Da ist sie wieder. Unerschütterlich. Mit noch größerem Motor. Reiselustig. Mit unverschämt rustikalem Charme: die Quota.
Da ist sie wieder. Unerschütterlich. Mit noch größerem Motor. Reiselustig. Mit unverschämt rustikalem Charme: die Quota.
Vor sechs Jahren, als sich gemäß dem allgemeinen Trend auch Moto Guzzis ruhmreicher 90-Grad-V-Twin in einer Reise-Enduro wiederfand, da heulten die Italo-Freaks böse auf. Gran Turismo - na gut. California - schon besser. Sport - am allerliebsten. So lauteten die erwünschten Verwendungsformen der Guzzisti für ihren luftgekühlten Zweiventiler. Eine Enduro war nicht vorgesehen.
Dabei überzeugte bereits die erste Quota mit gediegenem Komfort, guten Bremsen und angemessener Leistung. Will sagen: Auf der Enduro ließ es sich viel länger sporteln als auf den meisten anderen und damals oft genug viel zu harten Guzzi. Und so darf denn in jeder Hinsicht begrüßt werden, wenn Hersteller und deutscher Importeur dieser bislang etwas glücklosen Maschine nun einen zweiten Anlauf gestatten. Gegenüber dem 1000-cm³-Erstwerk verspricht man verbesserte Qualität - es gab einige kleine, dennoch ärgerliche Mängel - und eine Sitzhöhe auf Euro-Standard. Konnte doch die alte Quota sogar Großgewachsene verängstigen. Dank eines neuen Rahmenhecks schrumpfte die Sitzhöhe aber von 870 auf 840 Millimeter - immerhin.
Richtig nett läßt sich die Kontaktaufnahme mit dem aus der California übernommenen 1100er Einspritzer an: Zwar bleibt unverständlich, warum er im Erdferkel Quota sechs PS weniger leistet, aber auch so genügt seine brav abgegebene Leistung allemal. Ohne Rütteln reagiert er schon unterhalb von 2000/min auf Gasbefehle, dreht bis 4000 Touren aber ziemlich verhalten hoch, um dann so etwas wie alten Sportsgeist zu entdecken. Nicht Superbike-verdächtig, aber immerhin: Hurtig zischt der in seiner Grundkonstruktion rund 30 Jahre alte Geselle auch im vierten und vorletzten Gang noch über 7000 Umdrehungen. Im Drehzahlmesser ist dieser Bereich warnend gelb unterlegt. Bei 8000 sieht das Instrument dann rot, doch schon deutlich vorher regelt die Zündung einfach ab. Schluß mit Sport.
Wenig schwungvoll gerieten die ersten Alltagserprobungen auf der MOTORRAD-Testmaschine. Die üblichen Wege auf vielbefahrenen Bundes- und Stadtstraßen waren vielmehr begleitet von nervigem Konstantfahrruckeln im unteren und mittleren Drehzahlbereich. Sanftes Gasaufdrehen betrachtete der Motor nicht als eindeutigen Marschbefehl, zuckelte unentschlossen vor sich hin. Grund genug, bei der Guzzi-Vertretung Mörk in Leonberg um Abhilfe zu bitten. Und siehe da: Eine sorgfältige Synchronisation der Drosselklappen sowie etwas Feinarbeit verwandelten Guzzis Twin in ein folgsames Touren-Aggregat mit ebenso spontaner wie sanfter Gasannahme und nurmehr einem Hauch von Ruckeln bei konstanten Drehzahlen zwischen 3000 und 4000/min.
Um so mehr stießen die Macken des Getriebes auf. Wie weiland beim Deutz vom Bauern um die Ecke krachen die Gänge, wenn einer nicht total sachte und langsam schaltet. Als es mal schnell gehen sollte, war zwei-, dreimal ein Leerlauf drin, und an der Ampel, wenn die Leerlaufkontrolle grün gab, war ebensooft keiner drin. Das kennt alle Welt zwar schon von diesem Getriebe, und die Fachwelt weiß obendrein, daß es über zehntausende Kilometer hält, aber trotzdem: Was bei einem Trecker charmant wirkt, muß ein Motorrad nicht zieren.
Besagte Leerlaufkontrolle steckt übrigens in einer aufgeräumten Konsole (im Karbon-Look!), die auch den beiden ruhig anzeigenden und sachlich gestalteten Hauptinstrumenten Platz bietet. Schalter und Armaturen können sich sehen lassen, nur der Starterknopf wirkt billig wie an einem Baumarkt-Roller. Der markante Doppelscheinwerfer steckt in der vom Vorgängermodell übernommenen Halbverkleidung, sein Lichtstrahl ermutigt auch in mondloser Nacht noch zur Landpartie.
Die Verkleidung selbst zeigt weniger praktische Veranlagungen, was wiederum nur logisch ist: Auf einem derart großen Motorrad wie der Quota diesen Hauch von Plastikkleid derart weit vorn zu plazieren, das mußte stürmisch enden. Die Luftwirbel kugeln sich zwischen Scheibe und Fahrerbauch, so ab 160 km/h wird«s echt ungemütlich. Ansonsten überzeugt der Langstreckenkomfort, der Fahrer fühlt sich mehr integriert als auf der alten Quota, die Sitzbank ist bequem, der beinahe schon zu breite Lenker dürfte eine Spur tiefer liegen.
Insgesamt rückt dieses Ensemble den Quota-Treiber in eine Position, die eher zu dynamischen Kurvenküren als zu rabiaten Räubereien verführt. Was wiederum den Möglichkeiten des Fahrwerks entspricht. Bei hohem Autobahn-Tempo pendelt diese Guzzi ganz, ganz leicht. So war es vor sechs Jahren bei Großenduros Brauch, und nur, weil einer BMW R 1100 GS oder einer Cagiva Gran Canyon derlei Unarten völlig fremd sind, läßt sich daraus noch kein aufgeregter Vorwurf stricken. Nein, an der Stabilität des groben Rahmens aus Gußteilen sowie rechteckigen, blaßgrau lackierten Stahlprofilen gibt«s wenig auszusetzen.
Auch am Handling des immerhin 265 Kilogramm schweren Brockens nicht. Einmal in Fahrt, schüttelt die hochbeinige Guzzi alles Behäbige ab, fordert lediglich in schnellen Wechselkurven einen energischeren Zug am Lenker, um sich über die Mittellage helfen zu lassen. Erst bei betont sportlicher Herangehensweise auf schlechten Straßen verhindert die weich federnde und kommod gedämpfte Gabel einen gestochen scharfen Strich. Dann tänzelt das 21 Zoll große Vorderrad leicht irritiert über den Asphalt. Schwer irritierend wirkt sich aber aus, daß dem hinteren Mono-Federbein eine schon in der Grundstellung zu straffe Zugstufendämpfung, gepaart mit zu weicher Feder, spendiert wurde. Verstehe einer diese Fahrwerksleute, sage einer, warum sie das gute Marzocchi-Federbein der alten Quota gegen eines von ...... austauschen mußten.
Und dann prompt völlig daneben griffen, weil auch die Federprogression nicht stimmt. Im Zwei-Personen-Betrieb sackt die Quota tief ein, dann setzt sie in engen Kurven gern mit dem Hauptständer auf. Muß nicht sein. Aus doppeltem Grund: Der Anschlag des Ständers ließe sich noch modifizieren. So jedoch ragen die Ständerhörner noch tiefer hinab als Ölwanne und Auspuffsammler, welche sich aufragendem Gestein übrigens ungeschützt darbieten. Womit die Frage nach den Off Road-Qualitäten der Guzzi beantwortet wäre: Landmaschine ja, aber kein Ackergerät.