Wir führen Triumph Bonneville T120 Black, Triumph Bobber Black und Triumph Speedmaster aus, um die Frage zu klären, welcher Twin für welchen Fahrertyp der richtige ist.
Wir führen Triumph Bonneville T120 Black, Triumph Bobber Black und Triumph Speedmaster aus, um die Frage zu klären, welcher Twin für welchen Fahrertyp der richtige ist.
Im MOTORRAD-Katalog, der sich nur auf den deutschen Markt bezieht, sind (selbst gezählte) 308 Motorrad- und Rollermodelle über 125 cm³ aufgelistet. Es gibt im Prinzip nichts, was es nicht gibt. Von Zeit zu Zeit bekommt der Autor die Frage gestellt, was denn das beste Motorrad überhaupt sei. Antwort: Das gibt es nicht! Hat es nie gegeben, wird es nie geben. Genauso wenig, wie es ein bestes Tier, die beste Pflanze, den besten Joghurt oder den besten Wein gibt. Oder was auch immer. Gäbe es irgendwo ein Bestes, gäbe es nichts anderes. Betriebssysteme, Suchmaschinen, soziale Medien und Diktaturen mal ausgenommen. Denn genau wie die Lebensbedingungen von Flora und Fauna unterscheiden sich Anforderungen und Vorstellungen beispielsweise des Motorrad-Käufers. Spezialisierung ist angesagt. Wie also sieht das ideale Habitat unserer drei Bonnies aus?
Erstens: Mindestens 12.250 Euro sollten zur Verfügung stehen. Durch heftiges Nutzen des Originalzubehör-Katalogs lässt sich der Preis freilich weiter nach oben treiben.
Zweitens: Der Eigentümer, hat eine Vorliebe für ein klassisches Erscheinungsbild, bei dem sich Form und Lage der Bauteile aus der reinen Funktion sowie der Tradition und nicht etwa einer Design-Philosophie ergeben.
Drittens: Es gilt das Prinzip 'Genug ist genug'. Wir haben zwei Zylinder, 80 PS und 100 Nm. Passt.
Viertens: Wir fahren ohne Uhr und niemals auf Zeit. Passt auch.
Fünftens: Der Unterschied zwischen Marken- und Warenherkunft spielt keine Rolle. Genauso, wie viele vermeintlich japanische Hondas für den europäischen Markt in Italien produziert werden, erblicken diese Engländerinnen eben in Thailand das Licht der Welt. Was dem Wesen weder hier noch da Abbruch tut.
Sechstens: Leichtbau? Wer braucht denn so was? Man will ja was zum Anfassen haben für das Geld.
Wer jetzt überwiegend zustimmend genickt hat, ist prädestiniert, mit diesen Triumphs happy zu werden. Doch mit welcher? In der Typen-Chronologie ist die Speedmaster ungeachtet ihres barocken Aussehens die Jüngste im Bunde. Sie verkörpert mit ihren weit nach vorne verlegten Fußrasten, dem breiten und weit nach hinten gezogenen, einem Schubkarrengriff nicht unähnlichen Lenker und der zweigeteilten Sitzbank mit knapp geschnittenem Soziusbrötchen die Vorstellungen eines Cruisers à l’anglaise. Die dicken Griffgummis sowie die klobigen, immerhin einstellbaren Handhebel erinnern an die Eisen aus Milwaukee. Der zweifarbige Tank mit handgezogenen Zierlinien (300 Euro) sowie die Packtaschen aus gewachster Baumwolle (je 209 Euro) samt Halter (je 84 Euro) des Testmotorrads unterstreichen diesen Eindruck noch, resultieren aber in einem Endpreis von 14.636 Euro. Plus Nebenkosten, versteht sich. Dafür erhält man in Summe 273 Kilogramm unterschiedlicher Materialien, größtenteils aus dem metallurgischen Bereich.
In Anbetracht ihrer Eckdaten, den 273 Kilo und dicken Reifen, lässt sich über die Agilität der Geschwindigkeitsmeisterin nicht meckern. Klare Ansagen am Lenker vorausgesetzt, lenkt sie willig ein. Und meistert Schräglagen im Rahmen ihrer Möglichkeiten problemlos. Der ist genre-üblich nicht allzu weit gesteckt, und bei engeren Bögen setzt schon mal der klobige Fußrastenträger oder der Auspuff auf. Damit es nicht so weit kommt, lässt sich mit der relativ bissigen Vorderbremse das Tempo anpassen. In Kurven überrascht sie dabei besonders mit Sozius mit merklichem Aufstellmoment. Apropos Sozius: Eine Mitnahme ist zwar möglich, empfiehlt sich aber nicht länger als bis zur nächsten Eisdiele. Zu knapp der Platz, zu klein das Sitzbrötchen. Zudem drückt der Haltebügel auf den Steiß.
Überraschung deswegen, weil die im Prinzip baugleiche Bopper kaum Aufstellmoment entwickelt. Bis auf den Gabeldurchmesser sind die Fahrwerksdaten beinahe identisch, beide stehen auf denselben Rädern und Reifen. Die Bopper-Bremse wirkt zwar stumpfer, die Wirkung ist aber dieselbe. Mögliche Ursachen für die unterschiedliche Ausprägung: Der Vorderreifen der Speedmaster war mit gut 5.500 Kilometer Laufleistung nicht mehr taufrisch oder die durch die veränderte Sitzposition unterschiedliche Radlastverteilung. Doch den Genuss am Cruisen kann diese Eigenschaft nicht nachhaltig stören. So empfiehlt sie die Speedmaster für Freunde der alten Cruiser-Schule, die einfach keine Harley mehr sehen können oder wollen. Dieses Jahr traten 221 Mitglieder neu diesem Klub bei.
Ihre Zwillingsschwester Bobber konnte im gleichen Zeitraum schon 367 Fans von sich überzeugen. 2017 war sie mit 746 Exemplaren gar das bestverkaufte Triumph-Modell. Der in den bisherigen Tests geübten Kritik an der wirklich nicht guten Einscheiben-Vorderbremse der weiterhin angebotenen Standard-Bobber traten die Engländer mit der hier gezeigten Bobber Black entgegen. Neben der namensgebenden Farbe trägt sie eine fette 47er-Telegabel sowie das Vorderrad samt Doppelscheibe der Speedmaster. Und siehe da: Die Bobber bremst. Genau wie ihre schnelle Schwester bevorzugt die Schwarze Premium-Asphalt, denn bei den knappen Federwegen bleibt kein Raum für Fahrkomfort. Die Abstimmung ist hier wie da hart, aber herzlich, und auf welligem Geläuf wird man ordentlich durchgeschüttelt. Dass die Bobber deutlich agiler wirkt, ist weniger den 28 Kilogramm Minderwicht geschuldet, sondern eher der Sitzposition. Zwar fühlt man sich kurz ein wenig an Al Bundy auf seiner Ferguson erinnert, doch genießt man hier die deutlich bessere Aussicht. Und steht nicht vor dem Problem, Peggy mitnehmen zu müssen. Für den kompletten Antrieb gilt, da baugleich, das Nämliche wie für die Speedmaster. Satter Schub unten und in der Mitte. Über 5.000/min lässt die Drehfreude merklich nach, in der Praxis bedeutungslos. Für wen ist also die Bobber? Für alle, die angesichts der unverkennbaren Optik glänzende Augen bekommen und für die der coole Auftritt mehr zählt als Nutzwert. Für einen Hauch desselben sorgt beim Testmotorrad ein kleines, schickes Ledertäschchen zu schlanken 239 Euro Aufpreis.
Bleibt die T120. Sie ist, wenn man so will, das einzige „richtige“ Motorrad in diesem Kreis. Mit einem Tank groß genug für Reichweiten deutlich über 300 Kilometer. Und einer Sitzposition, die diese Strecke auch zulässt. Die auch nett zum Beifahrer ist. Mit dem man sich auch auf kurvige Strecken freut, weil sich hinreichend Luft unter den Rasten befindet. Wenngleich auch sie gelegentlich Bodenproben nehmen. Trotz recht schmaler Bereifung (100/90-18 und 150/70-17) fährt sich die T120 nicht übermäßig handlich. Souverän trifft es deutlich besser. Mit 246 Kilogramm Lebendgewicht gehört sie eher zu den gemütlichen Typen. Dank direkter Betätigung lassen sich ihre Gänge präziser wechseln als bei den Schwestern. Das Klock hingegen, das bleibt. Was nicht in dem Maße bleibt, ist die bullige Leistungsabgabe. Durch Unterschiede beim Ansaug- und Auspuffsystem sowie einem anderen Mapping liefert der ansonsten identische Motor zwischen 4.000 und 5.000/min bis zu acht PS und zehn Nm weniger ans drahtgespeichte Hinterrad. Das ist zwar des Drucks immer noch genug, und in den Fahrleistungen wirkt sich das auch nicht wirklich aus. Aber im direkten Vergleich wirkt ausgerechnet der Motor des fahraktivsten Bikes ein wenig zugeschnürt.
Doch spätestens wenn das Geläuf etwas holpriger wird, schlägt die Stunde der T120. Dank verhältnismäßig langer Federwege von immerhin 120 mm vorne wie hinten stellt sie sich am erfolgreichsten den Nachlässigkeiten der Straßenbauer entgegen. Die bis auf die vorderen Sättel (Nissin statt Brembo) identische Bremsanlage hat auch hier kein Problem, überschüssiges Tempo in Wärme umzuwandeln. Die Pirelli Phantom-Sportscomp-Reifen mit der wunderbar klassischen Profilgestaltung lassen die Triumph schön sauber und auch beim Bremsen neutral ums Eck rollen. Apropos Wärme: Bei allen drei Triumphs fiel auf, dass bei Temperaturen über 30 Grad, die im Testzeitraum fast schon die Regel waren, die Lüfter besonders im Stadtverkehr nahezu permanent laufen. Ob man da zugunsten der Optik zu sehr am Kühlervolumen gespart hat? Zurück zu T: Nicht nur wegen der serienmäßigen Heizgriffe und des leichtgängigen Hauptständers bietet sie am meisten Nutzwert fürs Geld. Ein zartes Nippen an der Zubehörsuppe bescherte dem Testmotorrad noch ein paar Sturzbügel sowie einen Gepäckträger. Dennoch ist sie Günstigste des Trios. Und sie muss nicht unbedingt schwarz sein. So ist es am Schluss wenig überraschend, dass bis dato von ihr nochmals fünf Einheiten mehr als von der Bobber, nämlich 372, unters Union-Jack-affine Volk gebracht wurden. Und jetzt, da diese Zeilen zu Papier und die Motorräder zurück zum Importeur gebracht sind, ertappt sich der Autor immer wieder beim Summen des Refrains des eingangs erwähnten Liedguts. Bring back, bring back oh bring back the Bonnies to me.
Mit 700 Millimetern sitzt man auf der Speedmaster am niedrigsten. Nach einigem Suchen finden auch die Füße ihren Platz. Gemessen von der Bezugslinie, die senkrecht durch den Kurbelwellendrehpunkt geht, liegen die Rasten um elf Zentimeter nach vorne versetzt. Zum Vergleich: Die Rasten der Bobber liegen zehn Zentimeter hinter besagter Linie, die der T120 gar 25. Wie die ergonomischen Dreiecke zeigen, ergeben sich vor allem daraus völlig unterschiedliche Sitzpositionen. Auf eine vermeintlich genaue Bemaßung der gelben Grafiken wurde im Übrigen bewusst verzichtet, denn selbst wenn das Motorrad exakt senkrecht steht und der Lenker exakt mittig, ist das Mistmesspotenzial hoch. Wo genau sind die Bezugspunkte von Raste, Lenker und Sitz? Die schlichte Grafik ist da deutlich aussagekräftiger als irgendwelche Zahlenwerte. Doch zurück zur Speedmaster. Laid back statt fast forward heißt die Devise. Klock. Erster Gang sitzt. Der bullige Twin zieht ab Leerlauf-Drehzahl los wie der sprichwörtliche Ochse. Klock. Zweiter. Klock. Dritter. Und so weiter. Ab rund 70 km/h richtet es dann der Sechste. In der Praxis ist man meist zwischen 2.000 und 3.000 Touren unterwegs. Den kurzen Auspufftöpfen entweicht dabei ein dem Hubraum gerechter tiefbassiger Klang. Durchaus wohltönend, aber nicht aufdringlich.
Auf der Bobber sitzt man lässig, dennoch halbwegs aktiv. Die Arme sind nach vorne ausgestreckt, durch den fast geraden Lenker zeigen die Ellbogen nach außen. Die Knie sind stärker angewinkelt als auf der Streetmaster, dennoch lässt sich kaum Gewicht auf die Rasten bringen. Die Sitzposition ist im Prinzip unverrückbar. Die Wirbelsäule zeigt leicht nach vorne und kann die Schläge vom Fahrwerk einigermaßen abfedern.
Die Speedmaster zeigt klassische Cruiser-Ergonomie. Die Füße sind fast noch vor den Händen positioniert. Der horizontale Abstand zwischen Lenker und Sitzbank ist am geringsten. Durch die starke Kröpfung des Lenkers zeigen die Ellenbogen fast schon nach innen. Passiver geht es kaum. Zudem ist die Wirbelsäule nach hinten geneigt und kann kaum die Schläge des Fahrwerks ableiten. Die Sitzposition ist wie festgenagelt.
Schon der erste Blick auf das ergonomische Dreieck macht klar, dass es sich auf der T120 am besten längere Zeit aushalten lässt. Großer Abstand in Länge und Höhe zwischen Lenker und Sitzbank sowie im Verhältnis weit hinten liegende Fußrasten ergeben eine ebenso aktive wie bequeme Sitzposition, die sich durch die lange Sitzbank zudem auch variieren lässt. Das empfiehlt der Physiotherapeut seinen Freunden.