Moto Guzzi V85 TT Travel im Fahrbericht
Enduro noch reisetauglicher

Weite Auslandstouren werden im Sommer 2020 kaum möglich sein, Inlandsreisen mit etwas Glück dagegen schon. Da kommt die neue Moto Guzzi V85 TT Travel gerade recht.

Moto Guzzi V85 TT Travel.
Foto: In Moto.

Sie bescherte Moto Guzzi im vergangenen Jahr eine kleine Sensation: Die V85 TT, ein gelungener Mix aus Reiseenduro und Scrambler, traf mit ihrem entspannten Charakter und ihrer Vintage-Optik voll ins Herz vieler Motorradfahrer. 812 Stück verkauften sich allein in Deutschland, und es hätten mehr sein können, doch das Werk in Mandello del Lario am Comer See kam mit der Produktion kaum nach, obwohl es bald Sonderschichten einführte. Die Begeisterung, die das fein ausbalancierte und handliche Motorrad auslöste, übertraf alle Erwartungen des Herstellers.

Unsere Highlights

Sandfarbene Lackierung echter Eyecatcher

Kein Wunder, dass die Italiener mit der neuen V85 TT Travel gleich nachlegen. Technisch ändert sich im Vergleich zur Basis nichts, doch mit zahlreichen Komponenten aus dem Zubehör-Programm versehen, präsentiert sich die Neue als Reisemobil. Zur Serienausstattung gehören ein größerer Windschild, zwei Koffer mit ordentlichem Fassungsvermögen, Heizgriffe, zwei LED- Zusatzscheinwerfer und die Multimedia-Plattform Moto Guzzi MIA, die per Bluetooth die Verbindung zum Smartphone herstellt. Auf dem TFT-Display im Cockpit erscheint dann auch die Smartphone-Navigation, die Kommunikation mit dem Beifahrer klappt ebenfalls – ganz wie es sich für ein Reisemotorrad gehört.

Moto Guzzi V85 TT Travel.
In Moto.
Die Moto Guzzi V85 TT Travel ist ab 13.490 Euro zu haben.

Einen Volltreffer landeten die Designer. Mit der sandfarbenen Lackierung und den Koffern mit Alu-Elementen umweht die Guzzi durchaus ein Hauch von Abenteuer, doch sie trägt ihn nicht so dick auf, dass man sich auf asphaltierten Landstraßen oder im Großstadtdickicht, wo sich Mitteleuropäer nun mal meist bewegen, genieren müsste. Die Silhouette des Motorrads bleibt nämlich kompakt, trotz der großen Koffer: Der rechte fasst 37 Liter, was für einen Integralhelm reicht, der linke fällt wegen des hochgezogenen Auspuffs mit 27,7 Litern kleiner aus.

Windschild nicht höhenverstellbar

Auf der Straße begeistert die Travel genauso wie das Basismodell, ihr formidables Fahrwerk lässt sich durch nichts aus der Ruhe bringen. Entwickelt haben es die Techniker von Aprilia – wie Moto Guzzi eine Marke des Piaggio-Konzerns –, und deren Künste im Fahrwerksbau sind unter Kennern fast schon legendär. Und so bleibt die Travel selbst im hitzigsten Kurvenparcours stets gelassen auf Kurs, sticht willig selbst in engste Kehren und liefert erfreulich viel Rückmeldung. Werden die Kurven weiter und wird das Tempo damit schneller, bietet der um 60 Prozent größere Windschild deutlich mehr Schutz; höhenverstellbar ist er aber nicht. Zur enormen Handlichkeit des Motorrads tragen neben der gut austarierten Upside-down-Gabel und dem direkt angelenkten Federbein die eher schmalen 19-Zoll-Reifen viel bei. Guzzi liefert die Travel mit dem Michelin Anakee Adventure aus, der auf Schotterstrecken gute Traktion bietet, das Motorrad auf der Landstraße allerdings ein klein wenig träger macht als der Metzeler Tourance Next, mit dem es die Basisversion V85 TT wahlweise gibt.

Moto Guzzi V85 TT Travel.
In Moto.
Das TFT-Display dient dank Anbindung ans Smartphone als Multimedia-Zentrale.

Alles perfekt also? Kommt auf den Standpunkt an. Der 850er-V2-Motor betört mit herzerwärmendem und sonorem Wummern, gehört mit seinen 80 PS aber nicht zu den großen Leistungsträgern. Sein nutzbares Drehzahlband fällt schmal aus, die Gasannahme erfolgt leicht verzögert – er ist nun mal ein echter Klassiker. Dem Vergnügen tut das keinen Abbruch, solange man von dem Zweizylinder keine Drehzahlorgien erwartet, die er weder leisten kann noch will.

Fazit

Moto Guzzi hat mit der V85 TT Travel ein feines Reisepaket geschnürt, der Aufpreis von 1500 Euro fällt fair aus. Wer der Coronakrise einfach mal davonfahren will, findet in der Travel eine ebenso coole wie ausgeglichene und erfrischende Partnerin mit viel Platz für Mensch und Gepäck. Einziges Problem: Weil das Guzzi-Werk wie alle Hersteller in Italien wegen Covid-19 im März erst mal dichtmachen musste, fanden bislang nur wenige Exemplare den Weg zu den deutschen Händlern.

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Erscheinungsdatum 26.05.2023