Es gibt Begriffe, bei denen werden Motorrad-Fans automatisch hellhörig. „Turbo“ beispielsweise ist so einer, oder „Kompressor“. Und natürlich: „Sechszylinder“. Da beginnt das Kopfkino in den sattesten Farben auf Hochtouren zu laufen. Die Königsdisziplin im Motorradbau. Von seidig laufenden, aber auch mächtigen Motoren. Für Kenner und Genießer. Boxer, Reihenmotor, selbst ein V6, zumindest als Prototyp von Laverda, alles schon mal da gewesen. Faszinierende Konstruktionen allesamt – aber nicht gerade kompakt.
So sorgte die Horex Mitte 2010, als die ersten Informationen über das Wiederauferstehen der traditionsreichen Marke durchsickerten, gleich in mehrfacher Hinsicht für Wirbel. Nicht nur, dass sie von einem Sechszylinder befeuert werden sollte. Ein VR6 sollte es sein, jene bereits aus dem Automobilbau bekannte Konstruktion, bei der zwei Zylinderreihen mit moderatem Winkel von 15 Grad und versetzt zueinander angeordnet sind. Und ein Kompressor sollte dem aufwendigen Aggregat zu deftiger Leistung verhelfen.
Nun, der Kompressor und die „auf höchstens 200 PS für die erste Serie beschränkte Leistung“, von der Geschäftsführer Clemens Neese noch vor zwei Jahren sprach, sind bis auf Weiteres verschoben. Doch der VR6 ist Realität. Ebenso wie die stattliche Erscheinung der Horex. Und die 161 PS der nicht aufgeladenen Variante sollten auf jeden Fall genügen.
Mit ihrer Kombination aus klassischen und modernen Stilelementen wirkt sie überaus imposant. Die rauen Oberflächen von Rahmen, Rasten, Schwinge und Lampenhaltern verleihen ihr gusseisernen Charme, der Solidität ausstrahlt. Einarmschwinge, White Power-Federelemente, PVM-Schmiederäder, radial verschraubte Brembo-Zangen, die in Braking Wave-Scheiben beißen: Das wirkt gediegen und macht einen wertigen Eindruck.
Überraschend leichtes Handling
Jener, dass die Horex ein stattliches Motorrad ist, bestätigt sich beim Platznehmen. 830 Millimeter Sitzhöhe, ordentlich gepolsterte, aber auch breite Sitzbank. Da sind Langbeinige klar im Vorteil. Zumal es gilt, pfundige 270 Kilogramm zu rangieren. Einige Sekunden muss der Anlasser schon orgeln, ehe sich der VR6 mit eindrucksvollem Sägen und archaischem Knurren bei knapp unter 1000/min Standgas zur Stelle meldet. Bei heißem Motor sind es auch schon mal 2000. Doch bereits nach den ersten, noch sprotzelnd beantworteten Gasstößen pendelt sich die Drehzahl um die vorgegebenen 1600/min ein.
Die hydraulisch betätigte Kupplung verlangt nach festem Zupacken. Satt rastet der erste Gang. Man logiert mehr auf als im Motorrad, was zusammen mit der aufrechten Sitzposition ein herrschaftliches Fahrgefühl ergibt. Als ausgesprochen gelungen darf trotz des etwas langen Tanks das Arrangement aus Lenker, Rasten und Sitzbank bezeichnet werden. Der Kniewinkel entspannt, der Oberkörper locker aufrecht, der nicht zu breite Lenker liegt gut zur Hand. Und da die mächtigen Alu-Profile des Verbundrahmens über den Motor geführt werden, ist die Taille angenehm schmal. Da spreizt mancher Vierzylinder die Beine deutlicher.
Einmal in Fahrt, schwindet der Respekt vor der imposanten Statur im Nu. Denn die Horex lässt sich für solch einen Brocken überraschend behände bewegen und an der Alu-Lenkstange durch den Großstadtdschungel lotsen. Den engen Straßenschluchten erst einmal entkommen, zeigt sich das Fahrwerk auch auf verschnörkelten Landstraßen bestens aufgelegt.
Ein erdig-sattes Fahrgefühl
Für ein Motorrad dieser (Gewichts-)Klasse verblüfft, wie leicht sie sich von einer Schräglage in die nächste dirigieren lässt. Da kommt Freude auf. Willig folgt die Horex den Lenkbefehlen, zeigt sich neutral und vermittelt ein erdig-sattes Fahrgefühl. Die etwas weicher abgestimmte Gabel spricht ordentlich an und filtert Unebenheiten sauber von der Fahrbahn weg. Deutlich straffer ist das wie die Gabel voll einstellbare Federbein ausgelegt. Es spricht nicht ganz so fein an, arbeitet aber immer noch ausreichend komfortabel. Solange der Asphalt nicht allzu zernarbt ist. Nur kurze, harte Stöße dringen bisweilen unangenehm bis zum Fahrer durch. Aber das Federbein protzt ja nicht nur mit hydraulischer Federvorspannung. Es ist auch in Zug- sowie High- und Lowspeed-Druckstufe einstellbar. Kein Problem also, denkt man.
Doch während das Fahrer-Handbuch eine Anleitung zur Einstellung der Gabel bereithält, rät es bei Abstimmungsänderungen am Federbein zum Gang in die Werkstatt. Sind Vorspannung und Zugstufe mit dem Bordwerkzeug gerade noch so zu erreichen, ist bei der Druckstufe mit Bordmitteln nichts auszurichten. Beim Spannen der Kette übrigens ebenso wenig, denn ein Hakenschlüssel für den Exzenter ist nicht an Bord.
Aber zurück zum Fahrwerk, das ansonsten für zufriedene Gesichter sorgt. Erst wenn das Tempo richtig verschärft wird, es mit Schmackes in die Kurven hineingeht und Schräglagenwechsel blitzschnell vollzogen werden, schwinden Lenkpräzision und Gefühl fürs Vorderrad, weil eben doch recht viel Gewicht in die Kurven hineinschiebt. Wobei die Schräglagenfreiheit enorm ist. Erst in der Nähe der Reifenhaftgrenze kratzen Seitenständer, Rasten und Katalysatoren über den Asphalt. Dann ist man aber auch schon furchtbar schräg unterwegs.
Ein Roadster, kein Racer

Doch halt, Moment! Die Horex ist zwar ein umgänglicher Roadster, aber kein Racer. Und ihre sportlichen Talente sind gemessen daran mehr als üppig. Entspannt und aufrecht Biegungen genießen, zügig durch die Kurven segeln, dabei satt und stabil ihre Bahn ziehen, das beherrscht die Horex mit links. Darüber hinaus steckt sie selbst einen zusätzlichen Passagier locker weg, bleibt stabil und berechenbar und schunkelt auch unter der zusätzlichen Last nicht unhandlich oder unpräzise durch die Kurven. Weshalb sich das Fahrwerk rundweg gute Noten verdient. Denn eines ist klar: Es ist keine leichte Aufgabe, ein solches Trumm für sportliches Fahren satt und stabil, dabei gleichzeitig aber ausreichend komfortabel und wendig abzustimmen. Und das ist den Technikern erstaunlich gut gelungen.
Und der Motor? Ist so eigenständig und unverwechselbar, wie man es von solch einer Kreation erwartet. Er schiebt vom Stand weg knurrig voran. Schwingt sich bereits bei 4000/min zu beachtlichen 104 Newtonmetern Drehmoment auf. Es gipfelt in prächtigen 132 Nm bei 7200/min. Für einen 1200er ein beachtlicher Wert. Leider fällt er dazwischen in ein Loch, das sich als kräftige Senke zwischen 4000 und 6000 Umdrehungen in der Drehmomentkurve bemerkbar macht.
Natürlich ist auch dort ausreichend Druck vorhanden, doch wirkt diese Leistungsentfaltung nicht sehr harmonisch, weshalb man für zügige Überholmanöver öfters das etwas knochige Getriebe bemüht und ein, zwei Gänge herunterschaltet. Von einem Roadster dieses Kalibers hätte man speziell im mittleren Drehzahlbereich mehr Souveränität erwartet. Ab 6000/min allerdings geht der Kraftwürfel wie die Pest, und sein rotziges Brabbeln, das eher an zwei sich anknurrende Dreizylinder denn an einen geschmeidigen Sechserpack erinnert, steigert sich in ein furioses Röhren. Die Klangkaskaden des VR-Motors sind beeindruckend, werden dabei aber nicht ordinär laut. Gemessene 154 PS sind ein Wort und Garant für eine ausgezeichnete Beschleunigung. Erst oberhalb von 9000/min ebbt das Temperament ab, was auf der Landstraße eher nebensächlich ist. Mehr jedenfalls als die mechanischen Lebensäußerungen des Antriebs.
Motorabstimmung bietet Luft nach oben

Geht die Laufkultur unter 4500/min noch in Ordnung, beginnt es ab dieser Marke spürbar in Lenker und Rasten zu kribbeln. Und die Spiegel, die aufgrund etwas kurzer Ausleger eine begrenzte Rücksicht zulassen, zeigen nur noch ein verschwommenes Bild. Vom seidig-samtigen Lauf, den man gemeinhin mit Sechszylindern assoziiert, keine Spur. Wirklich lästig wird das aber nur auf längeren Etappen mit konstanter Drehzahl. Auf der Landstraße mit entsprechend häufigen Schaltvorgängen und wechselnden Drehzahlen verbuchen wir das unter dem kernigen Charakter des VR6. Wirklich störend ist dagegen eine andere Eigenheit: Die Motorabstimmung bietet durchaus noch Luft nach oben.
Weiche, ruckfreie Übergänge vom Schiebe- in den Lastbetrieb gelingen nur mit viel Fingerspitzengefühl. Was auch daran liegen mag, dass der Motor auf den ersten Millimetern Gasgriff-Drehung zunächst nicht reagiert. Was vor allem im unteren Drehzahlbereich die Gasannahme verzögert wirken lässt. So verhaut manch kräftiger Lastwechselruck im Kurvenscheitel bisweilen die saubere Linie.
Und wird das Gas bei niedrigem Tempo leicht zurückgedreht, scheint es manchmal, als fielen die Drosselklappen auf einen Schlag zu. Abrupt setzt das Motorbremsmoment ein, und erneutem leichtem Gasgeben folgt der verzögerte, ruckartige Leistungseinsatz. Nervig vor allem in der Stadt. Das Wechseln vom Touring- auf das Sport-Mapping ändert daran nur wenig. Hängt der Motor dann aber am Gas, reagiert er sehr direkt auf Gaskommandos und sorgt mit seinem einzigartigen Sound für Gänsehaut. Im Griff haben die Techniker nun den Temperaturhaushalt. Zwar sprangen die Lüfter relativ schnell an, die Wassertemperatur kletterte aber, selbst forciert bewegt, kaum einmal über 90 Grad.
Die Bremsen überzeugen

Alles im Griff haben in brenzligen Situationen auch die Bremsen. Die Vierkolben-Radialzangen von Brembo sind ausgezeichnet dosierbar. Packen nicht bissig, aber vehement zu. Im Extremfall mit – auf dem Top-Test-Parcours ermittelten – hervorragenden 9,6 m/s². Das leichte Aufstellen beim Bremsen in Schräglage nehmen wir zur Kenntnis, mehr aber auch nicht. Das Bosch-ABS regelt bei Bedarf unauffällig und mit kurzen Intervallen. Selbst bei Vollbremsungen bleibt die Horex ausgesprochen stabil auf Kurs und das Hinterrad sicher auf dem Boden, auch wenn der Druckpunkt der Bremse etwas wandert. Eine Rutschkupplung zur Beruhigung des Hecks besitzt die Horex übrigens nicht. Wird bei solchen Manövern das Gas abrupt zugedreht, schließt die Elektronik die Drosselklappen etwas langsamer, um das Schleppmoment am Hinterrad zu reduzieren. Was gut funktioniert, sich aber hin und wieder auch als leichtes Nachschieben bemerkbar macht.
Doch nicht nur beim Bremsen macht die Horex eine gute Figur, auch an der Zapfsäule. Lediglich 5,3 Liter auf 100 Kilometer genehmigte sich das VR6-Aggregat auf unserer Verbrauchsrunde – ein respektabler Wert. Rund 350 Kilometer am Stück sind damit machbar. Das ist doch eine erfreulich tourenbewusste Tatsache. Dabei dürften es ruhig noch mehr sein. Denn der Fahrer hält es dank der feinen Ergonomie und der kommod gepolsterten Sitzbank durchaus länger im Sattel der Horex aus. Das Schmieren der Kette soll übrigens der Vergangenheit angehören. Sie läuft über einen Grafitblock auf der Schwingenoberseite, der die Kette dauerhaft fetten soll.
Motor stellt seine Konstruktion nicht reißerisch zur Schau
Das passt ganz gut zum seriösen Charakter der Horex, die trotz der imposanten Erscheinung irgendwie auch ein etwas dezentes Understatement bietet. Denn der Motor stellt seine einzigartige Konstruktion und seine Potenz nicht reißerisch zur Schau, sondern fügt sich trotz der drei angedeuteten Nockenwellen und des symbolischen „V“ auf den Zylindern fast dezent ins Gesamtbild. Für Kenner und Genießer eben. Und auch für Enthusiasten und Individualisten. Denn 21700 Euro Kaufpreis dürften den potenziellen Kundenkreis überschaubar halten. Kleine Serien – Horex strebt 1000 Einheiten pro Jahr an – sorgen zwar für Exklusivität, haben aber eben auch ihren Preis. Doch erhält man in diesem Fall dafür ein technisch einzigartiges Stück Zweirad-Geschichte.
Infos und Daten

Motor
Wassergekühlter Sechszylinder-Viertakt-15-Grad-VR-Motor, drei obenliegende, kettengetriebene Nockenwellen, drei Ventile pro Zylinder, Tassenstößel, Nasssumpfschmierung, Einspritzung, Ø 34 mm, ungeregelter Katalysator mit Sekundärluftsystem, Lichtmaschine 450 W, Batterie 12 V/19 Ah, hydraulisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, O-Ring-Kette, Sekundärübersetzung 18:48.
Bohrung x Hub: 68,0 x 55,0 mm
Hubraum: 1218 cm³
Verdichtungsverhältnis: 12,5:1
Nennleistung: 118,0 kW (161 PS) bei 8800/min
Max. Drehmoment: 137 Nm bei 6800/min
Fahrwerk
Brückenrahmen aus Aluminium mit angeschraubtem Gitterrohrrahmen aus Stahl, Upside-down-Gabel, Ø 48 mm, verstellbare Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Einarmschwinge aus Aluminium, Zentralfederbein mit Hebelsystem, verstellbare Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Doppelscheibenbremse vorn, Ø 320 mm, Vierkolben-Festsättel, Scheibenbremse hinten, Ø 264 mm, Zweikolben-Festsattel, ABS.
Alu-Schmiederäder: 3.50 x 17; 6.00 x 17
Reifen: 120/70 ZR 17; 190/55 ZR 17
Bereifung im Test: Metzeler Roadtec Z8 Interact „M“
Maße und Gewicht
Radstand 1506 mm, Lenkkopfwinkel 66,0 Grad, Nachlauf 95 mm, Federweg v/h 120/120 mm, zulässiges Gesamtgewicht 450 kg, Tankinhalt/Reserve 17,0/4,0 Liter.
Service-Daten
Service-Intervalle: 10000 km
Öl- und Filterwechsel: alle 10000 km, 4 Liter
Motoröl: SAE 15W-50
Telegabelöl: SAE 4
Zündkerzen: NGK CR9-EIA 9
Leerlaufdrehzahl: 1600 ± 150/min
Reifenluftdruck solo/mit Sozius: vorn/hinten2,5/2,9 (2,5/2,9) bar
Garantie: zwei Jahre
Preis: 21700 Euro
Preis Testmotorrad*: 22191 Euro
*inkl. Nachrüst-Fußrasten (246 Euro) und Heizgriffen (245 Euro)
Aufgefallen

Plus
- Die Bedienung des Displays im Cockpit ist einfach und intuitiv
- Das Bordwerkzeug enthält eine Alu-Platte für den Seitenständer, um auf weichen Böden ein Einsinken zu verhindern
Minus
- Das zum Spannen der Kette nötige Werkzeug enthält es allerdings nicht
- Das Display im Cockpit bietet zwar viele Informationen, jedoch verteilt auf verschiedene Menüs, von denen immer nur eines angezeigt werden kann
MOTORRAD-Messungen

Fahrleistungen
Höchstgeschwindigkeit* Beschleunigung | 250 km/h | ||||
0-100 km/h | 3,2 sek | ||||
0-140 km/h | 5,1 sek | ||||
0-200 km/h | 9,9 sek | ||||
Durchzug | |||||
60-100 km/h | 4,3 sek | ||||
100-140 km/h | 4,5 sek | ||||
140-180 km/h | 4,6 sek | ||||
Tachometerabweichung | |||||
effektiv (Anzeige 50/100) | 48/97 km/h | ||||
Drehzahlmesserabweichung | |||||
Anzeige roter Bereich | 10000/min | ||||
effektiv | 9800/min
|
Verbrauch
Landstraße | 5,6 l/100 km |
bei 130 km/h | 6,0 l/100 km |
theor. Reichweite Landstraße | 304 km |
Kraftstoffart | Super |
Maße und Gewichte
L/B/H | 2170/790/1270 mm |
Sitzhöhe | 830 mm |
Lenkerhöhe | 1090 mm |
Wendekreis | 6000 mm |
Gewicht vollgetankt | 270 kg |
Zuladung | 180 kg |
Radlastverteilung v/h | 48/51 % |

Fahrdynamik
Handling-Parcours I (schneller Slalom) | |
Rundenzeit | 19,9 sek |
Suzuki B-King | 19,8 sek |
vmax am Messpunkt | 106,1 km/h |
Referenz Suzuki B-King | 109,1 km/h |
Für ihr hohes Gewicht zirkelt die Horex mit hoher Geschwindigkeit um die Pylonen. Das Wendemanöver am Umkehrpunkt erfordert viel Gefühl mit der Gashand. Die Tendenz zum Untersteuern ist deutlich zu spüren.
Handling-Parcours II (langsamer Slalom) | |
Rundenzeit | 28,1 sek |
Suzuki B-King | 28,2 sek |
vmax am Messpunkt | 55,5 km/h |
Referenz Suzuki B-King | 52,4 km/h |
Auch im langsamen Slalom verliert die VR6 aufgrund der harten und schwer dosierbaren Gasannahme Zeit. Für die 270 kg schwere Horex dennoch ein beachtlicher Wert.
Kreisbahn (Ø 46 Meter) | |
Rundenzeit | 10,6 sek |
Suzuki B-King | 10,7 sek |
vmax am Messpunkt | 50,5 km/h |
Referenz Suzuki B-King | 51,4 km/h |
Erst sehr spät setzen Anbauteile wie Fußrasten, Schalthebel und Auspuffanlage auf. Bei diese Schräglage ist auch die Haftgrenze der Metzeler Z8-Reifen erreicht. Das sehr straffe Fahrwerk vermittelt ordentliche Stabilität beim Überfahren der Bodenwelle.

Bremsmessung aus 100 km/h (Restgeschwindigkeit bei 25,9 km/h) | |
Bremsweg | 40,2 m |
Referenz BMW K 1300 S | 37,5 m |
Sehr stabil verhält sich die Horex auf der Bremse. Die Gabel taucht zwar spürbar ein, geht jedoch nicht auf Block. Das Hinterrad behält selbst bei starker Verzögerung den Bodenkontakt, die Regelvorgänge des ABS sind feinfühlig.
Als praxisgerecht erweist sich die Spreizung der sechs Gänge. Der stramme Drehmomentanstieg bis 4000/min ist im Fahrbetrieb gut zu spüren – der kräftige Einbruch danach allerdings auch. Zwar fällt das Drehmoment praktisch nie unter 100 Newtonmeter, doch der wellige Leistungsverlauf wirkt nicht sonderlich souverän. Ist dieses Tal durchschritten, geht der Sechszylinder dann ab wie die Feuerwehr.
*Herstellerangabe; 1MOTORRAD-Testparcours, Werte vom Bremsentest aus den drei besten Fahrversuchen gemittelt; Referenz: Motorrad aus der jeweiligen Kategorie mit den bisherigen Bestwerten; 2Leistung an der Kurbelwelle. Messungen auf Dynojet-Rollenprüfstand 250, korrigiert nach 95/1/EG, maximal mögliche Abweichung ± 5 %
Technik: Der VR-Motor

Sechszylinder sind eine faszinierende Motorenbauform – aber in der Regel alles andere als kompakt. Aus diesem Grund griff Horex-Geschäftsführer und Entwickler Clemens Neese zum VR-Prinzip, das VW Anfang der Neunziger salonfähig gemacht hatte. Kombiniert es doch die Kürze eines Reihenmotors mit der geringen Breite eines V-Motors. Dabei werden die beiden Zylinderreihen zueinander verschoben und in leichter V-Stellung angeordnet.Durch den kleinen Zylinderwinkel, in diesem Fall 15 Grad, ergibt das einen sehr kompakten Motor, der mit einem Zylinderblock und einem Zylinderkopf auskommt. Allerdings müssen, um unter einen gemeinsamen Kopf zu passen, die Kolbenböden angeschrägt werden, weil Zylinderkopf und Zylinderachse nicht lotrecht zueinander liegen. Darüber hinaus ist die Kanalführung extrem aufwendig.
Nicht zuletzt deshalb besitzt der Horex-Motor drei Ventile pro Zylinder. Durch den gemeinsamen Zylinderkopf kommt er mit drei Nockenwellen aus, von denen die mittlere neun Ventile, nämlich die Auslassventile der hinteren und die Einlassventile der vorderen Zylinderbank steuert. Die durch dieses Bauprinzip notwendige Kanalführung erfordert Zugeständnisse bei der Leistungssuche, da die Kanäle für maximale Leistungsausbeute nicht optimal gelegt werden können. Umso erstaunlicher ist die Leistungsausbeute von rund 130 PS/Liter. Zumal der Motor eher langhubig und als Dreiventiler keineswegs gnadenlos auf Spitzenleistung ausgelegt ist.
Ebenfalls keine leichte Aufgabe ist die Kühlung. Die Form und Führung der Kühlwasserkanäle ist aufgrund der beengten Platzverhältnisse schwierig zu realisieren. Mit dem ursprünglich geplanten Kompressor wäre zumindest das Thema Leistung erledigt. Das erfordert aber eine zusätzliche Kühlung und Schmierung des Laders und ist derzeit wirtschaftlich nicht zu realisieren. Doch ad acta sind diese Pläne deshalb noch nicht gelegt. Schließlich soll Horex keine Eintagsfliege sein, sondern Bestand haben.
Punktewertung und Fazit

Motor
Maximale Punktzahl | Horex VR6 Roadster | |
Durchzug | 40 | 29 |
Beschleunigung | 40 | 33 |
Topspeed | 30 | 23 |
Motorcharakteristik | 30 | 23 |
Ansprechverhalten | 20 | 10 |
Lastwechsel | 20 | 11 |
Laufruhe | 20 | 10 |
Kupplung | 10 | 6 |
Schaltung | 20 | 10 |
Getriebeabstufung | 10 | 9 |
Starten | 10 | 6 |
Summe | 250 | 170 |
Der VR6 ist kein gewöhnlicher Sechszylinder. Er ist von knorrigem Charme, hat einen unverwechselbaren Sound. Und feuriges Temperament in der oberen Drehzahlhälfte. Das hat was. Doch kostet die wellige Leistungsentfaltung Punkte in der Durchzugswertung. Und bei alledem fehlt seinen Umgangsformen noch Feinschliff. Das betrifft hauptsächlich Gasannahme und Lastwechsel, schließt aber auch die Schaltung und die schwergängige Kupplung mit ein.
Fahrwerk
Maximale Punktzahl | Horex VR6 Roadster | |
Handlichkeit | 40 | 25 |
Stabilität in Kurven | 40 | 28 |
Lenkverhalten | 40 | 26 |
Rückmeldung | 10 | 6 |
Schräglage | 20 | 17 |
Geradeauslaufstabilität | 20 | 16 |
Fahrwerksabstimmung vorn | 20 | 14 |
Fahrwerksabstimmung hintern | 20 | 13 |
Einstellmöglichkeiten Fahrwerk | 10 | 6 |
Federungskomfort | 10 | 5 |
Fahrverhalten mit Sozius | 20 | 16 |
Summe | 250 | 172 |
Es verblüfft, wie leicht sich die stattliche Horex auf kurvigen Straßen bewegen lässt. Die Fahrwerksabstimmung ermöglicht dabei auch sehr zügiges Tempo und gibt sich auch mit Sozius keine Blöße. Allerdings könnte die Rückmeldung speziell bei scharfer Gangart besser sein. Nur auf schlechten Straßen könnte das Federbein etwas feinfühliger arbeiten. Dafür sind Schräglagenfreiheit und die Stabilität beim Tempobolzen untadelig.
Alltag
Maximale Punktzahl | Horex VR6 Roadster | |
Ergonomie Fahrer | 40 | 28 |
Ergonomie Sozius | 20 | 7 |
Windschutz | 20 | 0 |
Sicht | 20 | 10 |
Licht | 20 | 13 |
Ausstattung | 30 | 17 |
handhabung/Wartung | 30 | 16 |
Gepäckunterbringung | 10 | 0 |
Zuladung | 10 | 4 |
Reichweite | 30 | 17 |
Verarbeitung | 20 | 15 |
Summe | 250 | 127 |
Sicherheit
Maximale Punktzahl | Horex VR6 Roadster | |
Bremswirkungremsdosierung | 40 | 31 |
Bremsdosierung | 30 | 23 |
Bremsen mit Sozius/Fading | 20 | 13 |
Aufstellmoment beim Bremsen | 10 | 6 |
ABS-Funktion | 20 | 14 |
Lenkerschlagen | 20 | 16 |
Bodenfreiheit | 10 | 7 |
Summe | 150 | 110 |
Trotz ihrer stattlichen Erscheinung bietet die Horex eine gut ausgestaltete Sitzposition. Der Knieschluss ist gelungen, die Sitzbank gut gepolstert, ein Platz zum wohlfühlen. Die Spiegel sollten aber längere Ausleger haben und besser gegen Vibrationen gedämmt sein. Die Ausstattung ist gut, aber angesichts des Preises ohne besondere Raffinessen. Und dass die Zuladung gering ist, dürfte kaum stören, Möglichkeiten zur Gepäckbefestigung sucht man ohnehin vergebens.
Kosten
Maximale Punktzahl | Horex VR6 Roadster | |
Garantie | 30 | 15 |
Verbrauch (Landstraße) | 30 | 16 |
Inspektionskosten | 20 | 10 |
Unterhaltskosten | 20 | 5 |
Summe | 100 | 46 |
Die von einem Bosch-ABS überwachten Bremsen ermöglichen bärige Verzögerung, beeindruckend die Bremsstabilität. Der Druckpunkt der Bremse könnte aber etwas stabiler sein, er wanderte nach mehreren harten Bremsungen. Bemerkbar, aber nicht störend: das leichte Aufstellmoment.
Maximale Punktzahl | Horex VR6 Roadster | |
Gesamtwertung | 1000 | 625 |
Preis-Leistungs-Note | 1,0 | 4,0 |
Obwohl die punkteausbeute ordentlich ausfällt, vereitelt der hohe Kaufpreis zwangsläufig eine gute Note.
Fazit
Ein weich gespülter Everybodys Darling ist die Horex nicht. Sie ist – noch – nicht perfekt. Ein Charakterkopf mit eigenwilligem Design. Selbstbewusst, mit Ecken und Kanten. Sie hat etwas Urwüchsiges. In Verbindung mit dem technisch ebenso einzigartigen wie mutigen Konzept eine Mischung, die durchaus fasziniert. Fahrwerk und Bremsen wissen zu gefallen. Doch sollten die Motorentechniker noch ihre Hausaufgaben in Sachen Abstimmung machen.