluss­reicher Wert, um Aussagen zu möglichen Hirn-/Schädel-Verletzungen zu treffen. Die ECE erlaubt einen maximalen HIC-Wert von 2400. Eine abstrakte Zahl, vor allem aber weit jenseits von Gut und Böse. Die MOTORRAD-Expertencrew ist sich einig: „Im MOTORRAD-Test sollte HIC 1000 machbar sein!“ Dass einige Helm­hersteller diesem Wunsch­wert schon jetzt recht nahe kommen, beweisen die Top-Werte im diesjährigen MOTORRAD-Helmtest. Der Wunsch an die Helmhersteller lautet trotzdem: Bleibt dran am Thema, da geht noch deutlich mehr!

7,5 m/s, rechte Seite*,
Beschleunigung in g
HIC-Wert 5,5 m/s, linke Seite*,
Beschleunigung in
g
HIC-Wert MOTORRAD HIC-1000* 7,5 m/s, Kinnteil**,
Beschleunigung in g
Airoh Movement 183 1421 130 660 1041 429
Caberg Vox 197 1641 140 741 1191 380
Held Brave 197 1604 133 636 1120 280
HJC RPHA ST 169 1288 156 772 1030 386
Rocc 550 Full Carbon 182 1495 129 692 1094 387
Schuberth S2 198 1460 156 793 1127 696
Shark Speed-R 202 1570 159 882 1226 240
X-lite X-702Gt 181 1401 139 775 1088 465

*Aufschlag auf Sigmapfosten, der MOTORRAD-HIC-1000-Wert berechnet sich aus dem Mittel beider Aufschläge;
**Aufschlag auf Kantenamboss. Fließt nicht in Wertung ein, da ein Teil der Kräfte in den Kinnriemen weitergeleitet wird

Die aktuelle Ausgabe
MOTORRAD 12 / 2023

Erscheinungsdatum 26.05.2023