BMW will Cruiser bauen. Das konnte man der einen oder anderen Bemerkung aus München schon entnehmen. MOTORRAD hätte da mal eine Idee, quer gedacht und ganz zurück zu den Wurzeln gegangen.
BMW will Cruiser bauen. Das konnte man der einen oder anderen Bemerkung aus München schon entnehmen. MOTORRAD hätte da mal eine Idee, quer gedacht und ganz zurück zu den Wurzeln gegangen.
Wenn BMW einen neuen Anlauf im Cruiser-Segment wagt – und alles spricht dafür – dann müsste er wirklich ein wenig cooler werden als die reichlich barocke R 1200 C aus den späten 90er-Jahren. Nicht nur, dass die Münchner den Boxer auf müde 61 PS drosselten und ihm eine gewöhnungsbedürftige, postmoderne Optik verpassten. Nein, auch die Zylinder des breiten Boxermotors befanden sich genau da, wo der Chopper- und Cruiserfreund gerne seine Füße parkt. So war die Haltung auf dem BMW-Büffel zwar fahraktiver, aber kaum amerikatauglich. Dort, wo man spätestens seit dem Kultfilm „Easy Rider“ die Füße gerne noch vor den Händen in den Fahrtwind stellt, wollte man weiterhin immer nur Harleys kaufen.
Erstmal war’s also nix mit der Markteroberung der Vereinigten Staaten. Was nichts an der Sache ändert, dass die USA ein lukrativer Landstrich sind, wo mehrere 10.000 Maschinen jährlich verkauft werden. Und auch nicht daran, dass ein cooler Cruiser sich auch im Rest der Welt mittlerweile gut unters Volk bringen lässt.
Also doch einen neuen Anlauf starten? Vorschlag von MOTORRAD: Nehmt den Boxer doch einfach mal quer. Klingt verrückt? Klar, gab es aber schon. Sogar mit BMW-Boxer. Blättern wir das große Buch der Geschichte 95 Jahre zurück, dann entdecken wir die Viktoria K.R.1. Das „Kraft Rad Eins“ des Fahrradherstellers aus Nürnberg bedeutete nicht nur für diese Marke einen wirklichen Neuanfang nach dem Ersten Weltkrieg, sondern beeinflusste auch BMW nachhaltig. Denn als Antrieb verwendete Viktoria einen BMW-Einbaumotor. Der 500er-Boxer war ursprünglich auch als Stationärmotor vorgesehen, durch seinen perfekten Massenausgleich eignete er sich aber ebenso hervorragend für ein Motorrad.
Schnell war klar, dass das motorisierte Zweirad BMW wieder flottmachen würde, die Produktion von Flugmotoren war ja von den Siegermächten untersagt. Dem genialen Konstrukteur Max Friz war es dann überlassen, den quer eingebauten Boxermotor längs zu drehen und so die bis heute gültige Anordnung des Motors inklusive Kardanantriebs zu erfinden. Die 1923 entstandene BMW R 32 ist die Mutter aller Boxer. Wir nehmen aber die Oma zum Vorbild. Quer liegende Kurbelwelle, kompakt gehaltenes Getriebe, Zahnriemenantrieb zum Hinterrad. War damals schon so bei der Viktoria. Wobei deren Zahnriemen ein Lederriemen war.
Der MOTORRAD-Entwurf hängt den luftgekühlten Boxer unter eine markante Rahmenbrücke. An der würde dann auch die lange und dicke Einarmschwinge befestigt, die ein fettes Hinterrad führt. Auch hier wäre der normal angeordnete Boxer durch den Kardanantrieb ziemlich eingeschränkt. Dicke Pneus streifen schnell an der Schwinge, es sei denn, man setzt den Motor neben die Fahrzeuglängsachse. Keine schöne Lösung. Selbstverständlich wäre beim Motorrad-Entwurf auch standesgemäßes Gabelwerk verbaut. Die Telelever-Vorderradführung, die spätestens durch die Entwicklung semiaktiver Federelemente obsolet wird, war wegen der gewöhnungsbedürftigen Optik ein weiterer Killer für die R 1200 C.
Eine zweite Variante unseres Querdenker-Vorschlags würde den senkrecht durchströmten aktuellen Wasserboxer berücksichtigen. Dieser wäre nicht nur nochmals schmaler in der Querlage, sondern würde neben einer logischeren Auspuffführung auch noch eventuelle Kühlprobleme des hinteren Zylinders lösen.
Tatsächlich gibt es bereits sogar so ein ähnliches Motorrad. Die Midual Type 1 trägt einen wassergekühlten um 25 Grad nach vorne geneigten Boxermotor. 2016 sollen die ersten 35 Maschinen ausgeliefert werden. Die Ansicht auf der vorherigen Seite zeigt, wie kompakt so eine Maschine bauen kann. Die, die sie schon gefahren haben, schwärmen von dem tollen Handling und dem vibrationsfreien Lauf.
Womit wir bei einer weiteren Schwäche des ersten Boxer-Cruisers angekommen wären: dem Sound. Hier müsste wirklich etwas geschehen. Und da hilft nur eine andere Zündfolge mit um 90 Grad versetzten Hubzapfen. So, wie viele Hersteller aus den plärrenden Reihen-Zweizylindern kernige V-Motoren simulieren, sollte auch der blechern trompetende Boxer das Wummern lernen.
Technisch wäre das alles andere als schwierig zu realisieren. Kurbelwelle neu, Nockenwelle(n) eines Zylinders um 90 Grad versetzen, Steuergerät anpassen, fertig. Wünschenswert wäre natürlich auch noch eine Hubraumerweiterung. Damit die Ducati XDiavel mit ihrem gut 150 PS starken V2 nicht ganz aus der Welt ist.
Aber jetzt haben wir wohl genug spekuliert. Immerhin: Der Weg zu einem BMW-Power-Cruiser ist nicht weit – wenn man mal quer denkt.