Nur wenige Motorräder bieten einen solchen Erlebniswert wie die Ducati Diavel. Nach drei erfolgreichen Jahren erhält das potente wie individuelle Dragster-Konzept nun ein Update mit modifiziertem Motor, frischem Styling und moderner Leuchttechnik.
Nur wenige Motorräder bieten einen solchen Erlebniswert wie die Ducati Diavel. Nach drei erfolgreichen Jahren erhält das potente wie individuelle Dragster-Konzept nun ein Update mit modifiziertem Motor, frischem Styling und moderner Leuchttechnik.
Monte Carlo im April 2014. Kurz bevor hier die Formel 1 zum Schluchtenflitzen antritt, sorgen andere Fahrzeuge in diesem Schmelztiegel der Schönen, Reichen und ganz schön Reichen für Aufsehen: Eine Phalanx aus 30 bis 40 Ducati Diavel Carbon stiehlt den Lamborghinis, Porsches und Audis vor dem weltberühmten Casino die Schau. Wenn hier Münder offen stehen bleiben, sich Hälse recken, ist das schon besonders. Ziel erreicht. Denn Ducati kennt drei Zielgruppen für dieses unkonventionelle Modell: Neben „progressiven Cruiser-Fahrern“ noch „Crossover-Kunden“, die wegen 162 PS Spitzenleistung und bequemer Sitzposition auf dieses Konzept abfahren. Und dann noch „urban Extrovertierte“, die Lifestyle auf zwei Rädern ausleben. Sie feiern sich mit der Diavel selbst.
Von Anfang an, seit 2011, ist die Ducati Diavel ein Motorrad, das Akzente setzt. Weil es Schubladendenken sprengt: martialisches Macho-Bike oder potenter Power-Cruiser? Oder doch verdammt agiles, nonkonformistisches Naked Bike? Auch, aber mehr als das. Vom Start weg unverwechselbar, schuf sich die Diavel ihre eigene, erfolgreiche Nische. 20.000 Exemplare in drei Jahren sind für Ducati bei maximal 45.000 gebauten Motorrädern jährlich eine echte Hausnummer. Damit der Käuferstrom nicht abreißt, gibt es mit der Ducati Diavel Carbon nun ein umfangreiches Update.
Nun trägt der „Teufel“, das heißt Diavel ja im Bologneser Dialekt, immer noch kein Prada. Wohl aber den Doppelzündungs-Testastretta, wie er bereits die Multistrada 1200 befeuert. Er versteckt sich dezent hinter den modifizierten Abdeckungen über den seitlichen Wasserkühlern und dem im Bugspoiler versteckten Ölkühler. Cleaner wurden die neuen, dominanten Lufteinlässe aus gebürstetem, schwarz eloxiertem Aluminium. Die Ducati Diavel Carbon ist alles, außer gewöhnlich. Gilt auch für die armdicken Krümmer-Schlangen. Sie züngeln aus den im 90-Grad-Winkel angeordneten, desmodromisch zwangsgesteuerten Zylindern.
In einem Radius von rund zwei Metern erkennt die Bordelektronik den Funkzündschlüssel in der Tasche, deaktiviert die Lenkersperre, lässt die Zündung aktivieren. Start! Dutzendfaches V2-Stakkato lässt den Boden im Epizentrum der Schickeria beben. Aus den nun knubbelig-kurzen Schalldämpfer-Tröten mit Auspuffklappe prustet und trompetet es im Chor. Leisetreter klingen anders. Mit einem harten Klacken rastet der erste Gang ein. Ganz easy setzt sich die Ducati Diavel Carbon in Bewegung. „Smoother“, weicher soll der modifizierte Hightech-Motor untenherum sein. Trotzdem können seine gewaltigen 106er-Kolben ihre supersportliche Herkunft nicht verleugnen. Sie haben bloß kurze 67,9 Millimeter Hub vor sich, brauchen etwas Drehzahl.
In den Gängen eins bis drei geht’s auf der Ducati Diavel Carbon ab 2000 Touren ruckelfrei vorwärts, in den Fahrstufen vier bis sechs erst ab der 3000er-Marke. Stadtverkehr geht maximal im vierten Gang ohne zu hacken. Im Urban-Modus, einem der drei Fahrmodi, setzt das Ride-by-Wire Gasbefehle sanft um, bleibt die Spitzenleistung auf 100 PS begrenzt. Immer noch mehr, als wir gerade galoppieren lassen können. Raus aus Monaco, diesem Mikrokosmos, runter vom Boulevard des Geldadels, rein ins Vergnügen. Wohin auf den engen Straßen mit den vollen 162 PS im Touring-Modus? Dafür gefällt das direktere Ansprechverhalten, das spontan-progressive Öffnen der ovalen Drosselklappen.
Immer wieder begeisternd: kurze Zwischenspurts, in denen das Kraftpaket seine Muskeln spielen lässt. Einen tollen Schlag hat dieser feine V2, hängt gierig am E-Gas. Trotz Leichtbaus bleibt das Vorderrad auch beim heftigen Beschleunigen stets am Boden. Wow, das geht ab jenseits der 5000 Touren! Sind das jetzt versprochene 4,5 Prozent mehr Drehmoment bei 6000/min, eine minimal fülligere Leistungskurve? Egal. Denn wie die Ducati Diavel Carbon grollt und wie sie rollt, das ist einfach unnachahmlich. So exakt präzise, so unbeirrbar neutral und so behände. Frech und verwegen. All das trotz optisch vermeintlicher zwei Meter Radstand (real sind es „nur“ 1,59 Meter). Das Hinterland der Côte d’Azur ist eine reiche Gegend. Reich an Kurven. Lässig meistert der Satansbraten Kehre nach Kehre.
Seine 240er-Heckwalze gebietet beim Parken Respekt. Doch in Fahrt segelt der Black Bomber trotzdem leichtfüßig-handlich um die Ecken. Den Reifen entwickelte Pirelli eigens für die Ducati Diavel Carbon. Seine extrem runde Kontur macht ihn besonders kurvenfreundlich, ohne dass es je an Grip mangelt. Und das Komplett-Rad aus Acht-Zoll-Felge und Pirelli-Pneu wiegt gerade mal 13,2 Kilogramm. Das senkt die Kreiselkräfte. Lustvoll-sportlich und dabei ganz neutral-homogen trägt einen die Hammer-Duc von Meereshöhe bis auf 1000 Meter empor. Und wenn dabei selten mal die Fußrasten kratzen, ist man schon ziemlich schräg unterwegs.
Auf schlechten Passagen offenbart das Fahrwerk seine straffe Grundabstimmung. Ein knackiges Motorrad wie die Ducati Diavel Carbon kann und will keine Komfortsänfte sein. Gutes Feedback liefern die Federelemente, bieten reichlich Reserven. Das Sachs-Federbein hat ein praktisches Handrad zur Anpassung der Federbasis an die Zuladung. Und die Marzocchi-Gabel trägt mächtige 50er-Standrohre, nun auch bei der Basisversion mit reibungsmindernder Kohlenstoffbeschichtung. Wenn’s mal rutschig wird oder die immense Power kurz mal die Haftung überfordert, tritt die Traktionskontrolle auf den Plan. Sie ist an den Fahrmodus gekoppelt, aber zusatzlich individuell einstellbar. Sie greift im Urban-Modus früher ein, lässt im Sport-Modus am meisten Schlupf zu. Bei dem ist zudem die Gasannahme aggressiv.
Famos ankern die Bremsen der Ducati Diavel Carbon. Brembos Monoblocks beißen höllisch kräftig und himmlisch fein dosierbar in die Scheiben. Und diesmal ist es das Hinterrad, das wie hingedübelt am Boden bleibt, beeindruckend kurze Bremswege in bester Stabilität bedingt. Als i-Tüpfelchen gibt’s praktisch überhaupt kein Aufstellmoment beim Bremsen in Schräglage, nicht einmal, wenn man nur den breiten Hinterreifen verzögert.
Besser denn je passt die Ergonomie zur ganzen Spannbreite von Promenieren bis Angreifen. Die verlängerte Sitzmulde der Ducati Diavel Carbon gewährt dem Fahrer nun mehr Platz in Längsrichtung. Und gibt sich komfortabel gepolstert. Der Kniewinkel ist selbst bei langen Kerls erstaunlich offen. Kleine Fahrer hingegen freuen sich über moderate 77 Zentimeter Sitzhöhe, bekommen locker beide Fußsohlen auf den Boden. So kann man den leichtesten aller Power-Cruiser (Trockengewicht laut Ducati nur 205 Kilogramm) auch im Stand sicher beherrschen. Kaum gekröpft, kommt einem die Lenkstange wenig, doch dabei weit genug entgegen.
Die Sitzposition ist irgendwo zwischen Cruiser, Dragster und Muscle Bike. Ein Projektil, das mit seinem Reiter verschmilzt. Das passt so, gehört zum martialischen Konzept, zur Macho-Attitüde. Zweigeteilt arbeiten die Instrumente. Am Lenker der Ducati Diavel Carbon signalisiert ein LCD Geschwindigkeit, Drehzahl, Temperatur und Uhrzeit. Das farbige TFT-Display auf dem Tank vermeldet Fahrmodus, eingelegten Gang und Sensibilität der Traktionskontrolle. Zudem seit 2014 auch den Benzinstand – und warnt vor dem noch ausgeklappten Seitenständer. In Tunneln und bei Nacht schaltet die Anzeige auf inversen Nachtmodus.
Bei Tag geben die LED-Positionslampen und die neu gestaltete Front der Ducati Diavel Carbon eine auffällige Aura. Bei Nacht leuchten die aus zwei Teilen bestehenden LED-Scheinwerfer der Machtgestalt taghell voraus. Optisch sprengt die Diavel Konventionen, technisch überzeugt sie voll. Gerade erst kürten die Leser unserer Zeitschrift die Ducati Diavel zum „Motorrad des Jahres" in der Kategorie „Cruiser". Der Nervenkitzler ist ein Fahrspaß-Statement auf zwei Rädern: Ich fahre, also bin ich!
Es muss ja nicht immer Highend sein: Neben der Ducati Diavel Carbon gibt es ja noch die 3500 Euro günstigere Standardversion. Sie erhält 2014 ebenfalls eine kohlenstoffbeschichtete Gabel und die gleichen technischen Änderungen an Motor, Sitz, Beleuchtung und Auspuff. Allerdings kommt bei ihr Kunststoff statt Karbon zum Einsatz: für Tank, Front-Kotflügel und Soziussitz-Abdeckung. Komplett dunkel ist die Standard-Diaval gehalten: Schalldämpfer, „Bodywork“, Rahmen, Räder – alles monochromschwarz.
Bei der Ducati Diavel Carbon hingegen ist der 9,5 Kilogramm leichte Gitterrohrrahmen farbig lackiert, glänzen gefräste Felgenhörner und polierte Edelstahl-Endtöpfe. Die Gussräder der Standard-Diavel mit 14 Speichen sind 2,5 Kilogramm schwerer als die Neun-Speichen-Schmiederäder der Carbon, ein deutliches Mehr an ungefederten Massen. Insgesamt soll die Basis-Diavel fünf Kilogramm schwerer sein, ihr Trockengewicht beträgt laut Ducati 205 statt 210 Kilogramm. 17.490 Euro kostet die Standardversion – plus 345 Euro Nebenkosten. Für die Carbon sind stolze 20.990 Euro fällig. Lobenswert sind lang gestreckte, kostengünstige Service-Intervalle: 15.000 Kilometer für Ölwechsel, nur noch alle 30.000 Kilometer zur aufwendigen Ventilspielkontrolle.
Motor
Wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-90-Grad-V-Motor, je zwei obenliegende, zahnriemengetriebene Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, Schlepp- und Kipphebel, desmodromisch betätigt, Nasssumpfschmierung, Einspritzung, Ø 56 mm, Lichtmaschine 430 W, Batterie 12 V/10 Ah, hydraulisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung (Anti-Hopping), Sechsganggetriebe, Kette, Sekundärübersetzung 2,867.
Bohrung x Hub: 106,0 x 67,9 mm
Hubraum: 1198 cm³
Verdichtungsverhältnis: 12,5:1
Nennleistung: 119,0 kW (162 PS) bei 9500/min
Max. Drehmoment: 130,5 Nm bei 8000/min
Fahrwerk
Gitterrohrrahmen aus Stahl, Upside-down-Gabel, Ø 50 mm, verstellbare Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Einarmschwinge aus Aluminium, Zentralfederbein mit Hebelsystem, verstellbare Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Doppelscheibenbremse vorn, Ø 320 mm, Vierkolben-Festsättel, Scheibenbremse hinten, Ø 265 mm, Zweikolben-Festsattel, ABS, Traktionskontrolle.
Alu-Schmiederäder: 3.50 x 17; 8.00 x 17
Reifen: 120/70 ZR 17; 240/45 ZR 17
Maße und Gewichte
Radstand 1590 mm, Lenkkopfwinkel 62,0 Grad, Nachlauf 130 mm, Federweg v/h 120/120 mm, Leergewicht 234 kg, zulässiges Gesamtgewicht 400 kg, Tankinhalt/Reserve 17,0/4,0 Liter.
Garantie: zwei Jahre
Farben: Schwarz, Schwarz/Rot
Preis: 20990 Euro
Nebenkosten: 345 Euro