Kawasaki Versys 1000 (2015) im Fahrbericht
Auf die sanfte Tour

Reichlich Druck und tolles Handling, damit überzeugt die Kawasaki Versys 1000 schon seit ihrem ­Debüt. Nun geht sie fahrwerks- und motorseitig auf Kuschelkurs.

Auf die sanfte Tour
Foto: Kawasaki

Man kann sich die Entwicklung der Kawasaki Versys 1000 – mitten in der Wirtschaftskrise um das Jahr 2010 konzipiert und zur Saison 2012 präsentiert – gut vorstellen. Fahrwerk der Z 1000, deren Motor mit den üblichen Mitteln (zahmere Steuerzeiten, reduzierte Verdichtung und geändertes Mapping) zu mehr Druck in der Drehzahlmitte verholfen, Verkleidung dran, fertig ist die Reiseenduro. Um das Design kümmerte sich wohl niemand. Weshalb die lieblos gestylte große Versys bislang nur auf moderate Resonanz stieß. Dass sie im Reiseenduro-Segment ohnehin nicht korrekt platziert war, machte die Angelegenheit nicht besser.

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Mit den Bridgestone T 30-Reifen (statt Pirelli Scorpion Trail) bekennt sich die Kawasaki Versys 1000 nun endgültig zur Straßenfraktion, die im Stil der 650er-Versys neu gezeichnete Verkleidung hübscht auch die 1000er beträchtlich auf. Doch genauso wie bei ihrer kleinen Schwester änderten die Kawa-Techniker offensichtlich auch bei der Großen die konzeptionelle Ausrichtung. Höherer Windschild, reduzierte Dämpfung in den Federelementen, verstärkter Heckrahmen und ein serienmäßiger Hauptständer deuten auch hier auf eine touristischere Orientierung der Neuen hin.

Neue Kawasaki Versys 1000 hat um elf Kilo zugelegt

Tatsächlich besänftigen die zwei Silentblock-Motorhalterungen (bislang nur eine) den in typischer Kawa-Tradition relativ rau laufenden Vierzylinder der Kawasaki Versys 1000 spürbar. Auch wenn sich der potente Vierling grundsätzlich nicht geändert hat. Bereits ab Standgasdrehzahl, also 1000/min!, schiebt er an und dreht druckvoll hoch. Daran haben weder die marginal um 2 auf 120 PS angehobene Leistung noch kleinere Retuschen (siehe „Was ist neu“) etwas geändert. Motorseitig am auffälligsten geriet die Servo-Funktion der neuen Anti-Hopping-Kupplung. Ein Finger am Handhebel genügt.

Die sanfte Tour greift vor allem das Fahrwerk auf. Die weichere Dämpfungsabstimmung bestimmt trotz geringfügig härterer Stoßdämpferfeder den Gesamtauftritt. Doch nur wer den betont komfortablen Ritt mag, wird damit glücklich werden. Alle anderen werden die tolle Lenkpräzision, das klare Feedback und die größeren Fahrwerksreserven des Vorgängermodells vermissen. Auch weil die neue Kawasaki Versys 1000 kräftig zugelegt hat. Der serienmäßige Hauptständer, das verstärkte Rahmenheck und die Verkleidung treiben das Gewicht um immerhin elf Kilo auf 250 Kilogramm (Werksangabe) nach oben.

Ob die Weiterentwicklung, die ihr schließlich auch einen besseren Windschutz, geringere Vibrationen und einen Tick bissigere Bremsen samt weiterentwickeltem ABS eingebracht hat, den deutlich reduzierten sportlichen Anspruch der neuen Kawasaki Versys 1000 aufwiegt, wird sich zeigen. Nicht alle Kawa-Fans mögen Kuschelstiere.

Was ist neu?

Motor

  • Anti-Hopping-Kupplung mit Servo-Funktion
  • Motor an zwei (bislang eine) von vier Halterungen in Gummi gelagert
  • Leistung durch geänderte Ansaugwege von 118 auf 120 PS erhöht
  • Ölkühler entfällt

Fahrwerk

  • Gabel von Showa statt Kayaba (Feder im linken, Dämpfereinsatz im rechten Holm)
  • Federrate Stoßdämpferfeder von 106 N/mm auf 109 N/mm erhöht
  • Zug- und Druckstufendämpfung an Gabel und Federbein um 30 Prozent reduziert
  • Bremsscheiben vorn von 300 auf 310 mm vergrößert
  • ABS-Regelung weiterentwickelt (Bosch 9.1 Druckmodulator)
  • Heckrahmen verstärkt

Sonstiges

  • Verkleidung mit neuem Design
  • Windschild um 65 statt 30 mm höhenverstellbar
  • Straßenreifen statt Reiseenduro-Reifen
  • Kofferaufnahme enger ins Rahmenheck integriert 
  • Lenker konifiziert
  • Kupplungshebel einstellbar
  • Auspuffanlage mit neuer Optik
  • Hauptständer serienmäßig

Technische Daten Kawasaki Versys 1000

Motor: Wassergekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, eine Ausgleichswelle, zwei obenliegende, kettengetriebene Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, Tassenstößel, Nasssumpfschmierung, Einspritzung, 4 x Ø 38 mm, geregelter ­Katalysator, Lichtmaschine 336 W, Batterie 12 V/8 Ah, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung (Anti-Hopping), Sechsgang­getriebe, O-Ring-Kette, Sekundärübersetzung 2,867.

Bohrung x Hub: 77,0 x 56,0 mm
Hubraum: 1043 cm³
Verdichtungsverhältnis: 10,3:1
Nennleistung: 88,2 kW (120 PS) bei 9000/min
Max. Drehmoment: 102 Nm bei 7500/min

Fahrwerk: Brückenrahmen aus Aluminium, Motor mittragend aus Aluminium, Upside-down-Gabel, Ø 43 mm, verstellbare Federbasis und Zugstufendämpfung, Zweiarmschwinge aus Aluminium, Zentralfederbein mit Hebelsystem, verstellbare Federbasis und Zugstufendämpfung, Doppelscheibenbremse vorn, Ø 310 mm, Vierkolben-Festsättel, Scheibenbremse hinten, Ø 250 mm, Einkolben-Schwimmsattel, Traktionskontrolle, ABS.

Alu-Gussräder: 3.50 x 17; 5.50 x 17
Reifen: 120/70 ZR 17; 180/55 ZR 17

Maße+Gewichte: Radstand 1520 mm, Lenkkopfwinkel 63,0 Grad, Nachlauf 106 mm, Federweg v/h 150/150 mm, Sitzhöhe 840 mm, Gewicht vollgetankt 250 kg, zulässiges Gesamtgewicht 470 kg, Tankinhalt 21,0 Liter.

Garantie: zwei Jahre
Serviceintervalle: 6000 km
Farben: Rot, Schwarz, Weiß
Preis: 12.190 Euro
Nebenkosten: 180 Euro

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Erscheinungsdatum 15.09.2023