Honda CB 500 F, Ducati Monster, Suzuki Gladius, Harley 883 R, Kawasaki W 800, BMW F 700 GS, Honda NC 700 X
Sieben 48 PS-Twins im Vergleichstest

Die neue Ein- und Aufstiegsklasse bietet nun satte 48 PS und eine ganze Bandbreite sehr attraktiver Maschinen. Das gilt auch dann, wenn man sich auf die hier vorgestellten Zweizylinder beschränkt. Wer jetzt nicht aufsteigt, ist selber schuld!

Sieben 48 PS-Twins im Vergleichstest
Foto: Bilski

48 PS-Twins im Vergleichstest

Neulich sprach mich mein Hausarzt an, ein großer, erfahrener Mann, den nichts aus der Ruhe bringt: „Stellen Sie sich vor“, sagte er aufgeregt, „ich mache den Motorradführerschein!“ Und dann werde er sich einen Traum erfüllen: „Ich kaufe mir eine Harley.“ Eine mit maximal 48 PS. Denn er will den neuen Einstiegs-Führerschein der Klasse A2 machen. Damit gehört er neben 18- bis 23-jährigen Fahranfängern genau zur anvisierten Zielgruppe: Er machte seinen Autoführerschein vor April 1980 – daher muss er für A2 keine Theorie büffeln und keine Pflichtfahrstunden nehmen. Ein gewichtiges Argument für einen gestandenen, viel beschäftigten Endfünfziger. Viel Glück bei der praktischen Prüfung, Herr Doktor!

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Sieben 48 PS-Twins im Vergleichstest
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Nie waren Einstiegsmaschinen verlockender

Seinem Traum muss man folgen. Aber auch andere Mütter, sprich Motorradhersteller, haben schöne Töchter. Mit der Aufstockung des Stufenführerscheins von 34 auf 48 PS, ein Plus von satten 40 Prozent, sind haufenweise attraktive neue Modelle erschienen. Nie waren Einstiegsmaschinen verlockender als heute. Es gibt eine enorme Bandbreite bezahlbarer Modelle, von bollernden Einzylindern über die hier vertretenen Twins und betörende Dreizylinder bis hin zu säuselnden Vierzylindern à la Yamaha XJ6. Schon unter den Zweizylindern, der für diese Leistungsklasse idealen Motorisierung, ist die Auswahl groß. An Maschinen, die es Mann oder Frau einfach machen.

Drei Fahranfänger als Co-Tester

Daher nahm MOTORRAD zu diesem Vergleichstest drei unterschiedliche Fahranfänger mit. Sie bekamen echte Charaktere auf zwei Rädern zu fahren. Nach Fahr-und-Spar sieht unser Septett nicht aus. Sondern es steht für gehörigen Fahrspaß. Deswegen genießen die beiden sportlicheren Vertreter, Ducati Monster 696 und Suzuki Gladius, gleich auch den Vortritt. Vorhang auf, Italien gegen Japan!

Suzuki Gladius und Ducati Monster 696

Bilski
Die Sportlichen: Suzuki Gladius, Ducati Monster 696.

Ducati Monster 696 und Suzuki Gladius beseelen prächtige V2-Motoren mit 90-Grad-Zylinderwinkel. Feine Machart kennzeichnet die Monster 696. Selbst die günstigste Ducati verwöhnt mit edlen Details. Dazu zählen 20 Jahre nach der ersten Monster M 900 die massive Schwinge aus Aluminium und die fette Upside-down-Gabel, die Einzige dieser Bauart hier im Testfeld. Auf den ersten Blick ist die kleinste Monster nicht von den größeren Geschwistern 796 und 1100 zu unterscheiden. Dabei aber höchst zierlich gebaut, mit niedrigen 78 Zentimeter Sitzhöhe. Da erreichen auch Kurzbeinige rettenden Erdboden.

Klein, kompakt, charakterstark. Vor allem ist die drahtige Ducati die leichteste Offerte im Testfeld, sie wiegt nur 185 Kilogramm. Dagegen wirken die ebenfalls nicht zu schweren 206 Kilos der rundlich gestylten Suzuki Gladius fast schon massig. Sie hat Wasser- statt Luftkühlung und eine schwerere Stahl-Kastenschwinge. Aus Stahl besteht bei beiden der feuerrot lackierte Gitterrohrrahmen. Den kombiniert die Monster mit einem geschraubten Heck aus leichtem Aluminium. Während die Gladius lackierte Plastikabdeckungen über ihrem Rahmen als dickes Make-up trägt.

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Die Suzuki Gladius: Gerundete Formen, schwarz lackierter Dämpfer, Stahlschwinge und einfache Gabel.

Bei der Ducati besteht die komplette Auspuffanlage aus Edelstahl. Der vordere Krümmer wirkt wie ein elegant über die Schulter geworfener Schal. Bei der Suzuki münden Edelstahlkrümmer in einen plump schwarz lackierten Endtopf. Die Monster zeigt zwei halbhoch verlegte Schalldämpfer. Sie klingen kernig-knackig, trompeten bassigen Beat. Vitales V2-Stakkato beherrscht auch die Gladius. Gut gedämpft, nicht aufdringlich, dumpf genug. Vom Start weg hängt der 650er-V2 herrlich direkt, feinfühlig am Gas. Doppelte Drosselklappen verbessern Füllung wie Ansprechverhalten.

Spritzig geht der seidig-kultivierte Suzuki-Motor zur Sache, vibriert von allen sieben Antriebs-Aggregaten am wenigsten. Ein begeisternder Landstraßen-Motor! Bis 5000 Touren merkt man kaum, dass dies die 48-PS-Drosselversion ist. Kein Wunder, die Drosselung mittels anderen Steuergeräts passt perfekt. Kostet 160 Euro plus zehn Minuten Arbeitszeit. Im höchst elastischen Vau-Motor werkeln Kolben mit kleinerem Durchmesser und mehr Hub als in der Monster. Bringt Kraft bei geringer Drehzahl.

Hinzu kommt kürzere Übersetzung: Bei Tempo 100 dreht die Gladius 4900/min, die Monster nur 4600/min. Die Suzuki hat bei gleicher Geschwindigkeit die höchste Leistung aller sieben Maschinen am Hinterrad! Samt bestem Durchzug im sechsten Gang. Es wirkt, als hätte die Gladius, nicht die Monster, mehr Hubraum. Die Duc braucht Drehzahl. Untenherum geht wenig. Für satten Schub und guten Rundlauf heißt es öfter mal runterschalten. Am besten, bis in den oberen Gängen 4000 Touren anliegen.

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Feine Machart kennzeichnet die Ducati Monster 696. Trotz geringem Preis verwöhnt sie mit edlen Details.

Der Sechste tut’s ab Tempo 75. Dann glänzt der V2 mit feurigem, tollem Schlag, nimmt sauber Gas an, beschleunigt am rasantesten im gesamten Septett. Irritieren kann der Kurzhub-Gasgriff des Italo-V-Zwos. Ein plumper Anschlag an der Drosselklappe beschränkt den Arbeitsweg am Gaszug auf wenige Zentimeter. Und die Leistung offiziell auf nur 44 PS. Ohne ersichtlichen Grund schöpft Ducati, wie auch Harley-Davidson, das gesetzlich erlaubte 48-PS-Limit nicht aus. Gilt Selbstbeschneidung im katholischen Italien als Sünde? Beim ­Anfahren nervt die schlecht dosierbare Anti-Hopping-Kupplung der Monster. Sie ist im Gegensatz zur Gladius nicht mechanisch per Seilzug, sondern hydraulisch per Öl betätigt. Und rückt zwar leichtgängig, aber stark  „rupfend“ ein.

Mit ihrem besseren Fahrwerk dreht die Ducati den Spieß um. Keine andere Maschine hier wuselt so spielerisch-leichtfüßig durchs Kurvendickicht. Technisch treffen kurzer Radstand und Nachlauf auf steilsten Lenkkopfwinkel. Gefühlt erlebt man beste Handlichkeit und Rückmeldung samt größter Schräglagenfreiheit. Lustvoll. Lenkbefehle gehen so einfach von der Hand, direkt und unmittelbar. Die sinnliche 696 fühlt sich bei aller Wendigkeit im guten Sinne steif an. Sie bleibt stets neutral, wird nie nervös, vermittelt dadurch viel Vertrauen.

Zumal beim Baby-Monster die Balance stimmt; Gabel und Federbein arbeiten synchron und homogen. Beide sprechen zwar eher sportlich-straff an, aber auch komfortabel genug. Auf der Monster fühlt es sich an, als umfasse der nach unten gekröpfte Lenker direkt die Vorderachse. Die sportliche, nach vorn orientierte Sitzposition ist auf Dauer anstrengend. Vor allem kleine Leute müssen sich weit zum Lenker strecken. Hinzu kommt der spitze Kniewinkel, bedingt durch hoch und weit hinten angebrachte Fußrasten. Die massiven Träger für die Soziusfußrasten führen bei großen Fahrern mit ebensolchen Stiefeln zu Krämpfen.

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Für Langstrecken ist die Schenkelauflage der Sitzbank der Suzuki etwas klein, das letzte Quäntchen Kontakt zum Motorrad fehlt.

Kompakt sitzt man auf der Gladius. Ihr Lenker liegt entgegenkommend nah vor der Brust. Für Langstrecken ist die Schenkelauflage der Sitzbank etwas klein, das letzte Quäntchen Kontakt zum Motorrad fehlt. Zudem setzen die Nippel unter den Fußrasten bei sportiver Gangart früher auf. Bei solcher kommt das unterdämpfte Federbein an seine Grenzen. Es spricht holzig an, beginnt auf Absätzen oder über Bodenwellen zu pumpen, wo Monster (und BMW) völlig unbeeindruckt bleiben. So ist immer etwas Bewegung im Suzuki-Chassis. Es fehlt ihm an Reserven, besonders im Sozius-Betrieb.

Dabei verwöhnt die 650er doch mit satten 214 Kilogramm Zuladung. Bloß die BMW sattelt noch mehr. 205 Kilo Ballast darf die Duc mitnehmen. Mitfahrer fahren bequemer auf der Suzuki. Die harte, höhere Ducati-Rückbank bietet wenig Kontakt zum Vordermann, aber guten Überblick. Die Bremse der Monster ist in Wirkung wie Dosierbarkeit top. Gegen die Vierkolbenstopper der Monster sehen die Doppelkolben-Schwimmsättel der Gladius alt aus. Gut: ABS serienmäßig hier wie dort. Besser, feinfühliger regelnd bei der Ducati.

Gladius im persönlichen Ranking auf Platz 2

Auf prima Sport-Touren-Reifen, Pirelli Angel ST, rollt die Monster. Anders die Dunlop Qualifier der Gladius, die bei Regen wenig Haftung und Gefühl fürs Geschehen bieten. Suzukis 6000er-Wartungsintervalle wirken unzeitgemäß. Doppelt so weit zwischen Service-Terminen kommt die Ducati. Volle 12 000 Kilometer, wie beide Hondas. Zudem ist die Monster zusammen mit der Harley am besten verarbeitet. Allerdings auch 9000 Euro teuer. Rabatt für Motorrad-Beginner gewährt Ducati leider nicht.

Wohl aber Suzuki, gerade generell für die Gladius. Zum offiziellen Aktionspreis von 6640 statt regulär 7440 Euro ist die 650er ein tolles Angebot, zwei Jahre Mobilitätsgarantie inklusive. Unsere drei Fahranfänger hieven alle die Gladius auf den zweiten Platz im persönlichen Ranking. Auch wenn sie sich in der Punktewertung knapp hinter der Monster einreihen muss.

Daten und Messwerte

Suzuki Gladius ABS Ducati Monster 696
Motor
Bauart Zweizylinder-Viertakt-
90-Grad-V-Motor
Zweizylinder-Viertakt-
90-Grad-V-Motor
Einspritzung Ø 39 mm Ø 45 mm
Kupplung Mehrscheiben-Ölbadkupplung Mehrscheiben-Ölbadkupplung
(Anti-Hopping)
Bohrung x Hub 81,0 x 62,6 mm 88,0 x 57,2 mm
Hubraum 645 cm³ 696 cm³
Verdichtung 11,5:1 10,6:1
Leistung 35,0 kW (48 PS) bei 7600/min 32,0 kW (48 PS) bei 9000/min
Drehmoment 56 Nm bei 4000/min 48 Nm bei 4000/min
Fahrwerk
Rahmen Gitterrohrrahmen aus Stahl Verbundrahmen aus Stahl mit
verschraubten Alugussteilen
Gabel Telegabel, Ø 41 mm Upside-down-Gabel, Ø 43 mm
Bremsen vorne/hinten Ø 290/240 mm Ø 320/245 mm
Assistenzsysteme ABS ABS
Räder 3.50 x 17; 5.00 x 17 3.50 x 17; 4.50 x 17
Reifen 120/70 ZR 17; 160/60 ZR 17 120/60 ZR 17; 160/60 ZR 17
Bereifung Dunlop Sportmax Qualifier, „J“ Pirelli Angel ST
Maße und Gewicht
Radstand 1445 mm 1452 mm
Lenkkopfwinkel 65,0 Grad 66,0 Grad
Nachlauf 104 mm 96 mm
Federweg vorne/hinten 125/130 mm 120/148 mm
Sitzhöhe* 790 mm 780 mm
Gewicht vollgetankt 206 kg 185 kg
Zuladung* 214 kg 205 kg
Tankinhalt/Reserve 14,5 Liter 15,0/3,0 Liter
Service-Intervalle 6000 km 12000 km
Preis 7290 Euro 8790 Euro
Preis Testmotorrad 6490 Euro (Best Price) 8790 Euro
Nebenkosten 150 Euro 305 Euro
Leistungsreduzierung 48 PS 160 Euro plus 10 min Arbeitszeit  Bei Neukauf ohne Aufpreis
Drosselung Motorsteuergerät Drosselklappenanschlag
Führerscheinaktion 48 PS keine keine
MOTORRAD-Messwerte
Höchstgeschwindigkeit** 165 (165*) km/h 170 (168*) km/h
Beschleunigung
0-100 km/h 6,1 sek 5,6 sek
0-140 km/h 14,4 sek 12,0 sek
Durchzug
60-100 km/h 5,1 sek 5,6 sek
100-140 km/h 7,7 sek 8,4 sek
Verbrauch Landstraße 3,9 Liter 4,1 Liter
Reichweite Landstraße 372 km

366 km

*MOTORRAD-Messungen; **Herstellerangabe

Harley-Davidson 883 Roadster und Kawasaki W 800 SE

Bilski
Die Klassischen: Harley-Davidson 883 Roadster und Kawasaki W 800 SE.

Eine Klasse für sich verkörpert die Harley-Davidson Sportster 883 Roadster:  The American Way of Ride! Klar bietet die Company auch 1200er-Sportster oder sogar Big Twins mit 48 PS an. Aber vielleicht macht ja die günstigste Harley für Einsteiger eine bessere Figur? Die 883 ist für weniger als 9000 Euro zu haben. In diesem Vergleich trifft sie auf Kawasakis Klassiker W 800. Sie verkörpert das englischste aller japanischen Motorräder, Rückbesinnung auf die Roaring Sixties. Daher tritt hier die Kawa statt einer Triumph Bonneville an – die auch aus Asien käme, aus der Triumph-Fabrik in Thailand.

Zumal die Kawasaki ein Langhuber von echtem Schrot und Korn ist: Wie bei der Har­ley ist der Hub größer als der Kolbendurchmesser. Auch wenn die 883 ihre 110 Mehr-Kubik aus noch mehr Hub herausholt. Was man ihren hohen, traditionell um 45 Grad gespreizten Zylindern durchaus ansieht. Muss ja kein Fehler sein, luftgekühlt zu sein, mit echten Kühlrippen. Im Falle der Kawasaki mit einer exklusiven Königswelle auf der rechten Motorseite garniert: Die obenlie­gen­de Nockenwelle treibt volle vier Ventile pro Zylinder an. Im Gegensatz zur seligen W 650 ist Kicken bei der 800er passé, gestartet wird rein elektrisch. Schade. Tribut an Einspritzung und G-Kat. Die links und rechts verlegten Auspuffe sind bei der „Special ­Edition" schwarz getüncht. Verchromte Schalldämpfer der Standard-W passen besser ins Konzept. Und die Kawa klingt etwas dünn.

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Eine Klasse für sich verkörpert die Harley-Davidson Sportster 883 Roadster: The American Way of Ride!

Der US-Roadster hat nur je zwei Ventile, angetrieben über stilbildende Stoßstangen und vier untenliegende Nockenwellen. Selbst der kleinste Harley-V2 ist eben eine Ikone des Maschinenbaus. Eine Harley erklärt sich selbst, ist Mythos und Statement auf zwei Rädern. Pur und puristisch. Polternd nimmt der V2 die Arbeit auf, pröttelt unnachahmlich, doch dezent aus den beiden rechts verlegten Auspuffen. Sie tun nur so, als ob sie getrennt wären. Tatsächlich braucht der dicke Zweizylinder dringend das hier versteckte Interferenzrohr. Klingt fast ein wenig nach VW Käfer, der US-Twin.

Uff, gar nicht mal so einfach, den 266-Kilo-Kreuzer in die Senkrechte zu hieven. Trotz des 75 Zentimeter tiefen Sitzes, acht Zentimeter weniger als auf der BMW. Von wegen „Baby-Sportster“: Auch die 883 verkörpert amerikanisches Schwermetall. Stabil, massiv, ein echtes Eisen. Der US-Lack wirkt dicker, der Chrom glänzender. Hier sind nicht nur die Schutzbleche (nomen est omen) schwer metallisch, sondern sogar die Blinkergehäuse. Wirkt für die Ewigkeit gebaut. Wahrscheinlich rechtfertigt schon der Materialwert die knapp 9000 Euro. Oder Harleys bekanntlich guter Werterhalt.

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Stilvoll: Faltenbalg-Ziehharmonika an der Gabel, Schutzblech-Streben und zierlich-schlanker Zweizylinder.

Kalonk. Der erste Gang sitzt. Auch alle folgenden Schaltvorgänge teilen sich der Umwelt lautstark mit. Sanft und ruckfrei setzt sich der Gummiband-V2 in Bewegung. Lastwechselreaktionen bei Gas-auf-Gas-zu sind ihm völlig fremd. Klasse: der einzige Zahnriemen des Septetts. Sauber, pflege- und reaktionsarm. Obwohl der Roadster auf einen Drehzahlmesser verzichtet, spürt man intuitiv, wie der V2 bewegt werden will. Niedertourig. Bis knapp 5000 Touren drückt der Ultra-Langhuber das fetteste Drehmoment. Auch wenn die BMW bei knapp 3000/min einmal ganz kurz noch mehr Newtonmeter auftürmt, 67,8 nämlich.

Deutlich fühlt man auf der Kawa den Puls des Parallel-Twins. Wie er sich schön gleichmäßig und kraftvoll durchs Drehzahlband hochblubbert. Bereits bei 2000 Touren mit tollem Rundlauf und ordentlich Power verwöhnt. Bei der Leistung am Hinterrad liegt die Kawa vor der Harley. Tempo 100 sind bei der W im finalen fünften Gang 3750 Touren, die Sportster dreht 300/min weniger. Und beschleunigt sehr mäßig. Spielt für entspanntes Gleiten keine Rolle.

Zumal es das US-Bike offiziell mit 45 statt offen 53 PS bewenden lässt; gedrosselt über Lochblenden im Einlasstrakt und Software. Dagegen wurde die W 800 von vornherein auf die neue 48-PS-Klasse getrimmt. Und so hat die 217 Kilogramm leichte Kawa keine Mühe davonzuziehen. 60 Kilo kann man nicht wegdiskutieren. Das Pulsieren dieser Motoren ebenfalls nicht. Tieffrequent, stets spürbar, ein beruhigender Ruhepuls. Sie stampft regelrecht, die Harley, lässt einen entspannt das Freiheitsgefühl aufsaugen, den Fahrtwind mit offenen Armen empfangen, solange das Tempo gemütlich bleibt. Das Motto: mehr Erlebnis pro Kilometer.

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Selbst die kleinen Harleys sind Ikonen des Maschinenbaus.

Eigen fällt die US-Sitzposition aus. Hinterm Büffelhorn-Lenker fühlt man sich als King of the Road, meint mehr von der Landschaft zu sehen. Doch nur X-Beiner bekommen auf der Harley mit dem schmalen, kleinen 12,5-Liter-Tank ansatzweise Knieschluss hin. Rechts ist der Luftfilter im Weg. Objektiv nicht gut, hat es subjektiv was, das Unperfekte, Ungeschliffene. Hart, aber herzlich: die Ami-Federbeine. Da ist die Kawa umgänglicher, ihr schmaler, niedriger Lenker liegt gut zur Hand. Komfortabel gepolstert ist die dicke, 80 Zentimeter hohe Sitzbank. Die Knie parken hoch, an Gummikissen am 14-Liter-Tank. Sitzhaltung der 50er- bis 70er-Jahre.

Dazu passt das Fahrverhalten der 800er. Ihre völlig unterdämpften Federbeine schaukeln sich auf Bodenwellen auf. Auch die Gabel mit den schönen Faltenbälgen ist eher weich. Auf ihre Speichenräder hat die Japanerin fast grobstollige Dunlop Roadmaster TT 100 gezogen. Hommage an die ersten Reifen, die bei der Isle of Man 100 Meilen pro Stunde im Schnitt ermöglichten. Was in etwa die Höchstgeschwindigkeit der Kawasaki wiedergibt, 168 km/h. Auf der ­Autobahn pendelt die 800er, mit einem passabel untergebrachten Sozius übrigens etwas weniger. Aber sicher ist das nicht ihr bevorzugtes Revier.

Die Kawasaki wehrt sich trotz des schmalsten der sieben Hinterreifen etwas gegen Abklappen, lenkt erst mit sanftem Nachdruck ein. Von dem die Harley gehörig braucht. In Schräglage untersteuert die W 800 etwas, fährt von sich aus weitere Bögen. Bis es dann funkt, zwischen Fußrasten und Asphalt – einen Hauch später als auf der Harley. Was nicht nur Anfänger irritieren kann. Trotzdem ist das langsamere US-Eisen einen Tick stabiler. Dafür fühlt sich dessen Passagier auf dem kleinen, ­harten Sitz-Brötchen ziemlich ausgeliefert. Rutschig bei Nässe geben sich die Michelins der Harley. Vorsicht also, es ist kein ABS an Bord. Bringt Harley erst 2014, immerhin.

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Mit der Kawasaki erreicht man Höchstgeschwindigkeiten bis zu 168 km/h.

Wobei die 883 mit drei Scheiben heute bereits besser bremst als die Kawa. Deren Einzelscheibe braucht für wenig Wirkung hohe Handkraft. Und die Trommel hinten ist keine große Unterstützung. Weniger bremsen geht nicht. Sei’s drum. Wenn die beiden luftgekühlten Schlegel nach der Fahrt stundenlang vor sich hinknistern – die durstige Harley muss früh zur Tränke –, fühlt man sich mit allem versöhnt. Fast. Denn die Kawa dürfte durchaus besser verarbeitet sein. Diese einfache Lüsterklemmenanmutung und die frei liegenden Kabel passen nicht ins Bild.

Auch wenn beide Neo-Klassiker nicht unbedingt Fahranfänger ansprechen: ­Kawasaki gewährt Führerschein-Neulingen 773 Euro Rabatt, ein Euro je cm3. Harleys verkaufen sich auch so. Mit längeren Wartungsintervallen (8000 statt 6000 Kilometer) und einem Jahr Mobilitätsgarantie.

Daten und Messwerte


Harley-Davodson
Sportster 883 Roadster
Kawasaki
W 800 SE
Motor
Bauart
Zweizylinder-Viertakt-
45-Grad-V-Motor
Zweizylinder-Viertakt-
Reihenmotor
Einspritzung
Ø 45 mm
Ø 34 mm
Kupplung
Mehrscheiben-Ölbadkupplung
Mehrscheiben-Ölbadkupplung
Bohrung x Hub
76,2 x 96,8 mm
77,0 x 83,0 mm
Hubraum
883 cm³
773 cm³
Verdichtung
9,0:1
8,4:1
Leistung
33,0 kW (45 PS) bei 5750/min
35,0 kW (48 PS) bei 6500/min
Drehmoment
68 Nm bei 3250/min
60 Nm bei 2500/min
Fahrwerk
Rahmen
Doppelschleifenrahmen aus Stahl  
Doppelschleifenrahmen aus Stahl
Gabel
Telegabel, Ø 39 mm
Telegabel, Ø 39 mm
Bremsen vorne/hinten
Ø 292/292 mm
Ø 300/160 mm
Assistenzsysteme
-

Räder
2.50 x 19; 3.0 x 16
2.15 x 19; 2.75 x 18
Reifen
100/90B 19; 150/80B 16
100/90 19; 130/80 18
Bereifung
Michelin Scorcher „31“
Dunlop Roadmaster TT 100 GP
Maße und Gewicht
Radstand
1520 mm
1465 mm
Lenkkopfwinkel
60,3 Grad
63,0 Grad
Nachlauf
112 mm
108 mm
Federweg vorne/hinten
141/104 mm
130/106 mm
Sitzhöhe*
750 mm
800 mm
Gewicht vollgetankt
266 kg
217 kg
Zuladung*
188 kg
183 kg
Tankinhalt/Reserve
12,5/3,8 Liter
14,0 Liter
Service-Intervalle
8000 km
6000 km
Preis
8495 Euro
8590 Euro
Preis Testmotorrad
8495 Euro
8590 Euro
Nebenkosten
380 Euro
170 Euro
Leistungsreduzierung 48 PS
35 Euro plus 1,5–2 h Arbeitszeit
Serie
Drosselung
Reduzierblende
Serie
Führerscheinaktion 48 PS
keine
773 Euro (1 Euro = 1 cm³)
MOTORRAD-Messwerte
Höchstgeschwindigkeit**
155 (155*) km/h
170 (168*) km/h
Beschleunigung


0-100 km/h
8,0 sek
6,1 sek
0-140 km/h
19,1 sek
14,0 sek
Durchzug


60-100 km/h
7,5 sek
6,6 sek
100-140 km/h
11,0 sek
9,8 sek
Verbrauch Landstraße
5,4 Liter
4,1 Liter
Reichweite Landstraße
231 km
341 km

*MOTORRAD-Messungen; **Herstellerangabe

Honda NC 700 X und BMW F 700 GS

Bilski
Zu den alltagstauglichen gehören die Honda NC 700 X und die BMW F 700 GS.

Die nächste Paarung bilden BMW F 700 GS und Honda NC 700 X.  Beide sind große, erwachsene und besonders alltagsstarke Modelle. Die beim Hubraum weiter auseinanderliegen, als man zunächst meint. Die tief stapelnde BMW hat volle 798 cm3, ist also eine echte 800er. Dagegen begnügt sich die NC 700 mit 670 Kubik. Beide tragen Reihenmotoren, nur unterschiedlich konfiguriert. BMW hat sich für einen Gegenläufer mit Ausgleichswelle entschieden. Honda vertraut bei der NC-Reihe (es gibt da ja auch noch die rund 500 Euro günstigere „S“) auf 270 Grad Hubzapfenversatz. Dies imitiert durch ungleichmäßige Zündfolge einfach einen 90-Grad-V2.

Beide Motoren stecken hinter stählernen Gitterrohrkäfigen. Gemäßigt lange Federwege der Straßen-Enduros stehen für „Abenteuer light“. Je 17 Zentimeter bietet die BMW vorn und hinten, 15,5 und 15 die NC 700 X. Dies sollte reichen, um furchigen Teer zu Gourmet-Asphalt glattzubügeln. Vorher gilt es erst einmal, die größten und höchsten Maschinen dieses Felds zu entern. Für kurze Kandidaten bedeuten 83 Zen­ti­me­ter Sitzhöhe der GS und 82 bei der NC eine echte Hürde. Nun, BMW offeriert neben der hier verbauten Komfortsitzbank ebenso höhere wie niedrigere Bänke. Honda hat die NC 700 S als Option. Sie ist bei gleichen Radgrößen sowohl in Sitzhöhe als auch Federwegen drei Zentimeter niedriger als Schwester X.

Schmieder
Die Honda NC 700 X ist ein Fulldresser: Tourenscheibe, Sturzbügel und Zusatzlampen kosten wie die Koffer extra.

Die Test-Honda fährt reichlich Zubehör auf: hohe Scheibe, Sturzbügel mit Zusatzscheinwerfern, Heizgriffe und das schmale Kofferset. Was den Grundpreis von 5990 Euro um fast 1900 Euro erhöht. Auch die BMW trägt bei happigen 8750 Euro Grundpreis Extras für rund 1700 Euro. Bestehend aus Trak­tionskontrolle, Reifenluftdruck-Überwachung, elektronisch einstellbarer Dämpfung am Federbein, Hauptständer, Heizgriffen, Bordcomputer, besagter Komfortsitzbank und Vario-Koffern. Dermaßen bestückt, kommt die GS auf 218, die Honda gar auf mächtige 226 Kilogramm. Das nötigt aufsteigenden Einsteigern zunächst Respekt ab. Nur keine Angst, das wird schon.

Hochmotiviert erwacht die F 700 GS, hängt fein, aber nie ruppig am Gas. Munter und weich schiebt der Motor bereits aus tiefsten Drehzahlen an. Per Umhängen des Gaszugs drosselt BMW den Twin kostenlos von einst 75 auf 48 PS. Ab der 5000er-Marke erlahmt der Elan ein wenig. Nicht schlimm, bis dahin liegt schon genügend Leistung an. Der GS-Motor läuft rauer als der Honda-Twin, vor allem in der zweiten Drehzahlhälfte und beim Gaswegnehmen.

Bilski
Die tief stapelnde BMW F 700 GS hat volle 798 cm³, ist also eine echte 800er.

Der NC 700 merkt man an, dass sie ein Langhuber, ein „Kaltblut“ ist. Kommt kräftig von unten. Hoppla, immer wieder zappelt der Motor mit der stark geneigten Zylinderbank im Drehzahlbegrenzer. Er kneift bereits bei 6500 Touren zu. Mitunter mitten im Überholvorgang. Zum autoartig engen Dreh­zahlband gesellt sich das eigenartige Getriebe. Die unteren Gänge der NC sind extrem eng gestuft, der sechste Gang jedoch ist als drehzahlsenkender Overdrive extrem lang ausgeführt. Er funktioniert erst richtig ab Tempo 70 oder mehr. Tempo 100 heißt Schon-Drehzahl 3400. Flotter Vortrieb erfordert viel Schaltarbeit. Macht aber sparsam, STVO-konform gefahren nur gut drei Liter auf 100 Kilometer. Einen halben Liter mehr braucht die BMW.

Begeisternd sämig arbeiten Gabel und Federbein der F 700 GS, tasten feinfühlig das Asphaltrelief ab. Auch wenn’s derbe und bucklig kommt. Klasse. Da ist BMWs schwächster Zweizylinder ganz der GS-Tradition verpflichtet. Ausgewogen und homogen. Das komfortabelste Federbein dieses Siebener-Felds hat als Einziges ein praktisches Handrad zur Anpassung an Zuladung. Dessen Dämpfung lässt sich gegen Aufpreis elektronisch vom Lenker aus regeln. Straffer oder komfortabler, ganz wie’s beliebt. Jederzeit nimmt das neutrale GS-Chassis Kurskorrekturen an. Selbst in tiefen Schräglagen. Der breite Lenker macht als großer Hebelarm handlich. Der schmale 140er-Hinterreifen erst recht. Trotz langen Radstands. Auf japanischen Bridgestone-Reifen zieht die Deutsche berechenbar, zielgenau ihre Kreise.

Bilski
Munter und weich schiebt der Motor der Honda bereits aus tiefsten Drehzahlen an.

Dafür vermittelt die Japanerin auf deutschen Metzeler Roadtec-Pneus das Gefühl, unstürzbar zu sein. Man fühlt sich wohl, selbst wenn die Rasten früher Funken sprühen als bei der BMW. Dabei dürfte die Rückmeldung vom NC-Vorderrad durchaus besser sein. Lässig lässt sich die Honda abwinkeln. Okay, auf harten, schnell folgenden Absätzen stuckert die Gabel etwas, kommt mit dem Verarbeiten nicht ganz nach. Macht nichts. Denn beide Adventure Bikes vermitteln absolute Geborgenheit. Wozu die Tourenscheibe der NC beiträgt. Sie schirmt Rumpf und Schultern mittelgroßer Fahrer flächig ab. Verursacht allerdings laute Windgeräusche.

Vom gut konturierten wie gepolsterten Komfortsitz der GS will man gar nicht mehr runter. Einen Tick weicher dürfte dagegen auf Dauer die Honda-Sitzbank sein. Große Leute haben die Honda gut im Griff, sitzen passabel. Passagiere reisen hier wie dort aufrecht und erhaben. Ganz wie die Fahrer. Groß und Klein verwöhnt die NC mit ihrem exklusiven „Kofferraum“, dem Helmfach zwischen Sitz und Lenkkopf. So einfach, so praktisch. Klappe auf, Gepäck rein. So holt man Autofahrer ab! Sprit bunkern NC wie GS im Heck. Der Einfüllstutzen der Honda liegt unterm Soziussitz, derjenige der BMW praktischer seitlich rechts. Hochwillkommen bei Sommerregen: Heizgriffe. Sie geben ein Gefühl wie eine warme Dusche.

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BMW gewährt Neueinsteigern sogar 1000 Euro Nachlass.

Praxisgerecht arbeiten die Bremsen. Die Honda koppelt ihre Einzelscheibe vorn mit einem Kombibremssystem: Beim Tritt aufs Bremspedal bremste einer der drei Kolben vorn mit. Autofahrer willkommen. Bei BMW war die standfestere Doppelscheibe vorn die wichtigste Modellpflegemaßnahme von der sogenannten F 650 GS zur aktuellen 700er. Gut so, die GS bremst nun stark. Ohne sich in Schräglage aufzustellen.

Alternativ bietet Honda für die NC-Modelle das Doppelkupplungsgetriebe DCT an. Es wiegt zehn Kilogramm und kostet 1000 Euro extra. Mit unerreichtem Schaltkomfort könnte es automatikverwöhnte Autofahrer umgarnen. Einfach Gas geben, ohne zu kuppeln, den Rest erledigt DCT. Es lässt sich aber auch manuell schalten, per Triptronic. Besser gesagt: Es ließe sich. Denn mit Doppelkupplung liegt die Leistung bei 52 PS – also nicht A2-konform.

Rabatt für Führerscheinneulinge gewährt Honda keinen mehr. Die NC 700-Modelle verkaufen sich ohnehin wie geschnitten Brot, liegen zusammengenommen auf Platz zwei der Neuverkäufe. BMW gewährt Einsteigern 1000 Euro Nachlass, damit käme das Testexemplar der F 700 GS wieder knapp unter die 10 000-Euro-Marke. Gruppensieger ist sie schon.

Daten und Messwerte


Honda
NC 700 X
BMW
F 700 GS
Motor
Bauart
Zweizylinder-Viertakt-
Reihenmotor
Zweizylinder-Viertakt-
Reihenmotor
Einspritzung
Ø 36 mm Ø 46 mm
Kupplung
Mehrscheiben-Ölbadkupplung Mehrscheiben-Ölbadkupplung
Bohrung x Hub
73,0 x 80,0 mm 82,0 x 75,6 mm
Hubraum
670 cm³ 798 cm³
Verdichtung
10,7:1 12,0:1
Leistung
35,0 kW (48 PS) bei 6250/min   35,0 kW (48 PS) bei 7000/min
Drehmoment
60 Nm bei 4750/min 60 Nm bei 5000/min
Fahrwerk
Rahmen
Gitterrohrrahmen aus Stahl Gitterrohrrahmen aus Stahl
Gabel
Telegabel, Ø 41 mm Telegabel, Ø 41 mm
Bremsen vorne/hinten
Ø 320/240 mm Ø 300/265 mm
Assistenzsysteme
Verbundbremse, ABS ABS
Räder
3.5 x 17; 4.5 x 17 2.50 x 19; 3.50 x 17
Reifen
120/70 ZR 17; 160/60 ZR 17 110/80 19; 140/80 17
Bereifung
Metzeler Roadtec
Z8 Interact, vorn „E“
Bridgestone, vorn BW 501 „G“,
hinten BW 502 „G“
Maße und Gewicht
Radstand
1540 mm 1562 mm
Lenkkopfwinkel
63,0 Grad 64,0 Grad
Nachlauf
110 mm 95 mm
Federweg vorne/hinten
154/150 mm 170/170 mm
Sitzhöhe*
825 mm 830 mm
Gewicht vollgetankt
226 kg 218 kg
Zuladung*
201 kg 218 kg
Tankinhalt/Reserve
14,1 Liter 16,0/4,0 Liter
Service-Intervalle
12000 km 10000 km
Preis
5990 Euro 8750 Euro
Preis Testmotorrad
7872 Euro 10515 Euro
Nebenkosten
265 Euro 390 Euro
Leistungsreduzierung 48 PS
Serie Bei Neukauf ohne Aufpreis
Drosselung
Serie Drosselklappenanschlag
Führerscheinaktion 48 PS
10 % (ausgelaufen) 1000 Euro
MOTORRAD-Messwerte
Höchstgeschwindigkeit**
160 (163*) km/h 165 (170*) km/h
Beschleunigung
0-100 km/h
5,5 sek 6,0 sek
0-140 km/h
12,3 sek 13,2 sek
Durchzug
60-100 km/h
7,7 sek 5,4 sek
100-140 km/h
14,5 sek 8,3 sek
Verbrauch Landstraße
3,2 Liter 3,8 Liter
Reichweite Landstraße
441 km 421 km

*MOTORRAD-Messungen; **Herstellerangabe

Honda CB 500 F

Bilski
Zu den agilen 48er-Bikes gehört die Honda CB 500 F.

200 cm³ weniger als die NC 700 treiben die Honda CB 500 F an. Ja, es dürfen zwei Hondas zum Test, weil dieser Hersteller die neue 48-PS-Klasse besonders mit dafür maß­geschneiderten Modellen bestückt. Der Kleinste der sieben Samurai, unserer wackeren A2-Twins, gibt sich keck. Der Hubraum-Benjamin entwickelt fast 100 PS Leistung pro Liter. Quadratisch ausgelegt, Bohrung und Hub sind praktisch identisch, wirft er sich vom Start weg richtig ins Zeug. Kommt elastisch und ruckfrei aus dem Drehzahlkeller hoch, dreht unaufgeregt bis zur 8500er-Marke aus, obwohl ab 7500 Touren kaum noch Leistung hinzukommt. Schmalbrüstig? Niemals!

Mit Schaltdrehzahl 3000 oder 4000 schwimmt man bestens mit im Verkehr. Beim Beschleunigen hält die CB tapfer mit der großen NC 700 mit, beim Durchzug im sechsten Gang fährt sie ihr sogar davon. Auch die 500er begnügt sich mit knapp über drei Litern Benzin auf 100 Kilometer. Ist einfach klasse abgestimmt, hat richtig Reserven, der Mini-Twin. Honda hat ihn komplett neu entwickelt, nicht einfach den guten Motor der CB 500 aus den 90er-Jahren weiterverwendet. Perfekt passt das exakt und leichtgängig klickende Getriebe zum lebendigen Antrieb. Ideal gestuft, hält es stets die passende Abstufung parat, ohne durch zu hohe Drehzahlen zu nerven. Tempo 100 sind moderate 5100 Touren – da drehen 600er-Vierzylinder höher. Im Motorenkapitel der 1000-Punkte-Wertung reiht sich die CB 500 F nur einen Punkt hinterm famosen V2 der Suzuki Gladius ein.

Bilski
Ist einfach klasse abgestimmt, hat richtig Reserven, der Mini-Twin. Honda hat ihn komplett neu entwickelt, nicht einfach den guten Motor der CB 500 aus den 90er-Jahren weiterverwendet.

Noch Fragen? Auf ihre Art vermittelt die höchst agile 500er besonders viel Fahrspaß. So wendig, so leicht, so locker. Extrem handlich. Dank kürzestem Radstand, leichter 193 Kilogramm Gewicht und kompakter Abmessungen. Gut fährt die in Thailand gebaute Honda, richtig gut. Und durchaus emotional, weil verwegen-frech. Von Anfang an passt alles. Man sitzt perfekt inte­griert mitten im Motorrad. Auch große Fahranfänger fühlen sich auf der 500er am wohlsten.

Sie klebt locker viel größeren Maschinen am Hinterrad. Der Hubraum-Floh zirkelt auf Metzeler-Reifen am präzisesten um die Ecken. Das Fahrverhalten des kleinen Herzensbrechers ist schlicht der Hammer. Denn selbst die einfach gestrickten Federelemente überzeugen. Zusammen mit der doppelt so teuren BMW gewinnt die CB 500 F die Fahrwerkswertung! Beeindruckend. Zusammen zwei Bremsscheiben vorn und hinten haben den Floh gut im Griff. Alle Komponenten geben sich hocheffektiv, fügen sich als System zu einem Ganzen zusammen. Selbst Soziusbetrieb kann die Kleine; der Passagier sitzt ordentlich, findet gute Haltegriffe vor.

Praxisgerecht: lang gestreckte 12 000er-Wartungsintervalle und die höchste Bodenfreiheit (noch vor den Pseudo-Enduros!) – gut beim Bordsteinklettern. Zum günstigsten Preis von unter 6000 Euro ist die 500er ein verdammt flinkes und durchdachtes Motorrad. Die gute Botschaft lautet: Die Fünfhunderter, diese einst ruhm­reiche Hubraumklasse, sind mit einem Paukenschlag zurück. Für die gute Punktzahl in Kombination mit dem niedrigen Preis gibt es die Traumnote 1,0 im Preis-Leistungs-Verhältnis, auch subjektiv erntet die kleine Honda höchste Sympathie bei Fahranfängern.

Daten und Messwerte


Honda
CB 500 F
Motor
Bauart
Zweizylinder-Viertakt-Reihenmotor
Einspritzung
Ø 34 mm
Kupplung
Mehrscheiben-Ölbadkupplung
Bohrung x Hub
67,0 x 66,8 mm
Hubraum
471 cm³
Verdichtung
10,7:1
Leistung
35,0 kW (48 PS) bei 8500/min  
Drehmoment
43 Nm bei 8500/min
Fahrwerk
Rahmen
Brückenrahmen aus Stahl
Gabel
Telegabel, Ø 41 mm
Bremsen vorne/hinten
Ø 320/240 mm
Assistenzsysteme
ABS
Räder
3.5 x 17; 4.5 x 17
Reifen
120/70 ZR 17; 160/60 ZR 17
Bereifung
Metzeler Roadtec
Z8 Interact, vorn „E“
Maße und Gewicht
Radstand
1410 mm
Lenkkopfwinkel
64,5 Grad
Nachlauf
102 mm
Federweg vorne/hinten
108/119 mm
Sitzhöhe*
790 mm
Gewicht vollgetankt
193 kg
Zuladung*
181 kg
Tankinhalt/Reserve
15,7 Liter
Service-Intervalle
12000 km
Preis
5490 Euro
Preis Testmotorrad
5490 Euro
Nebenkosten
265 Euro
Leistungsreduzierung 48 PS
Serie
Drosselung
Serie
Führerscheinaktion 48 PS
10 % (ausgelaufen)
MOTORRAD-Messwerte
Höchstgeschwindigkeit**
175 (172*) km/h
Beschleunigung

0-100 km/h
5,6 sek
0-140 km/h
12,4 sek
Durchzug

60-100 km/h
6,4 sek
100-140 km/h
7,8 sek
Verbrauch Landstraße
3,2 Liter
Reichweite Landstraße
491 km

*MOTORRAD-Messungen; **Herstellerangabe

Testergebnisse und Punktewertung

Bilski
Volle Breitseite, pardon: Bandbreite. Vielfältiges Angebot diverser Twins.

Ein Reifezeugnis erhalten alle sieben Maschinen. Auch in der Einsteigerklasse wird einiges geboten. Aber was heißt hier Einsteiger? Sie machen sogar alten Hasen Laune. Wer Lust auf mehr bekommt: BMW, Ducati, Harley und Suzuki lassen sich nach zwei Jahren A2 ja auf volle Leistung entdrosseln.

MOTORRAD-Testergebnisse

1. Platz: BMW F 700 GS
Ja, sie ist das beste Motorrad dieses Tests. Ausgewogen, vielseitig, mit durchdachten Details. Nein, die kleinste Zweizylinder-GS ist nicht die beste Offerte für Anfänger. Denen ist sie schon zu erwachsen. Und in Vollausstattung kostet die 700er, die eine 800er ist, über 10 000 Euro.

2. Platz: Honda CB 500 F
Das günstigste, kleinste Motorrad eines großen Vergleichs kommt so weit nach oben? Ja genau, weil es so handlich und quirlig ist, gesegnet mit einem spritzigen, sparsamen Motor. Die CB vermittelt Anfängern am meisten Vertrauen und begeistert alte Hasen. Prima!

3. Platz: Honda NC 700 X
Ein gutmütiges, extrem praktisches Motorrad. Der Erfolg der beiden NC 700-Modelle X und S hat gute Gründe. Gewöhnung erfordern das schmale Drehzahlband und der lange sechste Gang, der zum Runterschalten zwingt. Für Beginner ist die kompaktere S besser geeignet.

4. Platz: Ducati Monster 696
Agil, sportlich und sinnlich: Die kleinste Monster ist eine Große, löst das Ducati-Versprechen von hohem Fahrspaß ein, ohne durch Kompromisslosigkeit zu nerven. Ihr feiner V2 ist allerdings plump gedrosselt. Und die Sitzposition nicht jedermanns Sache.

5. Platz: Suzuki Gladius
Seidig, geschmeidig, begeisternd: Suzukis 650er-V2 ist selbst in der 48-PS-Version einer der besten Motorrad-Motoren, dank perfekter Art der Drosselung. Als Best Price Bike zu 6490 Euro ein Top-Angebot. Auch wenn das Fahrwerk nicht mit dem Super-Antrieb mithält.

6. Platz: Kawasaki W 800
Special Edition Ein sympathischer Youngtimer ab Werk. Damit ist das Wichtigste gesagt. Der Langhub-Motor mit Königswelle hat Charakter. Dem stehen das labile Fahrwerk, die schlechtesten Bremsen des Septetts und die mäßige Verarbeitung gegenüber.

7. Platz: Harley-Davidson Sportster 883 R
Take it or leave it. Den funkelnden US-Roadster will man genau so oder gar nicht. Er polarisiert, bietet ganz spezielle Fahrerlebnisse. Dazu zählen die merkwürdige Sitzhaltung und der Gummiband-Motor, der aus viel Hubraum wenig macht.

MOTORRAD-Punktewertung

Motor

Maximale
Punktzahl
BMW
F 700 GS
Ducati
Monster 696
Harley-Davidson
Sportster 838 Road.
Honda
CB 500 F
Honda
NC 700 X
Kawasaki
W 800
Special Edition
Suzuki
Gladius ABS
Durchzug 40 12 11 5 10 3 8 13
Beschleunigung 40 5 11 1 7 7 5 5
Topspeed 30 7 6 4 7 5 6 6
Motorcharaktersistik 30 19 16 15 18 16 18 20
Ansprechverhalten 30 13 13 12 13 13 13 13
Lastwechsel 20 12 10 18 14 13 14 12
Laufruhe 20 11 10 9 13 13 12 15
Kupplung 10 8 6 7 8 8 8 8
Schaltung 20 12 11 9 13 11 11 13
Getriebeabstufung 10 8 7 7 9 7 8 8
Starten 10 9 8 6 8 8 8 9
Summe 250 116 109 93 120 104 111 121

Kopf-an-Kopf-Rennen. Nur anders als erwartet: Die kleinsten Twins, Honda CB 500 F und Suzuki Gladius, setzen die Bestmarken. Die nur 471 cm³ große Honda schwingt sich zusammen mit der GS zur größten Topspeed auf, hat neben der Gladius das beste Getriebe. Suzukis 650er-V2 ist ein echter Traum-Motor, drehfreudig, elastisch und sehr kultiviert. Und mit bestem Durchzug gesegnet. Am flottesten beschleunigt die besonders leichte Ducati Monster. Da muss die schwere Harley vollkommen passen. Verbesserungswürdig an der Ducati ist die rupfende, schlecht dosierbare Kupplung.
Sieger Motor: Suzuki

Fahrwerk


Maximale
Punktzahl
BMW
F 700 GS
Ducati
Monster 696
Harley-Davidson
Sportster 838 Road.
Honda
CB 500 F
Honda
NC 700 X
Kawasaki
W 800
Special Edition
Suzuki
Gladius ABS
Handlichkeit
40
28 33 18 32 28 24 29
Stabilität in Kurven
40
27 27 19 26 27 20 24
Lenkverhalten
40
25 27 18 30 27 22 26
Rückmeldung
10
6 7 3 6 6 4 5
Schräglage
20
14 16 8 14 13 9 15
Geradeauslaufstabilität
20
15 13 12 16 17 11 14
Fahrwerksabstimmung vorn
20
12 12 6 12 12 8 11
Fahrwerksabstimmung hinten
20
13 12 5 12 13 8 10
Einstellmöglichkeiten Fahrwerk
10
5 2 1 1 1 1 2
Federungskomfort 10 7 5 4 5 6 6 5
Fahrverhalten mit Sozius 20 13 9 8 11 13 9 10
Summe 250 165 163 102 165 163 122 151

Einfach frech, die CB 500 F. Klebt im Kriterium spielerischer Handlichkeit der noch leichteren Monster am Hinterrad. Und ist trotz günstiger Federelemente in Schräglage fast so stabil wie die Maxi-Bikes BMW und Honda NC 700 X sowie die sportlich-straffe Ducati. Wobei die Monster auch die beste Rückmeldung und größte Schräglagenfreiheit bietet. Früh setzen Harley und W 800 auf, beide haben mäßige Fahrwerke. Besten Federungskomfort bietet die BMW mit Respektabstand auf NC 700 X und Kawa W 800. GS und 700er-Honda stecken als schwerste und größte Maschinen des Septetts einen Sozius ganz gelassen weg.
Sieger Fahrwerk: BMW und Honda CB 500 F

Alltag


Maximale
Punktzahl
BMW
F 700 GS
Ducati
Monster 696
Harley-Davidson
Sportster 838 Road.
Honda
CB 500 F
Honda
NC 700 X
Kawasaki
W 800
Special Edition
Suzuki
Gladius ABS
Ergonomie Fahrer 40 33 24 19 29 24 24 26
Ergonomie Sozius 20 14 7 4 11 9 9 10
Windschutz 20 4 2 0 10 0 0 0
Sicht 20 12 11 9 13 12 12 13
Licht 20 14 11 10 12 10 10 11
Ausstattung 30 22 6 6 14 9 9 11
Handhabung/Wartung 30 18 19 13 13 17 17 17
Gepäckunterbringung 10 4 1 1 5 2 2 1
Zuladung 10 9 7 5 7 4 4 9
Reichweite 30 27 23 11 29 20 20 23
Verarbeitung 20 12 14 14 12 11 11 12
Summe 250 169 125 92 155 118 118 133

Favorit ist klar. Alltagstauglichkeit ist eine BMW-Domäne, da macht die kleinste Zweizylinder-GS keine Ausnahme. Speziell mit der Komfortsitzbank offeriert die „700er“ topbequeme Ergonomie vorn wie hinten. Dazu kommen gehobene Ausstattung und volle 218 Kilogramm Zuladung. Immerhin 214 Kilos sattelt die Suzuki Gladius, doch bleibt ihr Fahrwerk von Ballast nicht so unbeeindruckt wie das der BMW. Den besten Windschutz bietet die Honda NC 700 X mit der hohen, allerdings auch sehr lauten Touren-Scheibe. Noch mehr Reichweite als die 700er-Honda offeriert die ebenso sparsame CB 500 F.
Sieger Alltag: BMW

Sicherheit


Maximale
Punktzahl
BMW
F 700 GS
Ducati
Monster 696
Harley-Davidson
Sportster 838 Road.
Honda
CB 500 F
Honda
NC 700 X
Kawasaki
W 800
Special Edition
Suzuki
Gladius ABS
Bremswirkung 40 27 27 21 25 26 18 25
Bremsdosierung 30 19 21 17 18 21 16 18
Bremsen mit Sozius/Fading 20 14 11 8 12 12 8 10
Aufstellmoment beim Bremsen 10 10 6 5 8 8 10 7
ABS-Funktion 20 12 14 0 14 13 0 12
Lenkerschlagen 20 18 17 18 18 18 18 18
Bodenfreiheit 10 8 8 5 9 8 7 7
Summe 150 108 104 78 104 106 77 97

Der Knappe Entscheidung. Die Bremswirkung von BMW und Monster ist die beste. Besser dosierbar ist sie bei der Duc. Richtig gut setzt sich die NC 700 nach der GS in Szene. Am anderen Ende des Spektrums liegt die Kawasaki W 800: Ihre Bremsen sind zahn­los und schlecht dosierbar. ABS fehlt Harley und Kawasaki. Tragen die fünf anderen serienmäßig, mit ordentlicher Regelqualität.
Sieger Sicherheit: BMW

Kosten


Maximale
Punktzahl
BMW
F 700 GS
Ducati
Monster 696
Harley-Davidson
Sportster 838 Road.
Honda
CB 500 F
Honda
NC 700 X
Kawasaki
W 800
Special Edition
Suzuki
Gladius ABS
Garantie 30 17 16 16 15 15 15 17
Verbrauch (Landstraße) 30 25 24 17 28 28 24 25
Inspektionskosten 20 18 19 12 19 19 12 10
Unterhaltskosten 20 17 17 17 17 17 17 17
Summe 100
77 76 62 79 79 68 69

500 oder 700? Beide Hondas brillieren mit geringem Benzinkonsum und – wie die Ducati – lang gestreckten 12 000er-Wartungsin­ter­vallen. Teuer im Service kommen Suzuki und Kawasaki. Suzuki und BMW bieten zwei Jahre Mobilitätsgarantie.
Sieger Kosten: Honda und Honda


Maximale
Punktzahl
BMW
F 700 GS
Ducati
Monster 696
Harley-Davidson
Sportster 838 Road.
Honda
CB 500 F
Honda
NC 700 X
Kawasaki
W 800
Special Edition
Suzuki
Gladius ABS
Gesamtwertung
1000 635 577 427 611 607 496 571
Platzierung
1. 4. 7. 2. 3. 6. 5.
Preis-Leistungs-Note 1,0 1,6 2,2 4,0 1,0 1,2 3,5 1,8

Sieger Preis-Leistung: Honda CB 500 F
Besser geht’s nicht: ein richtig gutes Motorrad zum attraktiven Preis. Aber auch die NC 700 X ist ein gutes Angebot.

Tester-Meinungen

Schmieder
Anfänger so oder so: erste Fahrversuche.

Das beste Motorrad nützt wenig, wenn es dir persönlich nicht passt. Diese Wahrheit gilt ganz besonders für Greenhorns, für die Anhalten, Wenden und Losfahren oft schwer genug sind.

Wer 20, 30 Jahre Fahrpraxis und Hunderttausende Kilometer auf dem Buckel hat, konnte im Wortsinne viel Erfahrung sammeln, hatte viel Zeit, um zu lernen. Weiß intuitiv, Eigenheiten oder gar Unzulänglichkeiten bestimmter Motorrad-Modelle zu nehmen. Doch was gilt, wenn es Mann oder Frau noch an Routine fehlt? Was tritt dann in den Vorder-, was in den Hintergrund? Ganz klar: Vertrauen ist das A und O!

Das können die Konstrukteure durchaus in die Maschinen „einbauen“, in Form überschaubarer Abmessungen, geringen Gewichts und niedriger Sitzhöhe. Für Anfänger zählt einfache Handhabung und Leichtigkeit doppelt. Um das zu testen, lud MOTORRAD Leute mit weniger Fahrpraxis zu Fahrversuchen auf Landstraßen, Autobahnen und im Pylonen-Parcours des Testgeländes ein. Kompliment an alle, herzlichen Dank für die Hilfe!

Dina Dervisevic besitzt seit Oktober 2010 den Motorrad-Führerschein. Privat fährt sie mit ihren 1,58 Meter Körpergröße eine Honda CBR 600 F.

David Sehrer hat erst seit 8. Juni 2013 den Führerschein A2. Der 20-Jährige misst 1,85 Meter, fährt eine auf 48 PS gedrosselte Yamaha FZ6.

Thomas Fischer repräsentiert mit seinen 55 Jahren die Autofahrer-Zielgruppe für den neuen Führerschein A2. Thomas legte sich im Frühjahr 2013 eine Moto Guzzi V7 zu. Hier folgen nun ihre subjektiven Statements, die nicht unbedingt dem objektiven Testergebnis entsprechen.

"Gute Sitz- ergonomie ist nicht zu verachten"

Hertler
Dina Dervisevic (30) von MOTORRAD online.

Dina Dervisevic (30), MOTORRAD online:

Die kleine Honda ist für mich die erste Wahl – handlich, wendig, unkompliziert. Noch dazu macht der nur 500 Kubikzentimeter große Motor richtig viel Spaß! Dicht dahinter kommt die Gladius. Ihr Motor fetzt ein bisschen mehr, und genau wie auf der Honda CB 500 F ergibt sich fast automatisch eine angenehme Sitzposition mit gebeugten Armen und lockeren Schultern. Allerdings ist sie nicht ganz so wendig – in dieser Disziplin muss sich die Suzuki auch der wuseligen Ducati unterordnen. Außerdem ist der Sound der Monster schwer zu schlagen. Dafür nerven die Drossel am Gaszug – der Anschlag ist schnell erreicht – und die Sitzergonomie: Ohne nachträgliche Lenkererhöhung muss ich mich die meiste Zeit mit durchgestreckten Armen am Lenker abstützen. Das verhagelt die Kurvenfahrt und sorgt für einen verspannten Nacken.

Viel entspannter sitze ich auf der BMW – aber nur fahrend. Bei 1,58 Meter Körpergröße muss ich mich vor dem Anhalten entscheiden: linker oder rechter Fuß runter? Die Herausforderung brauche ich als Anfänger nicht, auch wenn die F 700 GS sich auf der Landstraße bewegen lässt, als wäre sie ein kleines Fliegengewicht, und der Motor richtig schön zieht. Auch auf die Schreckmomente, wenn die Fußrasten von Honda NC 700 X, Harley 883 und Kawasaki W 800 aufsetzen, verzichte ich als unroutinierte Fahrerin lieber.

"Was zählt: handlich, niedrig, nicht zu schwer"

Bilski
David Sehrer (20) hat seit Juni 2013 den Führerschein.

David Sehrer (20), seit Juni 2013 Führerschein:

Mein persönlicher Favorit ist die Honda CB 500 F. Gerade aus dem Grund, da ich selbst Fahranfänger bin und ich mich auf der 500er sofort wohlgefühlt habe. Sie bringt von Haus aus einfach alles mit, was für mich wichtig beim ersten Motorrad ist: Sie ist schön niedrig, sie ist handlich und nicht zu schwer. Dazu kommt der unschlagbare Preis. Ganz knapp dahinter landet die Suzuki Gladius. Ihr Motor ist einfach erste Sahne, aber ich persönlich fand das Suzuki-Fahrwerk ein wenig kippelig. Knapp hinter der Gladius liegt in meiner Wertung die BMW F 700 GS. Sie hat zwar aus meiner Sicht den besten Motor von allen im Test, ist aber für Anfänger viel zu hoch und schwer.

Die Ducati Monster macht sehr viel Spaß auf der Landstraße, aber das Ruckeln bei niedrigen Drehzahlen und die angespannte Sitzposition kann Führerscheinneulinge abschrecken. So weit okay fand ich die Honda NC 700 X, bis auf die Tatsache, dass ihre Fußrasten sehr früh aufsetzen. Die Harley ist nicht wirklich für Anfänger geeignet, da sie sehr schwer ist und der Auspuff sehr auf dem Asphalt kratzt. Als Letztes würde ich mir die Kawasaki W 800 kaufen. Weil sie auf der Autobahn auf einmal zu pendeln anfängt. Das erschreckt! Ihr Fahrwerk ist einfach komplett unterdämpft, zudem ist sie mir zu schlecht verarbeitet.

"Eigentlich stehe ich ja auf Retrolook"

Bilski
Thomas Fischer (55) fährt privat Moto Guzzi V7.

Thomas Fischer (55), fährt privat Moto Guzzi V7:

Eigentlich stehe ich ja auf Retrolook, aber hier hat mich ein Bike positiv überrascht: die Honda CB 500 F! Da schwingst du dich drauf, und alles passt: Sitzposition, Griffe, agiles Handling. Dazu ein Gedicht von einem Motor, schön elastisch mit sämiger Laufkultur übers gesamte Drehzahlband, assistiert von butterweicher Schaltung. All dies bietet die CB inklusive ABS und flotten Aussehens zum günstigen Preis. Sie überzeugt mich mehr als die NC 700, die mit großem Staufach zwar praktisch ist, aber beim Fahren nur wenig emotional wirkt. Die BMW wäre mir für den Alltag zu groß und zu unhandlich, zudem gefällt mir ihr Design nicht. Aber sie ist so erwachsen und vertrauenerweckend, dass man den Trip um den Block gerne zur Reise ans Nordkap ausbauen möchte.

Im Detail nicht so perfekt wie die GS finde ich die Suzuki, an der mir der wunderbare Motor und das gut bestückte Cockpit gefallen. Trotz Drosselung wirkt die Gladius nicht kastriert – im Gegensatz zur Ducati, die zwar Charakter hat, deren Motor aber eingebremst wirkt und deren tief überm Lenker kauernde Sitzposition mir überhaupt nicht behagt. Die Harley gefällt mir optisch, und ich mag den Sound des V2, kann aber leider nicht gut sitzen: Ihr Lenker raubt mir das Feeling für die Fahrbahn. Die Kawasaki W 800 ist auf den ersten Blick hübsch, aber im Detail nicht sauber verarbeitet und vom Fahrerlebnis her ein wenig fad.

Die aktuelle Ausgabe
MOTORRAD 20 / 2023

Erscheinungsdatum 15.09.2023