Die Fans dürfen aufatmen. Yamaha erweckt den Mythos XT wieder zum Leben und zwar gleich in zwei Modellvarianten.
Die Fans dürfen aufatmen. Yamaha erweckt den Mythos XT wieder zum Leben und zwar gleich in zwei Modellvarianten.
Bei dem ganzen Rummel um die neuen Supersportler ist es ein wenig untergegangen. Die XT ist zurück. Und zwar richtig. Denn wer meint, Yamaha hätte noch ein paar 2003er-Motoren
in den Regalen gefunden und drum
herum ein wenig Kosmetik betrieben, liegt daneben. Im Gegenteil: Rund um einen kompakten, weitgehend neu konstruierten,
wassergekühlten Einzylinder mit Einspritzung und einer oben liegenden Nockenwelle, die nun vier statt fünf Ventile über Kipphebel steuert, haben die Yamaha-Ingenieure einen ebenfalls neuen Rahmen aus Stahl gestrickt.
Und weil der Trend zum Supermoto auch in den japanischen Marketingabteilungen unübersehbar ist, wird die XT gleich in zwei Modellvarianten angeboten. Mit dem Kürzel R als klassische Enduro vom alten Schlag, als »X-Version« mit kleineren, breiten 17-Zoll-Felgen, einer handlingfreundlicheren Geometrie, kürzeren Federwegen, strafferer Fahrwerksabstimmung und leistungsfähigerer vorderer Bremsanlage als Supermoto. Bevor jetzt Hardcore-Fans aufschreien: Natürlich ist weder die »R« mit ihrer tiefgezogenen Krümmeranlage eine Wettbewerbsenduro, noch will sich die »X« mit reinrassigen Supermoto-Geräten balgen. Beide sollen im täglichen Motorradleben ihre Bestimmung finden wie die XT selig.
Eine Ausrichtung, die in der Auslegung der Motorcharakteristik ihren Widerhall findet. Nicht absolute Spitzenleistung war das Ziel, sondern ein ausgeglichener Drehmomentverlauf und ein ausgeprägter Single-Charakter. Und beide Ziele so viel steht schon nach der ersten Probefahrt rund um Sydney fest wurden überzeugend erreicht. Der XT-Einzylinder ist trotz moderner Einspritztechnologie mit Zwölf-Loch-Düse und 44er-Drosselklappendurchmesser ein Single von echtem Schrot und Korn, und zwar im positiven Sinne. Er hat zwar nicht das Drehvermögen des BMW-F-650-Motors, tritt aber bereits aus dem Drehzahlkeller kernig
an und fühlt sich im mittleren Dreh-
zahlbereich spürbar wohl. Dazu kommt trotz der beiden riesigen, hochgezogenen Edelstahlschalldämpfer XT-Fahrer der ersten Stunde mögen sich wehmütig an den zierlichen Einzelschalldämpfer von 1976 erinnern ein fulminanter Single-Beat, der im Schiebebetrieb vom charakteristischen und gern gehörten Auspuffpatschen begleitet wird.
Und: mit nominell 48 PS bei 6000/min und 58 Newtonmetern bei 5250/min mobilisiert der Einzylinder jederzeit genügend Leistung, um die avisierten Aufgaben
locker zu erfüllen. Im streng limitierten Australien standen schon nach ziemlich kurzem Anlauf hochgradig illegale 160 km/h auf dem digitalen Tacho, mit etwas Anlauf ist sicher mehr drin. Bei identischer, entspannter Sitzposition auf der enduromäßig schmalen, auf längeren Strecken allerdings etwas unbequemen Sitzbank läuft die großrädrige R etwas
gelassener geradeaus. Dafür spielt die
X mit ihrem 17-Zoll-Vorderrad, einem 15 Millimeter kürzeren Radstand, drei Grad steilerem Lenkkopf und 28 Millimeter kürzerem Nachlauf im engen Landstraßengeläuf und in der Stadt ihren Handlingvorteil aus. Sie liegt jedoch mit den breiteren Reifen in Schräglage nicht ganz so neutral. Im Vorteil ist die Supermoto wieder in Sachen Rückmeldung: Die serienmäßig mit Pirelli MTR 01 bereifte X meldet dank der strafferen Fahrwerksabstimmung präziser, was sie gerade unter die Räder nimmt, während Schwester R etwas softer federt und dämpft. Hinten sogar etwas ausgewogener.
Apropos federn: Beide Modelle müssen mit einfachen, nur minimal ein-
stellbaren Federelementen auskommen. Lediglich am Federbein lässt sich die Federbasis zum Beispiel bei Soziusbetrieb den geänderten Verhältnissen anpassen. Bei Bremsanlagen geht so etwas naturgemäß nicht. Und so ist die Supermoto-XT nicht nur solo, sondern besonders im Zweipersonenbetrieb mit ihrer 320-Millimeter-Scheibe, der Brembo-Vierkolbenzange und einem zusätzlichen Stabilisator zwischen den Standrohren deutlich besser gerüstet als ihre Enduro-Schwester. Die muss sich mit einer 298er-Scheibe und Doppelkolbensattel begnügen. Erstere Anlage bremst o, là là, letztere vor
allem im kalten Zustand eher na ja.
Immerhin kann die Enduro als Entschuldigung anführen, dass rabiater Bremsenbiss am Vorderrad abseits befestigter Wege nicht unbedingt von Vorteil ist und der hintere Stopper entscheidend eingreift. Der funktioniert bei beiden XT gut dosierbar und mit solider Wirkung.
Trotzdem macht die XT 660 R im
Serientrimm Freizeit-Geländegänger nicht wunschlos glücklich weil es den angesichts der unter dem Motor liegenden Krümmer dringend notwendigen Schutz aus Aluminium nur als Extra gegen 162,50 Euro Aufpreis gibt. Und eine
engere Stufung der Gänge zwei und
drei, die durchaus wünschenswert wäre, ist bei beiden Modellen nicht mal für
Geld und gute Worte erhältlich.
Den positiven Gesamteindruck beider XT trübt dieses kleine Malheur indes nicht entscheidend. Beide sind unkomplizier-
te, solide Spaßmacher mit erfrischender Erscheinung. Gerade deshalb, weil sie auf unnötigen Firlefanz verzichten, dafür Motorradfahren in seiner ursprünglichen, grundehrlichen Form anbieten. Das sollte nicht nur alte XT-Haudegen begeistern, zumal der Preis mit 6350 Euro für die R- und 6750 Euro für die X-Variante immer noch deutlich unter den gut 7250 Euro liegt, die zum Beispiel BMW für die F 650 GS verlangt.
Motor: wassergekühlter Einzylinder-Viertaktmotor, eine oben liegende, kettengetriebene Nockenwelle, vier Ventile, Kipphebel, Trockensumpfschmierung, Einspritzung, Ø 44 mm, Transistorzündung, E-Starter.
Bohrung x Hub 100,0 x 84,0 mm
Hubraum 660 cm3
Verdichtungsverhältnis 10,0:1
Nennleistung 35 kW (48 PS) bei 6000/min
Max. Drehmoment 58 Nm (5,9 kpm) bei 5250/min
Kraftübertragung: Primärantrieb über Zahnräder, Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Fünfganggetriebe, O-Ring-
Kette, Sekundärübersetzung 45:15.
Fahrwerk: Rohrrahmen aus Stahl, Telegabel, Ø 43 mm, Zweiarmschwinge aus Stahl, Zentralfederbein mit Hebelsystem, verstellbare Federbasis, Scheibenbremse vorn, Ø 298/320 mm, Doppelkolben-Schwimmsattel/Vierkolben-Festsattel, Scheibenbremse hinten, Ø 245 mm, Einkolben-Schwimmsattel.
Speichenräder aus Alu XT 660 R 1.85 x 21; 2.75 x 17
Speichenräder aus Alu XT 660 X 3.50 x 17; 4.25 x 17
Reifen XT 660 R 90/90 21; 130/80 17
Reifen XT 660 X 120/70 ZR 17; 160/60 ZR 17
Fahrwerksdaten
XT 660 R: Radstand 1500 mm, Lenkkopfwinkel 62 Grad, Nachlauf 118 mm, Federweg v/h 225/200 mm.
XT 660 X: Radstand 1485 mm, Lenkkopfwinkel 65 Grad, Nachlauf 90 mm, Federweg v/h 200/191 mm.
Maße und Gewichte
XT 660 R: L/B/H 2240/850/1235 mm, Sitzhöhe 875 mm, Trockengewicht 169 kg, zulässiges Gesamtgewicht 367 kg, Tankinhalt/Reserve 15/3,5 Liter.
XT 660 X: L/B/H 2131/860/1349 mm, Sitzhöhe 855 mm, Trockengewicht 173 kg, zulässiges Gesamtgewicht 371 kg, Tankinhalt/Reserve 15/3,5 Liter.
Garantie zwei Jahre ohne Kilometerbegrenzung
Farben Blau, Silber
Preis 6350 Euro/6750 Euro
Nebenkosten 140 Euro